Holnstein im Tal der Weißen Laber

aus der Reihe: Perlen der Berchinger Stadtgeschichte

© Dr. Werner Robl, Berching, November 2013

 

Den allerwenigsten, die vom Sulzstädtchen Berching über die östliche Jurahöhe und den neuen Bürgerwindpark Berching hinüber in den benachbarten Ortsteil Holnstein fahren, ist bewusst, dass die im Rahmen der Gebietsreform 1972 geschaffene Großgemeinde Berching ein reichlich künstliches Gebilde darstellt. Damals versuchte man mit einem Verwaltungsakt zu vereinen, was über viele Jahrhunderte in getrennten politischen Einheiten existierte, vor allem den Marktflecken Holnstein und die Stadt Berching.

Mit anderen Worten: Über Jahrhunderte musste jeder, der den genannten Weg nahm, eine Grenze passieren, und wenigstens einmal in der Geschichte, nämlich um 1702/1703, kam es sogar vor, dass diese mit Waffengewalt verteidigt wurde.

Nein - Holnstein, jene in eine Kalktuffterrasse des Weißlabertales hinein gebaute Ortschaft, ist kein simpler Stadtteil von Berching!

Holnstein verdient, wegen seiner mitunter eigenartigen Geschichte mit etwas anderen Augen betrachtet zu werden, als dies der Nachbarstadt im Sulztal zukommt.

Dabei ist die geschichtliche Betrachtung nicht einfach, denn Holnstein hat es mangels eines Chronisten nie zu einer ausführlichen Würdigung gebracht. Auch die folgende Aufstellung, die überwiegend ohne Archivstudien von statten gehen musste, kann hier nur als grobes Raster dienen - ganz davon abgesehen, dass Vieles  wegen des Dokumentenmangels sowieso im Dunkeln bleiben muss.

Wagen wir einen kleinen historischen Streifzug.

 

Zur Vorgeschichte von Holnstein

Der "haushohe" Eingang zum "hohlen Stein".
Der Name des Ortes geht vermutlich weit vor die Wende des ersten Jahrtausends zurück und erklärt sich quasi von selbst. Die Kalktuffwand, über der Holnstein errichtet wurde, fällt nach Südosten wegen der Enge des Labertales jäh ab und zeigt sich von den Wassern der Urlaber und einer kräftigen Karstquelle, welche noch heute den Ort durchfließt, unterspült und zu einer stattlichen Höhle erweitert. [01].

Holnstein bedeutet nichts anderes als "hohler Stein" und genau diese Disposition findet sich heute so wie vor Jahrtausenden: Eine von einigen Tropfsteinen aus Kalksinter gekrönte, haushohe Höhle liegt hinter dem Anwesen "Am Felsen Nr. 4" und diente zuletzt als Vorratslager und Stall. Bis vor wenigen Jahren verdeckte ein Vorgängerbau direkt den Höhleneingang, von ihm ist heute nur noch die rückwärtige Wand verblieben, wodurch der Eindruck eines Höhlenhauses entsteht (siehe Bild).

Für die Annahme, dass sich in dieser Tuffhöhle bereits Jäger der Jungsteinzeit (ca. 12 000 v. Chr.) niedergelassen haben, findet sich kein konkreter Beleg, auch wenn ein Fund aus der Jungsteinzeit (sog. Münchshöfener Kultur) in der Nähe von Holnstein belegt ist [02]. Für einen dauerhaften Sitz eines Clans von Steinzeitmenschen erscheint die Höhle von Holnstein jedoch eher ungeeignet, befand sie sich doch in der ausklingenden Eiszeit auf einem noch teilgefrorenen und durch die Urlaber breit durchströmten Talgrund und damit im Bereich einer ausgesprochenen Nass-Kalt-Zone. Jedenfalls liegen die neolithisch genutzten Wohnhöhlen der Altmühlregion und des bayerischen Jura meist wesentlich höher [03]. Zu einer zeitweisen Unterkunft beim Fischfang mag sich der "hohle Stein" jedoch geeignet haben.

Kalksinterformationen am Dach der Höhle.
Eine Ortssage erzählt, dass es sich bei der Höhle um einen seit Urzeiten geheiligten Ort gehandelt habe, in dem die Besucher Kalkstein von den Wänden kratzten und mit Quell- und Laberwasser vermischten, um anschließend den heilkräftigen Brei zu trinken. Noch heute erinnert der Spitzname der Holnsteiner "Felskratzer" an diesen uralten Brauch [04]. Ob in dieser Geschichte ein wahrer Kern steckt, wollen wir dahingestellt lassen; dass die ganze Gegend jedoch seit grauen Zeiten besiedelt ist, ist indes sicher: Um Holnstein herum finden sich Bodendenkmäler der Vorzeit in relativ hoher Zahl. So lassen sich auf dem gegenüberliegenden Högelberg mehrere vorgeschichtliche Grabhügel ausmachen, welche einst zu einer Höhensiedlung gehörten. Und beim nahen Staufersbuch finden sich in der Gemarkung "Im Leberl" sogar 43 eindrucksvolle Fürstengräber aus derselben Zeit. Allerdings entspricht die lange Schanze auf dem Högelberg nicht einer prähistorischen Struktur, wie gerne geglaubt, sondern stammt aus der Neuzeit. Wir werden darauf später ausführlicher eingehen.

 

Holnstein im Frühmittelalter

Wann sich erstmalig auf der Kalktuffterrasse von Holnstein eine mittelalterliche Dorfgemeinschaft herausgebildet hat, ist nicht bekannt. Es ist anzunehmen, dass dies bereits zur Zeit der bajuwarischen Landnahme im 6./7. Jahrhundert n. Chr. geschah, oder vielleicht sogar noch einige Jahrhunderte früher, nachdem auch für das benachbarte Berching inzwischen entgegen der tradierten Ansicht ein viel früherer, eher juthungisch-alemannischer Siedlungsbeginn im 3./4. Jahrhundert n. Chr. anzunehmen ist [Link].

Als spätesten Zeitpunkt, sozusagen als "terminus post quem non", nehmen wir die Karolingerzeit an, zu der in Berching bereits ein stattlicher Königshof bestand, mit Besitzungen "in montanis - auf der Jurahöhe", dokumentiert für das Jahr 883 n. Chr.. Noch vor dem Jahr 912 fielen dann dieser Hof an der Sulz und die entstehende Stadt Berching als Eigenbesitz an die Bischöfe von Eichstätt. Dieses Schicksal widerfuhr jedoch nicht dem Nachbarort Holnstein.

Links Papst Victor II. vormals Bischof Gebhard I. von Eichstätt (1020-1057), rechts Bischof Gundekar II. (1019-1075). Buchmalerei aus den Pontificale Gundecarianum.
Damit markiert das Jahr 912 eine Wendemarke, an der sich das landespolitische Schicksal von Holnstein und Berching trennte - für einen Zeitraum von fast 900 Jahren!

Erstmals aktenkundig wurde Holnstein als Kirchdorf noch vor 1072 n. Chr.. Bischof Gundekar von Eichstätt (1019-1075) weihte damals in "Holenstein" eine erste Kirche, wie das Pontificale Gundecarianum belegt, desgleichen in den später zum Amt Holnstein gehörigen Nachbarorten Pollanten, Alfalterbach und Staufersbuch [05].

Diese frühe Kirche wird sich genau an der Stelle befunden haben, wo auch die heutige Pfarrkirche - in ihrer Grundsubstanz eine hochromanische Chorturm-Anlage aus späterer Zeit - noch steht. Das benachbarte Terrain über der Kalktuffwand dürfte jedoch im 11. Jahrhundert noch hügelig gewesen sein. Vermutlich trug es alsbald einen zum Kirchort gehörigen Adelsitz. Ob dieser bereits einem echten Burgenbau entsprach, muss man mangels Quellen offen lassen.

 

Das hochmittelalterliche Geschlecht der Herren von Holnstein

Eine Fülle an Indizien spricht dafür, dass Holnstein wie einige Nachbarorte im betreffenden Zeitraum Sitz einer edelfreien Familie war, welche eng mit dem Grafengeschlecht der Pabonen in Verbindung steht.

Die Pabonen stammten ursprünglich aus der Gegend um Paar und Ilm und aus dem Ort Kühbach. Als sich im Jahr 976 n. Chr. im Rahmen der Neuordnung des Stammesherzogtums Bayern und der bayerischen Bistümer durch Kaiser Otto des Großen die Notwendigkeit ergab, die Burggrafschaft Regensburg und die Landgrafschaften auf dem Kels- und Sulzgau, in der Westermannmark und im östlich der Naab gelegenen Nordgau neu zu vergeben, erhielten die Pabonen den Zuschlag. Damit ging die Verleihung einer Fülle an Reichs- und Bischofslehen sowie des Rechtes der direkten Erbfolge im Mannesstamm einher, denn nur so konnte der Auftrag in der Folge auch nachhaltig ausgeführt werden. Diese bedeutende Adelssippe wurde somit bis zum Ende des 12. Jahrhunderts zum prägenden Element Altbayerns beiderseits der Donau - mit Stammsitzen in Stefling am Regen und in Riedenburg an der Altmühl.

Nichtsdestotrotz haben die Pabonen in Bayern sowohl durch die alte und als auch durch die neuere Geschichtsschreibung eine unfassbare Missachtung erfahren - für uns ein Grund, ihnen viele Jahre der Recherche zu widmen und die Ergebnisse in einem Online-Buch festzuhalten: "Burggraf Heinrich III. von Regensburg und sein Erbe: Die romanischen Schutzkirchen in Altbayern" [Link]. Was nun folgt, ist die Quintessenz dieser Recherche:

Die Pabonen haben über mehr als zwei Jahrhunderte, von 976 bis 1184, das Burggrafenamt in Regensburg von einer Generation an die nächste im Erbgang weitergegeben und über denselben Zeitraum eine große Landmasse, welche schließlich durch Einheirat in benachbarte Grafengeschlechter von Niederösterreich bis zum Nördlinger Ries reichte, verwaltet und in einmaliger Weise kulturell befruchtet. Zahlreiche Kulturdenkmäler von Weltrang haben wir ihrer Initiative und ihrem Wirken im Hintergrund zu verdanken, darunter die Steinerne Brücke und das Schottenkloster in Regensburg und unzählige Profangeschosskirchen, von denen wir selbst heute noch über 75 im altbayerischen Raum nachweisen können.

Burggraf Heinrich III. von Regensburg auf dem Richterstuhl - Darstellung aus dem Codex Manesse. Links der Burggraf in Amt und Würden, rechts als alter Mann und Pilger. Rechts hinten seine drei Söhne in jugendlichem Alter, links hinten zwei Leibritter als Vollzugsbeamte.
Auf dem Höhepunkt ihrer Macht fielen jedoch die Pabonen bei Kaiser Friedrich I. Barbarossa in Ungnade; vor allem Burggraf Heinrich III. stand der expansiven Reichslandpolitik des Kaisers im Herzogtum Bayern im Wege, auch machte er sich wegen seines propäpstlichen Kurses unbeliebt. Wenig später starben die Pabonen im Mannesstamm aus - die burggräfliche Linie im Jahr 1184, die landgräfliche Linie im Jahr 1196. Die Burggrafschaft wurde daraufhin von Friedrich Barbarossa nach einem kurzen Intermezzo ganz eingezogen, die Landgrafschaften auf die Grafen von Leuchtenberg und Hirschberg übertragen. Die pabonischen Bischofslehen, die bis in die Alpen reichten, fielen zurück an die Bischöfe von Regensburg und Eichstätt, ihr reiches Allodialerbe wurde von dem durch Barbarossa ins Amt gesetzten Herzog Otto I. von Wittelsbach und anschließend von seinem Sohn Ludwig dem Kelheimer nach und nach konfisziert. Der dadurch erworbene Machtzuwachs begründete den Aufstieg der Wittelsbacher-Dynastie in Bayern, welche bis zum Ende des Königreiches 1914 in Bayern residierte.

Dieser Verteilungsaktion im 13. Jahrhundert folgte eine eigenartige dokumentarische Stille, die bis zum heutigen Tag anhält. Sie ist mit der Grund dafür, warum heute so wenig von den Pabonen die Rede ist. Tunlichst verschwiegen nachfolgende Generationen den Besitzübergang, da er sicherlich an vielen Stellen nicht rechtskonform vollzogen wurde. Fast alle zugehörigen Dokumente sind verschwunden, sie wurden wahrscheinlich früh vernichtet. Damit verschwanden die Pabonen in jenem historischen Nirwana, aus dem sie heute nur noch schwer herauszuholen sind.

Mittelteil des im Aventinus-Museum in Abensberg ausgestellten Babo-Triptychons. Es zeigt links Graf Babo mit seinen 32 Söhnen und rechts seine 2 Frauen und 8 Töchter. Die Identität mit Pabo, dem ersten Burggrafen von Regensburg, ist nicht gewiss.
Schon im 10. und 11. Jahrhundert waren diese Dynasten, deren Ahnherrn Graf Babo (oder Pabo) in der spätmittelalterlichen Sage eine Nachkommenschaft von sage und schreibe 32 Söhnen und 8 Töchtern und eine Nähe zu Kaiser Heinrich II. zugeschrieben wurde, und ihre kognatischen und agnatischen Seitenlinien in einem weit gestreuten Netz mit Burgensitzen im Herzogtum Bayern belehnt, so dass am Ende ein viel größerer Einflussraum entstand, als den Stammlanden der Kernfamilie entsprach. Derartige Seitenlinien findet man z. B in Abensberg in der heutigen Hallertau, in Abenberg, Heideck und Hilpoltstein in Mittelfranken, auf Burg Rotteneck in der Hallertau, auf einer Reihe von Burgen des ehemaligen Nordgau entlang der Flüsse Altmühl, Vils, Weiße und Schwarze Laber. Hierzu gehören u. a. die Edelsitze Randeck, Prunn, Flügelsberg und Absberg an der Altmühl, Altmannstein, die Orte Laaber, Klapfenberg und Oberweiling an der Schwarzen Laber, Breitenbrunn (Burg Breitenegg), die Sitze der Ödenburg und Altenburg am Unterlauf der Weißen Laber, oberhalb von Holnstein die Burg Thannbrunn - und eben mit hoher Wahrscheinlichkeit auch der Burgensitz Holnstein selbst, welcher bis zum Ende des 12. Jahrhunderts direkt an die pabonische Burggrafschaft Riedenburg angrenzte!

Wer sich ausführlicher mit der Geschichte der Pabonen befassen will, sei obiges Online-Buch zur Lektüre empfohlen, daneben existiert auch gedruckte Literatur.

Jedenfalls besteht für uns kein Zweifel: Die erste edelfreie Familie von Holnstein gehörte zum Kreis der Pabonen und ihrer Verwandten - übrigens keine ganz neue Erkenntnis, welche zwischenzeitlich bloß wieder vergessen worden war [06]!

Wir werden im Folgenden die Bezüge und Interdependenzen immer wieder herausarbeiten.

Lässt sich das den Pabonen nahestehende Edelgeschlecht von Holnstein urkundlich näher fassen?

Bei der Erarbeitung der zugehörigen Quellen stößt man auf zwei bedeutsame Hindernisse, die es zu überwinden gilt:

Wie verhält es sich nun beim Edelgeschlecht derer von Holnstein konkret?

Schon zum Ende des 11. Jahrhunderts taucht in einer Regensburger Urkunde Kaiser Heinrichs IV. ein Kuno de Holnstein auf, ohne dass es gelänge, diesen eindeutig unserem Ort an der Weißen Laber zuzuschreiben [07].

Leibeigene bei der Feldarbeit. Zeichnung der Dresdner Bilderhandschrift des Sachsenspiegels.
Im frühen 12. Jahrhundert erscheint ein "Gozbertus de Holensteine" in einer Urkunde des Schenkungsbuches von St. Emmeram in Regensburg, den wir relativ sicher als Vertreter des edelfreien Geschlechtes von Holnstein im Labertal definieren. Gosbert hatte ganz offensichtlich eine hohe Stellung im Reich inne: In einer Urkunde, die zwischen 1106 und 1120 datiert, wird er als "Vogt König Heinrichs V." bezeichnet, welcher im Auftrag des Königs und Kaisers zwei Leibeigene an das Kloster St. Emmeram in Regensburg zu übertragen hatte:

"Heinricus rex per manum advocati sui Gozperti de Holensteine ad altare St. Emmerami delegaverit duo mancipia - König Heinrich übertrug durch die Hand seines Vogtes Gosbert von Holnstein dem Altar von St. Emmeram zwei Leibeigene..."

Es ging hier um die Überführung zweier Unfreier namens Marquard und Gisela in den Stand der freien Zensualen (Zinspflichtigen) - also um einen Gunsterweis. Da in der Urkunde als Zeugen auch Landsassen aus Thann, Töging und Staufersbuch [08] auftauchen, besteht kein Zweifel, dass der besagte Gosbert aus Holnstein an der Weißen Laber stammte. Die weiteren Zeugen aus Ettling, Dünzling und Baltershausen bei Mallersdorf waren Ministerialen des Klosters aus der Grafschaft der Pabonen [09].

Das Kloster St. Emmeram war übrigens das Stift, an dem Graf Otto I. von Riedenburg und Stefling, der amtierende Burggraf von Regensburg in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts, residierte. Hier fungierte er wie der erwähnte Gosfried, der wohl eher in einem kaiserlichen Spezialauftrag gehandelt hatte, als Vogt des Reichstiftes. Auch war er wie Gosbert ein enger Unterstützer Kaiser Heinrichs V. [10]. Mehr zu dieser Anhängerschaft weiter unten.

Dass Gosbert aus einen edelfreien Geschlecht und nicht aus einer Familie gewöhnlicher Ministerialen stammte, erkennt man auch daran, dass er bei der Gründung des Klosters Reichenbach am Regen im Jahr 1118 in entsprechender Position mitwirkte. "Gozpertus de Holinstein" erscheint im Traditionsbuch des Klosters aus dem 12. Jahrhundert zusammen mit weiteren regionalen Edelfreien direkt in der Entourage des Burggrafen Otto I. von Regensburg aus der Familie der Pabonen. Otto gab in seiner Funktion als Landgraf von Stefling nicht nur den Ort Reichenbach selbst - bereits der Name Reichenbach ist ein pabonischer! -, sondern auch alle zugehörigen Besitzanteile, die seine Familie offensichtlich als vererbbares Reichs-oder Bischofslehen gehalten hatte, im Beisein des Domvogtes Friedrich von Bogen an den Markgrafen Diepold III. von Cham-Vohburg, um ihm die Errichtung des künftigen Familienklosters zu ermöglichen.

In dieser Urkunde erscheint also genannter Gosbert klar im Familienkreis der Riedenburger und Steflinger Pabonen.

Die Urkunde ist des Weiteren ein schlagender Beweis für die bereits oben genannte These, dass die Kulturleistungen der Pabonen gerne unterschlagen wurden - eine Geschichtsfälschung, die bis zum heutigen Tage andauert. Eine spätere Notiz aus demselben Codex schrieb die Gründungsleistung plötzlich allein dem Markgrafen Diepold zu und behauptete, der Ort Reichenbach sei vom Markgrafen im Erbgang erlangt worden - "hereditario successionis jure". Das ist auch heute die gängige Auffassung über die Entstehung des Klosters Reichenbach. Die betreffende Notiz entstand vor 1176, mithin nach Entmachtung des wichtigsten Pabonen, Burggraf Heinrichs III., durch Kaiser Friedrich Barbarossa (nach 1167). Der Kaiser schwang sich wenig später sogar zum einzigen Vogt des Klosters Reichenbach auf. Wahrscheinlich war es damals opportun, die Schenkungsaktion der Pabonen mit Stillschweigen zu quittieren [11].

Nachdem die Gosbert von Holnstein erwähnenden Urkunden vorgestellt wurden, stellt sich die abschließende Frage, wie ein Landadeliger aus dem Tal der Weißen Laber beim deutschen König und Kaiser Heinrich V. in eine derartige Ehrenstellung hatte aufrücken können, dass ihn dieser zu seinem persönlichen Vogt ernannte. Die plausibelste Erklärung liegt darin, dass Gosbert von Holnstein zum Kreis jener religiös motivierter, reformwilliger Adeliger des bayerischen Nordgaus gehörte, welche den jungen Heinrich V. dazu ermuntert hatten, sich gegen seinen radikal antipäpstlich eingestellten Vater Heinrich IV. zu erheben und diesen aus Amt und Würden zu verdrängen [Link]. Der Experte S. Weinfurtner zählt zu diesem Kreis Markgraf Diepold III. von Cham-Vohburg, Graf Otto von Habsberg-Kastl und Graf Berengar von Sulzbach [10a], wir selbst haben durch einen Analogieschluss untermauern können, dass auch Burggraf Otto I. von Regensburg aus der Familie der Pabonen seinen Anteil daran hatte [Link].

"Die Schlacht am Regen", Darstellung aus der "Chronica" Bischof Ottos von Freising von 1157, Codex Jenensis Bose q.6, fol. 91b.
Wenn Gosbert von Holnstein in enger Zusammenarbeit mit zweien dieser Grafen als Zeuge bei Rechtsterminen fungierte, und die beiden anderen seine nördlichen Nachbarn waren, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass er und seine Mannen zu jenen Rittern gehörten, die zusammen mit dem Kronprätendenten im Jahr 1105 am Fluß Regen zwischen Stefling und Regensburg zum Kampf gegen den amtierenden Kaiser Heinrich IV. antraten. Als damals nach ein paar Scharmützeln auf beiden Seiten, bei denen bereits Tote zu beklagen waren, Markgraf Leopold III. von Österreich und Herzog Boriwoi von Böhmen mit ihren Truppen dem alten Kaiser die weitere Gefolgschaft verweigerten, war eine Vorentscheidung herbeigeführt: Kaiser Heinrich IV.musste unverrichteter Dinge abziehen, nach einem Hin und Her von mehreren Monaten den Widerstand gegen den eigenen Sohn endgültig aufgeben und zum Ende des Jahres abdanken!

Auf der obigen zeitgenössischen Abbildung der kampfbereiten Heere darf man mit einiger Phantasie, aber durchaus berechtigt, in einem der geharnischten Ritter zur Rechten, die "Henricus junior" umringen und schützen, Gosbert von Holnstein erkennen.

