Trotz Fehlen eines nennenswerten literarischen Nachlasses ist Alberich dennoch der Nachwelt bekannt geworden - durch ein überschwengliches Gedicht des Hugo von Orleans, eines Vagantendichters, der Alberich gegen Abaelard verteidigte. Der Primas hat die konservative Richtung der Reimser Schule, ihre Ablehnung der antiken Autoren, aber auch ihre tiefe Beunruhigung durch die neue theologische Richtung, in treffende Verse gebracht. Dieses Gedicht schildert den Gegensatz des konservativ-kontemplativen Theologen Alberich zum aufklärerischen Abaelard. Abaelard erscheint als Dieb, der den Gläubigen den Glauben raubt, als Eindringling in den Rat der Weisen, als Lebemann und Schmarotzer:
Reims besitzt die höchste Würde schon durch seines Alters Bürde; doch was früher ihm beschert, wird durch Albrich jetzt vermehrt, der's auf höchste Stufe rückt, der's mit einer Krone schmückt, der's mit Diadem bekränzt. Durch wieviel auch Reims erglänzt, alles ziert es nicht so sehr wie der Quell der Gotteslehr', Quell, der hell und ewig fließt, dem nicht Tand, doch Lehr' entfließt, keine falschen Argumente, sondern Christi Sakramente. Nicht die Weisheit des Marcian, nicht Grammatik des Priscian schätzt man hier, nicht die Poeten, doch die Tiefe der Propheten; nicht liest hier man die Poeten, doch Johannes und Propheten; nicht gibt's eitles Wissen dort, sondern nur der Wahrheit Wort. Sokrates wird nicht genannt, doch ist Trinität bekannt. Von dem einen Gott man spricht, von Timäus, Platon nicht. Herrscht das Heil'ge auch allein, stellt sich doch die Zwietracht ein in den Schulen und der Streit, Irrtum und Uneinigkeit. Der sagt ja, wo der verneint, der siegt, der besiegt erscheint, der Professor anders meint. |
Doch wir lassen uns nicht rauben Eintracht über einen Glauben, einen Herrn und eine Tauf: Dadurch geht's zu Gott hinauf, hier gibt's Frieden, doch nicht Irren, Eintracht, doch nicht Schisma-Wirren. So steht unsere Schul' allein, dürfte einzigartig sein. Ihr, die nach der Lehre schmachtet und zu Jesus Christus trachtet, die ihr zu dem Quell gekommen, habt ihr jenen Dieb vernommen? Hört sich solchen Lebemann Heiliger Konvent noch an? Wert, dass Spott und Hohn Dich spritzen, wagst Du in dem Kreis zu sitzen ? Ihr, die Salomo gelesen und bei Gottes Wort gewesen, wollt das Ohr dem Strauchdieb leihen, des Verbrechers Hörer sein ? Schuldig muss er Fesseln tragen, ward gebrannt und wundgeschlagen. Das sieht man noch an dem Brandmal, des gefang'nen Diebes Schandmal. Ach, wie eitel schwatzt sein Mund. Wird's nicht an der Narbe kund? Er soll heim zur Kutte gehen, sich mit schwarzer Tracht versehen! Noch einmal wird er geschunden, hält er nicht sein Maul verbunden. Still jetzt oder fort bewegt oder in den Sarg gelegt! |
Dieses Gedicht - auch als Lob der Reimser Hohen Schule bekannt - wurde erst in den Jahren 1132 bis 1136 verfasst, als Abaelard möglicherweise auch zeitweise in Reims weilte. Es schildert aber sehr genau die Frontstellung, die bereits seit dem Konzil von Soissons im Jahre 1121 bestand: Abaelard schrieb die Verantwortung für das gegen ihn versammelte Konzil einzig der Eifersucht seiner beiden Mitschüler Alberich und Lotulf zu: