Ob Papst Innozenz II. wirklich ein persönliches Interesse an der Verurteilung hatte, ist fraglich. Er handelte lediglich als verlängerter Arm Bernhards, dem er ja seine ganze Karriere im Kirchenstaat zu verdanken hatte. Zumindest bei zwei Gelegenheiten hatte er sich Abaelard gegenüber in früheren Jahren konziliant und hilfreich gezeigt:
Zum ersten Mal im Jahre 1130 oder 1131, als er Abaelard bei der Maßregelung seiner Mönche in Saint-Gildas unterstützte:
Die frühere Milde und die spätere Härte des Papstes gegen Abaelard werden nur verständlich, wenn man seine Entscheidungen in Zusammenhang mit den Turbulenzen versteht, die im erbitterten Machtkampf zwischen Papst und Krone, zwischen päpstlicher und weltlicher Macht, entstanden waren, bei den Umwälzungen der damaligen Zeit:
Gregorius stammte aus dem Trastevere-Bezirk, war also echter Römer; er war zuerst Kanoniker an der Lateranskirche, später Abt von St. Nikolas und Primitivus gewesen. Unter Paschalis II. war er Kardinal-Diakon von St. Angelo geworden, er hatte das französische Exil von Gelasius II. geteilt - zusammen mit seinem späteren Rivalen, dem Kardinal-Diakon Pierleone. Unter Kallixtus I. war er im Jahre 1119 mit dem Legatem Lambert, Kardinal-Bischof von Ostia, nach Deutschland entsandt worden, wo beide an der Abfassung des Wormser Konkordats mitgewirkt hatten. Im folgenden Jahr hatte er sich erneut in Frankreich aufgehalten. Er hatte also bereits eine bewegte Kirchenkarriere hinter sich, als er 23. Februar 1130 zum Papst gekrönt wurde. Die Pierleonis weigerten sich jedoch, die Wahl anzuerkennen, und andere, ihnen ergebene Kardinäle wählten Peter, der den Namen Anaklet II. annahm. Beide wurden am selben Tag konsekriert: Innozenz in Santa Maria Nuova and Anaklet in St. Peter. Die Kirche stand vor dem Schisma.
Innozenz musste aus Rom nach Frankreich fliehen. Dort versicherte er sich der Unterstützung König Ludwigs VI.. Im Konzil von Étampes im Jahre 1130 erkannten zahlreiche Bischöfe auf Betreiben des eloquenten Suger von Saint-Denis seine Autorität an - ebenso viele andere Bischöfe, die sich in Puy-en-Velay unter Hugo von Grenoble versammelt hatten. Der Papst zog nach Cluny, anschließend nach Clermont, mit hohem diplomatischen Erfolg. Unter der Aktivität von Norbert von Xanten, Conrad von Salzburg und den päpstlichen Gesandten wurde Innozenz auf der Synode von Würzburg auch vom deutschen König und den deutschen Fürsten anerkannt. Im März 1131 krönte Innozenz feierlich König Lothar und Königin Richenza in der Kirche St. Lambert in Lüttich. Ostern 1131 weilte er in Saint-Denis und im Oktober bei der großen Synode von Reims, wo er den jungen Prinzen von Frankreich, den späteren Ludwig VII., krönte. Pfingsten 1132 hielt der Papst eine Synode in Piazenza, ein Jahr später war er wieder in Rom, wo er Lothar in der Lateranskirche zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches krönte. Im Jahre 1135 wurde eine große Synode in Pisa abgehalten, bei der auch die Bischöfe von Spanien, England, Frankreich, Deutschland, Ungarn u.a. anwesend waren. Damals wurde Heinrich von Lausanne als Ketzer gefangen genommen. Im Frühjahr 1137 begann Kaiser Lothar wegen der wiederholten Anfeindungen des Papstes seinen Marsch auf Rom. Die kaiserlichen und päpstlichen Truppen trafen sich am 30. Mai 1137 in Bari, der Papst wurde anschließend erneut in Rom eingeführt. Anaklet hielt noch einen Teil der Innenstadt, starb aber am 25. Januar 1138.