Nach der endgültigen Machtergreifung zu Beginn des Jahres 1106 wird sich König Heinrich V. den ihn unterstützenden bayerischen Rittern gegenüber erkenntlich gezeigt haben. Dabei könnte er Gosbert von Holnstein mit dem Titel eines kaiserlichen Vogtes versehen haben. In den Genuss dieser Auszeichnung kam Gosbert allerdings nur für etwas mehr als eine Dekade, dann ereilte ihn wenig nach 1118 der Tod.

In den Folgegenerationen treten nun zwei Adalberte von Holnstein auf, wobei B. Heinloth diese als unmittelbare Nachfahren des Gosbert ansieht [12].

Von allen Urkunden, die einen Adalbert - alternativ Adelbert, Albert, Adelprecht - von Holnstein erwähnen, stammt die früheste aus der Zeit um 1120: "Adalpertus de Holinsteine" fungiert wie sein Vorfahre Gosbert in einer Diepoldinger-Urkunde für das Kloster Reichenbach am Regen als Zeuge, Seite an Seite mit Berthold von Schwarzenburg (bei Rötz), einem Hochadeligen und angeheirateten Verwandten Burggraf Heinrichs III. von Regensburg, der 1147 am Zweiten Kreuzzug teilnahm und von diesem nicht zurückkehrte [13].

Wenig später wurde durch Vermittlung desselben Adalbert dem Kloster Weltenburg an der Donau das Landgut Birkenhart übertragen (um 1130) [14].

Zu unbekanntem Zeitpunkt signierte "Adalpertus de Holinsteine" eine weitere Schenkung Markgraf Diepolds III. an das Kloster Reichenbach, den Ort Dengling oder Dünzling bei Regensburg betreffend [15].

Im Jahr 1142 besuchte "Alberus de Hollenstein" einen Reichstag König Konrads III. in Nürnberg, zusammen mit Burggraf Otto I. von Regensburg und seinen Söhnen Otto und Heinrich, um eine Besitzregelung zwischen dem Kloster Plankstetten, dem Kloster Wessobrunn und Graf Ludwig von Oettingen zu bezeugen. Es ging damals um das Gut Biberbach bei Plankstetten, ca. 8 km von Holnstein entfernt. [16].

Klosterurkunden für die Propstei Berchtesgaden und das Kloster Reichersberg führen denselben "Adelbert de Holenstaine" auf, die erste erwähnt aus demselben Geschlecht auch einen Megingoz, die zweite einen Erchinger. Ob diese Leute Söhne, Brüder oder Vettern Adalberts waren, müssen wir dahingestellt lassen. Wieder finden sich in einer der Urkunden Ministerialen aus bekannten Pabonensitzen [17].

In einer weiteren Urkunde vor 1147 einigen sich "Durinhart von Pyrbaum", seine Gemahlin Judith und seine Söhne vor dem König und vor Pfalzgraf Otto von Wittelsbach bezüglich des Gutes "Vazinwanch" (Weidenwang?). Hier zeichnen neben "Oudalrich de Steine" (Wolfstein) und vielen anderen auch "Wernher de Labere" (Burg Laaber), "Adilprecht de Prennungeshoven" (Premerzhofen), "Perthold de Tumprunnen" (Thannbrunn), "Adilpreht de Steine" (Holnstein) sowie Adelige aus Erasbach und Lauterbach. Wiederum wird aus der Zeugenliste das pabonische Umfeld erkenntlich [18].

Laut einer Wiener Urkunde aus dem Jahr 1159 machte Herzog Heinrich Jasomirgott, der die Grafschaft Habsberg bei Neumarkt durch seine Mutter Agnes, der Schwester König Heinrichs V., geerbt hatte, Güter in Habsberg, Lauterhofen, Allersburg und anderen Orten dem Nordgau-Kloster Kastl zu Geschenk. Unter den Zeugen findet sich erneut "Adelbert de Steine" - im Sinne von Holnstein. In dieser Urkunde erscheinen auch "Walcho von Machland""Wernhardus von Rabenstein" (bei Riedenburg), ein "Burchard" und "Udalrich" von Stein (Hilpoltstein und/oder Wolfstein) - alles Leute, die wie der Herzog selbst (dieser durch Einheirat seiner Schwester Bertha) Verwandte oder Vasallen der Pabonen waren [19].

Der eben genannte "Udalricus de Lapide" alias "Ulrich von Stein" erscheint auch in einer Schenkungsurkunde "Ottos von Bachhausen" (im Sulzgau), in der über einen Bodenzins entschieden wird. Im Weiteren wird hier ein "Adelbrecht de Lapide" und ein zusätzlicher "Udalricus de Lapide" erwähnt, wobei der erste wohl sicher dem genannten Adalbert von Holnstein, letzterer wahrscheinlich seinem Bruder Udalrich oder Ulrich entspricht [20].

Auch das im Jahr 1129 gegründete Kloster Plankstetten besaß einst Urkunden, die "Adalbert von Holnstein" erwähnen:

In einer noch vor 1151 ausgestellten Urkunde ist anlässlich einer Besitzübertragung "Wernhers von Brunnen" (wahrscheinlich Prunn bei Zandt oder Prunn an der Altmühl, weniger wahrscheinlich Hohenbrunnen bei Berching) an die Herren von Breitenbrunn (hier Brettenbrunnen) als erster in der Zeugenliste ein Edelfreier namens "Albertus de Holensteine" erwähnt, neben anderen Adeligen (u. a. Gottfried von der Altenburg). Werner von Prunn war ein edelfreier Verwandter der Riedenburger Pabonen, desgleichen Gottfried von der Altenburg. Eine entsprechende Versippung dürfte auch für das frühe Geschlecht von Breitenbrunn zutreffen [21].

Eine weitere Urkunde Plankstettens betrifft den Besitzübergang des sogenannten Hornunghofes an das Kloster. Gemeint ist das heutige Harenzhofen bei Velburg. Diese Urkunde beruht auf einem Richtspruch Burggraf Heinrichs III. von Regensburg. Die Entscheidung wurde im Jahr 1157 schriftlich fixiert und weist in der Zeugenliste neben einigen anderen pabonennahen Landadelsgeschlechtern einen "Albert von Stein" und einen "Egilolf vom anderen Stein - de alio lapide" aus. Letzterer lässt sich recht eindeutig der Familie von Steinerbrückl (Burgstall Egelburg) und Altmannstein zu ordnen - ein weiterer Vasall des Burggrafen. Der erstgenannte Albert wird dem besagten "Albert von Holnstein" entsprochen haben [22].

Pergamenturkunde aus dem Kloster Waldsassen von 1202, Tagedatum ausradiert, heute StA Amberg.
Mit diesen Urkunden ist also nachgewiesen, was schon für den Gosbert der Vorgeneration gelang: Auch Adalbert resp. Albert von Holnstein gehört zum Kreis der Pabonenverwandtschaft, und man darf davon ausgehen, dass er der Sohn Gosberts gewesen ist. Und noch etwas: Beide - Gosbert und Adalbert von Holnstein - gehörten nicht irgendeiner unbedeutenden Landadelsippe an, sondern verkehrten zu ihrer Zeit in allerhöchsten Kreisen!

Wenn nun aber eine späte Plankstettener Urkunde aus dem Jahr 1202, die sicher aus der Zeit nach Aussterben der Pabonen (1185 bzw. 1196) stammt, von einem Ritter "Ulrich von Puch" (Staufersbuch) berichtet, der in Diensten der edlen Herren Adalbert und Otto von Holnstein gestanden hat, so ist hier klar von einer Nachfolgegeneration die Rede [23].

Besagter Otto taucht als "Otto de Holinstein" bzw. "Otto d' Hollinstein" in doppelter Nennung nochmals in einer Urkunde desselben Jahres auf, nämlich als Markgraf Berthold II. von Cham-Vohburg den Zehnten von Mitterteich an das Kloster Waldsassen übertrug (siehe nebenstehendes Bild). Otto findet sich hier in der Zeugenliste neben einigen früheren Pabonen-Anhängern wie "Engelhardt von der Adelburg" oder "Konrad Lutzmann" (aus Lutzmannstein) [24].

Hier wird ein Generationenwechsel augenscheinlich, der sich bereits um Einiges früher vollzogen haben dürfte:

Denn schon im Jahr 1169, also gerade zwei Jahre, nachdem sich Burggraf Heinrich III. von Regensburg im Protest gegen die Hausmacht-und Italienpolitik Kaiser Friedrichs Barbarossa aus der aktiven Politik zurückgezogen hatte [25] und damit als Unterstützer für das Geschlecht der Holnsteiner wegfiel, begab sich "Adalbert von Holnstein" als Edelfreier in die Dienste des Bischofs von Eichstätt. Es handelte sich hierbei um den Nachfahren des erstgenannten Adalbert; dass es nicht sein Sohn, sondern der Neffe war, erfahren wir später [26].

Der Wechsel der Akteure namens Adalbert passt jedenfalls auch gut zum Wechsel der Ministerialität, wobei eine Doppelministerialität gegenüber weltlichem und geistlichem Würdenträger gleichzeitig in der damaligen Zeit im Bereich des Möglichen lag. Fünfzehn Jahre später, in einer Urkunde von 1184, wurde die Vogtei Adalberts von Holnstein für die Eichstätter Kirche - wir wollen ihn von nun an Adalbert II. nennen - abermals bestätigt [27]

Die erwähnten Urkunden machen vor allem eines deutlich:

In bester pabonischer Tradition eines Burggrafen Heinrich III. von Regensburg begab sich Adalbert II. von Holnstein nicht wie viele seiner Nachbarn in die Abhängigkeit des staufischen Kaiserhauses, welches damals seinen nordgauischen Territorialgürtel immer mehr nach Süden ausbreitete, sondern suchte den Anschluss an das Bistum Eichstätt. Dieses gegen den Zeitgeist und gegen höchsten politischen Druck gewählte Verhalten ist uns wert, besonders herausgehoben zu werden!

C. Siegert hielt die erstgenannte Urkunde noch aus einem anderen Grund für besonders wertvoll:

Die Urkunde ist nämlich besonders geeignet, die Abstammung der Edelfreien von Holnstein in der weit verzweigten Sippe der Pabonen etwas näher einzugrenzen:

In der Urkunde liest man: "Adelbertus de Holensteine" gibt als Ministeriale Bischof Konrads von Eichstätt in die Hand des edles Abtes Konrad von Heilsbronn seine Güter zu Zennhausen, Selhesbach und Goldesfelden (heute Neuhof), im Tausch gegen Güter in Erlach, Burgfarnbach, Sperberslohe, Hundshofen, Haselach, Sulzbach, Neuseß, Neuenstatt und Sasbach. Diese weit im Ostfränkischen gelegenen Güter, aber auch die Beziehungen zu Heilsbronn als Hauskloster der Abenberger, die Beziehungen zu den Steinern vom späteren Hilpoltstein, zu den Wolfsteinern und Heideckern belegt nach C. Siegert das verwandschaftliche Verhältnis all dieser Geschlechter zum Stamm der Pabonen, wobei er speziell die Holnsteiner aus dem Labertal genealogisch dem Haus Abenberg zuordnet [28]. Siegert sah im Übrigen die erwähnte Urkunde als schlagenden Beweis dafür an, dass in der Sage des Grafen Babo mit seinen 32 Söhnen doch ein historischer Kern stecken müsse - eine Ansicht, die heute nach Jahren der wissenschaftlichen Ablehnung wieder vorsichtige historische Anerkennung findet [29]. Wir selbst sind mit ganz anderen Argumenten - nämlich mit dem Nachweis spezifischer kulturhistorischer Errungenschaften der Pabonen im 12. Jahrhundert und der Rekonstruktion des Netzes der zugehörigen Vasallen- und Edelfreiensitze - zum selben Rückschluss gelangt [30].

Die nahe Verwandtschaft der Holnsteiner mit den Pabonen, Abenberger und Abensberger, Heidecker und Hilpoltsteiner erklärt in Bezug auf Holnstein an der Weißen Laber auch schlüssig Phänomene, für die man sonst keine plausible Erklärung fände. So nahm zum Beispiel nach Aussterben des Holnsteiner Edelgeschlechts das Patronatsrecht der Kirche St. Georg in Holnstein den Weg über Gottfried von Heideck zu den Herren von Hilpoltstein, ehe es im Jahr 1376 an das Kloster Plankstetten übertragen wurde. Schon zuvor, im Jahr 1301, war es zu einem Streit darüber gekommen, weil Pfalzgraf Rudolf plötzlich dasselbe für sich in Anspruch nahm und dabei die Rechte Gottfrieds von Heideck überging. Es handelte bei der Aktivität des Pfalzgrafen augenscheinlich um eine Aktion zur Unterbrechung einer vorbestehenden pabonischen Erbfolge, die sich vermutlich bis in das 11. Jahrhundert, d. h. in die Zeit Bischof Gundekars, zurückerstreckte. Erst am 28. März 1376 war die leidige Angelegenheit zu Gunsten des Klosters in Plankstetten bereinigt, es bekam nach Resignation des letzten Pfarrers Heinrich Hofer die vollständige Verfügungsgewalt über die Kirche [31]:

"Bercholt Abt und das Convent zu Plangsteten geben die Pfarre ze dem stain, wie sie Herr Eckhart Techant zu den Zeiten inne hat, Hern Hilpolt vom stayn dem Eltern vnd Hern Hilpolt seinem Sohn auf, weil ihnen diese die Pfarrey ze dem Hollenstain zu einem ewnigen Seelgeräth geaignet haben. G. an sant Othmars tag dez heyligen herren."

Schließen wir mit einer Urkunde aus dem Fundus der Bischöfe von Regensburg, verfasst um 1180, welche eine gewisse "Matrona Benedicta" als Mutter Adalberts II. von Holnstein ausweist, welche mit Ulrich, dem Bruder Adalbert des Älteren, verheiratet war [32]. Dieser Information nach muss Adalbert II. von Holnstein nicht der Sohn, sondern der Neffe Adalberts I. gewesen sein, was darauf hindeutet, dass dieser ohne Erben gestorben war. Die Dame Benedicta soll nach C. Siegert auch Güter in Wenzenbach mit dem Edelsitz Schönberg (bei Regensburg) besessen haben, was wiederum die dynastische Nähe zur Burggrafschaft der Pabonen in Regensburg in den Raum stellt [33].

Zwei Kuriosa am Ende:

Der Name Adalbert resp. Albert scheint sich als spezifischer Leitname für Holnstein über Jahrhunderte gehalten zu haben!

Unter Berücksichtigung der Leitnamen Gosbert und Adalbert/Albert ergibt sich in etwa folgender Stammbaum des edelfreien Geschlechts von Holnstein:

Im Jahr 1205 wird nochmals ein "Rudger von Utilhofen" (Ittelhofen) als Ministeriale der Herren von Holnstein urkundlich erwähnt.

Wenig später, zwischen 1205 und 1224, dürfte das Haus Holnstein dasselbe Schicksal wie so viele andere Edelgeschlechter in Bayern ereilt haben: Es starb im Mannesstamm aus!

Jedenfalls können wir den am 14. Dezember 1260 im Nürnberger Urkundenbuch erwähnten "Herrn Engelbert von Holnstein und seinen Sohn Hermann - dominus Englbertus de Holnstein et filius eius Hermann", welche vor den Bürgern der Reichsstadt Nürnberg auf ihren Anteil an einem Hof zu "Reut" (vermutlich abgegangene Hofstelle bei Sulzbürg) verzichteten, nicht mehr mit dem Stammsitz des ersten Hauses Holnstein in Verbindung bringen. Wenngleich die Bezeichnung "dominus" den Adel beweist, so stammen die genannten Personen aus einen anderen Familienverband, denn der Rittersitz Holnstein an der Laber war inzwischen als vererbbares Lehen an die Heidecker gefallen, und die landgräflichen Rechte in Holnstein auf die Wittelsbacher Herzöge übergegangen.

 

Lage der ersten Kirche und der hochmittelalterlichen Burg in Holnstein

Die Obergeschosskirche St. Bartholomäus von St. Bartlmä bei Dietfurt heute: Der Dachreiter, die Ovalfenster am Rechteckchor und die hohen Fenster am Schiff stammen aus der Barockzeit. Die kleinen romanischen Rundbogenfenster am Schiff sowie ein Mauerabsatz zwischen Chor und Schiff definieren die Basis des vormaligen Obergeschosses. An der südlichen Obergeschosswand haben  rel. große Barockfenster die einstigen Luft- und Lichtscharten ersetzt. Ein romanisches Rundbogenfenster an der östlichen Chorwand ist heute zugesetzt.
Wo hat nun das ersterwähnte Herrengeschlecht derer von Holnstein residiert?

In Holnstein lässt sich wie in zahlreichen anderen Orten, die mit der Familie der Pabonen in Verbindung stehen, ein typisches Siedlungsmuster nachweisen: Die erste Ansiedelung lag an einer Hangkante über einem Flusslauf und gruppierte sich um eine Kirche als Kristallisationspunkt herum.

Ein spezielles Charakteristikum der Pabonenneugründungen der beiden letzten Generationen trifft für die Holnsteiner Kirche jedoch nicht zu: Als Kirchenbau des 11. Jahrhunderts trug sie kein Profangeschoss, d. h. kein aufgesetztes Schutzgeschoss ohne Weihezustand. Die Profangeschosse des 12. Jahrhunderts dienten in der Gründungsphase neuer Pfarrorte durch die Pabonen dem Schutz der Ortsministerialen, Pfarrer und Ansässigen vor feindlichen Übergriffen und erfüllten solange ihren Zweck, bis ein größerer Burgensitz die Sicherung übernehmen konnte (der jedoch durchaus nicht in jeden Fall gegründet wurde). Im Herrschafts- und Einflussraum der Pabonen sind derartige Schutzkirchen in hoher Dichte nachzuweisen, wohingegen sie sich kaum in anderen Grafschaften des Herzogtums Bayern [36] finden. Leider wurden die meisten dieser Kirchenbauten in den nachfolgenden Jahrhunderten zerstört. Die Holnstein nächst gelegenen Kirchen dieser Bauart finden sich in St. Bartlmä bei Dietfurt, in Unteremmendorf, weitere in Rieshofen und Landershofen bei Eichstätt, in Deising, Bayersdorf und Aicholding bei Riedenburg.

St. Georg in Holnstein um 1905. Im Vordergrund links unten gerade noch abgebildet das alte Bauerhaus, welches mit seiner Rückwand direkt an den "hohlen Stein" anschloss. Gut erkennbar auch der erhaltene Teil der Schlossmauern. Das barocke Schloss Holnstein links oben ist bereits mit einem Zusatzgeschoss überhöht worden.
Die erste Kirche von Holnstein stammt jedoch, wie gesagt, aus der parochialen Gründungsphase Bischof Gundekars im 11. Jahrhundert und war deshalb eingeschossig; die schwächere Statik dieser frühen Kirchen verhinderte im Regelfall auch im Nachhinein das Aufsetzen eines Profangeschosses.

Die romanische Substanz der heutigen Kirche St. Georg mit ihrer relativ breiten, kaum eingezogenen Rundapsis und den hohen Bogenfriesen hat mit der Gundekar-Kirche nichts zu tun, baute aber auf deren Fundamenten auf, da sie wie diese exakt geostet ist. Ansonsten stammt St. Georg aus einer späteren Bauphase des 13. Jahrhunderts.

Was die von Gundekar geweihte Kirche betrifft, so ist anzunehmen, dass dieser Vorgängerbau als romanischer Apsiden- oder Rechteckchorsaal von deutlich bescheideneren Ausmaßen angelegt und von den Edelfreien von Holnstein mit Eigenmitteln finanziert und erbaut worden war, somit als Eigenkirche in deren vollständiger Verfügungsgewalt stand. Dafür spricht vor allem der Umstand, dass das sog. Patronatsrecht, d. h. die Nutzungs- und Abgabenrechte sowie die Unterhaltspflicht später auf ihre Erben, die Heidecker und Hilpoltsteiner, übergehen konnte, welche dieses trotz einer Auseinandersetzung mit dem Herzogshaus bis 1367 für sich in Anspruch nahmen (siehe oben). Irgendwann zuvor - wahrscheinlich 1169, als sich Adalbert von Holnstein in die Ministerialität der Eichstätter Bischöfe begab - war die Kirche allerdings dem Stuhl von Eichstätt übertragen und das Patronatsrecht formell als dessen Lehen in Anspruch genommen worden, zunächst durch die Heidecker. Da im Jahr 1235, also nahezu zeitgleich mit dem Aussterben des Edelgeschlechts von Holnstein, in Eichstätt die Registratur der Pfarrer von Holnstein, die sog. "series parochorum", begann, hatte sich spätestens zu diesem Zeitpunkt der Status der Eigenkirche erledigt, und die Kirche St. Georg begann, Pfarrzentrum für ein größeres Kirchsprengel im Amt Holnstein zu werden. In diesem Zusammenhang ist es sehr plausibel, dass einige Jahrzehnte später der Gründungsbau Bischof Gundekars nicht mehr den künftigen Erfordernissen genügte und einem Neubau weichen musste, der in den Dimensionen und in der romanischen Grundsubstanz bereits der heutigen Pfarrkirche St. Georg entsprach [36a].

St. Georg in Holnstein heute.
Jedenfalls setzt man mit einigem Recht das Jahr 1235 als Geburtsjahr der Pfarrei des Amtes Holnstein an.

Bei der jetzigen Kirche überschreitet allein die Dimension der Rundapsis deutlich die Maße des romanischen Landkirchenbaus im 11. und 12. Jahrhundert. Gleiches gilt für das Kirchenschiff, welches aufgrund seiner Breite bereits für eine größere Menge an Kirchenbesuchern vorgesehen war. Baumerkmale, die einen früheren Anschluss an ein Herrenhaus über einen Obereingang im Bereich der Westempore vermuten ließen, fehlen völlig - nicht zuletzt bedingt durch die Vergrößerungsmaßnahmen des 20. Jahrhunderts (siehe unten). Dass diese Kirche jedoch direkt auf einem Teil der Fundamente eines hochromanischen Vorgängerbaus errichtet wurde, dafür spricht, wie bereits erwähnt, die exakte Ostung des Chores. Insofern ließe eine archäologische Exploration des Kirchenbodens durchaus verwertbare Ergebnisse erwarten. Leider hat sich bis heute niemand dazu durchgerungen.

Soweit zur mittelalterlichen Pfarrkirche in Holnstein.

Doch wie steht es mit dem Edelsitz des Geschlechts der ersten Holnsteiner?

