26. September 2014:
Das Berchinger Kopfsteinpflaster und sein medizinischer NutzenUm vorweg jedes Missverständnis auszuräumen: Behinderte und alte Menschen haben alles Recht der Welt, sich ungehindert vorwärts zu bewegen, und die Gesellschaft hat die Verpflichtung, für diesen Personenkreis bequeme und zweckmäßige Wege zu schaffen!So weit, so gut! Es geht im Folgenden also nicht darum, dem betroffenen Personenkreis diese Chancen zu nehmen! Es geht aber sehr wohl darum, die Berchinger Bürger/innen nochmals dafür zu sensibilisieren, dass dies in Berching-Innenstadt ohne großen Aufwand und vor allem ohne wesentliche Opferung der wertvollen Bodensubstanz zu erreichen ist, und dass in jedem Fall Aufwand und Nutzen in einem vernünftigen Verhältnis zu einander stehen müssen. Gewaltig stört es uns, wenn ein externes Stadtplanungsbüro wieder einmal mit der üblichen, u. E. üblen Methode versucht, Behinderte mediengerecht, d. h. mit Großaufnahme per Zeitung, in Szene zu setzen und für die eigenen Ziele zu instrumentalisieren: Wie einem Artikel des Neumarkter Tagblattes vom heutigen Tag [Link] zu entnehmen ist, wurden einmal mehr einige Behinderte mit ihren Rollstühlen und Rollatoren im wahrsten Sinne des Wortes vorgeschoben, um eine weitgehende Umgestaltung von Berchings Straßenbild unter Opferung des wertvollen Kopfsteinpflasters anzubahnen. Dass es in Wirklichkeit weniger um Senioren und Behinderte geht, sondern darum, sechs- bis siebenstellige Euro-Beträge der Städtebauförderung an den Mann, sprich an die dahinterstehende Bau-Beton-Stein-Industrie zu bringen, haben wir bereits deutlich gemacht. Wenn die bisher veröffentlichten Zahlen stimmen, stehen in Berching derzeit ca. 1,7 Millionen Euro an Ausgaben für den Straßenbelag in der Diskussion, am Ende wird es vermutlich das Doppelte sein, von den Verlusten an wertvoller historischer Substanz ganz zu schweigen. [Link] Bei solchen Verlockungen lohnt es sich offensichtlich für Stadtplanerfirmen, mit Hilfe behinderter Statisten das Berchinger Granitpflaster, das schon jetzt eine ganze Menge für die Senioren leistet, als unwichtig bzw. unhistorisch abzutun: "Zunächst betonte Schober, dass an dem jetzigen Belag nichts historisch sei, vor dem derzeitigen Pflaster habe hier Kalksteinpflaster gelegen. Die Planung stamme aus den 1980er-Jahren. Berching lebe nun seit 30 Jahren mit dem Pflaster, so schlecht sei es nicht. Schober bescheinigte der Stadt den 'üblichen' Ausbaustandard der damaligen Zeit." Irrtum! Dem üblichen Ausbauschema der 80er Jahre entsprach es, Kopfsteinpflaster herauszureißen und durch Asphalt zu ersetzen! Genau dieser Fehler, den landauf, landab fast alle Städte gemacht haben, blieb Berching durch die Umsicht seines damaligen Magistrats erspart. Man entschied sich dafür, Pflaster mit Pflaster und mit nichts anderem zu ersetzen und pflegte damit eine Tradition, die schon seit mindestens 500 Jahren unverbrüchlich galt. Das eindeutige Bekenntnis zum historischen Pflaster-Ensemble war bis jetzt einer der großen Vorzüge Berchings - und es ist im Übrigen bis heute gesetzlicher Auftrag: Ensembleschutz heißt das Stichwort, das bei den bisherigen ISEK-Projekten und städtischen Stellungnahmen an keiner Stelle vorkommt! Das "So schlecht ist es nicht!" des Artikels ist also eine maßlose Untertreibung des eigentlichen Sachverhalts: Das Berchinger Pflaster ist großartig - in seiner Vollständigkeit, in seiner Vielgliedrigkeit ist es ein bedeutsames Alleinstellungsmerkmal der Stadt! Doch dieses Pflaster soll jetzt zum großen Teil weg, wenngleich die Töne in dem besagten Zeitungsartikel schon etwas moderater klingen. Ist dieses Pflaster wirklich so behinderten- und seniorenunfreundlich, wie es immer wieder dargestellt wird? Dass das Pflaster wegen des fehlenden Fahrkomforts und relativ lauter Abrollgeräusche die Kraftfahrzeuge einbremst und Behinderte, Kinder und Senioren vor dem Überfahrenwerden schützt, das haben wir schon an anderer Stelle deutlich gemacht. Desgleichen, dass es eigens für Kopfsteinplaster gebaute Kinderwägen, Rollstühle und Rollatoren mit Weichgummireifen gibt. Und im Weiteren, dass die Berchinger Bordsteinkanten traditionell so niedrig sind, dass sie kaum eine Barriere darstellen! Ein weitere, sogar sehr wichtige und dennoch häufig übersehene positive Eigenschaft des Pflasters wollen wir nun an dieser Stelle vorstellen: Anlass dazu gibt uns ein Leserbrief des Neumarkter Tagblatts vor einigen Wochen, in dem sich ein Nierenkranker darüber beklagte, wegen seiner Nervenstörungen in den Beinen beim Gehen in Berching Schmerzen erdulden zu müssen. Der Betroffene leidet offensichtlich an einer Erkrankung, die in der medizinischen Fachsprache Polyneuropathie heißt. Diese kommt vor allem bei Diabetes mellitus, Alkoholismus und Nierenschwäche vor. Polyneuropathien sind geprägt von einem Verlust an funktionsfähiger Nervensubstanz, bedingt durch einen Schaden an den Isolationshüllen der Nerven, den sogenannten Markscheiden: Die Betroffenen haben das Gefühl, wie auf Watte zu laufen, sie spüren die Bodenstruktur nur mäßig oder gar nicht und leiden stattdessen an unangenehmen, teils schmerzhaften Kribbelgefühlen. Soweit der medizinische Sachverhalt. Im Rahmen stationärer Rehabilitationsverfahren kommt es für die betroffenen Patienten darauf an, den erlittenen Bewegungsverlust wettzumachen, und den kranken Füßen und Beinen das Gefühl für unterschiedliche Bodeneigenschaften zurückzugeben. Alten- und Pflegeheime sind hier übrigens nicht im Geringsten förderlich: Auf ihren glatten Böden verlieren die Polyneuropathie-Kranken mangels Berührungsreizen umso schneller jegliches Gefühl für das Laufen! Genau aus diesem Grund fordern Krankengymnasten und Bewegungstherapeuten in den Reha-Kliniken die Betroffenen dazu auf, ein Lauftraining zu beginnen, und sie werden gezielt an Bodenbeläge unterschiedlicher Struktur herangeführt, um durch taktile Reize die geschädigten Nerven zu reaktivieren! Dafür gibt es sogar eigene Trainingstrecken (siehe Bild); durch die Fußsohlenmassage werden zusätzlich Durchblutung und Stoffwechsel angeregt, was wiederum nicht nur den Polyneuropathie-Kranken, sondern auch den chronisch Durchblutungsgestörten zu Gute kommt! Schmerzen müssen dabei allerdings am Anfang in Kauf genommen werden, wenn das Training am Ende Erfolg zeigen soll! Und Fußgesunden tut ein solches Training natürlich auch gut. Diesen wird mitunter sogar empfohlen, auf städtischem Kopfsteinpflaster barfuß zu laufen - Straßenschmutz hin oder her! [Link]
Wenn man diesen Sachverhalt auf Berching und seinen historischen Straßenbelag überträgt, so heißt dies im Klartext: Es handelt sich bei dem Kopfsteinpflaster Berchings um ein grandioses Rehabilitationsinstrument für kranke Füße und Beine - einer Seniorenstadt mit Rehabilitationsklinik würdig! Ob sich dies die Betroffenen je klar gemacht haben? Wir vermuten: Nein! Von sogenannten Stadtplanern werden Sie darüber auch kaum etwas erfahren! Für diese ist das Pflaster erst einmal primär schlecht - aus den besagten Gründen. Wie bei so vielem anderen kommt es auf Aufklärung und Einstellung an: Man kann ein Kopfsteinpflaster als belastend und schädlich begreifen - oder als sehr gute Trainingschance, als wohltuend und effektiv! Wie sagt man so schön: Ein Glas kann halbleer, es kann auch halbvoll sein! Es kommt nur auf den Standpunkt und die Betrachtungsweise an. Die Stadt Heidelberg hat sich den Luxus geleistet, ihr verloren gegangenes historisches Kopfsteinpflaster wieder in weiten Teilen zurückzuholen - und leistet dabei vorbildliche Behindertenaufklärung. [Link] Wenn wir unter gesundheitlichen Aspekten die objektive Wertigkeit des Berchinger Kopfsteinpflasters abwägen, so halten sich potentielle Vorteile und Nachteile nicht nur die Waage, es überwiegen klar die Vorteile! Was am Ende bleibt, ist im Grunde genommen nur eine Notwendigkeit: Für die Fahrgeräte einige bequeme Bahnen durch Abschleifen des Pflasters oder allenfalls durch Ersatz mit bereits geschliffenen Pflaster zu schaffen und auf diesen Strecken möglichst alle hinderlichen Kanten abzubauen! Dies gönnen wir unseren Behinderten und Rollstuhl-/Rollator-Fahrern, die wir als Patienten zu großen Teil persönlich kennen, von Herzen! Alles andere kann jedoch getrost unterbleiben! Wozu man für die wenigen wirklich benötigten Wegemaßnahmen seitens der Stadt Berching sündhaft teure Stadtplaner- und Architektenbüros mit üppigem Salär braucht, bleibt ein Rätsel! Die Steuergelder der Bürger könnten weitaus sinnvoller verwendet werden! Was den Rückbau der Straßen anbelangt, der in obigen Artikel auch thematisiert wurde, obwohl er mit der Barrierefreiheit von Behinderten zuunächst nichts primär zu tun hat (ganz im Gegenteil: eher mit dem Aufbau von Barrieren!), so wollen wir uns an dieser Stelle nicht wiederholen und nur kurz zusammenfassen: Keiner wird etwas dagegen haben, wenn die Dauerparker der Stadtverwaltung vor die Mauern der Stadt verbannt werden. Ansonsten aber wird die Stadt Berching aufpassen müssen, dass der Schuss nicht gewaltig nach hinten losgeht, sprich: durch den Rückbau der ehe schon fragile Umsatz der Geschäfte nicht weitere gravierende Einbußen erleidet! Zum Abschluss: Dieser Kommentar wurde von einem Menschen geschrieben, der wegen schmerzhafter Arthrosen an beiden Füßen ebenfalls nur mit gewissen Schmerzen über das Berchinger Kopfsteinpflaster laufen kann. Seinen wahren Wert erkennend, wäre es ihm nicht im Traum eingefallen, dieses deswegen schlecht zu reden oder es sich wegzuwünschen! |
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29. August 2014:
Hoher Aufwand, kein Gewinn und großer Schaden: Die Innenstadtplanung des ISEKGravierende handwerkliche Fehler haben wir der ISEK-Planung und ISEK-Durchführung für Berching in den letzten Tagen attestieren müssen - gepaart mit einem immensen Zerstörungspotential für die historische Substanz. Hier die bisherige Schreckensbilanz, wie sie sich aus den bislang dem Bürger eröffneten Informationen ergeben:
Bei all diesen Vorhaben - ob geplant oder bereits ausgeführt - greift eine rigorose Zerstörung von Berchings wertvollen Bodendenkmälern, seien es die historischen Vormauer-Streuobst-Biotope, seien es die Flutmauern an der Sulz, sei es das historische Straßenbild der Stadt. Dabei fällt auf, das der gesetzlich vorgeschriebene Ensemble-Schutz der Stadt nicht nur nicht erwähnt, sondern an vielen Stellen gezielt ausgehebelt wird, und auch der sogenannte Denkmalschutz für Einzelobjekte nur ein Schattendasein führt. Ansonsten sind die Pläne von einer weitgehenden Unkenntnis der historischen Gegebenheiten der Stadt Berching gekennzeichnet. So ist der historische Teil der Ausgangschrift des ISEK vom Juni 2012, genannt "Ein ISEK für Berching, integriertes Stadtentwicklungskonzept", extrem mager gestaltet und er lehnt sich weitgehend nur an einem Artikel des Online-Lexikons Wikipedia an - um nicht zu sagen, dass er von dort abgeschrieben wurde, gut erkennbar an Aufbau und einzelnen Satzteilen. Bezüglich der Bodendenkmäler bezieht sich das ISEK auf die Liste des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege, die am 24.03.1976 erstellt wurde und längst nicht mehr aktuell bzw. in vielen Punkten unvollständig ist. Vor dem Hintergrund dieser betrüblichen Ausgangslage hat uns in den letzten Tagen eine helfende Hand ein Dokument zur Verfügung gestellt, welches in Berching nur wenigen Personen zugänglich ist. Es handelt sich um die Handlungsanleitung bzw. Ausführungsbestimmung des ISEK vom Mai 2013, mit folgendem Titelbild:
In diesem Geheft von ca. 150 Seiten, das wir aus urheberrechtlichen Gründen innerhalb dieser Internet-Präsentation nicht in der Gesamtheit wiedergeben können, finden sich schwerpunktmäßig Ausführungen zur Veränderung des historisch gewachsenen Straßenbildes Berchings. Für das Verständnis dessen, was nun folgt, wäre es wichtig, wenn der Leser erst unseren Übersichts-Artikel zur Geschichte des Berchinger Kopfsteinpflasters und zur aktuellen Platt-glatt-kaputt-Sanierung unserer Innenstädte zu lesen, ehe er mit der Lektüre fortfährt! [Link] Das Berchinger Stadtpflaster ist seit über 500 Jahren sukzessive ein- und ausgebaut, erneuert und umgestaltet worden, immer aber durch die ausschließliche Verwendung von Natursteinmaterial geprägt gewesen und darf wegen seiner vielgliedrigen Geschichte als weiteres, prägendes Kulturdenkmal der Stadt gelten. In Bayern stellt es wegen seiner ungewöhnlichen Vollständigkeit eine Einmaligkeit dar! Dem unsensiblen ISEK Berching dürfte dies egal sein. Aufgrund der leidvollen Erfahrung anderer Städte, die in Bayern wie im Rest von Deutschland aus wirtschaftlichen Interessen heraus derzeit platt-glatt-kaputt-saniert werden, erwarten wir auch in diesem wichtigen Punkt der ISEK-Rahmenplanung den Einbau obligatorischer Großplatten-Beläge als Ersatz für das ungleich wertvollere historische Klein- und Großstein-Pflaster, und wir sind eigentlich nur gespannt, mit welcher Argumentation und in welcher Ausprägung diese neuzeitlichen Bodenbeläge als Ersatz für das ungleich wertvollere Natursteinpflaster in die "Stadtentwicklung" Berchings gedrückt werden sollen. Schon bei einem ersten Durchblättern des Rahmenplans fällt auf, dass die Straßen-Neugestaltung sage und schreibe 105 von ca. 150 Seiten einnimmt, also mehr als zwei Drittel des ganzen Gehefts, wohingegen alle anderen Projekte umfangmäßig stark abfallen. Damit ist schon eine erste Richtung vorgegeben und dem Ganzen ein Stempel aufgedrückt. Verwundern muss dies aber nicht, weil mit der Straßenneugestaltung auch das größte Investitionsvolumen zugunsten der weiteren Planer und der Bau-Stein-Beton-Lobby abgegriffen wird. Beziffert sind im Rahmenplan des Jahres 2013 Beträge je nach Variante bis über 2,77 Millionen €, welche dann selbstredend in der Endabrechnung noch weit überschritten werden. Dies ist bereits heute, noch vor Beginn der Maßnahmen, an den zwischenzeitlich kalkulierten Teilkosten erkennbar, wie sie kürzlich in einem Artikel des Neumarkter Tagblatts ausgewiesen wurden. Wir haben dies bereits kommentiert. [Link] Da der Rahmenplan anfangs über viele Seiten alle möglichen Ecken und Enden Berchings ins Visier nimmt bzw. Einzelvorschläge zur deren Neugestaltung bringt, ist es für den unbedarften Leser zunächst etwas verwirrend, worauf das Gesamtprojekt hinausläuft. Wir wollen dem Leser deshalb diese Einzelheiten ersparen und statt lauter "Bäumen" gleich den "Wald" schildern, der am Ende dabei herauskommt. Er wird in dem Geheft auf den Seiten 106 bis 111 plakativ zusammengefasst. Wir zitieren zunächst aus Seite 106: "Zentrales Ziel ist die Reduzierung von Großstein, um auch optisch dem Aufenthalt und weniger dem fließenden Verkehr Vorrang zu geben. Hierbei soll die Großsteinpflasterung lediglich auf die wichtigsten Durchgangsstraßen reduziert werden. Weiterhin soll in diesen Bereichen der Straßenquerschnitt verringert und die Kurvenradien verkleinert werden, um die Geschwindigkeit zu reduzieren... Die Nebenstraßen erhalten mit der Herausnahme des Großsteinpflasters ein einheitliches Erscheinungsbild..." Befassen wir uns mit den wichtigsten Einzelheiten, was hier geschehen soll: "Zentrales Ziel ist die Reduzierung von Großstein..."
So sieht er also konkret aus, der geplante Vernichtungsfeldzug gegen den historischen Pflaster-Belag Berchings, den wir bereits haben kommen sehen! [Link] Geschätzte Reduktion der Fläche an Großsteinpflaster vermutlich mehr als 50%! Es war nicht anders zu erwarten. Während andere Städte ihr historisches Großstein-Pflaster wegen seines immer mehr steigenden Wertes hegen und pflegen, ja sogar bei früheren Verlusten zurückkaufen und wieder einbauen (wie z. B. Heidelberg, das damit UNESCO-Welterbe werden will), wird in Berching also demnächst rücksichtslos wertvollstes Steingut herausgerissen und das Abraummaterial vermutlich an den höchstbietenden Interessenten veräußert! Denn diese gibt es mit Sicherheit! Geldschöpfung der besonderen Art nennen wir dieses - der Verkauf des Tafelsilbers! Entschuldigen Sie bitte, wenn uns dazu nur der spontane Ausruf einfällt: "Dümmer geht's nimmer!"
Würden Sie, liebe Leser, wenn Sie in Ihrem Briefmarkenalbum zuhause die "Blaue Mauritius" oder in Ihrem Weinkeller einen "Chateauneuf-du pape" von 1909 hätten, sich von einem Wohnungsverschönerungsverein sagen lassen, es sei heute "in", so etwas auf dem Flohmarkt abzustoßen?
Doch wohl nicht! In Berching scheint aber aktuell Solches mit dem wertvollen Straßenpflaster durchzugehen! Vorgeschoben wird von der ISEK-Planung ein hehres Ziel: Verkehrsreduzierung durch Reduzierung der Durchfahrtsstraßen-Breite! Die Rede ist von viel zu weiten Kurvenradien, von viel zu breiten Fahrbahnen, von viel zu vielen Parkplätzen, die die "Erlebnis- und Aufenthaltsqualität" schmälern! Waren die früheren Stadtplaner alles Schwachköpfe? Allerdings wird sich kein ernsthaft denkender Mensch prinzipiell gegen eine Verkehrsberuhigung wehren, und erst recht kein historisch interessierter, da natürlich in Berching in früheren Zeiten ein weitaus geringeres Verkehrsaufkommen geherrscht hat als heute. Nur: Die Zeiten haben sich leider nicht nur in Sachen Verkehrsaufkommen gewandelt, sondern auch in anderer Hinsicht: Heute ist die Innenstadt von Berching aufgrund vieler Standortfaktoren ein derart strukturschwacher Raum, dass der wenige verbliebene Einzelhandel und die Gastronomie essentiell darauf angewiesen sind, jede noch so geringe Barriere für den Kunden wegzuräumen, um nicht noch weiter Umsatz an die Nachbarstädte zu verlieren. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Damit relativiert sich selbstredend auch jeder Denkmalschutz, wenn dringende Notwendigkeiten der Menschen von heute vorrangig sicherzustellen sind. Die Halligalli-ISEK-Projekte in den Vormauerzonen sind allerdings keine derartigen Notwendigkeiten! Der Bodendenkmalschutz in der Innenstadt ist im konkreten Fall dagegen kein Hindernis. Er arbeitet den Menschen zu und nicht gegen sie. Wir werden dies jetzt ausführlich begründen. Während es aktuell wegen der komfortablen Breite der Innenstadt-Hauptstraßen relativ problemlos möglich ist, neben dem Parkverkehr auch einen Kurzhalte-Verkehr an den Straßenrändern zuzulassen, nicht selten in zweiter Reihe, dann hat das seine guten und triftigen Gründe: Gerade so wird bei Vollbelegung der Parkplätze noch ein Schnelleinkauf, eine kurze Besorgung möglich - und jeder autofahrende Berchinger wird zugeben müssen, dass er davon schon unzählige Male profitiert hat. Nach dem Willen des ISEK-Planerbüros wird das künftig unmöglich - adieu Einkäufer, adieu Umsatz für die oft um ihre wirtschaftliche Existenz kämpfenden Geschäftsleute! Mit dieser Straßenplanung, liebe Berchinger, sind also für's Erste Einkaufs-Barrieren aufgebaut und nicht beseitigt, wie