kurbayerische Landesdefensionslinie

 

Die kurbayerische Landesdefensionslinie zwischen Donau und Altmühl

Der nördliche Abschnitt von Arnbuch bis zur Altmühl

© Dr. Werner Robl, Berching, Januar 2015, aktualisiert April 2024

Interessante Punkte der kurbayerischen Landesdefensionslinie von 1702/03
Die Landesdefensionslinie zwischen Arnbuch und der Altmühl bei Dietfurt. Blaue Linie= Grenze zwischen Kurbayern und dem Hochstift Eichstätt, nach K. Röttel. Graue Punkte = historische Grenzsteine nach K. Röttel. Rote durchgehende Linie = gesicherte Abschnitte der Landesdefensionslinie. Grüne Linie = Zone des Waldverhaus. Gelbe Punkte: Nachgewiesene Schanzwerke oder Wall-Gräben der Defensionslinie.

 

Schanzenreste südwestlich von Arnbuch

Wir beginnen die Inspektion des Linienverlaufs südwestlich von Arnbuch - dort, wo die Linie nach langem Waldverhau und Überquerung der Ortsverbindungstraße EI22 zwischen Kirchbuch und Arnbuch nördlich der Forstabteilungen "Hierllohe" und "Kühgründel" in der Waldflur mit dem alten Namen "Auf der Oetz" wieder auf offenes Land trifft. Als oberirdischer Rest der Linearverschanzung zeigt sich im Wald ein kurzes Grabenstück der Defensionslinie. Auf dem freien Feld nördlich davon schloß sich unmittelbar ein einfacher Spiron (auch Redan genannt) an.

Das ALS-Bodenprofil mit dem Grabenstummel. An Bewuchsmerkmalen kann man den weiteren Verlauf der Linie (mit anschließendem Spiron) gut nachvollziehen.

Auf dem freien Feld in Richtung Nordosten folgte in ca. 220 m Entfernung vom Waldrand eine Viereckschanze, noch gut erkennbar an den Bewuchsmerkmalen einer Luftaufnahme, die uns der Münchner Luftbildarchäologe Stefan Kluthe 2020 zur Verfügung gestellt hat. Hier knickt das Grabenwerk etwas nach Osten.

Die Viereckschanze südwestlich von Arnbuch. Aufnahme © Stefan Kluthe.

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Die Schanzen von Arnbuch

Den schwankenden Boden der Mutmaßung verlässt man spätestens dann, wenn man am westlichen Rand des Kessels von Arnbuch von der Straße nach Aschbuch aus auf die Hangkante hinaufsteigt. Es öffnet sich ein Stück Wiesenland, welches von einem teilnivellierten, im Gelände aber noch gut erkennbaren, linearen Wall-Graben-Zug mit mehrfach sanfter Knickbildung durchzogen wird. Beim Aufstieg auf die Geländekante quert man zunächst die kümmerlichen Reste einer Viereckschanze, deren südliches Ende durch den heraufziehenden Weg nivelliert worden ist, oder eines halb geflügelten Spirons.

Die rudimentären Reste des Schanzwerkes am südwestlichen Ortsrand von Arnbuch (Doppelpfeil). Aufnahme AppleMaps © Stefan Kluthe.

Nahezu in der Mitte dieser Linie findet sich eine noch schön erhaltene, im Grasland gut sichtbare Pfeilschanze. Es handelt sich hier um einen der schönsten Abschnitte der kurbayerischen Landesdefensionslinie - ein heute noch frei begehbares Schanzwerk, das deutlich macht, welche Schutzfunktion für das dahinter liegende Dorf in jenem Schicksals-Winter 1702/03 angedacht war.

Die Schanzwerke am westlichen Ortsrand von Arnbuch. Hochauflösende Aufnahme Denkmalatlas Bayern. © Stefan Kluthe.

Die kurbayerischen Schanzen von Arnbuch aus dem All: Wall-Gräben mit zentralem Spiron.

Im Norden verdämmert der Wall-Graben ebenso wie im Süden beim Abfall des Geländes ins Tal. Auch hier dürfte einst eine Viereckschanze den Wallgrabenabschnitt begrenzt haben.

Die Schanzen von Arnbuch im Laser-Scan.

Der lineare Wall-Graben am Nordwestrand von Arnbuch.

Der Spiron der Schanze von Arnbuch. Blick nach Norden.