Viele, aber durchaus nicht alle der von den Pabonen gegründeten Kirchorte wurden von einer Höhenburg flankiert. Speziell bei Kirchorten, wo kein Schutzgeschoss über den Kirchen etabliert werden konnte, machte eine solche Schutzeinrichtung auch Sinn. Im Bereich der Juratäler lagen diese Schutzburgen häufig an der oberen Kante der Taleinschnitte, wie z. B. die Ödenburg bei Hainsberg (abgegangen), die Altenburg bei Oberbürg (Mauerreste), die Burgställe von Simbach und Thannbrunn (abgegangen). Dasselbe gilt für etliche Burgställe und Burgruinen an der Schwarzen Laber, z. B. für die zerstörten Burgen Helfenberg und Adelburg, die Pabonenburg "Durchelenburg" bei der Türklmühle (abgegangen) oder zwei Burgställe bei Steinerbrückl/Hillohe in der Nähe von Deuerling (u. a. die sog. Egelsburg, abgegangen). Nicht alle Burgenplätze der Pabonen fielen der Zerstörung im 13. Jahrhundert anheim, einige gingen später in veritablen Burgen staufer- und wittelsbachtreuer Geschlechter auf. Dies betrifft die Burgen von Wolfstein, Parsberg, Lupburg, Laaber, Prunn, Breitenegg, Wolfring, Eggersberg u. v. a. m. [37].

Andererseits gab es auch einige Burgen, auf denen sich bis ins 13. Jahrhundert hinein pabonentreue und damit herzogs- und kaiserkritische Gefolgsleute hielten, so dass die regierenden Wittelsbacher diesen zur Kontrolle eigene Burgenbauten entgegenstellten. Dadurch kommt der eigenartige Umstand zustande, dass sich mancherorts Burg an Burg findet: Bei Riedenburg wurde die Burg Tachenstein den Pabonenstammsitzen Rabenstein und Rosenburg direkt gegenübergestellt, bei Dietfurt errichtete man um 1274 die Burg Wildenstein zu Kontrolle der Altsitze Ödenburg, Altenburg sowie Breitenegg [38].

Angesichts des regional typischen Verteilungsmusters sollte man annehmen, dass auch das edelfreie Geschlecht derer von Holnstein auf einer Turmburg oberhalb des Ortes residiert hat - am ehesten dort, wo sich noch heute der sog. Burgstall "auf dem Bäckerberg" befindet. Im Urkataster von ca. 1820 wurde der Ort übrigens nicht Bäckerberg, sondern Backenberg genannt, so dass ein Zusammenhang mit dem brotbackenden Gewerbe wohl ausscheidet.

Der sogenannte "Burgstall" von Holnstein entpuppt sich bei näherem Hinsehen als Verteidigungsstellung aus der Zeit des Spanischen Erfolgekrieges.
Allein, die heute auf dem Bäckerberg nachweisbaren Strukturen haben mit einer mittelalterlichen Burg oder einem Burgstall gar nichts zu tun. Das dort bestehende doppelte Wall-Graben-System nach Nordwesten hin ist sicher neuzeitlich und stammt aus dem Jahr 1702, wie weiter unten noch näher erläutert wird. Für vormals mittelalterliche Strukturen findet sich auf der Höhe über Holnstein nicht das geringste Indiz.

Deshalb wollen wir annehmen, dass ein Burgensitz in Holnstein von anfang dort bestanden hat, wo später auch das Schloss Holnstein errichtet wurde, nämlich direkt neben der Pfarrkirche, auf einem vom Jurahang noch isolierten und vermutlich zentral auch überhöhten Jurafelsen aus Kalktuff.

Nun darf man sich die Burganlagen des 11. und 12. Jahrhunderts sowieso nicht so groß und massiv wie die Großburgen der hochfeudalen Epoche vorstellen. Auch waren sie noch relativ schwach armiert - weit vor der Einführung des Schießpulvers in Mitteleuropa.

In der Regel bestand eine solche "Turmburg" genannte Baulichkeit aus einem einzigen massiven Zentralgebäude aus Stein mit Hocheinstieg und einigen inneren Wirtschaftsgebäuden, beides umringt von einer Umfassungsmauer oder einem Palisadenring und einem vorgeschalteten Halsgraben.

Zu diesen für die Repräsentation und den Schutz in unsicheren Zeiten vorgesehenen Strukturen gesellte sich ein Gehöft im Tal, in dessen Räumlichkeiten sich die Edelleute zu Friedenszeiten vermutlich mehr aufhielten als auf dem Burgensitz selbst.

Sog. Schweppermannsburg bei Pfaffenhofen an der Lauterach.
Wenn man sich heute das Aussehen dieser frühen Turmburgen vor Augen führen will, fährt man am besten einige Dutzend Kilometer nach Norden.

In Pfaffenhofen bei Kastl findet sich talwärts nicht nur ein schöner Karner des 12. Jahrhunderts, sondern auf der Anhöhe auch eine Kleinburg, welche - befreit von den Zubauten späterer Zeit - nur aus einem hohen Haus besteht. Wenngleich diese Burg als den Schweppermännern des 14. Jahrhunderts gehörig eingestuft ist, weist sie in ihren "archaischen" Anteilen die typischen Wesenszüge eines Rittersitzes des 11. oder 12. Jahrhunderts auf und gehört unter Umständen sogar in das Ensemble der Burgen der sog. Westermannmark eingereiht, die einst den Pabonen unterstanden.

Der Trias Hof, Kirche, Burgstall in Alleinlage, d. h. ohne irgendwelche Zubauten aus späterer Zeit (abgesehen von der Moderniserung des Hofes), nähert man sich wiederum sehr gut in Ermhof bei Neukirchen bei Sulzbach. Die einsam an einem Gehöft gelegene Kirche von Ermhof war 1979 in Unkenntnis ihres Wertes wegen Baufälligkeit abgerissen worden, aber inzwischen hat der Archäologe M. Hensch vor Ort nicht nur die Fundamente dieser Kirche, sondern als Vorgänger einen romanischen Apsidensaal ausgegraben, der in die Karolingerzeit zurückreicht und heute in einer Art von multimedial gestaltetem Freiluftmuseum den Besuchern bestens vor Augen geführt und erklärt wird. Die Martinskirche von Ermhof lag zu Füßen einer Turmburg, die heute zwar ruinös, aber in Resten noch erhalten ist.

Eine Konfiguration wie in Ermhof nehmen wir auch in Holnstein an. Wer weiß, ob die erste Kirche von Holnstein nicht auch aus der Karolingerzeit stammte. Die Tatsache, dass Bischof Gundekar hier im 11. Jahrhundert konsekrierend tätig war, beweist jedenfalls lediglich die Weihe eines Altars, nicht aber einen Kirchenneubau als Solches. 

Ein ähnlich eindrucksvoller Burgenrest aus dem Hochmittelalter hat sich in Holnstein leider nicht erhalten, denn das Areal wurde unter jeweiliger Aufgabe der Vorgängersubstanz mehrfach neu überbaut.

Übrigens soll früher auch in Altmannsberg ein befestigter Ansitz der genannten Art bestanden haben.

 

Hat die abgegangene Burg Holnstein an der Weißen Laber eine Tochterburg in Baden-Württemberg?

Die Frage klingt zunächst fantastisch. Dass sie dennoch nicht einfach aus der Luft gegriffen ist, erfahren wir im Folgenden:

Es beginnt mit einer Eigentümlichkeit:

Gosbert und Adalbert - das waren die Leitnamen des ersten Rittergeschlechts von Holnstein.

Gosbert und Adalbert von Holnstein - das sind eigenartigerweise auch Namen, die uns in den Urkunden Schwabens aus dem 12. Jahrhundert begegnen.

Lesen wir nach:

Die Klosterkirche von Zwiefalten ist heute eine der herrlichsten Kirchen des Spätbarock in der Schwäbischen Alp; das zugehörige Kloster entstand bereits am Ende des 11. Jahrhunderts. In den Jahren zwischen 1135 und 1138 entstand durch die Hand der Mönche Ortlieb und Berthold eine Chronik, welche die Gründungsumstände des Klosters Zwiefalten genau beschreibt. Diese Chronik ist in Form einer Abschrift des 17. Jahrhunderts erhalten geblieben [39]. Dort lesen wir:

"Adilbertus de Holinsteine noster monachus, miles Luitoldi comitis, assumpto Oggero patre et Gotta matre cum Domino ascendit in montem solus orare et 40 annos permansit in sancta conversatione. Hic dedit quartam partem aecclesiae et duos mansus apud Malichingin et dimidium mansum ad Phullingin... - Adalbert von Holnstein, unser Mönch, Ritter des Grafen Luitold, nahm seinen Vater Ogger und seine Mutter Gotta mit ins Kloster, stieg auf den Berg, um allein zu beten und blieb im heiligen Zwiegespräch 40 Jahre. Er gab uns ein Viertel der Kirche und zwei Mansen in Melchingen sowie eine halbe Manse in Pfullingen..."

Die Quelle weist diesen "Adilbertus de Holinsteine" als einen in der Schwäbischen Alp besitzmäßig verankerten, ehemaligen Ritter des Grafen Luitold von Achalm aus, der an der Wende von 11. zum 12. Jahrhundert lebte. Graf Luitold war ein treuer Parteigänger Papst Urbans und ein Förderer der Hirsauer Reform. Zusammen mit seinem Bruder Kuno gründete er das Kloster Zwiefalten um 1089.

Wegen der regionalen Einbindung ins Herzogtum Schwaben wird man den schwäbischen Namensvetter der Adalberte von Holnstein im Labertal zunächst nur schwerlich als zu diesen gehörig einordnen können. Allein - es ist der Forschung bis dato nicht gelungen, einen zeitgenössischen Rittersitz "Holinsteine" in der Schwäbischen Alp zweifelsfrei auszumachen; die baulichen Überreste der Ruine Hölnstein bei Stetten unter Holstein werden in das 13. Jahrhundert datiert [40]. Insofern mutet die auffallende Namensanalogie doch etwas eigenartig an. Wir werden später darauf zurückkommen.

Burg Hellenstein bei Heidenheim an der Brenz. Stich von Merian.
Hellhöriger als dieser Adalbert machen uns die vorliegenden Arbeiten zur Geschichte der Burg Hellenstein bei Heidenheim an der Brenz. Es handelt sich bei dieser Burg aktuell um ein beliebtes Ausflugsziel: Die stattliche Schlossanlage weist Bauteile aus allen Epochen auf - vom Mittelalter bis zur Neuzeit.

Dokumentarisch dingfest wurde diese Burg um 1150, in Verbindung mit dem edelfreien "Tegenhardus de Haelenstein". Degenhard war ein Gefolgsmann Kaiser Friedrichs I. Barbarossa, der ihn im Jahr 1174 sogar zum Prokurator der Königsgüter Schwabens ernannte.

Die Anfänge der Burg liegen jedoch einige Jahrzehnte früher - im ausgehenden 11. Jahrhundert. Der primäre Name der Burg wird in den Urkunden Baden-Württembergs meist mit "Halinstein", "Halenstein" oder "Haelinstein" angegeben. Dabei hat die Erklärung, der Name komme von einem "hälen", d. h. glatten, schlüpfrigen Stein, nicht recht befriedigt. Deshalb fasst die Lokalforschung von Heidenheim inzwischen eine ganz andere Entstehung des Namens ins Auge:

Ein gewisser Gosbert, im Urkundenlatein "Gozprehtus" genannt, habe als Vasall der Diepoldinger Markgrafen um 1096 die Burg Hellenstein gegründet. Seine Stammburg sei die Burg Holnstein an der Weißen Laber bei Beilngries gewesen!

Im Jahr 1096 wurde das Geschlecht bei Heidenheim erstmals urkundlich erwähnt - durch diesen "Gozprehtus de Halensteine". Seine Familie habe um 1120 die erste Burg Hellenstein errichtet. Gosbert "de Halensteine" hatte das Lehen Heidenheim an der Brenz von Markgraf Diepold III. erhalten und durch Heirat einer Edlen von Stubersheim noch um die Güter Herbrechtingen, Bolheim und Nattheim (aus Hupaldinger Besitz) vergrößert. Zahlreiche Buckelquader, die sich heute in den Mauern des sog. "Rittersaales" von Hellenstein nachweisen lassen, können dieser ersten Phase zugeordnet werden. Erweitert sei die Anlage erst durch Gosberts Enkel Degenhard geworden - in der teilweise bis heute erhaltenen Form. Degenhard ist jener staufertreue Mann, der bereits oben erwähnt wurde. Möglicherweise habe der Felsüberhang der sog. "Heidenschmiede" unterhalb der Burg Hellenstein die Übernahme des Namens der Stammburg Holnstein im Labertal gefördert! Erst im Jahr 1147 seien die lehensherrlichen Rechte der Burg durch die Verheiratung Adeles von Vohburg, der Tochter Markgraf Diepolds III., mit dem späteren Kaiser Friedrich I. Barbarossa an die Staufer gelangt. Weil Degenhard 1183 ohne männliche Erben verstarb, habe seine Tochter Hellenstein und Heidenheim an die Edlen von Gundelfingen (an der Donau) gebracht, die sich seit 1251 auch "von Hellenstein" nannten. So ist im Jahr 1251 Ulrich II. von Gundelfingen-Hellenstein in einer Urkunde zusammen mit seinen Söhnen Degenhard und Ulrich III. anläßlich des Begräbnisses Ludwigs von Dillingen erwähnt. Ulrich II. nennt sich hier erstmals "de Helenstein". In seiner Begleitung befand sich ein Ritter Ulrich, genannt "Hirsch von Hellenstein", offenbar derjenige Ministeriale, der mit der Burghut von Hellenstein betraut war. Später, um 1273, kam Heidenheim samt Zubehör durch verwandtschaftliche Beziehungen an die Markgrafen von Burgau. 

Soweit der kurze Abriss zur Geschichte der Burg Hellenstein in Schwaben [41].

Wenn die Gründungshypothese stimmt, dann hätte die Gegend von Heidenheim an der Brenz zum alten Hausgut der Diepoldinger gehört, und die Burg Hellenstein wäre von einem gleichnamigen Vorfahren oder Verwandten unseres oben genannten Gosbert von Holnstein an der Weißen Laber gegründet worden! In diesem Fall hätte das Toponym sukzessive eine Lautverschiebung vom bayerischen "Holenstein" zum schwäbischen "Halenstein" und "Haelenstein" erfahren.

Nun, wir haben uns bemüht, den schwäbischen Urkundenfundus zu "Gozprehtus de Halensteine" zu eruieren und einzusehen - bislang leider umsonst. Vielleicht gelingt es, dies noch nachzuholen.

Deckplatte des Stiftergrabes der Diepoldinger von 1304 in der Klosterkirche Reichenbach. Erwähnt sind Markgraf Diepold III., seine Mutter Luitgard, Berthold, der Enkel des Markgrafen, die Polin Adelheid, die Gattin Diepolds III., Reiza oder Richza, eine Verwandte der Diepoldinger, die in Reichenbach starb.
Dass die Diepoldinger in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts als künftige Markgrafen von Nabburg-Cham-Vohburg ihren Herrschaftsschwerpunkt vom schwäbisch-bayerischen Grenzgebiet auf den Nordgau östlich der Naab verlagert hatten, ist unbestritten. Wir haben dies bereits bei der Gründung des Hausklosters Reichenbach am Regen veranschaulicht. Dass dieselben Diepoldinger schon seit der Karolingerzeit auch über Hausgut im Brenzgau inklusive Heidenheim an der Brenz verfügten - als Lehen des Klosters Fulda -, ist ebenso unbenommen. Im Übrigen war die Mutter Diepolds III., Luitgard, mit dem Grafen Diepold von Giengen an der Brenz vermählt gewesen, was dieses Hausgut noch vergrößert haben mag. Genau diese ererbten Hausgüter brachte später Adele von Vohburg in ihre Ehe mit Friedrich Barbarossa ein, dem sie nach Auflösung der Ehe verblieben.

Die 1893 von M. Döberl herausgegebenen Regesten und Urkunden der Diepoldinger schweigen sich über den schwäbischen Gosbert allerdings aus. Erwähnt wird lediglich in der Gründungsurkunde des Klosters Reichenbach von 1118 der schon bestens bekannte "Gozbertus de Holinsteine", nicht als ausgewiesener Ministeriale Diepolds III., sondern innerhalb einer Gruppe regionaler Edelfreier aus dem Familienkreis der bayerischen Pabonen. In derselben urkunde findet sich auch ein diepoldischer Ministeriale namens "Hilteprandis de Brenzi", also ein Mann aus dem Brenzgau, was belegt, dass der Markgraf mit Leuten aus seinen schwäbischen Stammlanden auch im Nordgau präsent war. Etwa von diesem Zeitpunkt ging ein Teil der Adels- und Ministerialenfamilien der mittleren Oberpfalz eine Vasallität gegenüber dem auf dem Nordgau reichsunmittelbaren Markgrafengeschlecht der Diepoldinger ein - eine Entwicklung, die von den Pabonen durch die weitreichende Besitzübertragung 1118 ausdrücklich angestoßen wurde, die aber in ihrer Selbstverständlichkeit auf gewisse Interdependenzen schon zur Zeit der Vorgenerationen und eventuell auch in umgekehrter Richtung hindeutet.

Vor diesem Hintergrund wollen wir nicht ausschließen, dass sich ein Vorfahre resp. der Vater des Gosbert von Holnstein im Labertal - er selbst kommt aus Zeitgründen wohl weniger in Frage - schon um 1096 auf Bitten Markgraf Diepolds II. von Giengen in den Brenzgau begeben hätte, um in seinem Auftrag den Burgensitz von Hellenstein zu gründen [42].

Als um 1125 der Sohn Gosberts namens "Adalpertus de Holensteine" ebenfalls eine Reichenbacher Urkunde für die eine Verwandte Markgraf Diepolds an führender Stelle unterzeichnete, steht er diesmal, wie an der Zeugenliste zu erkennen ist, an der Spitze einer Gruppe von Diepoldinger Ministerialen, was sich nur aus denselben Argumenten heraus plausibel erklärt [43].

Vielleicht ist es auch kein Zufall, wenn M. Döberl bei der Beurkundung des Besitzübergangs des Gutes Biberbach bei Plankstetten im Jahr 1142 [44] (im Beisein Markgraf Diepolds III.) im Traditionsbuch von Wessobrunn statt des traditionellen "Adalbertus de H-o-llenstein" etwas anderes las, nämlich "Adalbertus de H-a-lenstein". Wegen der Nähe des Streitgutes zu Holnstein im Labertal (gerade 8 km) haben wir dennoch keinen Zweifel, dass der Edelfreie von dort und nicht aus Schwaben kam [45].

Ein weiteres Mal tritt Adalbert von Holnstein an der Seite des Markgrafen auf, bei einer Schenkung an das Kloster Reichenbach [46]. Selbst in einer viel späteren Generation ist die Nähe der Holnsteiner im Labertal zu den Diepoldingern abermals spürbar. So erscheint "Otto de Holinstein" bzw. "Otto d'Hollinstein" doppelt in einer Diepoldinger Urkunde von 1202, als Markgraf Berthold II. von Cham-Vohburg den Zehnten von Mitterteich an das Kloster Waldsassen übertrug. Die Urkunde ist weiter oben abgebildet [47].

Die Nähe der Edelfreien von Holnstein zu den Diepoldingern ist also unbestreitbar, ohne dass dadurch ihre familiäre Verbindung mit den Pabonen eine Bedeutungsminderung erführe. Dadurch gewinnt die Theorie, dass Burg Hellenstein bei Heidenheim an der Brenz durch einen Ableger des Hauses Holnstein gegründet wurde, an Wahrscheinlichkeit, wenngleich eine stringente Beweisführung nicht möglich ist. Insofern ist es durchaus statthaft, in der Burg Hellenstein in Schwaben einen Ableger des Sitzes Holnstein an der Weißen Laber zu sehen, womit die Titelfrage beantwortet wäre.

Verbleibt anzumerken, dass die Diepoldinger auch außerhalb des Brenzgaus über schwäbischen Besitz verfügten, der bis weit nach Südwesten reichte, z. B. in Riedlingen am Donauoberlauf [48]. Es handelt sich um ein Gut, das nur acht Kilometer vom Kloster Zwiefalten entfernt lag. Dorthin hatte sich der eingangs erwähnte Ritter "Adalbert von Holnstein" mit seinen Eltern zurückgezogen. Demnach ist es nicht ganz auszuschließen, dass sich der schwäbische Ableger der Holnsteiner bis hierhin verzweigt hat.

 

Vom Edelsitz Holnstein an der Weißen Laber zum Pflegamt der Wittelsbacher Herzöge

Burg Hirschberg heute.
Im Jahr 1188 hatten die Grafen von Hirschberg (bei Beilngries), die sich zuvor noch Grafen von Dollnstein und Grögling genannt hatten und traditionell - keineswegs immer in gutem Einvernehmen mit dem Bischof - die Domvogtei von Eichstätt versahen, die Herrschaft Sulzbach nach Aussterben des dortigen Grafengeschlechts übernommen. Wenig später fiel nach dem Tod des letzten Riedenburger Pabonen auch die Landgrafschaft auf dem Kels- und Sulzgau an die Domvögte von Eichstätt. Zwischen 1302 und 1304 kauften sie die Landgrafschaft Graisbach, vormalige Grafschaft Lechsgemünd, zu.

Damit hatten die Hirschberger, welche im 11. Jahrhundert noch kaum über nennenswerten Eigenbesitz verfügt hatten, eine riesige Landgrafschaft an sich gezogen, welche sie in der Folge landgerichtlich durchorganisierten (sog. Landgericht Hirschberg).

Nachdem im Jahr 1180 das Haus Wittelsbach nach dem Sturz Heinrichs des Löwen von Kaiser Friedrich I. Barbarossa mit dem Herzogtum Bayern belehnt worden war, versuchten Herzog Otto I. von Wittelsbach und nach ihm sein Sohn Ludwig der Kelheimer, ihrerseits ihr Herrschaftsgebiet in Bayern durch Erbschaft und Erwerb auszubauen.

Der letzte der Hirschberger, Graf Gebhardt VII., war ein Sohn Sophias, der Tochter Herzog Ottos II. von Bayern. Weil seine Ehe mit Sophie von Oettingen kinderlos geblieben war, vermachte er am 8. September 1304 testamentarisch sein Stammschloss Hirschberg und die danach benannte Grafschaft dem Bistum Eichstätt, nicht jedoch dem Haus Wittelsbach. Dies geschah nicht ganz unerwartet, denn Gebhardt VII. verfolgte trotz der Familienbande durchaus eine von den Wittelsbachern unabhängige Politik, ja er hatte zu dem Zeitpunkt, als er sein Testament verfasste, schon einige kriegerische Auseinandersetzungen mit diesen hinter sich.