im Hefttitel versprochen. Und dies, obwohl Platz für alle ist, für Fußgänger, Fahrradfahrer und Autofahrer! Die früheren Stadtväter haben das gewusst, sonst hätten Sie die aktuellen Straßenbreiten gar nicht konzipiert. Uns ist es schleierhaft, dass von Seiten des Einzelhandels aktuell nicht ein Proteststurm über das Rathaus niederprasselt. Im Übrigen verkennt die ISEK-Planung, dass Autos zum Erledigen von Bürgergeschäften nicht nur in die Stadt hinein, sondern auf dem kürzesten Weg auch wieder hinaus sollten. Bisher gab es für diejenigen, die z. B. vom Mittleren Tor hereingekommen waren, auf der breiten Kreuzung zwischen Pettenkofer- und Reichenau-Platz und dann erneut vor dem Gredinger Tor günstige Wendemöglichkeiten ohne Rückstoßmanöver, die künftig komplett entfallen. Es müssen also nun Autos zum Verlassen der Innenstadt die gesamte Kanal-Lände und die halbe Vorstadt durchfahren, wenn sie dahin zurückkommen wollen, von wo sie in die Innenstadt eingefahren sind. Zuvor wäre das gar nicht nötig gewesen. Sieht so Verkehrsberuhigung aus? Wir nennen das überflüssige Verkehrsvermehrung! Und was ist, wenn in den eingeengten Durchgangstraßen ein Lastwagen oder Kleinbus entgegenkommt oder zum Be- und Entladen längere Zeit am Straßenrand halten muss? Dann ist für den fließenden Verkehr mit Sicherheit kein Durchkommen mehr! Diese ISEK-Verkehrsplanung schafft also erst einmal Barrieren und längere Wege und beseitigt keine - übrigens auch für kraftfahrzeugfahrende Menschen mit Behinderung, die bisher bequem nahezu jeden Punkt der Innenstadt mit dem Auto erreichen konnten, nun aber auf die wenigen Behindertenparkplätze ausweichen müssen, die möglicherweise bald verstellt und zugeparkt sind. Denn auch das gesamte Parkplatzangebot in der Innenstadt ist nach ISEK-Willen jetzt stark reduziert. Sieht so das Programm aus, neue Bewohner in die leerstehenden Altstadthäuser zu bekommen? Diese brauchen nicht nun auf jeden Fall für sie ausgewiesene Parkplätze mit kurzen Gehstrecken, sondern auch generell ein großzügiges Parkangebot in der Innenstadt! Warum, werden wir gleich erklären! Das ISEK-Verkehrskonzept für die Berchinger Innenstadt enthält zwei grundlegende Webfehler:
Speziell eine aktive Verkehrsüberwachung will in Berching niemand, nachdem sie vor ein paar Jahren bei einer Erprobungsphase grandios gescheitert ist, und die Gängelung der Bürger in unserem überalterten Bürokratenstaat sowieso schon unerträglich überhand genommen hat. Außerdem gelten hier in Berching eben immer noch etwas andere "Gesetze" als anderswo. Was sich den ISEK-Leuten nur entzieht. Da also eine aktive Verkehrsüberwachung fehlt, werden zubestimmten Zeiten weiterhin Einheimische und Besucher reichlich in die Altstadt hineinfahren und alle freien Plätze belegen - "Erlebnis- und Aufenthaltsqualität" hin und her. Wenn da aber keine ausreichenden Parkplätze und Straßenbreiten zur Verfügung stehen, wird eben wild geparkt, z. T. auf den neu ausgewiesenen Frei- und Fußgänger-Flächen, z. T. sicher auch auf den Parkplätzen von Anwohnern, selbst wenn diese mit Schildern eigens als reserviert bezeichnet sind. Abhilfe würde nur eine zentrale Tiefgarage unter dem Reichenau-Platz schaffen, diese ist aber vermutlich wegen des feuchten Grundes mit so immensen Kosten verbunden, dass sie für die Stadt Berching nicht erschwinglich ist. Ohne zentrale Tiefgarage und/oder Verkehrsüberwachung sind aber alle Verkehrsberuhigungsprojekte für die Katz und man kann es gleich bei den vorhandenen Straßenbild belassen! Es ist unter den gegebenen Umständen sowieso das bestmögliche!