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Zwischen Arnbuch und der sog. "Römerschanze" nordwestlich von Wolfsbuch

Der Abschnitt von den Gebäuden am nördlichen Mühlweg bis zur B299 manifestiert sich durch dunklere Streifen des Bewuchses in einer Aufnahme des Denkmalatlas Bayern.

Der Lineargraben am nördlichen Ortsrand von Arnbuch. Hochauflösende Aufnahme Denkmalatlas Bayern. © Stefan Kluthe.

Östlich der B299 geben weitere Satellitenfotos ein schönes Zeugnis für den Verlauf. Nacheinander folgten einst in einem Abstand von ca. 300 Metern Musketenschussweite eine Viereckschanze, zunächst nur erkennbar am Linienversatz zu beiden Seiten, dann ein Spiron, danach wieder eine Viereckschanze, dann ein weiterer Spiron. Im Folgenden geht die Linie nach weiteren zwischengeschalteten, heute nicht mehr erkennbaren Schanzen in das erhaltenen Wall-Graben-System der sogenannten "Römerschanze" über.

Bewuchsmerkmale der Defensionslinie nordöstlich von Arnbuch (schwarze Pfeile). Rechts gut erkennbar eine über Eck stehende Viereckschanze, weiter westlich davon ein Spiron. Ein Linienversatz findet sich im linken unteren Bildviertel, hier lag also eine weitere Schanze, am ehesten eine Viereckschanze über Eck.

Bewuchsmerkmale der Defensionslinie südwestlich der sog. "Römerschanze". Der Bildausschnitt schließt an obiges Bild östlich an. Links unten gut erkennbar die über Eck stehende Viereckschanze.

Bewuchsmerkmale der Defensionslinie südwestlich der sog. "Römerschanze" im Detail. Der Spiron rechts ist in der vorangegangenen Aufnahme kaum zu erkennen.

Der weitere Verlauf bis zur "Römerschanze", mit einem weiteren östlichen Spiron.

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Die sogenannte "Römerschanze" nordwestlich von Wolfsbuch

Selbstredend handelt es sich bei dieser "Römerschanze" nicht um die Überreste des Imperium Romanum, dessen Limes ja deutlich weiter südlich gelegen war, sondern um ein Schanzwerk der kurbayerischen Landesdefension von 1702/03. Es besteht streckenweise der Eindruck eines Doppelgrabens, mit der Wallkrone in der Mitte. Was hier zunächst wie ein Spiron aussieht, war in Wirklichkeit eine Viereckschanze, die sich nicht ganz erhalten hat. Der Laser-Scan macht deutlich, was das Auge vor Ort im Gebüsch nur schwer ausmachen kann. Immerhin haben sich die Wolfsbucher in früherer Zeit Mühe gegeben, durch spezielle Bepflanzung und Nicht-Freigabe für landwirtschaftliche Nutzung dieses Bodendenkmal der Nachwelt zu erhalten.

Die sog. "Römerschanze" im Laser Scan. Linearer Wall-Graben der Defensionslinie mit Spiron.

Unten die "Römerschanze", dahinter der weitere Verlauf der Defensionslinie bis Arnbuch - Luftaufnahme von 1914 (Chr. Wolf).

Im 19. Jahrhundert haben die Zeichner des königlich-bayerischen Urkatasters und des Urpositionsblattes das Schanzwerk hüben und drüben der "Römerschanze" erfasst, dabei die Schanze auf der Dietfurter Höhe sogar als "Kriegstätte" bezeichnet, ansonsten jedoch der Begeisterung für die Antike Tribut gezollt und das Missverständnis mit den Römern bewusst nicht aufgelöst.

Die "Wolfsbucher Schanzen" im Urkataster von ca. 1820: Die Dietfurter Höhe und der westliche Verlauf der Linie (nach der Viereckschanze) sind nicht exakt erfasst. Der östliche Teil der "Römerschanze" ist korrekt mit einer Viereckschanze versehen, der Spiron im westlichen Teil ist heute nicht oberirdisch erhalten, nur an Bewuchsmerkmalen nachzuvollziehen.

Die "Wolfsbucher Schanzen" im Urpositionsblatt von 1869: Identische Konstellation wie oben.

