Der Name Argenteuil ist mit einer der dramatischsten Episoden im Leben Heloïsas und Abaelards verbunden. Als nach der Entdeckung des Liebesverhältnisses ein Verbleiben Heloïsas in Paris nicht mehr möglich war, brachte sie Peter Abaelard als frisch angetrauter Ehemann in die Benediktinerabtei Sainte-Marie von Argenteuil - ca. 12 Kilometer nordwestlich von Paris. In diesem Frauenkonvent war Heloïsa keine Unbekannte. Sie war von klein auf dort erzogen worden und hatte ihren ersten Unterricht in Latein, Griechisch und vielleicht auch schon in Hebräisch, erhalten.
Als Heloisa in diesem Konvent lebte, blickte dieser bereits auf eine mehr als vierhundertjährige Tradition zurück: Ein erstes Kloster war bereits im 7. Jahrhundert unter dem Merowingerkönig Childebert gegründet worden. Im Jahre 1129 nahm Abt Suger von Saint-Denis angebliche alte Besitzrechte wahr und ließ die Nonnen von Argenteuil, darunter auch ihre Priorin Heloïsa, vertreiben: Er gab vor, herausgefunden zu haben, dass das Kloster von Argenteuil einst ein Männer-Kloster gewesen war und zu Saint-Denis gehört hatte. Dabei berief er sich auf eine - wahrscheinlich gefälschte - Urkunde aus dem Jahre 828, in der der Kaiser Ludwig der Fromme und sein Sohn Lothar versprochen hatten, das Kloster nach dem Tode der Äbtissin Theodrada wieder an Saint-Denis zurückzugeben. Die Echtheit der Urkunde wurde bereits wenige Jahre nach Sugers Tod angezweifelt. Das Original ist heute verloren. Der Abt behauptete auch, nach einer zweiten Urkunde hätten Hermenricus und seine Frau Numma das Kloster in Argenteuil gegründet und unter König Pippin, 751-768, dem Kloster Saint-Denis geschenkt. Diese Behauptung ist weitgehend widerlegt, denn das Kloster war nachweislich schon unter König Chlothar III., 657-673, gegründet und der Mutter Gottes sowie Peter und Paul geweiht worden. Ein Kartular von Saint-Denis aus dem Jahre 750 führte das Kloster Argenteuil nicht auf. Karl der Große hatte seine Tochter Theodrada zur Äbtissin gemacht. So standen sich zu seiner Zeit das Königskloster Saint-Denis als Männerkonvent und das Kloster Sainte-Marie von Argenteuil als Frauenkonvent in enger Nachbarschaft auf beiden Seiten der Seine gleichrangig gegenüber. Die Normannen zerstörten Argenteuil, und es blieb danach über hundert Jahre öde und verwaist. Erst Königin Adelheid, die Frau Hugos Capet, und ihr Sohn, König Robert II., 969-1031, gründeten es als benediktinisches Nonnenkloster neu. Obwohl König Robert die Gründungsurkunde in Saint-Denis ausgestellt hatte, fehlt in ihr erneut jeder Hinweis auf etwaige Ansprüche dieses Klosters. Der damalige Abt von Saint-Denis hatte nicht einmal mit unterzeichnet. Trotzdem der dürftigen Beweislage wurden die Nonnen vertrieben, und die Vertreibung durch ein Konzil - und unter Zustimmung des Päpstlichen Legaten Matthäus von Albano und des Königs - bestätigt.
Eine ausführlichere Beschreibung und Bewertung der damaligen Vorgänge findet sich innerhalb dieser Seiten unter:[Die Vertreibung Heloïsas und ihrer Mitschwestern aus Argenteuil]
Die weitere, bewegte Geschichte des Priorates ist in Zusammenhang mit Heloïsa und Abaelard nur wenig interessant. Das Kloster wurde während in der französischen Revolution bis auf unbedeutende Reste zerstört. Argenteuil ist heute eine relativ konturlose Industriestadt nordwestlich von Paris, mit zirka 100 000 Einwohnern, die nur wenig aus alten Zeiten bewahrt hat. Größere, überirdische Reste des einstigen Frauenklosters selbst sind heute nicht mehr erhalten. Von den sonstigen Bauten ist die Kapelle Saint-Jean am eindrucksvollsten, die aufgrund archetektonischer Merkmale in das 11. Jahrhundert - also in die Zeit vor Heloïsa - zurückdatiert wird und als Taufkapelle gedient haben soll. Sie steht heute - vorbildlich renoviert - in einem der Neubauviertel, unmittelbar nördlich des ehemaligen Abtei-Areals. Die Überreste des Klosters selbst liegen in einem von außen nicht zugänglichen Immobilienkomplex und werden nur angemeldeten Besuchergruppen hin und wieder eröffnet. Sie beschränken sich im wesentlichen auf die Krypta der ehemaligen Abteikirche.
Die Fundstücke aus dem Klosterareal aus der Zeit der Romanik, darunter ein Portalgesims im sogenannten normannischen Stil, ein sehr schönes Säulenkapitell, eine Skulpturenplatte und das Epitaph eines Musiklehrers namens Addalaldus, der im Kloster Musik unterrichtete und in der Kapelle Saint-Jean begraben wurde, werden heute im alten Hospital der Stadt, dem Musée du Vieil Argenteuil, aufbewahrt und an einzelnen Wochentagen der interessierten Öffentlichkeit präsentiert. Das Museum steht unter der Schirmherrschaft der Société historique et archéologique "Le Vieil Argenteuil" - eine Gemeinschaft örtlicher Heimatkundler, welche auch in unregelmäßigen Abständen ein Bulletin mit Facharbeiten zu Argenteuil herausgibt. Diese wenigen Funde, die aus Heloïsas Abtei noch erhalten sind, belegen durch die Schönheit ihrer Ausführungen, wie blühend und reich dieser Konvent bis zur Vertreibung der Nonnen einst gewesen sein muss. Das genannte Epitaph belegt, dass dort auch die schönen Künste gepflegt wurden - eine Information, die man sonst nur durch die Quellen zu Heloïsa gewinnt. Das Museum enthält außerdem eine sehr schöne Sammlung von Kupferstichen und sonstigen Dokumenten zum Thema - unter anderem eine fast komplette Serie der sehr frühen Werke Angelika Kauffmanns.
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