Doch weit gefehlt in Berching:An diesem Punkt anbelangt, hätte auch jeder einigermaßen aufgeweckter Stadtplaner ehrlicherweise eingestehen müssen: "Meine hehren Pläne laufen ins Leere, deshalb kann alles so bleiben, wie es ist!" Dabei hätte er wenigstens nicht ein wertvolles Bodendenkmal wie das Großsteinpflaster geopfert! Vielleicht geht es doch um etwas anderes, etwa um Großaufträge für bestimmte Firmen, und deshalb muss auf Teufel komm raus herumgerissen und herumgebaut werden, und wenn es noch so unsinnig und ineffektiv ist! Wenden wir uns nun den projektierten Freiflächen zu, die der ISEK-Planung zufolge die allein glückselig machende "Aufenthaltsqualität" gewährleisten. Damit sind wir auch bei der berühmten "Barrierefreiheit" angelangt. Dass sie für Autos nicht gilt, haben wir bereits begründet. Wir zitieren erneut, nunmehr von S. 110: "Ein zentrales Element zur barrierefreien Gestaltung der Alt- und Vorstadt ist der Einbau von gesägten Natursteinplatten sowie gesägtem Kleinstein, um das Gehen und Rollen zu erleichtern... Konkret soll das Ganze in etwa so aussehen!
Da ist er also endlich, dieser unsäglich langweilige Plattenbelag, dieses "Platt-glatt-kaputt"! Landauf, landab wird inzwischen diese neue, weil Absatz und Umsatz generierende "Stadtdesigner-Doktrin" vertreten. Wenn unschöner Asphalt dadurch ersetzt wird, mag alles noch angehen, aber deswegen eines der wenigen komplett erhaltenen und schönsten Altstadt-Pflasterensembles Bayerns zerstören? Die betreffenden, nunmehr aber zu verbreiternden und künftig wild durch Autos zugeparkten Zonen hatten bisher ein Kleinsteinpflaster. Stellt das aktuelle Kleinsteinpflaster aus Granit wirklich eine so schlimme Barriere für Behinderte und Senioren dar, dass man es jetzt auf drei Meter Breite an den Hauswänden herausreißen muss? Was hat die Durchgangsmöglichkeit im Gastronomiebereich überhaupt mit der Art des Bodenbelags zu tun? Passt so ein Plattenbelag überhaupt in ein historisches Häuserensemble? Die Antwort für alles lautet klar: "nein" oder "nichts"! Die gesägten und getrommelten Natursteinplatten kosten übrigens ein Heidengeld, was die ISEK-Planung auch genau weiß, nur nicht eigens benennt. Genau das ist aber der Grund, warum die Magistrate vieler Städte am Ende auf billigere Imitate aus Beton ausweichen. Genau diese Beton-Unkultur erwarten wir nun auch in Berching! Im Privatbereich mag so etwas aus Kostengründen angehen und, wie gesagt, auch auf zuvor asphaltierten Flächen. Aber dafür ein filigranes, wertvolles Kleinsteinpflaster aus Granit opfern? Ein Unding!
Wir landen hier leider wieder bei unserem "Dümmer geht's nimmer" und müssen noch hinzufügen "Teurer geht's - trotz aller Einsparmaßnahmen - auch nimmer", wenn man zu den Kosten des überflüssigen Neueinbaus auch noch den Wertverlust durch Ausbau des alten Pflasters hinzuzählt!
Bleiben wir noch ein wenig beim Berchinger Kleinsteinpflaster - nunmehr beim neu hinzugekauften. Denn nach Willen der ISEK-Planung ist das alte nicht verwendbar, weil das neue "gesägt" sein muss. Das vorhandene, alte wird also weggeworfen oder verkauft. Das neue Kleinsteinpflaster soll nun auch alle Seitenstraßen belegen, um der Einheitlichkeit willen. Aus historisch-denkmalschützerischer Sicht ist anzumerken, dass genau dieses falsch ist: Historische Pflaster sind nie einheitlich, ganz im Gegenteil! Seltenst war früher das Stadtsäckel so voll, dass ganze Straßenzüge auf einmal gepflastert werden konnten, immer hat man erhaltungswürdige Flächen belassen und auch diverse Verlegemuster angewandt, so wie es halt Material, Ort und die Vernunft geboten. Wir wollen dies gerade am Beispiel Berching mit einer historischen Aufnahme nochmals deutlich machen:
Also wieder einmal kein Gefühl für das historische Erbe. Einheitlichkeit ist in der Regel Unfug in einer historischen Stadt! Und für diesen Unfug der Vereinheitlichung soll dann auch noch ein weiterer Teil des besonders wertvollen Großsteinpflasters in den Seitenstraßen geopfert werden! Dasselbe gilt für die Vereinheitlichung von Wasserrinnen, Randsteinen etc., die die ISEK-Planung auch an diversen Stellen fordert: Keinerlei Notwendigkeit, ganz im Gegenteil!
Es ist in Berching unnötig wie ein Kropf, wegen einer vermeintlichen Einheitlichkeit die Pflaster-Beläge auf fast allen Straßen umzupflastern! Hier geht es wohl wieder einmal nur um Mehrung der Auftragsvolumen für gewisse Bau-Sparten!
Damit kommen wir zur geforderten "Barrierefreiheit", dem ISEK-Fürsorge-Feigenblatt für Behinderte und Senioren. Kein vernünftiger Mensch wird prinzipiell dagegen sein, dass der betreffende Personenkreis sicher und bequem durch Berching kommt! Nur: Mit welchen zusätzlichen Mitteln soll das erreicht werden?
Für diese ist es jedoch nicht nötig, alle Straßen der Stadt barrierefrei zu machen, sondern eben nur die wichtigsten und schönsten Straßenzüge! Dazu gehört selbstredend das Straßenkreuz zwischen den Toren und der Zugang zu Kirchen, Behörden und Baudenkmälern, aber durchaus nicht alle Seitenstraßen und auch nicht der gesamte Stadtmauer-Ringweg, sondern vielleicht nur der schönste Teilsektor. Das Mega-Programm der ISEK-Planung für die "Barrierefreiheit" ist also übertrieben und in weiten Teilen überflüssig! Obendrein ist hier den Machern ein wohl unbeabsichtigter Fehler unterlaufen: Ständig wird im Text suggeriert, dass echte Barrierefreiheit nur mit "gesägten" und "getrommelten" Platten und allenfalls mit "gesägtem" Kleinsteinmaterial möglich ist, also prinzipiell mit neuem, aufwändig bearbeitetem Material! Allerdings ist an einer Stelle ein Bild in das Geheft gerutscht und zeigt, was man im Text verschwiegen hat: Es geht alles viel einfacher! Laut Unterschrift soll hier ein sogenanntes "geschliffenes" Kleinsteinpflaster demonstriert werden - wenn auch mit falscher Abbildung, denn das gezeigte Pflaster ist, wie am Verlege-Muster erkennbar, doch "gesägt". Das Bild zeigt allerdings gut den Aspekt eines "geschliffenen" Pflasters!
Halten wir das Wesentliche fest: Man kann, um barrierefreie Gehbahnen zu erzielen, vorhandenes Pflastermaterial ohne Ausbau ganz einfach glatt schleifen! Wir haben entsprechende Pflasterstrecken in Bamberg und in Aachen besichtigt, in letzterem Ort sogar mit dem besonders harten Eifel-Basalt. Das Prinzip funktioniert sehr gut. Die neuen Pflasterstreifen sehen relativ gut aus, weil sie dezent die Farbnuancen des historischen Steins herausarbeiten, und der Schaden für das historische Pflaster selbst hält sich in Grenzen: Es bleibt in toto erhalten und könnte eines Tages sogar durch Wendung wieder in den alten Zustand rückgebaut werden! Dazu ein Bild und ein Link vom Vorplatz des Konstanzer Münsters, der jüngst entsprechend umgestaltet wurde. [Link]
Die Beschleifung des Berchinger Pflasters auf bestimmten Bahnen, z. B. auf dem Seitenstreifen der Johannisbrücke, halten wir für die einzige legitime, weil einigermaßen verträgliche Maßnahme zur Schaffung von Barrierefreiheit für Rollstuhl-, Rollator- und Kinderwagenfahrer! Das Verfahren ist konkurrenzlos einfach und sicher erheblich kostengünstiger als ein Pflaster-Neueinbau!
Hinzu kommen ein paar wenige Stellen, wo für die Straßenüberquerung die ehe schon niedrigen Bordkanten rückgebaut und auch das Großsteinpflaster eingeschliffen werden müssen. Das ist alles! Dazu bräuchte es allerdings keine ISEK-Planerfirma, die uns das Verfahren sowieso verschwiegen hat, auch keine zusätzlichen, mit über 200 000 € zu bezahlenden Straßenarchitekten und erst recht keine zusätzlichen Millionen, um am alten Pflaster herumzureißen, sondern nun einen intelligenten Wegeplan aus dem eigenen Bauamt! Und das Alleinstellungmerkmal für Berching - "komplettes historisches Straßenpflaster" - bliebe dadurch erhalten! Die modischen, nichtsdestotrotz unpassenden und schädlichen Betonplatten-Beläge können aber draußen bleiben!
Kommen wir abschließend noch zu ein paar Punkten, in denen die ISEK-Planung ebenfalls heiße Luft produziert hat oder ganz klar auf dem Holzweg ist:
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