An dieser Stelle nähert man sich bis auf wenige Meter der eichstättisch-kurbayerischen Grenze, deren Grenzsteine von 1615 ein lebendiges Zeugnis über Bayern kurz vor Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges abgeben. Auf allen Steinen kann man in mehr oder weniger gut erhaltener Ausführung die jeweilige Nummer des Steines erkennen, sowie als Hoheitszeichen auf der einen Seite das kurbayerische Wappen, auf der anderen Seite den Pastoralstab der Eichstätter Bischöfe.

Grenzstein 1615-97 an der Straße zwischen Wolfsbuch und Vogelthal - links hinten die Dietfurter Höhe.

Grenzstein 1615 - 98 am Weg zur Dietfurter Höhe - eichstättische Seite - kurbayerisches Wappen.

Grenzstein 1615-98 am Weg zur Dietfurter Höhe - kurbayerische Seite - eichstättisches Wappen.

Grenzstein 1615-98 am Weg zur Dietfurter Höhe - kurbayerische Seite - eichstättisches Wappen (Hirtenstab mit Rose in der Schnecke).

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Ein geflügelter Spiron westlich der Dietfurter Höhe

Westlich der Dietfurter Höhe ernennt man auf Satellitenaufnahmen erneut den Verlauf der kurbayerischen Defensionslinie - zunächst mit einem einfachen Spiron, dann mit einem asymmetrisch geflügelten Spiron, d. h. einer Keilschanze mit zwei zusätzlichen, aber ungleich langen Parallelschenkeln. Hier wie an den weiter südlich gelegenen Linienabschnitten erkennt man, dass die Schanzleute mitunter mit der Symmetrie auf Kriegsfuss standen.

Ein asymmetrisch geflügelter Spiron südwestlich der Dietfurter Höhe.

Die Defensionslinie zwischen der "Römerschanze" und der Dietfurter Höhe in Urkataster. Obiger Spiron ist hier nicht erfasst, dagegen der Spiron auf der Anhöhe als "Kriegsstätte" korrekt bezeichnet.

Die Dietfurter Höhe unten Mitte, links oben die "Römerschanze". Rot der Verlauf der Defensionslinie, blau die Grenze zum Hochstift Eichstätt. Grauer Punkt unten = Grenzstein 1615-99. Grauer Punkt Mitte = Grenzstein 1615-98. Grauer Punkt rechts oben = Grenzstein 1615-97.

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Der Spiron auf der Dietfurter Höhe

Wenige Meter weiter, auf einer flachen Anhöhe namens "Dietfurter Höhe", stößt man auf einen landwirtschaftlich ungenutzten Landstreifen mit dichtem Gebüsch, in dem sich die Fahrrillen früherer Fuhrwerke sowie ein paar lineare Grenzgräben finden, die wir vor die Zeit des Spanischen Erbfolgekrieges datieren. An Südende findet man in einem dreieckigem Hain mit Dickicht eine typische Schanze der kurbayerischen Landesdefension von 1703, nämlich einen einfachen Spiron, der sich mit kurzen Wall-Graben-Stummeln zu beiden Seiten in toto erhalten hat und damit die Bezeichung der Anhöhe als "Kriegsstätte" (siehe oben) rechtfertigt.

Die Dietfurter Höhe im Laser-Scan: Gut erkennbar der Spiron im bewaldeten Dreieck unten. Darüber alte Wegtrassen, durchschnitten von Grenzgräben früherer Zeitstellung. Rote Linie = Verlauf der Defensionslinie.

Im Dickicht lässt sich der Verlauf des Pfeilgrabens auf einer 2D-Fotografie kaum deutlich machen. Immerhin ist die historische Struktur durch die verborgene Lage gut gegen äußere Einflüsse geschützt.

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Grabenreste nördlich der Dietfurter Höhe

Mit diesem eindruckvollen Schanzwerk geht der schönste Abschnitt der kurbayerischen Landesdefensionslinie nördlich von Wolfsbuch seinem Ende entgehen. Weitere Gräben und Schanzen in oberirdischer Ausführung waren bis zum Rand des Altmühltals nicht mehr auszumachen, doch eine Satellitenaufnahme von 2013 informiert aufgrund von Bewuchsmerkmalen darüber, dass der nach Norden abgehende Linienabschnitt nicht bündig mit der Grenze abschloss, sondern ein bis zwei Dutzend Meter weiter östlich inmitten der Felder verlief.

Unmittelbar nördlich der Dietfurter Höhe schloss sich zunächst eine größere Viereckschanze an.