Folgerichtig fochten die Wittelsbacher nach den Tod des Grafen am 4. März 1305 das Testament an, einigten sich aber schließlich nach weiteren Auseinandersetzungen am 19. Oktober 1305 im sogenannten Vertrag von Gaimersheim mit dem Stuhl von Eichstätt: Während die Grafschaft Hirschberg selbst und mit ihr 122 Ortschaften, darunter die Holnstein benachbarten Orte Kevenhüll, Raitenbuch und Oening, an das bischöfliche Hochstift fielen, zogen die Herzöge von Bayern wesentlichen Grundbesitz nur aus dem Sulzbacher Erbe der Hirschberger und dem Besitz von Grögling (Eggersberg). In der Grafschaft Hirschberg selbst übernahmen sie allerdings die vormals pabonischen und nachmals hirschbergischen Rechte des Landgerichtes.

Der getroffene Kompromiss von 1305 beruhte also auf einer unterschiedlichen Handhabung grundherrlicher, lehensrechtlicher, landgräflicher und landgerichtlicher Rechte.

Eine ähnliche Aufteilung der Rechte darf man auch für Sitz und Amt Holnstein an der Weißen Laber annehmen:

Die "metreta" oder Metze ist ein häufig gebrauchtes Hohlmaß in den Urbarien des Mittelalters. Eine Metze umfasste 37 Liter.
Irgendwann nach 1205 war das edelfreie Geschlecht von Holnstein im Mannesstamm ausgestorben. Ihre Rechte und Güter, die sie als ehemalige Reichslehen gehalten hatten, gingen nicht wie ein Gutteil des Pabonenerbes im Kels- und Sulzgau auf die Grafen von Hirschberg, sondern mit Einwilligung des staufischen Kaiserhauses auf die oberbayerischen Wittelsbacher über. Die Annahme des Freiherrn von Löwenthal, dass Holnstein im 13. Jahrhundert den Hirschbergern gehört hätte, ist deshalb irreführend [49]; zumindest hätte ein besitzrechtliches Intermezzo schon vor 1224 wieder beendet gewesen sein müssen.

Die landgerichtlichen Rechte der Pabonen in Holnstein(Halsgerichtsbarkeit, Eigentums-, Erb-, Lehensrecht) fielen nach 1196 an die Grafen von Hirschberg und gingen erst, als diese 1305 selbst ausgestorben waren, ebenfalls an die Wittelsbacher-Herzöge. Bei diesen blieben sie über Jahrhunderte, bis zur Gründung der Tilly'schen Herrschaft Breitenegg. So ist noch in einem Dokument von 1551 der Sitz Holnstein unter vielen anderen dem "Landgericht Hirschberg" zugeordnet, wobei jedoch über die faktische Rechtsausübung schwer zu urteilen ist, weil einzelne Rechte, z. B. die Halsgerichtsbarkeit, auch an andere Gerichte übertragen werden konnten [49a].

Was die wirtschaftlich relevanten Rechte und Besitzstände anbelangt, so erscheint schon im ersten bayerischen Urbar von 1224 Holnstein als Bestandteil des wittelsbachischen Amtes Velburg. Velburg war sieben Jahre zuvor an Herzog Ludwig den Kelheimer gefallen, die Holnsteiner Gilt (Abgabe) im Amt Velburg betrug zwanzig Käse jährlich: "Holnsteine giltet zwainzic kaese".

Derselbe Besitzstand lässt sich in einem Salbuch von 1270 nachvollziehen:

"Item curia Holnstein XII sol. Item unum lehen pertinens ad eandem curiam dim. lib. cas. X, papaveris I. metretam. Item secunda curia XII. sol. papaveris I metr. cas. X. Item due hube XX sol. pari modo. Item unum lehen V sol. Secundum lehen V. sol. Item ibidem huba silig. VI mod. avene V - Ebenso der Guthof Holnstein 12 Schilling. Dann ein Lehen, das zu diesem Gut gehört, 10 halbe Käselaibe sowie eine Metze Mohnsamen. Ebenso der zweite Gutshof 12 Schilling, 1 Metze Mohnsamen und 12 Käse. Sowie zwei Hufen, mit 20 Schilling gleichermaßen. Sowie ein Lehen 5 Schilling. Das zweite Lehen 5 Schilling. Desgleichen eine dortige Hufe 6 Scheffel Weizen und 5 Scheffel Hafer..."

Im Jahr 1270 ist also in Bezug auf die Abgabepflicht von zwei Wirtschaftshöfen in Holnstein mit je einem und zwei zusätzlichen Lehengütl sowie zwei Hufen die Rede. Dabei beschreibt das Wort "huba" (Hufe) einen Kleinhof inklusive Felder und Allmenderecht, der von jeweils einer Kleinbauernfamilie bewirtschaftet wurde. Das Wort "curia" bezog sich dagegen auf einen größeren Wirtschaftshof oder gar auf ein Rittergut. Dabei war das Abgabevolumen vergleichsweise gering, was beweist, dass der damalige Stamm der Grundholden nicht sehr groß gewesen sein kann. Immerhin erfährt man, dass Mohn, Weizen und Hafer angebaut wurden und eine Käsewirtschaft durch Beweidung der Talflanken bestand [50].

Die Fluren von Holnstein heute. Einige der langen Hochfluren geben  die mittelalterliche Situation noch wieder, in Tallage hat die Flurbereinigung viel zerstört.
Nun ist es aber bei der Beurteilung lokaler Herrschaftsräume mitunter notwendig, eine weitere Unterteilung vorzunehmen, nämlich die Trennung urbarialer Rechte von den nicht-urbarialen, resp. den allodialen. Durch diese Unterscheidung wird im Fall von Holnstein ein eigenartiges Phänomen verständlich: Die Grundherrschaft der "curia", resp. die Burg von Holnstein, lag ebenso wie das Patronatsrecht der Kirche zunächst nicht in den Händen der Wittelsbacher, sondern bei einer Adelsfamilie, auf welche die allodialen Rechte an der Burg Holnstein nach Aussterben des Herrengeschlechts von Holnstein über eine Erbfolge übergegangen waren. Dies waren die blutsverwandten Herren von Heideck [Link].

Burg und Stadt Heideck um 1536/37 - UB Würzburg, Delin. VI, fol. 22.
Da Gottfried von Heideck schon Berthold von Thannbrunn beerbt hatte und im Jahr 1311 dem Kloster Plankstetten den Ort Vogelthal bei Beilngries schenken konnte - übrigens zuvor eine Schenkung an das Schottenkloster in Regensburg aus der Hand der Riedenburger Pabonen -, so ist dadurch belegt, dass die Heidecker in der Gegend besitzmäßig und lehensrechtlich verankert waren. Im speziellen Fall von Holnstein nahm B. Heinloth an, dass es sich bei dem Burgensitz um ein altes Reichsgut gehandelt habe, welches die Vorbesitzer, die Gosberte und Adalberte, allmählich als Erbgut an sich gezogen und zuletzt wie einen allodialen Eigenbesitz gehandhabt hätten und am Ende an die Heidecker weitergegeben bzw. vererben konnten [51]. Das benachbarte Gut Butzenberg hatten übrigens damals die Herren von Hilpoltstein inne.

Lange hielt sich der Besitzstand der Heidecker in Holnstein nicht, denn in einer Nürnberger Urkunde vom 8. März 1310 erfährt man von einem Verkauf:

"Rudolf, der Pfalzgraf bei Rhein und Herzog Bayerns (Rudolf I. der Stammler, 1274-1319), wollte den Schaden, den er und die Seinen dem Kloster Auhausen zugefügt hatten, als er gegen Erzbischof Gerhard von Mainz vorging, wieder gut machen und gestand diesem den ungestörten Besitz der "curia" von Thannbrunn zu, wobei Gottfried von Heideck die sechs Pfund (jährliche) Einkünfte, die er im Namen der Verwaltung erhalten hatte, für sechzig Pfund Hallischen Geldes verkaufte, nachdem er seine Burgen in Hollenstain und Wizzingen (Wissing) an Herzog Ludwig veräußert hatte... (Ludwig der Strenge, 1229-1294, der letzte Stammvater der vereinigten Linie der Wittelsbacher)" [52]

Deutlich vor 1310, wahrscheinlich schon um 1270, war also das Rittergut Holnstein von Gottfried von Heideck an Herzog Ludwig den Strengen von Bayern verkauft worden!

Zu diesem Zeitpunkt hatten sich die Wittelsbacher bereits in eine oberbayerische und niederbayerische Linie aufgespalten (1255). Die Herren von Heideck befanden sich offensichtlich über Generationen in chronischen Geldnöten. Fünfzig Jahre später, im Jahr 1326, wurde selbst der Stammsitz Heideck den bayerischen Herzögen versetzt, desgleichen fielen auch weitere Heidecker Besitzungen in unserer Region, wie z. B. die Orte Groß- und Kleinalfalterbach, an Bayern. Am 26. Mai 1362 übertrug Kaiser Karl IV. in einem Lehenbrief den Wolfsteinern zahlreiche frühere Lehen der Heidecker [53].

 

Dorf und Amt Holnstein als Pfandobjekt der Wittelsbacher

Aber auch die Wittelsbacher Herzöge verfügten nicht immer über volle Schatzkammern. So ereilte die vormals stolze Herrschaft an der Weißen Laber ein Schicksal, das sie künftig mit vielen anderen Burgensitzen Bayerns teilen musste:

Holnstein wurde zu einem Spielball politischer und fiskaler Interessen, es wurde immer wieder im bayerischen Adel herumgereicht, verpfändet, verliehen!

Der alte Rittersitz erfüllte zu dieser Zeit schon nicht mehr die Erfordernisse, die man an eine verteidigungsfähige Burg stellte. Es ist anzunehmen, dass man die Burg, nachdem sie seit zwei Generationen schon nicht mehr in Benutzung stand und vom Verfall bedroht wurde, in mehreren Etappen neu auf- und auszubauen begann. Dabei ging das ganze Steinmaterial der alten Burg nach und nach im Bau der neuen auf, was erklärt, dass sich heute von der alten Festung so gut wie keine Steinzeugnisse mehr finden. Während also der Burgensitz Holnstein grundliegend erneuert wurde, fielen die meisten anderen Burgen an der Weißen Laber der völligen Aufgabe und dem Abriss anheim, z. B. die Ödenburg, die Altenburg bei Oberbürg, die Burg Thannbrunn oder die Burg von Deining. Was hier blieb, das waren das Burgenterrain und die Burgställe; sie laden heute zu reizvollen Ausflügen in die Vergangenheit ein.

Kaiser Ludwig der Bayer mit Gefolge - BSB Cgm 8533, spätes 15. Jhd.
Eine überregionale Veränderung erbrachte der sogenannte Teilungsvertrag von Pavia vom 4. August 1329, in dem das Wittelsbacher Erbe von Kaiser Ludwig dem Bayer zwischen der Pfalz und dem Herzogtum Bayern aufgeteilt wurde. Während die zum Amt Neumarkt gehörigen Bezirke (z. B. Weidenwang) sowie der Rest der Oberpfalz auf Dauer an die zweite wittelsbachische Linie der Pfalzgrafen bei Rhein fielen - dieses neue Territorium wurde zunächst "Land der Pfalz in Bayern" genannt, erst später bürgerte sich der Begriff "obere Pfalz" oder "Oberpfalz" ein -, blieb das Amt Holnstein zunächst bei dem zum Landgericht Riedenburg gehörigen Gebiet. Man hatte also durchaus Rücksicht auf die historische Entwicklung genommen: Es handelte sich exakt um das Gebiet des früheren Nordgau, in dem vom 10. bis zum 12. Jahrhundert die Pabonen die landgräflichen Rechte besessen hatten.

Damals entstanden das neue Amt Hemau mit den Orten Hemau, Painten und weiteren 22 Ortschaften (welches jedoch alsbald im Amt Riedenburg aufging), das neue und vergrößerte Amt Holnstein mit den Orten Holnstein, Wissing, Ittelhofen, Butzenberg, Eismannsberg, Freihausen, Kreismühle, Labermühle, Matzenhof, Pirkach, Simbach, Wachtlhof, Waldhausen, Waldkirchen, Klein- und Großalfalterbach, Waltersberg, Pollanten, Günthersthal (abgegangen), Ritzermühle, Weihersdorf, Wolfersthal, Thannbrunn, Biermühle, Riedhof, Matzenhof, Wiesenhaid, Schnufenhofen, Freihausen, Hermannsberg, Thann, Dietersberg, Hennenberg, Salmannsdorf, Grubach, Tannloh und weiteren Dörfern und Einöden.

Damit hatte das Amt Holnstein seine endgültige Größe erreicht, die sich bis zum 18. Jahrhundert nicht mehr ändern sollte.

Es war allerdings ein noch reichlich instabiles Gebilde, welches damals entstand.

Schon nach Kurzem muss der Sitz Holnstein an die kurpfälzische Linie der Wittelsbacher verpfändet worden sein!

Wir entnehmen diese Information einen Vertrag der Wittelsbacher von 1348, in dem die Pfalzgrafen Rudolf und Rupprecht bei Rhein auf Niederbayern verzichteten und versprachen, die für 60000 Gulden und 6000 Silbermark an die Pfalzgrafen verpfändeten Güter, darunter Hemau, Viehhausen (bei Regensburg), Holnstein und Obermässing, zurückgeben zu wollen [54].

Um 1352 residierte ein gewisser Ulrich von Maidbruck als Pfleger in Holnstein.

Auszüge aus Wiguläus Hund: Bayrisch Stammen-Buch, Band 1, Ingolstadt 1598.
Als weiteres von den Wittelsbachern eingesetztes Geschlecht erscheinen die schwäbischen Gundelfinger. Im Jahr 1385 wird speziell ein Schweicker (Swiger) von Gundelfingen der Ältere als Lehensinhaber von Holnstein angezeigt. Die Gundelfinger, deren Heimat 110 km Luftlinie von Holnstein entfernt an der Donauniederung liegt, überraschen hier trotz der Entfernung nicht, denn zum einem hatten sie zur damaligen Zeit auch Besitz in Landershofen bei Greding und Fribertshofen bei Berching, zum anderen gingen aller Wahrscheinlichkeit nach die ersten Holnsteiner und die Gundelfinger auf einen gemeinsamen Ahnherrn zurück, wie weiter oben zu vernehmen war. Im Übrigen waren die Gundelfinger auch angeheiratete Verwandte der Abensberger, Hilpoltsteiner und Heidecker, sämtliche pabonischen Geblütes. Nicht auszuschließen ist also, dass bei der Belehnung der Gundelfinger alte erbrechtliche Gegebenheiten den Ausschlag gaben. So erhielten die Gundelfinger auch den Ort Waltersberg als Lehen, der ursprünglich von einem Walter von Stein gegründet worden und zwischenzeitlich an die Hohenfelser gefallen war. Gundlfing (ohne "-e-") heißt übrigens auch ein Ministerialensitz der Pabonen an der Altmühl, unmittelbar bei deren Stammsitz Riedenburg. Auch eine solche Namensduplizität verweist oft auf gemeinsame genealogische Wurzeln [55].

J. N. von Löwenthal irrt aber vermutlich darin, dass die Gundelfinger das Amt Holnstein nach 1329 von den Pfalzgrafen als Lehen und sogar als Pfandgut bekommen hätten, selbst wenn Holnstein zwischenzeitlich an die Pfälzer Linie verpfändet gewesen war. Wenn Swiger von Gundelfingen, der Jüngere, im Jahr 1411 den Besitz Holnstein an Ulrich Muracher von Flügelsberg, Pfleger zu Dietfurt, weitergab und in der Urkunde ergänzte "soviel er von den Herzögen zu Baiern daran gehabt", so wird er doch auf die Linie Bayern-Ingolstadt der Wittelsbacher (seit 1392) abgezielt haben und nicht auf die Linie der Pfalzgrafen bei Rhein.

Wenig wissen wir über die innere Organisation des Amtes Holnstein zu dieser Zeit. Sie dürfte sich allerdings kaum von der der anderen wittelsbachischen Ämter in Bayern unterschieden haben. Spätestens jetzt benötigte man ein größeres und repräsentatives Pflegamtschloss und einen geräumigen Kastenbau und es anzunehmen, dass beides auf der Terrasse über dem "hohlen Stein" entstand, so dass sich die Kombination von alter Pfarrkirche, dem sie umgebenden Dorf und einer neuen Feste ergab - eine typische Disposition des 13. Jahrhunderts, welche bis in unsere Zeit nachwirkt.

Darstellung von Holnstein auf der Landtafel von Philipp Apian, 1568.
Es gibt eine erste Baunachricht von 1387, in der davon die Rede ist, dass zu dieser Zeit an der "Feste Holnstein" tatsächlich gebaut wurde. Nach und nach scheint eine stattliche Anlage entstanden zu sein. Zwar liegen darüber keine schriftlichen Nachrichten oder Grabungsergebnisse vor, aber Philipp Apian erweckte auf seinen um 1560 entstandenen und 1568 veröffentlichten Landtafeln, auch "Choreographia Bavariae" genannt, einen entsprechenden Eindruck, selbst wenn er dem Stil der Zeit entsprechend alle Gebäude überhöht dargestellt hat.

Man erkennt bei Holnstein einen dicht gedrängten Gebäudekomplex hinter einer Mauer, einen Turm zur Linken, der ein überkragendes Obergeschoss trägt und möglicherweise einem Torbau entspricht, einen hohen, schlanken Schlossbau in gotischer Ordnung zur Rechten, mit zwei Firststangen, dazu mehrere Gebäude sowie den spitzen Kirchturm der Pfarrkirche.

Nun mag man dagegenhalten, dass Philipp Apian seine Ortssymbolik doch relativ schablonenhaft gehandhabt hat. Dies trifft jedoch in der Regel nur für die kleineren Kirchorte zu, nicht für die großen Ortskomplexe und schon gar nicht für diejenigen in unserer Gegend. Apians Druckerei stand im nahen Ingolstadt, ihm selbst und seiner Familie gehörte die zum Amt Holnstein gehörige Hofmark Ittelhofen (erworben 1547 durch den Vater Peter). Die unterstellte Detailgenauigkeit, die durch eine weitere Darstellung von 1630 bewiesen wird (siehe unten), erkennt man z. B. auch bei der Darstellung der Stadt Berching oder des Klosters Thannbrunn, welches als Filiale von Auhausen an der Wörnitz in den Gebäuden der ehemaligen Burg untergebracht war, im Rahmen der Reformationswirren aber noch vor Erstellung der Karte aufgegeben worden war.

Der Sollerbach läuft über das oberschlächtige Mühlrad der Felsenmühle (mit Fachwerkgiebel), der linke Quellbach entspringt im Halsgraben. Die westliche Schlosszufahrt mit Viadukt eher neuzeitlich. Neben dem Paarhof in der Bildmitte hinten (Hausname "Soller") entspringt der Sollerbach. Durchgangsweg im Hintergrund grabenseitig abgemauert. Das mittelalterliche Schloss und der Kasten sind durch niedrigere Barockbauten ersetzt.
Es ist dem Glücksfall einer frühen fotographischen Aufnahme von Holnstein zu verdanken, dass wir heute wissen, dass die herzogliche Festung Holnstein von einem talwärts sehr breiten und tiefen Halsgraben umgeben war. In diesen sich nach oben verjüngenden Halsgraben ergossen sich die Quellwasser des sogenannten Sollerbaches und eines weiteren Quellbaches, um dann talwärts das Mühlrad der Felsenmühle anzutreiben. Der erstgenannte Bach entspringt nur wenige Meter oberhalb des Schlossareals aus einer Felswand, daneben lag bis in unsere Zeit eine Seilerei, woher der Bach seinen Namen bezieht: Aus "Seiler" wurde im Lauf der Zeit mundartlich "Saler" und dann "Soller". In einer kurzen Strecke ist diese kräftige Quellbach noch heute oberirdisch auszumachen, neben dem Anwesen Vögele, danach verschwindet er in einer Kanalisation, um erst kurz vor der Mündung in die Laber wieder an die Oberfläche zu treten.

Ein Halsgraben wie dieser mächtige in Holnstein diente nicht nur der Steigerung der Verteidigungsfähigkeit einer Burg, sondern hatte primär auch einen praktischen Nutzen bei der Erbauung: Man konnte das zum Burgenbau benötigte Steinmaterial relativ bequem vor Ort aus dem Graben brechen.

Leider haben wir kein Zeugnis über den weiteren Verlauf des Halsgrabens nordöstlich der Sollerbachquelle, man darf aber davon ausgehen, dass er in weitem Bogen auch den Kirchplatz von Holnstein bis zum Laabertal umspannte. Anders hätte er auch keinen Sinn gemacht:

Ein Halsgraben musste das Festungsareal auf der Hangseite in der gesamten Länge schützen!

Lediglich im Bereich der Sollerbachquelle, am Scheitelpunkt des Grabens, war eine Schwachstelle; hier fiel wegen der Beengtheit des Terrains der abgetiefte Raum relativ schmal aus, außerdem wird man mit einer Vorrichtung einen Teil des Baches in die Feste zur Wasserversorgung hinübergeleitet haben. Deshalb vermuten wir an dieser Stelle auch eine Zugbrücke und eine gesicherte Tordurchfahrt, über die man vom Hangweg zum herzoglichen Kasten, zur Kirche St. Georg und zu den beigestellten Hofstellen gelangte.

Trotz der Trutzigkeit der Apian'schen Darstellung und der Existenz eines Halsgrabens sehen wir in der herzoglichen Anlage von Holnstein ein Gebäudeensemble, das mehr unter repräsentativen Gesichtspunkten als unter militärstrategischen Aspekten errichtet worden war. In den folgenden Jahrhunderten litt die Wehrhaftigkeit umso mehr, je mehr die Kriegstechnik und speziell der Gebrauch von Kanonen und Bombarden Fortschritte machte.

Von einem gewissen Zeitpunkt an war der Halsgraben in Bereich der Kirche relativ leicht zu überwinden, außerdem konnte die Festung von beiden Talflanken aus ohne effektive Abwehrmöglichkeit unter Beschuss genommen werden.

Diesem Manko trug man vermutlich zur Zeit der Tillyschen Herrschaft Rechnung:

Schon nach dem Dreißigjährigen Krieg gab man die Verteidigungsfunktion des nördlichen Halsgrabens auf und verfüllte ihn, um Platz zu schaffen für ein neues Gebäude.

Das Haus des "Bäck", heute das linke Seitengebäude der Förderstätte der Regens-Wagner-Stiftung, geht, wie der heutige Hauseingang noch verrät, als Herrschaftsgebäude vom Grafen von Tilly-Breitenegg zurück. Später wurde das Haus über dem ehemaligen Halsgraben neu errichtet. Die schräge Achse des Hauses, in dem der Landrichter untergebracht war, markiert in etwa den einstigen Grabenverlauf; so tat man sich mit der tiefen Fundamentierung leichter und musste nur wenig Fels heraussprengen. Das alte Pflegschloss als Sitz des Oberamtes Holnstein war im Dreißigjährigen Krieg in Mitleidenschaft gezogen, aber fast bis zum 18. Jahrhundert noch benutzt worden; das neue Gebäude und die sich anschließende barocke Gartenanlage, die der Urkataster von 1820 noch wiedergibt und von der sich einige nördliche Mauerreste erhalten haben, haben den verfüllten Halsgraben früh in Vergessenheit geraten lassen. Wenn man aber genau hinsieht, kann man noch heute an Geländemarken (z. B. Abtiefung hinter dem "Bäck", felsfreier, erdverfüllter Keil an der sich anschließenden Kalktuffwand) die einstige Abgrabung erahnen. Der Barockgarten und zwei kleine Nebengebäude, welche hinter dem Haus gelegen waren, sind inzwischen einem Parkplatz gewichen.

Modellzeichnung, über den Katasterplan von 1820 gelegt. Dieser gibt den westlichen Teil des Halsgrabens mit dem Verlauf der zwei Quellbäche komplett wieder. Westliches Viadukt zum Schloss eher neuzeitlich. Die zwei Anteile des Halsgrabens grün, das zweigeteilte Kirchen-Schloss-Areal ocker, Schloss, Kasten und Kirche rot. Mauern schwarz. Mittelalterlicher Wegeverlauf grau.
Der westliche Halsgraben wurde jedoch wegen des Mühlbetriebs im Tal noch lange Zeit benötigt. Erst nach 1880 wurde er verschüttet, als das Schloss Holnstein bereits im Besitz der Regens-Wagner-Stiftung war. Damals ging es darum, Raum zu gewinnen für eine breitere Straße, ein größeres Ökonomiegebäude vis à vis des gräflich-von Holnstein'schen Schlosses und einen großen Gemüse-Obst-Garten. Später wurde der gesamte westliche Trakt des Klosters darüber gebaut.

Mit diesen eingreifenden Massnahmen in die Geländeformation hatten die Kirche und die Feste Holnstein endgültig ihr mittelalterliches Gepränge verloren.

Soweit der Vorgriff auf die Gestaltung der wittelsbachischen Schlossanlage. Im Weiteren nennen wir den Sitz des herzoglichen Pflegamtes Holnstein "Feste", "Festung" oder "Schloss", vermeiden aber den Ausdruck "Burg", um den Unterschied zur ersten "Burg" Holnstein und den Burgenbau des 10. bis 12. Jahrhunderts herauszuheben.

Wie mag sich der Alltag in dem Pflegamtschloss vor der Barockzeit abgespielt haben?

Der Kastellan kam wie in vergleichbaren Fällen meist aus dem niederen Adel und hatte vornehmlich die Aufgabe, die Anlage zu bewachen und zu sichern. Ein größeres Truppenkontingent in Holnstein für diesen Zweck ist jedoch nicht nur damals, sondern auch in den folgenden Jahrhunderten nicht anzunehmen. Die Hauptaufgabe des Burghüters bestand wohl primär darin, das Schlossareal an den Amtstagen auf- und zuzuschließen, Delinquenten und Verbrecher bedarfsweise einzusperren und zu bewachen und insgesamt vor Ort für Recht und Ordnung zu sorgen.

Im Schlossgebäude selbst ging es ausschließlich um Rechtsgeschäfte und um das Steuerwesen. Der bestellte Pfleger regelte die Zivilangelegenheiten und übernahm, falls er in Personalunion Landrichter war, auch die Gerichtsverfahren und den Strafvollzug.

Blick vom Talgrund zu den überwucherten Resten der Schlossmauer und eines Halbturmes, genannt der "Hungerturm". Im Hintergrund links der Kirchturm.

Der Kämmerer oder Kastner führte dagegen die Rentenverwaltung, besorgte das Eintreiben der Agrarabgaben von den Grundholden des Amtes und organisierte den weiteren Warenumschlag. Zu diesem Zweck leitete er den sog. "Kasten" oder "Zehentstadel"- ein Speichergebäude am Schloss, das einst von einer nördlichen Zufahrt im Bereich der Sollerbachquelle befahren werden konnte, ohne dass das eigentliche Schlossareal selbst davon tangiert war (rotes Gebäude, zentral in der obigen Abbildung). Dieser Kasten, den wir weiter unten als einen Bau mit Treppengiebeln kennenlernen werden, ist heute nicht mehr erhalten, existiert aber wenigstens in Form eines Nachfolgebaus des 18. Jahrhunderts an anderer Stelle.

Was das Pflegamt anbelangt, so hatte durch die Heimsuchungen des Dreißigjährigen Krieges die Substanz der Anlage so empfindlich gelitten, dass schließlich Graf Franz Ludwig von Holnstein im 18. Jahrhundert entschloss, das alte Schloss ganz abzureißen und durch einen Neubau im Stil der Zeit ersetzen zu lassen. Deshalb sind heute von der mittelalterlichen Substanz nur noch kümmerliche Reste auszumachen, vornehmlich Mauerstücke am Felsabhang, mit mehreren Stützpfeilern und mit dem efeuüberwucherten Stumpf eines niederen Halbschalenturmes, der von der Ortsbevölkerung in Erinnerung an den einstigen Strafvollzug "Hungerturm" genannt wird.

Im Keller eines an das ehemalige Barockschloss östlich angebauten Traktes der Regens-Wagner-Einrichtung erkennt man außerdem noch einen schrägen, ca. 2 Meter hohen Fundamentsturz, der nicht nur von Barockschloss, sondern vielleicht sogar noch von der mittelalterlichen Schlossanlage stammen könnte.

Doch nun zurück zur weiteren geschichtlichen Entwicklung im 14. Jahrhundert:

BHStA München, Urkunde KL Neuburg 11, Nr. 173. Das Holnsteiner Siegel ist das zweite Siegel von rechts.
Im Bayerischen Hauptstaatsarchiv München wird eine Pergamenturkunde von 1362 aufbewahrt, in der die Brüder Ulrich und Rudolf von Wildenstein zu Mühlbach zugunsten des Klosters Neuburg auf die Vogtei und das Gericht über das Dorf Eutenhofen bei Dietfurt verzichten. Die Urkunde unterzeichnet und siegelt u. a. Albrecht der Erlacher, "Vogt zu Holenstain".

Vor 1366 muss eine weitere Verpfändung des Sitzes Holnstein stattgefunden haben. Am 30. Dezember diesen Jahres versprachen Heinrich Pechtaler und Adam Ittelhofer den Herzögen Stephan II., Stephan III., Friedrich und Johann die Wiedereinlösung der Burg Holnstein um 3500 Heller zu gestatten, die sie zuvor um dieselbe Summe an Hans den Hausner vergeben hatten [56].

Dass die vollständige Wiedereinlösung zustande kam, ist eher unwahrscheinlich, denn in einer Nürnberger Urkunde vom 28. Juli 1387 verpfändete Herzog Stephan dem Hilpolt von Hohenfels für 100 Pfund Amberger Pfennige ein weiteres Mal die ganze herzogliche Feste Holenstein, "die dieser an derselben verbaut hat und noch verbauen soll" [57].

Im Jahr 1376 scheinen die früheren Streitigkeiten um das Patronatsrecht der Kirche in Holnstein nach dem Rücktritt des Pfarrers Heinrich Hofer überwunden gewesen zu sein. Die Herzöge Otto, Stephan, Friedrich und Johann übergaben in diesem Jahr dem Kloster Plankstetten die Kirche St. Georg in Holnstein als bayerisches Lehen, allerdings unter der Auflage, für den Pfarrer nach seinem Tod alljährlich einen Jahrtag mit Vigil und Seelenmesse zu stiften. Diese Urkunde hinderte das Kloster jedoch nicht daran, die in der Erbfolge der Edelfreien von Holnstein stehenden Hilpolte von Stein für den Verzicht auf das Patronatsrecht in Holnstein zu entschädigen, was deren Rechte entgegen der herzoglichen Direktive belegt. Man überließ ihnen im Gegenzug die Pfarrei Hilpoltstein, was natürlich sehr gelegen kam. Diese Absicherung in zwei Richtungen ist ein Indiz dafür, dass man eine vorherige Lehensalienation durch die Wittelsbacher Herzöge wenigstens latent unterstellte [57a].

Im Jahr 1388 nimmt der Bruder Herzog Stephans, Herzog Friedrich, für 400 Gulden Hilpolt von Hohenfels in seine Dienste, mit der Auflage, dass ihm dieser je 6 berittene Spießgesellen in Niedersulzbürg und in Holnstein jährlich stelle [57b].

Im Jahr 1392 wurde das Erbe Herzog Stephans II. aufgeteilt. Bei der großen bayerischen Landesteilung kam es auch zur Teilung der Ämter Holnstein und Velburg: Velburg ging mit Helfenberg an die Linie Bayern-München, "Holenstain di burg" bekam Herzog Stephan der Prächtige aus der Linie Bayern-Ingolstadt (1337-1413).

 

Das Rätsel um Friedrich III. von Leuchtenberg, Bischof von Eichstätt

Bleiben wir noch eine Weile im 14. Jahrhundert. Die Präsenz das Hauses Wittelsbach im Amt Holnstein gibt uns ein Rätsel auf:

Seltsamerweise bezog im Jahr 1328 ein Mann die Burg Holnstein, der keineswegs als Freund der Wittelsbacher gelten kann!

Der im französischen Exil in Avignon residierende Papst Johannes XXII. hatte 1327 Friedrich III. von Leuchtenberg zum neuen Bischof von Eichstätt ernannt. Friedrich stammte aus dem Grafenhaus von Leuchtenberg und hatte eine Mönchslaufbahn eingeschlagen. Nachdem er 1280 in den Franziskanerorden und 1294 in den Zisterzienserorden von Aldersbach eingetreten war, erhielt er im Jahr 1304 das Abbatiat von Langheim bei Lichtenfels und 1305 das Abbaziat der Zisterze Ebrach bei Bamberg, welches er in der Folge 21 Jahre innehatte.

Sinnträchtige Darstellung Friedrichs III. von Leuchtenberg im Pontificale Gundecarianum. Der Bischof wendet sich an die Zisterziensermönche seines Ordens, er wird von zwei Rittern bewacht. Darunter die hier geschilderten Ereignisse im lateinischen Originaltext.
Friedrich von Leuchtenberg war also ein reifer und kirchenpolitisch erfahrener Mann, als die Wahl des Papstes auf ihn fiel.

Als Friedrich jedoch von Avignon aus mit dem päpstlichen Titel nach Eichstätt kam und den vakanten Bischofssitz übernehmen wollte, schlug ihm dort eisige Kälte entgegen. Das Domkapitel, welches sich sein Wahlrecht nach dem Wormser Konkordat nicht nehmen lassen wollte, und mit ihm der gesamte Klerus und die Bürger von Eichstätt ergriffen Partei für die Opposition in Rom und verweigerten Friedrich den Einzug in Eichstätt. Der designierte Bischof sah sich gezwungen, Eichstätt und das Fürstbistum zu verlassen, er zog sich auf die Burg Holnstein bei Berching zurück, wenige Meter hinter die Grenze des Hochstifts. Unterdessen wurde in Eichstätt mit Burggraf Friedrich ein Prokurator eingesetzt. Der Zwist löste sich binnen kurzem von selbst, weil Friedrich III. nach kaum einjähriger Amtszeit am 27. März 1329 auf Burg Holnstein verstarb. Sein Leichnam wurde zunächst nach Ebrach und später in die Familiengrablege des Klosters Waldsassen gebracht. So berichtet uns das Pontificale Gundecarianum [58].

Nun muss man wissen, dass Papst Johannes XXII. mit seiner Ernennung des Grafen von Leuchtenberg in direkter Opposition zum mächtigsten Wittelsbacher seiner Zeit gehandelt hatte, Kaiser Ludwig den Bayer (1294-1347). Dieser weilte damals in Italien, war aber in Personalunion Herzog von Oberbayern und Pfalzgraf bei Rhein, hielt also durchaus seine Hand auf dem Holnstein'schen Besitz. Im Rahmen der virulenten Auseinandersetzung zwischen Papst und Kaiser hatten sich gerade im Jahr 1328 die Fronten massiv verhärtet: Ludwig erklärte am 18. April 1328 den Papst für abgesetzt und ließ sich den Beschluss durch eine Volksversammlung bestätigen. Johannes XXII. schickte daraufhin eine Bannbulle nach Rom, worauf Ludwig zunächst für ihn die Todesstrafe wegen Ketzerei verkündete, dann am 12. Mai 1328 Nikolaus V. zum Gegenpapst erhob und sich am 27. Mai von diesem zum Kaiser krönen ließ.

Der Skandal um den Elekten Friedrich von Leuchtenberg und seine Flucht nach Holnstein gibt uns eine schwierige Denkaufgabe auf:

Wie war es möglich, dass sich der Leuchtenberger gerade auf eine Burg begab, die der Gegenpartei gehörte?

Dass die Burg Holnstein strategisch günstig gelegen war, bleibt unbenommen: Schließlich lag die Grenze des Hochstifts nur zwei Kilometer im Westen der Burg, so dass Friedrich den Residenzort Eichstätt auf dem kürzesten Weg hätte erreichen können, so er nur dazu die Gelegenheit bekommen hätte. 

Mit der Wahl der Burg als Zufluchtsort deutet sich zunächst eine von den Wittelsbachern unabhängige Stellung des Leuchtenbergers an und erinnert in der Art der politischen Unbotmäßigkeit - propäpstlich, orthodox, gegen die Reichsdoktrin - an den mächtigsten Pabonen, Burggraf Heinrich III. von Regensburg, der sich ca. 150 Jahre zuvor ähnlich aufgelehnt hatte. Wie schon mehrfach erwähnt, hatte der Edelsitz von Holnstein zu seinen Unterstützer-Burgen gezählt [59]. Beide Familien - die Leuchtenberger und die Pabonen - waren übrigens mit hoher Wahrscheinlichkeit auch verwandt.

Aber in der Quintessenz des bisher Gesagten ist es trotzdem nicht recht einleuchtend, dass der Favorit des Papstes die Tollkühnheit besessen hätte, sich nach Holnstein in die Fänge des päpstlichen Widersachers auf dem Kaiserthron zu begeben. Zumindest nicht freiwillig. Oder war das Amt Holnstein damals faktisch gar nicht in der Hand des wittelsbachischen Kaiserhauses? Dafür gibt es nicht den geringsten Hinweis!

Wir denken, es hat sich damals so verhalten: 

Der Anwärter auf den Bischofsthron ging gar nicht freiwillig nach Holnstein, sondern er wurde von den Anhängern der Wittelsbacher dorthin verbracht und bis zur Klärung der Papstfrage unter Hausarrest gestellt!

Bei dieser Sicht der Dinge bekommt eine Notiz des Pontificale Gundecarianum - "obit abbas - er starb als Abt"- eine besondere Konnotation. Diese Formulierung klingt nicht gerade nach Anerkennung im Bischofsamt. Nun gibt es auch keine weitere Quelle, welche berichtet, dass Friedrich III. von Leuchtenberg von Holnstein aus aktiv und in der Würde eines Bischofs in die Geschicke des Bistums eingegriff hätte, ehe er starb. Vielleicht wurde er am Ende gezielt beseitigt - sein rascher Tod deutet jedenfalls in diese Richtung. 

Die oben stehende Bilddarstellung des Pontificale Gundecarianum unterstützt die Hypothese der Internierung: Der Bischof wirkt wie im Hausarrest befindlich, von zwei Rittern im Hintergrund bewacht und von einem Mitglied des Domkapitals mit erhobenem Zeigefinger ermahnt.

 

Dorf und Amt Holnstein kommen zur "Oberen Pfalz"

Verwitterter Grenzstein des Amtes Holnstein zwischen Ernersdorf und Altmannsberg. Der Stein trägt auf der Verderseite die Inschrift "OP" für "Obere Pfalz", auf der Rückseite ein "E" für Eichstätt. Es handelt sich um hier den Stein Nummer 67 der Gesamtgrenze.

Fast einhundert Jahre später, in den Jahren 1420 bis 1422, kam es zu einem Krieg zwischen Pfalzgraf Johann von Neunburg und Neumarkt gegen Herzog Ludwig den Gebarteten von Bayern-Ingolstadt. Die pfalzgräflichen Truppen sollen in diesem "Bayerischen Krieg" im Jahr 1421 auch die Feste Holnstein eingenommen haben.

Offensichtlich kam es dabei zur Zerstörung und Schändung der Kirchensubstanz, denn im Jahr 1422 musste laut der Kopie einer Urkunde durch Pfarrer Städtler im Pfarrbuch von 1724 nicht nur die Kirche St. Georg, sondern auch die nebenstehende Friedhofskapelle St. Barbara rekonziliiert, d. h. renoviert und neu geweiht werden.

Dass in diesem Krieg auch Schloss und Kasten empfindlichen Schaden nahmen, ist anzunehmen, Gewissheit darüber gibt es jedoch nicht.

Nachdem der Pfalzgraf in der Auseinandersetzung den endgültigen Sieg davon getragen hatte, übernahm er in einem weiteren Teilungsvertrag am 30. Oktober 1427 auch die Herrschaft und das Amt Holnstein [59a].

Von diesem Zeitpunkt an gehörte Holnstein im Gegensatz zum hochstiftischen Berching dauerhaft zur Oberpfalz.

Im Jahr 1445 wird ein gewisser Anton von Seckendorf als Pfleger der Burg Holnstein genannt, nach ihm trat erneut ein Muracher von Flügelsberg das Amt an: Im Herbst 1448 klagte Friedrich von Murach, Pfleger von Holnstein, vor dem königlichen Gericht des Habsburgerkönig Friedrich III. (1415-1493) in Wien gegen die Stadt Nördlingen, wegen Beschädigung seines Besitzes in Flügelsberg. Darüber hat sich eine ganze Reihe von Urkunden erhalten [60]. Es muss sich deshalb um eine bedeutsame Angelegenheit gehandelt haben. Zeitig im selben Jahr hatte übrigens König Friedrich III. mit Papst Nikolaus V. das sogenannte Wiener Konkordat geschlossen, das das Verhältnis der Habsburger zum Heiligen Stuhl regelte und bis 1806 Gültigkeit behielt [Link].

Zur Zeit der Pfalzgrafen von Neumarkt verknüpfte sich das Schicksal von Schloss und Amt Holnstein auch mit der Festung Wolfstein, deren weitläufige Ruinen noch heute bestaunt werden.

Deckplatte der Tumba des Pfalzgrafen Otto II. von Mosbach in der Hofkirche Neumarkt.
Im Jahr 1460 trug Hans von Wolfstein seine Feste dem böhmischen König Georg als Lehen an, offensichtlich um den Einfluss der Pfalzgrafen von Mosbach-Neumarkt, die inzwischen die Landesherrschaft übernommen hatten, zurückzudrängen, und sich vor allem von hoher Schuldenlast zu befreien. Dies bedeutete jedoch die Aufgabe des freien Eigens und nach dem Tod der Übergang Wolfsteins an die Krone Böhmen. Die Rechte der übrigen Miteigentümer aus dem Kreis der Familie wurden übergangen. Als der alte Wolfsteiner 1462 starb, zog der böhmische König prompt das Lehen Wolfstein ein und verlieh es seinem Vertrauten Appel Viztum von Neuschönberg. Drei Jahre später wurden neben Freystadt und der Haimburg auch Amt und Sitz Holnstein in diesen Wechsel einbezogen. Als "Abgeltung der böhmischen Besatzungsrechte in Eschenbach, Auerbach, Rothenberg und Bärnau" wurde Holnstein bei den Verhandlungen zwischen dem böhmischen König Georg von Podiebrad und dem in Neumarkt residierenden Pfalzgraf Otto II. von Mosbach (1435-1499) zu böhmischen Lehen erklärt [61].

Politisch gesehen schlug das Vorhaben, sich dem Einfluss der Wittelsbacher auf Dauer zu entziehen, allerdings fehl, denn als eine Generation später das Amt Holnstein erneut als Lehen an den Böhmischen König ging, hatte dies schon keinerlei realpolitische Auswirkungen mehr. Am 7. März 1479 unterstrich König Matthias von Böhmen zwar die königliche Oberhoheit, belehnte aber Pfalzgraf und Herzog Otto II. von Mosbach mit den böhmischen Lehen Wolfstein, Freystadt, Haimburg und Holnstein, womit die wittelsbachische Verfügungsgewalt wieder hergestellt war.

Nach dem Tod des Pfalzgrafen im Jahr 1499 kam Holnstein wie Neumarkt an Kurfüst Philipp von der Pfalz und wurde damit Kurpfälzisches Territorium. Der Charakter des böhmischen Lehens blieb allerdings weiter bestehen, er erlosch erst 355 Jahre später im Preßburger Frieden von 1805 [Link], bei der Gründung des Königreiches Bayern [62].

Zu nicht näher bekanntem Zeitpunkt im 15. Jahrhundert verkauften auch die adeligen Gruber von Grubach ihr Gut an die Pfalzgrafen von Neumarkt, welche es dem Amt Holnstein zuschlugen. Im Jahr 1602 nahm denselben Weg das Gut Matzenhof, durch einen gewissen Veit Dürr.

Soweit die Geschichte Holnsteins in vorreformatorischer Zeit.

 

Bauzeugen in Holnstein aus vorreformatorischer Zeit

Priestergrab von Heinrich Schrey, verstorben 1459.
Aus jenem bewegten 15. Jahrhundert haben sich in Holnstein, dessen innere Organisation als Pflegamt durch die besagten Veränderungen nur wenig Schaden genommen haben dürfte, wenigstens zwei steinerne Zeugen von höherem kunstgeschichtlichen Wert erhalten. Es handelt sich dabei zum einen um ein Grabdenkmal, zum anderen um einen ganzen Gebäudekomplex.