Zur Unterstützung und Wiedereinsetzung des Papstes hatten sich respektierte und machtvolle Persönlichkeiten Europas gefunden, so z.B. Bernhard von Clairvaux und Norbert von Xanten sowie die Kaiser und die Könige von Frankreich, Deutschland und England. Roger von Sizilien war der einzige große Herrscher, der Anaklet unterstützt hatte. Obwohl Roger nach dem Tode Anaklets einen neuen Gegenpapst aufstellte, überredete der Heilige Bernhard Anaklets Nachfolger zur Aufgabe. Im Jahre 1138 war das Schisma endlich beendet.
Innozenz II. war ein Mann von starkem Charakter, der seinen Gegnern effektiven Widerstand leistete. Sein Motto war: Adjuva nos, Deus salutaris noster. Die Politik des Papstes wird in einem der Briefe des Heiligen Bernhard charakterisiert:
Innozenz hatte somit strenge Maßnahmen gegen Anaklets Gefolgschaft ergriffen. Er hatte auch eine Befreiung vom Kreuzzug für die ausgesprochen, die gegen den Hauptverursacher des Schismas, Roger von Sizilien, kämpfen würden. Aber Roger nahm Rache. Wegen eines Streits um Capua zog der Papst mit einer Armee gegen die Normannen. Die Armeen stießen am Garigliano aufeinander - mit verheerenden Folgen für Innozenz. Der Papst und sein ganzes Gefolge wurden vom schrecklichen Roger gefangen genommen! Roger behandelte - genauso wie Robert Guiscard einst Leo IX. - den Papst ehrerbietig, aber er veranlasste Innozenz II., ihm den Königstitel zu bestätigen, den er von Anaklet erhalten hatte. Er seinerseits stimmte zu, das Königreich Sizilien als ein Lehensgut des Papstes innezuhaben.
Innozenz unterstützte in der Folge auch viele kleinere Kirchensynoden, dazu zählt auch das Konzil von Sens am 25. Mai 1141, welches Peter Abaelard wegen Häresie verurteilte. Nach dem Tode Alberichs, des Erzbischofs von Bourges, der im selben Jahr verstarb, wollte König Ludwig VII. von Frankreich die Ernennung eines Mannes eigener Wahl sicherstellen, der dem Domkapitel jedoch nicht zusagte. Das Domkapitel wählte Pierre de la Châtre. Diese Wahl wollte der König jedoch nicht ratifizieren. Da begab sich der Kandidat persönlich nach Rom, Innozenz bestätigte die Wahl des Domkapitels und gab dem neuen Bischof die Weihe. Als König Ludwig dem neuen Bischof die Einreise in seine Diözese verweigerte, stellte Innozenz den König und sein ganzes Reich unter Kirchenbann. Erst unter dem nächsten Papst wurde der Kirchenbann wieder gelöst und der Friede wiederhergestellt. Leider grassierte zur Zeit Innozenz' am Heiligen Stuhl sehr die Bestechlichkeit, und der Papst persönlich gab den unschönen und beschämenden Praktiken durch eine Reihe von Einzelentscheidungen weiter Aufschub.
Den Kirchenstaat regierte Innozenz weitgehend effektiv, wenngleich mit vielen Rückschlägen, Rom schenkte er viele Kirchen. Aber die Römer erwiesen sich als undankbar. Weil der Papst versuchte, ihre Rache an Tivoli zu dämpfen, revoltierten die Römer und riefen die Republik aus. Inmitten dieser Wirren starb Innozenz II. am 24. September 1143. Er wurde in der Lateranbasilika bestattet, sieben Jahre später jedoch nach Santa Maria in Trastevere überführt.
Ausführliche Angaben zu den politischen Verhältnissen im Kirchenstaat in den Jahren 1138 bis 1142 und zu den Umständen der Verurteilung Peter Abaelards aus der Sicht des Heiligen Stuhls finden sich innerhalb dieser Seiten in folgendem Online-Buch (über 260 DIN-A-4-Seiten und 700 Fußnoten):