Bewuchsmerkmale eines Lineargrabens unmittelbar nördlich der Dietfurter Höhe. Der untere Pfeil markiert den Standort der besagten Viereckschanze.

In dieser AppleMaps-Aufnahme ist die besagte Viereckschanze und der nördlich sich anschließende Lineargraben gut zu erkennen.

Dankenswerterweise stellte uns der Luftbild-Archäologe Stefan Kluthe aus München weiteres, mit Multikoptern erflogenes Bildmaterial zur Verfügung, welches uns die Linie noch ein Stück nach Norden weiterverfolgen läßt. Folgende Aufnahme zeigt eindrucksvoll im Feld nördlich der Viereckschanze die Bewuchsmerkmale eines Spiron, von dem aus der nördliche Graben etwas nach Westen abbog.

Bewuchsmerkmale nördlich der Dietfurter Höhe. Bild von Stefan Kluthe, uns überlassen am 10.10.2020. © Stefan Kluthe, München.

Etwas nördlicher folgt ein geflügelter Spiron.

Die folgende hochauflösende Aufnahme aus dem Bayernviewer zeigt noch ein Stück weiter nördlich inmitten der Felder, bei einer Weggabel zwischen Vogelthal und Arnsdorf südlich der Ortsverbindungsstraße, erneut die Bewuchsmerkmale der Linie, mit einer rautenrörmigen Viereckschanze.

Weitere Bewuchsmerkmale zwischen Arnsdorf und Vogelthal, mit einer Viereckschanze.

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Das Ende des Grabenwerks südlich der Altmühl

Eine Aufnahme aus dem Bayernviewer von 2024 zeigt dann das gesamte Anschlussstück der Linie bis zur Verbindungsstraße zwischen Arnsdorf und Vogelthal, wo sie mit einem geflügelten Spiron etwas westlich der Anhöhe 513 endete. Nördlich schließt sich der südliche Ausläufer der Waldflur Englohe an.

Bewuchsmerkmale bis zur Verbindungsstraße zwischen Arnsdorf und Vogelthal. Die Linie endete hier mit einem geflügelten Spiron.

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Die "Diretissima" des Waldverhaus zum Altmühlknie bei Dietfurt

Nördlich der Verbindungsstraße zwischen Vogelthal und Arnsdorf war um 1700 die Waldflur noch durch mehrere Felder unterbrochen, die der Urkataster von ca. 1820 noch wiedergibt. Hier meint man, allerdings ohne letzte Sicherheit, an der Wald-Feldgrenze noch Abschnitte eines Wallgrabens (mit Versatz) auszumachen.

Das "Straßfeld" des Urkatasters, mit vermuteten Wallgraben-Zügen und Waldverhau dazwischen.

Im Weiteren dominierte dann der Waldverhau. Denkbar sind zwei Varianten:

  • Die Baumbarriere könnte entlang der Wald- und Feldabteilungen Englohe, Kohlplatte, Vogtfeld, Vogtholz auf schnurgerader Strecke bis hinab zum Altmühlknie bei Dietfurt gezogen worden sein (grün gestrichelte Linie in der Übersichtskarte).

  • Wahrscheinlicher erscheint uns ein kürzerer Verhau knapp hinter der Grenze, bei dem nicht soviel Wald geopfert werden musste. Es zog über den Westrand der Englohe und die Kohlplatte zum Schwedenberg, und von dort hinab zwischen Schweden- und Karlsfelser Leite bis zur Altmühl südlich von Töging. Hier liefen im Taleinschnitt auch alle Zugwege vom Vogtfeld und dem Wald her in die Flussaue hinab. Diesen Streckenabschnitt konnte man von den natürlichen Felsplateaus bei der Anhöhe 498 und den Hangkanten am Ludwigsfelsen gut überwachen und ggf. auch mit Geschützen bestreichen (grün gepunktelte Linie in der Übersichtskarte).

Grün gepunktelte Linie = vermuteter Waldverhau zum Schwedenberg.

Ob ein linearer Abschnittswall auf dem Promontorium am Schwedenberg zur Defensionslinie gehört oder schon viel früher entstand (als Teil einer mittelalterlichen oder frühgeschichtlichen Fliehburg), müssen wir leider offen lassen. Einer hier stationierten Geschützbatterie hätte Schutz von hinten gegeben.

Der Schwedenberg mit Linearwall.

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