In der Kirche St. Georg in Holnstein hat sich das Grabmal eines Pfarrers erhalten. Der Kalkstein an der linken Schiffswand von 1,15 m Höhe und 0,55 m Breite gibt einen Kelch in Linienzeichnung und eine Inschrift in gotischen Minuskeln wieder: "Anno • dni • m • cccc • lviv • am • freitag • nach • sanct • lucie • tag • starb • der • pfarrer • geistlih • herr • hairich • srey." Heinrich Schrey hieß also der Verstorbene, und wir erfahren, dass er am 18. Dezember des Jahres 1459 verschieden war. Leider ist das Epitaph heute durch ein Schränkchen zugestellt.

Eindrucksvoller als diese Grabplatte ist ein komplettes Gebäude aus dem 15. Jahrhundert, welches im Westen des ehemaligen Schlossareals auf steiler Klippe über dem Labergrund die Zeiten überlebt hat. Es handelt sich um das  Kienlein-Anwesen an der Regens-Wagner-Straße. 

Das spätmittelalterliche, von einem Schopfwalmdach gekrönte Gebäude gehörte als sog. "Tafernwirtschaft" ursprünglich zum Holnsteiner Pflegamt und stand somit in landesherrlichem Besitz, ehe im Jahr 1490 ein gewisser Paulus Schütz damit belehnt wurde. Eine dendrochonologische Untersuchung der im Mauerwerk aufgefundenen Holzbretter erbrachte die Baujahre 1491 und 1492. Seit einem Umbau im Jahr 1588 - diese Jahreszahl ist in einem Deckenbalken des ersten Stocks eingraviert - blieb das Gebäude weitgehend unverändert. Damals wurde das Obergeschoss vollständig in Fachwerkbauweise errichtet und der Dachstuhl mit seinen beiden Walmdächern aufgesetzt.

Das ehemalige Kienlein-Haus von 1492 nach der Restaurierung.
Diesem alten Dorfwirtshaus drohte, nachdem es im Jahr 1985 von einer Familie Kienlein erworben worden war, der völlige Verfall. Es war eine große Herausforderung, dieses wertvollste Holnstein'sche Baudenkmal für die nächsten Generationen zu erhalten:

Im Mai 2004 begannen die aufwändigen Sanierungsarbeiten, die sich an historischen Baumaterialien und -techniken orientierten. Die zum Teil aus Lehmmauerwerk bestehenden Umfassungswände wurden mit den gleichen Materialien ausgebessert, eine mit schwarz-braunem Bister (einer Art Rußtinte) gefasste Bretterbalkendecke in der Gaststube und die weiteren Innenräume wurden renoviert und in den alten Ausführungen erhalten. Die heute wiederhergestellte Raumschalenfarbigkeit stammt aus einer Umgestaltung des Hauses in der Barockzeit. Bemerkenswert ist die Fenstersituation im Obergeschoß; die Belichtungsöffnungen sind nur 35 mal 35 Zentimeter große Luken zwischen zwei Balken. Ein Wandausschnitt aus dieser Zeit hat alle späteren Umbauphasen bis in unsere Zeit überlebt und zeigt ein Fachwerkgefüge mit bistergeschwärzter Holzoberfläche und grob verputzten Ausfachungen. Besonderer Wert wurde auf die Erhaltung des noch im Original aus dem Spätmittelalter stammenden Dachstuhles gelegt. Auch der etwas später gebaute Ökonomie-Stadel, der zusammen mit der Gastwirtschaft ein Ensemble von Typ des sog. "Paarhofes" bildet, erfuhr eine Sanierung und Dachneudeckung.

Mit diesem reizvollen Bau überschreiten wir in Holnstein die Schwelle zur Neuzeit.

 

Der Selige Reymotus von Holnstein

Nur sehr wenig wissen wir über die Lebensverhältnisse der Dorfbewohner von Holnstein aus den Jahrhunderten vor dem großen Glaubenskrieg. Das Dorf war sicherlich nicht sehr groß, selbst wenn im Lauf der Zeit zu den beiden Wirtschaftshöfen und den beiden Hufen der Anfangszeit noch weitere Hofstellen und Handwerkerhäuser sowie die sog. Felsenmühle hingekommen waren. Zwar war die Pfarrkirche Zentrum einer Pfarrgemeinde, jedoch kamen die Kirchgänger zum großen Teil von weiter her, aus den Dörfern und Hofstellen des gesamten Pfarrsprengels. Mit den ortsansässigen Bewohnern, die wohl eher mühselig ihrem Broterwerb nachgingen, dürfte der gehobene Beamtenstab, der im Pflegamt residierte und in Ort und Amt das Sagen hatte, wenig gemein gehabt haben. Es ist gut denkbar, dass die vom wittelsbachischen Herzogshaus eingesetzten Pfleger, Kastner und Richter eher streng waren und sich deshalb bei der Dorfgemeinschaft keiner sehr großen Beliebtheit erfreuten.

Aus der Zeit des frühen Amtes Holnstein erfahren wir allerdings von einem rühmlichen Ausnahmefall.

"Beatus Meymotus" - gotischer Epitaph in der Pfarrkirche St. Georg in Holnstein.
Die Legende vom Seligen Reymotus muss schon allein deshalb eine geschichtliche Basis haben, weil wir in der Pfarrkirche von Holnstein noch heute den Epitaph des Reymotus bestaunen können - einen massiven Grabstein aus Kalk, der spätestens im 15. Jahrhundert entstand. Der Stein findet sich zur Linken des Chores und ist heute halb im Chorboden versenkt. Wegen dieser eigenartigen Lage dürfte er schon im Vorgängerbau der Kirche an entsprechender Stelle gestanden haben; er kennzeichnet mit hoher Wahrscheinlichkeit den Originalort der Bestattung des heiligen Mannes, selbst wenn Nachforschungen im vorigen Jahrhundert den Leichnam nicht mehr haben auffinden lassen.

Das Flachrelief zeigt einen langhaarigen Mann mit Kappe, Heiligenschein, wallendem Gewand und zwei Broten in den Händen. Der heute nicht mehr sichtbare Teil soll die Beine des Mannes abgebildet haben, mit zwei Spitzschuhen am Ende, gruppiert auf einem Totenkopf als Zeichen der Vergänglichkeit. Die Details der Kleidung lassen auf ein Leben zu Beginn des 13. Jahrhunderts schließen, somit fällt die Legende des seligen Kastners Reymotus in die ganz frühe Zeit des herzoglichen Kastenamtes. Der Grabstein entstand erst im 14. oder 15. Jahrhundert, er trägt in gotischen Majuskeln die Inschrift "Beatus Reymotus", d. h. "Seliger Reymotus".

Es folgt nun die aus zwei von einander mehr oder weniger unabhängigen Überlieferungssträngen bestehende Legende, so wie sie z. B. bei H. Edinger wiedergegeben ist [63]:

Um das Jahr 1200 soll im Amt Holnstein ein frommer Mann namens Reymotus als gräflicher Kastner tätig gewesen sein. Als einmal nach Missernten eine Hungersnot im Land und im Amt Holnstein ausgebrochen war, verteilte dieser Beamte die im Kastens liegenden Getreidevorräte heimlich an die darbende Bevölkerung und rettete so viele vor dem Hungertod. Diese Samaritertat kam schließlich dem Grafen von Holnstein zu Ohren. Neider bezichtigten Reymotus der Unterschlagung und forderten eine Verhandlung vor dem gräflichen Gericht. Auf Weisung des Grafen habe deshalb eine Durchsuchung des Getreidekastens stattgefunden, wobei sich jedoch überraschenderweise das Gebäude gut gefüllt und frei von unerklärlichen Abgängen fand. So konnte dem Reymotus weder Untreue noch Pflichtverletzung nachgewiesen werden. Bei den einfachen Leuten der Umgebung stand jedoch Reymotus von dieser Zeit an wegen seiner Freigebigkeit und Nächstenliebe in hohem Ansehen.

Nach seinem Tod wurde er in der Kirche von Holnstein ehrenvoll begraben, und es entwickelte sich zum Grab des "Seligen Reymotus" eine vitale Wallfahrt: Über mehrere Jahrhunderte hinweg kamen an bestimmten Festtagen die Wallfahrer nach Holnstein, riefen den frommen Kastner als Helfer in vielen Notlagen an und spendeten das "Reymotus-Korn", das anschließend vermahlen und zu Brot gebacken wurde. Am ersten Sonntag nach Ostern wurde es dann auf der Holnsteiner "Reymotus-Dult" in bester christlicher Tradition als Armenspeisung verteilt.

Sog. Reymotusquelle in Holnstein.
Der zweite Teil der Legende berichtet von einem Stabwunder:

Reymotus sei eines Tages bei einem gemeinsamen Spaziergang mit dem gräflichen Amtsrichter in ein Wortgefecht geraten, weil beide die Notlage der Bauern unterschiedlich einschätzten. Da der Richter dem um das Elend der Landbevölkerung wissenden Kastner jegliche Glaubwürdigkeit absprach, stieß dieser mit seinem Wanderstab heftig in den Boden und rief: „Es ist so wahr, wie hier sogleich eine Quelle entspringen wird!" Kaum hatte er die Worte gesprochen, da sprudelte auch schon ein Quellwasser aus dem Lehmboden hervor. Als der Richter das sah, erschrak er und ging in sich.

Seit dieser Zeit ist die Quelle des Reymotus nicht mehr versiegt. Am nördlichen Ortsausgang entspringt sie und verläuft sich im Talgrund und in den Wassern der Laber. Heute ist sie in Stein gefasst und mit einem Gitter und einem Gedenkstein versehen. Der etwas verwitterte Stein trägt folgendes Zitat: "Zum Zeichen, dass ich die Wahrheit sage, wird an dieser Stelle eine Quelle entspringen."

"Und das Wasser, das einst zum Zeichen der Wahrheit der Erde entsprang, quillt bis zum heutigen Tag ohne Unterlass. Im Volksmund wird es Reymotus-Brunnen genannt und gilt von alters her bei der Bevölkerung als heilkräftig. Die Bauern der Umgebung schöpfen seit vielen Generationen aus diesem Born, und mancher Trunk daraus hat die Leute, 'besonders die, so etwa mit krankheiten und leibsmängel behafftet gewest, wieder gsundt gmacht', wie es die Chronik berichtet..." [64]

In der zweiteiligen Legende sind klar Versatzstücke aus dem 18. und 19. Jahrhundert erkennbar, denn selbstredend gab es erst zu dieser Zeit einen gräflichen Kastner und einen gräflichen Richter. Für die Zeit jedoch, in der die Legende eigentlich spielt, ist ein Graf in Holnstein nicht existent: Weder die Herren von Holnstein des 12. Jahrhunderts noch ihre unmittelbaren Nachfolger, die Herren von Heideck, trugen je den Amtstitel "Graf".

Der zweite Teil der Legende zeigt mit dem Topos des Stabwunders überwiegend hagiographische Züge und strahlt deshalb wenig Historizismus aus. Nicht nur das Stabwunder, sondern auch das Vermehrungswunder der ersten Fassung zeigt Analogien zu vielen anderen Heiligenlegenden des ausgehenden 12. und des 13. Jahrhunderts im altbayerischen Raum. Nachdem wir einige von diesen Legenden untersucht haben und nachweisen konnten, dass sie zum Teil ins jüngere Stammesherzogtum Bayern datieren und einige auch in die Tradition der Pabonen und benachbarter Grafengeschlechter zu stellen sind [Link], möchten wir auch im Fall von Holnstein nicht ausschließen, dass Reymotus aus dieser frühen Zeit stammte, wobei er als Kastner im gerade neu geschaffenen Amt Holnstein vielleicht eine Übergangsfigur von den mit dem Volk verwurzelten Edelleuten des 12. Jahrhunderts hin zu den wittelsbachischen Beamten darstellt.

Nichtsdestotrotz lässt sich ein Kastner namens Reymotus als historische Figur nicht verorten: weder ein erhaltenes Siegel noch sein Namenszug in einer urkundlichen Zeugenliste belegen seine Existenz. Angesichts des generellen Dokumentenmangels der Zeit, aus der Reymotus stammt, darf man Solches aber auch nicht als Beweis der Fiktion deuten.

In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass der Name Reymotus zwar sehr selten ist, aber keine Singularität darstellt, wie mitunter behauptet wurde, sondern durchaus urkundliche und sogar literarische Verwendung gefunden hat, z. B. als "Ulrich Reymot von Mailing, Bürger von Ingolstadt" in einem Willbrief über einen Hof in Feldkirchen als Erblehen, vom 05.03.1411 [65], oder als "Bischoff Reymot" und "Khunig reymot" in zwei mittelalterlichen Epen [66]. Einige Genealogen halten den Namen "Reymotus" gar für die latinisierte Form des fränkischen Namen Reinbold alias Reihwolt oder Rheinwald [67]. In diesem Zusammenhang ist vielleicht erwähnenswert, dass der Familienname Reinbold auch heute im benachbarten Berching und Umgebung vertreten ist.

Ins dokumentarische Licht tritt der "Selige Reymotus von Holnstein" erst im Jahr 1390. Dabei erfahren wir, dass er schon deutlich vor 1390 verstorben sein muss, denn in diesem Jahr findet sich nicht nur sein Name, sondern bereits sein Kult erstmals in einer Vergleichsurkunde. Damals gelang es Konrad Herz, Pfarrer von Berching, und Andreas Egelseer, Richter in Holnstein, gemeinsam einen Streit zwischen dem Holsteiner Pfarrer Chunraid Haynich und den "Heilingpflegern" Heinrich Putzel und Chunrad Schneider zu schlichten. Dieser Vergleich sah unter anderem vor, dass die Heiligenpfleger einem jeden Holnstein'schen Pfarrer vom "S. Reymotskorn" 4 Metzen geben müssen, aber nicht mehr. Der Streit insgesamt war komplexer: Es ging darum, die Holnsteiner Pfarrer aus dem Gelderwerb durch Reliquien, Kirchweihfeiern, Taufen etc. zu drängen und das Geschäft den wohl rechenschaftspflichtigen "Heilingpflegern" zu überlassen, welche aus den Einnahmen den Pfarrer nur anteilmäßig entschädigen mussten. Womit nicht nur belegt ist, dass es bereits im 14. Jahrhundert ein Sankt-Reymotus-Korn gab, sondern dass durch den Kult in Holnstein auch lukrative Einnahmen anderer Art entstanden waren - Beträge, auf die nicht nur der Pfarrer, sondern auch das Pflegamt ein begehrliches Auge geworfen hatte. Ein Visitationsbericht aus dem Jahr 1480 vermeldet: "In der Kirche ist ein Grab, zu dem fast täglich Wallfahrer kommen, besonders in der Osteroktav. Man verehrt da das Grab Reimbots; die Leute opfern Getreide, das gebacken und als Almosen verteilt wird..." Erhaltene Kirchenrechnungen aus den Jahren zwischen 1502 und 1507 belegen ebenfalls den fortdauernden Kult des Wundermannes [68].

Vermutlich ist der Brauch der Wallfahrtsspende mit der Einführung des Calvinismus im Jahr 1542 verloren gegangen, die Verehrung des gottesfürchtigen Mannes selbst dauerte jedoch an. Noch vor dem Dreißigjährigen Krieg, im Jahr 1613, wurde der mittelalterliche Altar mit dem Bildnis Reymots zerstört, am 20. November desselben Jahres sei ein Laie "bei S. Reimold im Gewölb gegenüber der Kanzel" beigesetzt worden. Wenig später, im Jahr 1627, wird allerdings in einem Visitationsbericht erwähnt, dass Reymotus weiterhin als Kirchenpatron neben dem Heiligen Georg verehrt wurde. Im Jahr 1630 unternahm man eine Erhebung über den Kult des Reymotus, mit Bericht des Pflegers von Holnstein an die Regierung in Amberg, und des Vizedomamtsverwalters von Amberg an den Fürstbischof von Eichstätt.

In den Jahren 1706 und 1707 verfasste dann der Tilly'sche Beamte in Holnstein einen weiteren Bericht über Reymotus. Diesen Bericht leitete Kaiser Joseph persönlich an den Eichstätter Fürstbischof Johann Anton I. Knebel von Katzenellenbogen weiter. Im Jahr 1724 wurde in der Pfarrkirche eine größere Renovierungsmaßnahme durchgeführt und auch das Grab des Heiligen untersucht, verwertbare Reliquien jedoch nicht mehr gefunden [69].

 

Von der Reformation und dem Bauernkrieg bis zum Dreißigjährigen Krieg - Holnstein wechselt die Konfession

Wie soeben zu erfahren war, hatte der Kult des Seligen Reymotus in Holnstein durch die Reformationszeit einen gewissen Einbruch erlitten. Die Nachrichten darüber, wie Amt und Dorf Holnstein sonst durch diese bewegten Jahre kamen, sind eher spärlich.

Um 1519 ist ein Hanns Sippl zu Waltersberg Richter in Holnstein. Name und Sitz sprechen für einen Einheimischen.

Im Jahr 1520 erschienen die reformatorischen Hauptschriften Martin Luthers in Deutschland, im März 1522 schlug Luther seine berühmt gewordenen Thesen an die Kirchentür von Wittenberg. Zwei Jahre später, 1524, wurde der reformierte Glaube in ganz Nürnberg eingeführt.

Szene aus dem Bauernkrieg.
Ein Jahr später brach in unserer Gegend der Bauernkrieg aus, ausgelöst durch den Aufruhr des "Obermässinger Bauernhaufens". Schon im Jahr zuvor hatte es Aufstände, die gegen Eichstätt gerichtet waren, gegeben. Im zeitigen Frühjahr 1525 schlossen sich die Bauern aus Staadorf und der Gegend von Riedenburg und Dietfurt dem Aufstand an, am 25. April 1525 erhoben sich gleichzeitig auch die zinspflichtigen Untertanen in den Pflegämtern Holnstein, Hilpoltstein und Heideck [69a]. Man achte darauf, dass es sich trotz der großen räumlichen Distanz gerade um diejenigen Bauern handelte, deren Vorfahren einst unter den Pabonen und ihren Verwandten das Land urbar gemacht hatten.

Wie am Beispiel des "Seligen Reymotus" erkennt man unschwer, dass die landsmannschaftliche Verbundenheit, die von diesem längst ausgestorbenen, adeligen Familienverband aus der Blütezeit des Mittelalters herrührte, auch nach 300 Jahren Fremdherrschaft noch nicht versiegt war - eine Verbundenheit, die die unterdrückten Bauern solidarisierte und ihnen Mut und einen gewissen Freigeist verlieh.

Sie erinnerten sich wohl auch nach 300 Jahren noch an die Zeit des Stammesherzogtums Bayern und seiner relativ freien Grafschaften und wollten sich mit der drückenden herzoglichen Fremdherrschaft nicht ohne Weiteres abfinden.

Zur damaligen Zeit war ein gewisser Christoph Reicharter zu Bechthal Pfleger von Holnstein. Bechthal ist heute ein kleines Örtchen im Südfränkischen, zwischen Nennslingen und Titting, mit einer malerisch gelegenen Burgenruine. Damals war Bechthal ein bedeutender Burgenplatz. Ob es in Holnstein selbst zu Übergriffen seitens der aufgebrachten Bauern kam, wissen wir nicht. Christoph Reicharter jedenfalls blieb in Amt und Würden und verkaufte im gleichen Jahr 1524 einem Hanns Morsch aus Beilngries Güter in Kleinalfalterbach gegen 146 Gulden in rheinischer Landeswährung. Im 16. Jahrhundert übte übrigens das Amt Holnstein auch die Gerichtsbarkeit über die benachbarten Orte Thannbrunn und Herrmannsberg aus.

Die Holnsteiner, Hilpoltsteiner und Heidecker Bauern aber vereinigten sich in jenem denkwürdigen Frühjahr 1525 mit den Gredinger und Obermässinger Scharen. Gemeinsam eroberte der zwar engagierte, ansonsten aber letztlich doch bunt zusammengewürfelte und schlecht organisierte Haufen von ca. 8000 Bauern mit seinen primitiven Waffen die Stadt Greding, das Schloss in Thannhausen bei Freystadt, Titting und einige andere Orte, scheiterte aber bei der Belagerung von Hirschberg und Beilngries und vor allem vor den Toren des gut gerüsteten, weil mit einer wehrhaften Stadtmauern umgebenen Berching. Stattdessen plünderte man das wehrlose Kloster Plankstetten.

Zwischenzeitlich gelang es Pfalzgraf Friedrich II. von Neumarkt, der über nur ca. 200 böhmische Schützen und 200 Forstleute und Jäger aus Neumarkt verfügte, unter Anwendung einer Kriegslist, den Aufstand zu wenden. Er ließ mehrere Mühlen in der Umgebung des Kriegsschauplatzes anzünden, was den Aufständischen nächtens den Eindruck vermittelte, ihre Dörfer, in denen ihre Frauen und Kinder zurückgebleiben waren, seien niedergebrannt worden. Die Bauern waren zu diesem Zeitpunkt schon ziemlich demoralisiert.

Nach der Regnath'schen Chronik von Holnstein soll die Burg in Holnstein gemäß einem Salbucheintrag den Angriff der Bauern glimpflich überstanden haben.

Ein großer Teil verlief sich schließlich, um zuhause nach dem Rechten zu sehen. Der Rest wurde mit Unterstützung der Truppen, die Herzog Wilhelm von Bayern erst nach Eichstätt und dann auch Richtung Neumarkt inzwischen geschickt hatte, dingfest gemacht und zur Verantwortung gezogen.

Die verhafteten Bauern werden unter Schlägen abgeführt.
Der Krieg endete für die entmutigten Bauern mit einem Fiasko, 14 ihrer Rädelsführer wurden öffentlich hingerichtet - davon allein sieben in Berching. Mit ihrem durchaus modern anmutenden, demokratische Elemente enthaltenden Programm waren die Bauern gescheitert, die Steuer- und Zinslast war hinterher drückender als je zuvor.  

Pfalzgraf und Kurfürst Friedrich II., genannt "der Weise", Bauherr des Neumarkter Renaissance-Schlosses.
Pfalzgraf Friedrich II. hatte schon zwölf Jahre vor diesen Ereignissen, im Jahr 1513, die Oberpfalz übertragen bekommen. Nach dem Tod seines Vaters war er ab 1520 alleiniger Regent der Oberpfalz. Er und seine Nachfahren neigten zum Protestantismus und Calvinismus und zwangen in der Folge, ihre Untertanen, den Religionswechsel mitzuvollziehen.

Im Jahr 1534 verlieh der Pfalzgraf das Recht des Wollhandels der Stadt Neustadt, weshalb das Amt Holnstein angewiesen wurde, seine Wolle von nun ab nach Neumarkt zu bringen. Hieraus ergab sich einiger Protest, so dass die Regierung einschreiten musste.

Im Jahr 1540 durch die Kurpfalz die Reformation in der Oberpfalz verpflichtend eingeführt, zwei Jahre später auch im Amt Holnstein.

Im Jahr 1555 wurde das zugrunde liegende Prinzip "cuius regio eius religio" im Augsburger Religionsfrieden quasi amtlich festgeschrieben. Vor dem "jus reformandi" rettete allenfalls das "jus emigrandi", was viele Leute im Amt Holnstein dazu brachte, ins katholische Österreich auszuwandern, um der weiteren Verfolgung zu entgehen.

Zur Zeit des Protestantismus in Holnstein begann man mit der Führung der Pfarrmatrikel; alle Taufen, Eheschließungen und Sterbefälle wurden ab 1562 in Kirchenbücher eingetragen.

Das Holnstein benachbarte, zum Hochstift Eichstätt gehörige Berching blieb als Leuchtturm des Katholizismus allerdings immer bei ihrem alten Glauben. Somit verlief auf der Höhe von Wackersberg damals auch eine konfessionelle Grenze!

Die Verwerfungen, die der durch politische Willkür hervorgerufene Glaubenswechsel mit sich brachte, waren enorm - nicht nur in den Herzen der Menschen, die oftmals entgegen den inneren Überzeugungen weiterleben mussten, sondern auch im Formalen, was manchmal absurde Ausmaße annahm. Besonders augenscheinlich wird dies am Örtchen Pirkach:

Im Jahr 1480 hatte Pirkach mit seiner Kirche noch ganz zur Herrschaft Holnstein gehört, war also 1542 mit dieser zum reformierten Glauben übergetreten. Im Jahr 1549 wird die Gemeinde in Pirkach jedoch politisch geteilt: Sie wurde nun halb holnsteinisch mit Zugehörigkeit zur Pfarrei Grossalfalterbach, halb wispeckisch und damit katholisch mit Zugehörigkeit zur Pfarrei Batzhausen [Link]. Spätestens 1579 wurde die landesherrliche Trennung wieder aufgehoben und Pirkach fiel an das Amt Holnstein zurück. Die Trennung der Pfarrgemeinde Pirkach blieb allerdings zementiert und bestand bis ins 20. Jahrhundert fort - mit der Dorfstraße als Demarkationslinie. Dies hatte u. a. zur Folge, dass bis in unsere Tage die Pirkacher, die zur Pfarrei Grossalfalterbach gehörten, nicht im Friedhof von Pirkach bestattet werden durften, da dieser zur Pfarrei Batzhausen gehörte!

Der Hof auf dem Butzenberg, Ausschnitt einer Karte des Staatsarchivs Amberg um 1800.

Für das Jahr 1567 ist ein Ulrich Sitzinger, 1583 ist ein Hanns Adam von Wildenstein als Pfleger von Holnstein dokumentiert, er wird 1589 auch das Pflegamt Velburg und 1608-1611 das Pflegamt Konstein leiten. 1596 folgte der Nürnberger Balthasar Baumgartner ins Amt nach.

Im Jahr 1600 wurde Christoph von Bischofsheim, also ein Mann aus Unterfranken, zum Pfleger in Holnstein und in Helfenberg bestellt. Dieser kaufte 1604 das Landsassengut Pollanten, für das Jahr 1620 ist er auch als Führer des "Landvolkfähnleins Helfenberg und Holnstein" erwähnt.

Am 10. Oktober 1603 wird erstmalig ein Lehrer in Holnstein erwähnt. Die Regierung in Amberg verfügte, "dass dem Schulmeister zu Holnstein jährlich 4 Klafter Brennholz ohne Waldzins zu reichen sind."

Im Jahr 1605 sucht eine schreckliche Pest-Seuche Holnstein heim, welche zwischen August und Dezember 64 Erwachsene und 18 Kinder dahinraffte. Allein auf der Ritzermühle sollen damals 7 Personen gestorben sein! Damals musste der calvinistische Pfarrer Matthäus Koller viele Leichen ganz allein begraben, da auch Furcht vor Ansteckung niemand mehr dabei helfen wollte.

Im Jahr 1617 wurde dem Kaspar von Plankenstein, einem Vetter Christophs von Bischofsheim, auf dem Butzenberg eine Tochter geboren und von Anna Sophia von Wolfstein in der protestantischen Pfarrkirche von Holnstein zur Taufe gehoben [70]. Der "Butzerhof" überschritt zur damaligen Zeit die Dimensionen eines normalen Bauernhofes nicht wesentlich und umfasste nur vier größere Gebäude. Gut erkennbar auf nebenstehender Karte ist eine zweibogige Steinbrücke über die Laber, für den Weg zur Hofmark Staufersbuch. Kennzeichnend ist die durchnummerierte Dreierordnung der zum Gut gehörigen Felder, Korrelat der seit Jahrhunderten praktizierten Dreifelderwirtschaft.

Ein Jahr später, 1618, nahm der Dreißigjährige Krieg seinen Anfang. Ca. acht Jahre später, um 1625, begann in Bayern die Gegenreformation. Im selben Jahr wurde in Holnstein nach 83 Jahren Protestantismus die katholische Religionsausübung wieder hergestellt.

Freiherr von Löwenthal hat für die Zeit zwischen dem 14. und 17. Jahrhundert, als das Amt Holnstein zwischen den verschiedenen Linien der Wittelsbacher und am Ende auch zwischen den Glaubensfronten hin und hergereicht wurde, eine ganze Reihe von Pflegern, Pflegamtsverwesern, Richtern oder Gerichtsschreibern registriert, die nach seiner Aktenkenntnis im Amt Holnstein tätig gewesen sind.

Einige dieser Beamten wurden bereits genannt. Undatiert geblieben sind in der Löwenthal'schen Liste die Namen von Christoph von Zant, Christoph von Eyb, Junker Johann Karl von Bozheim, Leonhard Zenkel, André Eichenseer, Balthasar von Würsberg zu Lanzendorf, Christoph Förschl, Körgel, Christoph Pogner, Mathias Seger, Xaver Seger auf Staufersbuch und Pollanten, Peter von Raitenstein auf Bodenstein, vormals Schultheißenamtskommissär in Neumarkt, Thaddae Pracher, Prantl, Frölich. Ein gewisser Pfleger Seiler dankte selbst ab und starb auf seinem Gut Perlach bei München. An anderer Stelle erwähnt Löwenthal auch einen Franz Kaspar Seeger aus Pollanten, der ebenfalls Pfleger zu Holnstein gewesen sei (um 1730) [71].

Mit dieser losen Aufzählung wollen wir schließen. Eine Recherche in den Archiven Bayerns - Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Staatsarchiv Nürnberg, Staatsarchiv Amberg, Diözesanarchiv Eichstätt - erbrächte sicher weiteres Material zu diesem Thema.

 

Holnstein im Dreißigjährigen Krieg

Fragmentarisch bleiben die Holnsteiner Informationen auch in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Dass dieser schreckliche Krieg von 1618 bis 1648 an Holnstein nicht spurlos vorüberging, ist indes sicher.

Herzog Maximilian I. von Bayern.
Zwar blieb das Kampfgeschehen noch über eine Dekade nach Kriegsausbruch von dem Ort fern. Als aber 1620 der sich zum Protestantismus bekennende Kurfürst und "Winterkönig" Friedrich V. von der Pfalz (* 1596 in Deinschwang bei Neumarkt) die sogenannte "Schlacht am Weißen Berge" bei Prag gegen die Katholische Liga und das Königreich Böhmen verloren hatte, wurde in der Folge das gesamte Gebiet der Oberpfalz von Herzog Maximilian I. von Bayern quasi vollstreckt und dem Katholizismus zurückgeführt.

Schon im Jahr 1611 war durch Verkauf ein Teil der Herrschaft Breitenegg an den Herzog gefallen. Im Jahr 1628 schenkte schließlich Kaiser Ferdinand II. dem bayerischen Herzog, dem er 1623 auch die Kurwürde übertragen hatte, die ganze Oberpfalz als Entschädigung für die Kriegsunkosten. Zur "Oberen Pfalz", welche ab sofort Teil des katholischen Kurbayern wurde, gehörten nun auch die Ämter Holnstein mit seinen nördlichen Anteilen und das Amt Neumarkt.

Im Jahr 1625 mussten die Einwohner von Holnstein den Glauben wechseln, St. Georg war ab diesem Zeitpunkt wieder eine katholische Pfarrkirche. Am 2. Mai 1624 verlieh Kurfürst Maximilian I. seinem Generalleutnant, Rat und Kämmerer Johann Tserclaes von Tilly die Herrschaft, das Schloss und das Gericht "Praitenegg" sowie den Markt Breitenbrunn. Am 25. April 1631 verzichtete er in der Herrschaft Breitenegg und in den Hofmarken Dürn und Altenburg auf alle landesherrlichen Rechte.

Am 30. September 1631 gab der Kurfürst "mannlehenweis" seinem Generalfeldmarschall auch das Amt Holnstein, dazu die Herrschaften in den Ämtern Breitenegg, Freystadt, Hohenfels und Helfenberg.

Johann Tserclaes Graf von Tilly im Kürass, Stich von Pieter de Jode dem Älteren nach einer Vorlage Anthonis van Dyck von ca. 1630. Holnstein wird hier fälschlicherweise mit Holers. = Holerstein abgekürzt.

Holnstein war ab sofort Teil einer Grafschaft und Sitz eines Oberamtes. Ein weiteres Tilly'sches Oberamt bestand in Freystadt.

Die Tillys stammten aus Brabant im heutigen Belgien. Der Feldherr der Katholischen Liga, Johann Tserclaes von Tilly, der beim Kurfürsten so hohes Ansehen erlangt hatte, starb bereits ein halbes Jahr nach dem Besitzübergang, am 30. April 1632, in Ingolstadt an Wundstarrkrampf, infolge einer Beinverletzung in der vorangegangenen Schlacht bei Rain am Lech. In den Genuss seiner neuen Herrschaft kam der Feldherr also persönlich nicht mehr, nur einmal soll er seinen Antrittsbesuch gemacht haben.

Nach Tillys Tod erbte dessen Vetter Werner Tserclaes von Tilly den ganzen Besitz. Er residierte als erster Vertreter des Hauses Tilly vor Ort auf Breitenegg, bis 1651. 

Am 12. Februar 1635 versetzte Kaiser Ferdinand II. die gesamte Herrschaft in den Status der Reichsunmittelbarkeit. Die gefürstete Grafschaft Breitenegg-Holnstein-Freystadt-Helfenberg trat zum Ende des Dreißigjährigen Krieges dem sog. Bayerischen Reichskreis bei.

Soweit zur Herrschaft der Tillys auf Breitenegg.

Die eigentlichen Kriegsmühen begannen in Bayern erst, als 1631 der schwedische König Gustav Adolf mit seinen Truppen ins Kriegsgeschehen eingriff und in Richtung Süddeutschland marschierte. Die drei Folgejahre nach 1631 brachten dann ungeheures Leid und Elend über unseren Landstrich.

Werfen wir zunächst einen Blick auf das benachbarte Hochstift Eichstätt und den Sulzgau:

Im Juli 1632 stürmten die sogenannten Kronbergschen Reiter das Kloster Plankstetten, die schwedischen Landsknechthorden plünderten in dieser Zeit das ganze Untere Hochstift Eichstätt. Während der Belagerung von Eichstätt im Mai 1633 zog ein Trupp Schweden nach Berching, Beilngries, Dietfurt und Plankstetten und marodierte in diesen Orten erneut. Oberst Klaus Dietrich Sperreuther schlug in Berching sein Standquartier auf, im Januar 1634 war die Stadt mit Truppen überfüllt. Wenig später fiel ein Gutteil der leidenden Bevölkerung Berchings der Pest anheim. Auch das zu Holnstein gehörige Dorf Pollanten verlor durch den "Schwarzen Tod" bis auf zwei Bewohner die gesamte Bevölkerung, wie das Pollantener Kirchenbuch erzählt. Ungeachtet dessen wurden den Überlebenden drückende Kriegssteuern auferlegt, unter Androhung der völligen Vernichtung im Fall der Zuwiderhandlung.

Schließlich war auch das zum Überleben notwendige Saatgetreide fast überall aufgebraucht, so dass in den Folgejahren der Druck der Schweden zwar abnahm, aber schwere Hungernöte ausbrachen. Noch 1640 lagen in Berching schwedische Truppen, nunmehr unter der Leitung eines Oberst Kolb. Die Stadt war zu diesem Zeitpunkt bereits weitgehend entvölkert. Der Rest der männlichen Einwohner floh im Januar 1641, als der gefürchtete schwedische General Tupadell mit dem ehemaligen Weimar'schen Regiment in Berching und Greding einzog. Lediglich einige Frauen mit ihren Kindern waren zurückgeblieben, die beim Einzug der Truppen um Schonung baten. Überraschenderweise soll es zu keinen größeren Übergriffen gekommen sein.

Auch wenn Gustav Adolf 1632 fiel, wogte das Kriegsglück in den Folgejahren in Süddeutschland weiter hin und her, und speziell Kurbayern hatte den Schweden nichts Entscheidendes entgegenzusetzen. So kam es, dass selbst im letzten Kriegsjahr 1648, als bereits kaiserliche und kurbayerische Generäle wieder mit ihren Resttruppen in der Region weilten, die Schwedengefahr nicht ganz gebannt war. Der schwedische General Graf von Wrangel hatte in Neumarkt Quartier bezogen und sandte Streifen in die umliegenden Täler und Städte wie Berching aus. Wenig später, am 17. Mai 1648, besiegte er bei Zusmarshausen die bayerischen Heere.

Glücklicherweise fand der Krieg am 24. Oktober 1648 mit dem lang ersehnten Friedensschluss sein Ende.

Wie war der Krieg im benachbarten Holnstein, welches der Herrschaft Breitenegg unterstand, verlaufen?

Nach dem Regensburger Kurfürstentag 1623 wurden in der gesamten Oberpfalz die Calvinisten und Reformierten aus ihren früheren Ämtern entfernt, in den Ämtern "Helfenberg und Holnstein, Wetterfeld, Haimburg, Bernau und Kemnath wurden binnen eines Monats neue Beamte eingesetzt, die ihre Pflicht zu leisten sowie eine Bürgschaft zu hinterlegen hatten..." [72] Doch sieben Jahre später, im Jahr 1630, muss in Holnstein schon wieder eine intakte Steuerverwaltung bestanden haben, denn in diesem Jahr wurde die Greismühle (heute Kreismühle) als zum Steueramt gehörig in einer Urkunde erwähnt.

Aus dem Dreißigjährigen Krieg hat sich eine besonders anschauliche Darstellung der Festung und des Dorfes Holnstein erhalten. Sie findet sich auf einer handgezeichneten Zehentsteuer-Karte des Amtes Holnstein, welche um 1631 erstellt wurde und sich heute im Staatsarchiv Amberg befindet.

Man erkennt einen Torturm in der Mitte und einen mindestens dreistöckigen Schlossbau zur Rechten, mit zwei Firststangen - genauso, wie es bereits die Apian'schen Landtafel von 1560/1568 wiedergegeben hat (siehe oben). Das große, ebenfalls dreigeschossige Gebäude zur Linken mit Treppengiebel dürfte dem herzoglichen Kasten entsprechen. Er ähnelt damit den erhaltenen Zehentscheuern in Berching, Töging, Breitenbrunn. Zur Linken des Torturms ist das Kirchengebäude in seitengerechter Position von Turm mit Spitzhelm und Schiff zu erkennen. Rechts neben dem Torturm ergisst sich aus der Ringmauer des Schlosses der Holnsteiner Quellbach und treibt eine Mühle im Tal an. Einige kleinere Gebäude im Schlossreal werden Wirtschafts- und Bedienstetenhäusern entsprochen haben. Der ummauerte Obstgarten oder Schlosspark erstreckte sich im Westen bis zu den Bauernhäusern im Tal und hatte damit Hanglage. Von der Mauer des Parkes haben sich heute keine Überreste mehr erhalten. Im Großen und Ganzen entspricht die Zeichnung der Apian'schen Disposition und dem obigen Modell des Schlossareals, lediglich Schloss und Kasten sind unnatürlich distanziert gezeichnet.

Spätestens 1631 wurde die Kriegsgefahr für Dorf und Schloss Holnstein zur realen Bedrohung.

Was dies für die ansässigen Bauern und Handwerker bedeutete, wird klar, wenn man sich an den gängigen Spruch von damals erinnert: "Es ist der Krieg, der den Krieg ernährt."

Weil die quälend lange Auseinandersetzung auf der einen Seite riesige Mittel verschlang, auf der anderen Seite von den teilnehmenden Ländern massiv unterfinanziert war, mussten die Heere in den von ihnen durchstreiften Gebieten Abgaben und Kontributionen in Form von Geld und Naturalleistungen selbst eintreiben. Mit anderen Worten: Das Land, in dem gerade gekämpft oder das besetzt wurde, musste selbst für die Kosten eines Krieges aufkommen, den es keinesfalls wollte. Dabei achteten die Feldherren peinlich darauf, möglichst die Gebiete der Gegenpartei zu belasten. Je länger der Krieg dauerte, desto mehr wuchs sich diese Praxis zu einer willkürlichen Plünderungsaktion mit allen Begleiterscheinungen bis hin zu Raub und Mord aus. So wird selbst einem Wallenstein die zynische Äußerung zugeschrieben, "dass sich ein großes Heer leichter finanzieren lasse als ein kleines, da es auf die Zivilbevölkerung stärker Druck ausüben könne."

Marodierende Soldaten im Dreißigjährigen Krieg - Gemälde von Sebastian Vrancx, 1647.
Als die schwedischen Truppen im Sulzgau einfielen, werden sie in ihren Raubzügen nicht auf die Hochstiftsgrenzen geachtet haben, zumal die Nachbargrafschaft Holnstein inzwischen mit Feldherrn Tilly einem erklärten Todfeind unterstand.

Es ist deshalb anzunehmen, dass die Schweden zwischen 1632 und 1634 auch im benachbarten Holnstein wüteten und plünderten.

Ein zeitgenössische Nachricht darüber liegt jedoch nicht vor; das in einem Kriegsbericht enthaltene Holnstein entspricht nicht dem unseren: "Nach der Einnahme von Neumarkt [1633] plünderten die Schweden auf ihren Streifzügen Haunritz, Neidstein, Kirchenreinbach, Holnstein und Königstein..." Es handelt sich hier um Holnstein bei Sulzbach, allerdings wird es Holnstein an der Laber kaum anders ergangen sein.

Allerdings berichtet die Holnsteiner Regnath-Chronik davon, dass auch Holnstein im Labertal angegriffen wurde. Die Bevölkerung konnte sich flüchten (wahrscheinlich auf den Höglberg), allerdings soll ein 24-jähriger Mann erschossen und ein 67-jähriger aufgespießt worden sein, außerdem gingen viele Häuser, der Pfarrhof und die Kirche in Flammen auf.

Andererseits gab es in unserer Gegend auch viele Adelige, welche weiterhin mit Kurfürst Friedrich V. sympathisierten und deshalb den Schweden zu Beginn des Krieges aktiv zuarbeiteten. J. N. von Löwenthal meint, dass sich im Amt Holnstein nur der Georg Kastner von Ittelhofen von den Alliierten Friedrichs losgesagt hätte, sonst niemand. Ob dies stimmt, muss dahin gestellt bleiben. Im weiteren Kriegsverlauf wird sich die Nibelungentreue nicht ausgezahlt haben, denn "sie mussten ihre Anhänglichkeit an ihren ehemaligen Regenten freilich theuer büßen..." [73].

Es war allenthalben eine schwere Zeit.

Im Jahr 1632 meldete Pfarrer Mockh von Waldkirchen und Wissing, "in welch unchristlicher, furchtbarer, heidnischer und bestialischer Weise die Soldaten sonderlich den 9. und 10. Julio in dieser Orten herumgehaust; will anders geschweigen, wie viele armer Hirten, alter Männer, Frauen und Jungfrauen werden tot hin- und hergefunden, täglich noch in den Wäldern und im Getreid..."

Für den Winter 1637 ist überliefert, dass zusätzlich eine Wolfsplage die Dörfer des ehemaligen Amtes Holnstein heimsuchte. In Ittelhofen habe ein kleiner Junge zum Schrecken sein Eltern sogar ein Wolfsjunges mit nach Hause gebracht [74].

Aber immerhin war in den Jahren nach dem ersten Schwedeneinfall für den Tilly'schen Pfleger von Holnstein und kurfürstlichen Rat, Victor Gilg, noch ein geordneter, beurkundeter Besitzerwerb möglich: Im Jahr 1637 erfolgte der Ankauf des Gutes Wildenstein und des "Landsassengutes mit bloßer Edelmannsfreiheit" Staufersbuch. Eventuell standen die Güter gerade wegen der Vertreibung oder Ermordung der Vorbesitzer zum Verkauf an.

Interessanterweise besaß Holnstein in dieser Zeit, genau um 1644, auch einige Grundstücke in der Flur des benachbarten Schweigersdorf, welches an sich grundherrlich seit Jahrhunderten zum katholischen Bistum Eichstätt und zum Kloster Plankstetten gehört hatte [75].

Näheres über das Kriegsgeschehen erfahren wir für die Jahre 1641 und 1647:

"Pfleger Seiz von Holnstein zog am 18. Dezember [1641] mit 100 Untertanen aus Freystadt über Waltersberg, Alfalterbach, Daßwang, Hohenfels, Schmidmühlen, Rieden, Hohenburg, Lutzmannstein nach Helfenberg. Da die Streife durch Neuburger Gebiet ging, zeigte Seiz dies dem Pfleger, Oberst Vitus, in Velburg an. Dieser protestierte dagegen, forderte die Pfleger von Laaber, Beratzhausen und Hemau auf, die Streife zu verhindern und ließ 2 Hohenfelser, den Förster Mangelberger und den Ungelter Ebenhöch, verhaften..." [76].

Wir wissen nicht den Grund für den Umzug des Pflegers von Holnstein, aber vermutlich handelte es sich um eine Art von Flucht. Die Textstelle macht deutlich, wie sich die Fronten auch innerhalb der Einheimischen verhärtet hatten....

Im letzten Kriegsjahr 1647 wäre es im besetzten und teilweise erneut zum Protestantismus übergetretenen Neumarkt beinahe zum Verrat an Holnstein gekommen. Das Amt sollte mit anderen Ämtern zum Nutzen der Stadt den Schweden ausgeliefert werden!

"Wrangel zog am 11. April [aus Neumarkt] ab und ließ den Oberstleutnant Andrä Gaudi mit 8 Komp. z. F. nebst 50-60 Reitern unter Rittmeister Bellmann mit dem Beinamen ‚Stelzfuß’, der geborener Oberpfälzer war und nur einen Fuß hatte, zurück... Fritsch schlug am 19. Mai vor, den Schweden die Stadt und das Schultheißenamt Neumarkt, die Ämter Heimburg, Pfaffenhofen, Holnstein, Helfenberg, Freystadt, Rieden, die Klöster Seligenporten, Gnadenberg, Ensdorf, sowie das Stift Kastl zu überlassen und außerdem monatlich 400 Taler zu bezahlen..."

Dass diese Aktion, die wohl nicht zur Ausführung kam, keinen weiteren Menschenschaden nach sich gezogen hätte, entnehmen wir einer traurigen Nachricht, die Gewissheit gibt, dass der Ort Holnstein wie Kastl und Velburg durch den Krieg schwersten Schaden genommen hatte:

Stich aus dem Dreißigjährigen Krieg.

"Major Freyhammer [in kurbayerischen Diensten] hatte im Februar in verschiedenen Orten den Vorrat an Getreide und sonstigen Lebensmitteln festzustellen und fand dabei Ensdorf, Hohenfels, Pfaffenhofen, Haimburg und Holnstein ganz leer von Einwohnern, sowie von Getreide und Futter. In Roden fand er 2 alte Frauen und einen Buben vor, dann ein kleines Fuder Heu, in Kastl 10 Säcke Getreide. Den Vorrat im Kloster konnte er nicht feststellen, da die Jesuiten den Zutritt verweigerten. In Lengenfeld bei Velburg gab es wohl einige Einwohner, aber weder Getreide noch Futter..."

Mit diesen eindeutigen Worten wollen wir den Exkurs über den Dreißigjährigen Krieg beenden. Wenn in Holnstein einige Einwohner überlebt haben sollten, so hielten sie sich auf dem benachbarten Waldrücken des Högelbergs, den sie in den Vorjahren mit Wällen zum Schutz vor Kanonenbeschuss befestigt hatten, versteckt. Dies änderte jedoch nichts an der traurigen Tatsache:

Das Dorf Holnstein war bei Kriegsende auf dem Tiefpunkt seiner Geschichte angelangt - komplett entvölkert, die Anwesen und ein Teil des Schlosses zerstört, die Kirche eingeäschert.

Glücklicherweise nahm der Krieg mit dem Westfälischen Frieden 1648 ein Ende. Die Rückkehr der Flüchtlinge nach Holnstein und der sich anschließende Wiederaufbau nahmen noch Jahrzehnte in Anspruch.

 

Holnstein als Oberamt der Tilly'schen Herrschaft Breitenegg

Was Feldmarschall Johann Tserclaes von Tilly anbelangt, so hatte er keine Gelegenheit gehabt, sich selbst um seine Grafschaft Breitenegg zu kümmern. Da er kinderlos starb, ging die Grafschaft zunächst auf seinen Neffen Werner Tserclaes von Tilly (1599-1651), den Sohn seines Bruders Jakob, über. Dieser war zu Kriegszeiten der Festungskommandant von Ingolstadt gewesen und hatte den Tod seines Onkels hautnah miterlebt. Noch während des Krieges quittierte er den Dienst in der Bayerischen Armee und siedelte auf die Burg Breitenegg über. Unter ihm wurde die Grafschaft zur freien Reichsherrschaft erhoben. Drei Jahre nach Kriegsende starb Graf Werner, nachdem er sich zuvor viel auf seinem neu errichteten Schloss Tillysburg in Österreich aufgehalten hatte.

Esrt ein Vierteljahrhundert später, im Jahr 1676, wurden Werner Tserclaes von Tilly und seine Gattin an der Seite des Generalissimus Johann Tserclaes in der Tilly-Gruft der Stiftskirche Altötting beigesetzt. Feldmarschall Tilly hatte als glühender Marienverehrer schon zu Lebzeiten Altötting als sein künftiges Mausoleum ausgesucht. Bis 2009 wurde dort tagtäglich zu seinen Ehren eine Messe gelesen. Die Abschaffung des Benefizium zog jüngst einen kleinen kirchenpolitischen Skandal nach sich [Link].

Für Werners Sohn, Graf Ernst Emmerich von Tilly (1651-1675), war die Feste Breitenegg, welches schon zuvor unter den Kriegsfolgen baulich gelitten hatte, wegen ihrer Talferne und Unwohnlichkeit kein rechter Aufentshaltsort mehr. Er siedelte deshalb mit seiner Familie ins Oberamt Holnstein um und bezog das Holnsteiner Schloss als neue Residenz. Mit dem verarmten Breitenbrunn und den umliegenden Dörfern kam es während seiner Regentschaft immer wieder zu Reibereien. Dagegen hat sich aus dem Jahr 1670 eine Urkunde aus Eselshaut erhalten, mit der sich der Graf konkret um Holnstein kümmerte, indem er das Hüterecht für das Schloss regelte. Wie seit jeher dominierte damals die Schafszucht auf den Jurahängen die Landwirtschaft. Wenig nach dem Umzug dürfte unter der Ägide Graf Ernsts Emmerich das schon oben erwähnte Pflegschloss mit einem Landrichter neu besetzt worden sein. Zu ihm gehörte ein Barockgarten. Sein Umbau im 19. Jahrhundert, anlässlich der Einrichtung eines Patrimonialgerichtes, wurde, nachdem im Jahr 1848 alle Gerichtsbarkeit in Holnstein aufgehört hatte, mit einem Bäcker besetzt und deshalb "der Bäck" genannt. Soviel im Vorgriff. Graf Ernst Emmerich scheint auch das Schloss, in dem er und seine Familie residierten, wieder in Stand gesetzt zu haben. Konkrete Baunachrichten über die beiden Repräsentativgebäude in Holnstein liegen uns jedoch nicht vor.

Auch das Kloster Plankstetten blieb nicht untätig: Im Jahr 1667 ging Maurermeister Hans Döllger aus Neumarkt an die Reparatur der Kirche St. Georg: Er erneuerte das abgebrannte Dach, mauerte das heute noch zu sehende Turmachteck auf, renovierte den Chorgiebel und das Chorgewölbe, die Fenster, die Kanzel. Die 600 Gulden Kosten waren durch die Kirchenstiftung und ein Darlehen der Kirchen in Simbach, Wattenberg, Hienerberg und Schnufenhofen gedeckt (350 Gulden).

Ein sog. Geistlicher-Rats-Erlass des Jahres 1668 macht die Förderung Holnsteins als Pfarrort deutlich: Der mit einer Pfründe versehene Pfarrer von Holnstein durfte als Kongrua (Lebensunterhalt) immerhin zwei Drittel des Großzehent und den ganzen Kleinzehent des Klosters Plankstetten beanspruchen, wohingegen das Kloster alle Bauarbeiten zu erledigen hatte.

Im Jahr 1686 errichtete der Konvent von Plankstetten einen neuen Pfarrhof in Holnstein, im Jahr 1724 wurde die Pfarrkirche einer durchgehenden Reparatur unterzogen. Bei dieser Gelegenheit hoffte man, die Reliquien des "Seligen Reymotus" zu heben, wurde aber nicht fündig. Im Jahr 1740 entstanden schließlich beim Pfarrhaus ein neuer Backofen, ein Wasch- und ein Hühnerhaus.

Die besondere Verbundenheit dieser Grafen-Generation mit Holnstein manifestiert sich darin, dass sie sich nicht in der Kirche von Breitenbrunn, sondern vielmehr in der renovierten Kirche von Holnstein begraben und mit Kenotaphen ehren ließ. Einige dieser kunstvoll verzierten Grabplatten, insbesondere diejenige Graf Ernsts Emmerichs, seiner Gattin aus 2. Ehe, Maria von Haslang, sowie seiner drei Töchter, sind dort erhalten geblieben. Sie zieren die Wände der Chorapsis, sind aber heute leider zum Teil durch den Hochaltar verdeckt.

Folgende Inschriften wurden in den Kunstdenkmälern von Bayern, Bezirksamt Beilngries, dokumentiert [77]:

Epitaphien in der Pfarrkirche St. Georg in Holnstein.

Ab 1675 herrschte Maria Anna Theresia von Tilly und Breitenegg als Vormund und Regentin, 1687 trat Ferdinand Lorenz Franz Xaver von Tilly die Herrschaft an, nachdem der eigentliche Erbe, sein Bruder Anton Ferdinand Johann, 1685 auf einer Reise nach Venedig verstorben war. Es handelte sich bei dem Grafen um einen zwar ledig und kinderlos gebliebenen, aber äußerst klugen und gebildeten Mann, der den Doktortitel der philosophischen Fakultät der Universität Ingolstadt trug. [Link] Dieser Mann war es, der die künstlerischen Fortschritte des Barock in seine Grafschaft trug und u. a. Hans Georg Asam sowie seine beiden Söhne - das später so berühmte Geschwisterpaar Cosmas Damian und Egid Quirin Asam - als Kirchenmaler beschäftigte. Er war es, der eine ganze Reihe von Kirchen erbauen und verschönern ließ und ein neues Schloss in der Grafschaft errichtete: Das inzwischen abgegangene Schlosses Helfenberg (1696-1707) mit seinen 365 Fenstern, die herrliche Wallfahrtskirche Mariahilf in Freystadt (1700-1710), die Pfarrkirche St. Ulrich in Hohenfels (1716-1721) und die Pfarrkirche unserer Lieben Frau in Breitenbrunn (1716/1717) - sie alle gehen auf sein Konto.

Wie sein Vater residierte Graf Ferdinand Lorenz zunächst in Schloss Holnstein, in dem er 1666 auch geboren worden war. Erst in seinen letzten Lebensjahren wird er sich überwiegend in seinen österreichischen Besitzungen aufhalten. Kein Wunder also, wenn diesem Mann zur Zeit des Spanischen Erbfolgekrieges die Verteidigung seiner Geburtsstätte, in der nach einem Visitationsbericht des Jahres 1706 39 Familien wohnten, besonders am Herzen lag. Diese Vorliebe schlägt sich in dem ausgiebigen barocken Schanzwerk um Holnstein herum nieder, welches er im Jahr 1702 gegen eine drohende Invasion der kaiserlichen Armee errichten ließ und weiter unten noch ausführlich vorgestellt wird.

Ferdinand Lorenz starb am 9. Januar 1724 im ledigen Stand und im Alter von 58 Jahren in seinem Stadthaus in Linz an der Donau - als letzter männlicher Angehöriger der Grafenfamillie von Tilly und Breitenegg. Mit seinem Tod hatten sich die "Mannlehen" für Freystadt an der Schwarzach, den Marktflecken Hohenfels und Schloss und Markt Holnstein erledigt und fielen auf Kaiser Karl VII., damals in Personalunion Kurfürst von Bayern, zurück.

In den Jahren zwischen 1724 und 1744 versah die Schwester des letzten Grafen, Maria Anna Katharina Theresia von Tilly-Montfort die Herrschaft Breitenegg und ließ noch einige Kirchenbauten neu schaffen und die Wallfahrtskapelle auf dem Habsberg (1731-1747) ausbauen. Gründer der Wallfahrt war Johannes Panzer, Tilly'scher Gerichtspfleger auf Schloss Helfenberg bei Lengenfeld, gewesen. Die Tilly'schen Eigengüter (zwei getrennte Teile mit Schloss und Markt Breitenbrunn und Schloss Helfenberg) gingen 1732 an die verwandten Freiherren von Gumppenberg als Erben. Es war die letzte Gräfin von Tilly, welche ihre Liebe zu Breitenegg wiederentdeckte - zu einem Zeitpunkt, als ihr Vatersitz Holnstein bereits verloren war.

Nach der Einweihung der Breitenegger Wallfahrtskirche St. Sebastian ging sie an den Ausbau der Marktkirche, welche sie durch einen Turm italienischer Bauart (errichtet durch den Graubündener Giovanni Rigalia) und ein herrliches Altarblatt verschönern ließ. Im Jahr 1733 wurde das Pflegamt von der verfallenen Burg Breitenegg in den Markt verlegt, im Jahr 1740 begann der Bau des Stadtschlosses Breitenbrunn, im Frühmessgarten neben dem Gräflichen Kasten. Lange konnte die Gräfin ihre neue Stadtresidenz nicht mehr genießen; sie verstarb schon 4 Jahre nach Baubeginn, am 21. Juli 1744, in Breitenbrunn. Ihre letzte Ruhestätte fand sie in der Karmeliterkirche in Straubing, der Familiengarblege der Herren von Gumppenberg.

Mit dem Tod der Reichsgräfin war das Geschlecht derer von Tilly und Breitenegg auch in der weiblichen Linie erloschen; die Reichgrafschaft versah vorübergehend Ignaz, Freiherrn von Gumppenberg. Im Jahr 1777 übernahm die Kurpfälzer Linie der Wittelsbacher das Land Kurbayern, im Jahr 1792 auch die Herrschaft Breitenegg.

Soweit zur Geschichte des Hauses Tilly zu Breitenegg.

Das frühere Amt Holnstein stand schon seit 1724 wieder unter direkter kurfürstlicher Verfügung und Verwaltung.

 

Holnstein als Frontort - die kurbayerische Landesdefensionslinie

Nach dem Dreißigjährigen Krieg benötigte Bayern eine starke Hand zum Regieren. Kurfürst Ferdinand Maria, der Bayern von 1651 bis 1679 regierte, bemühte sich nach Kräften. Seine Hofhaltung als barock-absolutistischer Herrscher war aufwändig, in Bezug auf die Prachtentfaltung konnte sich der bayerische Hof mit allen großen europäischen Höfen messen. Der geschlossene Frieden war allerdings brüchig, denn die Wittelsbacher machten sich daran, alsbald einem Weltreich vorzustehen: Kurprinz Joseph Ferdinand von Bayern war aus dynastischen Gründen der prädestinierte Thronfolger des spanischen Königs Karl II. Ein Jahr vor dem Tod des Spaniers verstarb jedoch der sechsjährige bayerische Kronprätendent. Die Umstände seines Todes sind bis heute ungeklärt und nährten schon damals Gerüchte einer Ermordung aus politischen Gründen.

Kurfürst Maximilian II. Emanuel von Bayern, Gemälde im Residenzmuseum München.
Wie dem auch sei - der Nachfolger Ferdinands Maria, der bayerische Kurfürst Maximilian II. Emanuel von Bayern, hing eher der Verschwörungstheorie an und kehrte, obwohl Kaiser Leopold I. sein Schwiegervater aus erster Ehe war, der großen Allianz der Niederlande, Österreichs und Großbritanniens den Rücken zu. Ab 1702 rüstete er mit französischer Unterstützung zum Eintritt in einen Krieg, der später in die Geschichtsbücher als der Spanische Erbfolgekrieg (1701-1714) eingehen sollte [Link].

Dies geschah genau zur Zeit, als Ferdinand Lorenz Franz Xaver von Tilly Herr der gefürsteten Grafschaft Breitenbrunn-Holnstein war.

Kurfürst Maximilian Emanuel, der Held von Wien, der 1683 tatkräftig für die Befreiung Europas von den Türken gesorgt hatte, entfaltete zunächst zahlreiche diplomatische Aktivitäten, um den Aufstieg seiner Dynastie zu erreichen. Als er damit gescheitert war,  verbündete er sich 1702 mit den Franzosen unter dem "Sonnenkönig" Ludwig XIV. gegen den deutschen Kaiser Leopold I. von Österreich - in der Hoffnung, ein bayerisches Königreich auf deutschem Boden errichten zu können. Was in den Jahren 1702 bis 1704 folgte, kann man getrost als "bayerisch-deutschen Krieg" bezeichnen.

Um es vorweg zu nehmen: Der Krieg endete für Kurbayern mit einem Fiasko.

Die vereinigten bayerischen und französischen Heere erlitten gegenüber dem kaiserlichen Heer unter Prinz Eugen von Savoyen und den englischen-niederländischen Truppen des Herzogs von Marlborough im Sommer 1703 eine vernichtende Niederlage. Max Emanuel floh nach der Niederlage nach Brüssel ins Exil, aus dem er erst 1714 wieder zurückkehrte. Das Kurfürstentum Bayern fiel zunächst an die Österreicher. 

Dieser europäische Krieg, der sich für Bayern zum innerdeutschen Krieg entwickelte, markiert ein Zeitalter der militärischen Revolution, bezogen auf die Kriegstechnik vergangener Jahrhunderte. Was im Dreißigjährigen Krieg schon in Ansätzen begonnen hatte, wurde nun zum Prinzip: Es war die Zeit der stehenden Heere und der großen Feldschlachten.

Dabei entstand der westlichen Grenze der vereinigten Grafschaft Breitenegg-Holnstein ab 1702 ein Kuriosum der Militärgeschichte:

Als 1702 der Kriegsbeginn in Bayern immer näher rückte, standen sich erstmalig in der bayerischen Geschichte große bewegliche Truppenkontingente gegenüber, und das Artilleriewesen hatte inzwischen umwälzende technische Neuerungen erfahren. Neben dem Bastionenbau an den städtischen Brennpunkten entwickelte man nun erstmalig in der Geschichte des Militärs auch systematisch die Methode der provisorischen Feldbefestigung, unter Verwendung von Erde als leicht verfügbarem Massenbaustoff.

Feldingenieure schulten die Landfahnen, z. T. auch die Kampftruppen, in der Anlage von Erdschanzen und sonstigen provisorischen Befestigungswerken. Kurz vor Kriegsbeginn gelangte man im bayerischen Generalstab zur Erkenntnis, dass eine Offensive im Westen Deutschlands kriegsentscheidend sei und man deshalb unbedingt die Verbindung mit der französischen Expeditionsarmee herstellen müsse. Da durch einen Vorstoß nach Westen große Teile der bayerischen Armee aus Kurbayern abgezogen werden mussten, das Land selbst aber über keinen starken Befestigungsgürtel verfügte, begann man unter großer Skepsis der Bevölkerung ab Herbst 1702 ein entsprechendes Grenzbefestigungsprogramm umzusetzen:

Unter der Hilfe von zwangsverpflichteten Schanzarbeitern aus den jeweiligen Regionen entstand die sogenannte Kurbayerische Landesdefensionslinie, ein lineares System von Erdschanzen an der Westgrenze des Kurfürstentums [78].

Dabei musste allein nördlich der Donau eine Strecke von über 400 km überbrückt werden! Es bedurfte also einer gewaltigen Anstrengung der Soldaten und Schanzarbeiter, dieses Bauwerk in der Kürze der Zeit zu bewerkstelligen. Unterbrochen waren die kilometerlangen Wall-Graben-Anlagen von Stützpunkten in einem Abstand von etwa doppelter Musketenschussweite (ca. 300 m), welche als sogenannte "Redans" und "Fleschen" (Keilschanzen) oder "Redouten", d. h. über Eck stehende Viereckschanzen ausgeführt wurden. Die untenstehende Abbildung zeigt eine derartige Anordnung.

Die Entwicklung der linearen Schanzwerke begann schon im Dreißigjährigen Krieg. Kupferstichplan Merians von 1680 über den Krieg bei Weißenfels in Sachsen-Anhalt von 1641. Gut erkennbar sind die sich abwechselnden Keil- und Viereckschanzen sowie ein geflügelter Spiron in der Mitte. Dahinter der Aufmarsch der Verteidiger.
 

Als man im September 1702 mit den Arbeiten am Grenzwall begann, war besondere Eile geboten, denn man befand sich bereits im Kriegszustand...

Heute sind weit über 90% dieses größten und bedeutendsten Schanzwerkes der jüngeren Militärgeschichte Deutschlands bereits wieder verfüllt, verpflügt und vom Erdboden verschwunden. Aber auch die wenigen verbliebenen Bodendenkmäler der kurbayerischen Landesdefension sind durch die moderne Wald- und Feldbewirtschaftung in der weiteren Existenz stark gefährdet [79].

Wer sich nun über die Details der Landesdefensionslinie im gesamten Verlauf zwischen Dietfurt an der Altmühl und Rappersdorf im Sulztal näher informieren will und dabei gleichzeitig etwas über den Verlauf der Schlacht erfahren möchte, welche am 4. März 1703 in der Nähe von Holnstein tobte, sei auf folgende Webseite verwiesen:

[Die Schlacht bei Mallerstätten am 4. März 1703]

In dieser Arbeit wird auch herausgearbeitet, warum sich das Defensionswerk des Grafen Ferdinand Lorenz von Tilly und Breitegg gründlich von der Bauart und Taktik im sonstigen Kurbayern unterschied. Im Folgenden sollen aus dieser Zusammenstellung nur die den Ort Holnstein unmittelbar betreffenden Einzelheiten entnommen und dabei erklärt werden, warum beim Holnsteiner Konzept der Landesdefension der Graf mit den militärischen Konventionen seiner Zeit gebrochen und aus der Not eine Tugend gemacht hatte.

Beschränken wir uns also zunächst auf den Bau der Landesdefensionslinie!

Ein strategisch besonders wichtiger Abschnitt befand sich an der Ostgrenze des Hochstifts Eichstätt, vis á vis von Holnstein, da hier eine weite Hochebene bestand und keine Flussläufe einen feindlichen Heeresdurchmarsch verhinderten.

Die Grenze der Herrschaft Breitenegg-Holnstein - nicht der eigentlichen Grafschaft! - verlief überwiegend auf dieser Jurahöhe, welche aus den genannten Gründen für ein Schlachtfeld besonders geeignet war. Dabei umfasste sie mehr als 80% der gesamten Frontlinie, da auch die Hofmarken Pollanten und Altenburg (Oberbürg) zum Tilly'schen Hoheitsgebiet zählten.

Nur ca. 1,5 Kilometer westlich von Holnstein zog diese Grenze von Süd nach Nord vorüber, ungefähr dort, wo heute das Dorf Wackersberg und das Gasthaus Wegscheid liegen.

Dass bei der Anlage der Schanzen die Untertanen der Tilly'schen Herrschaft Breitenegg-Holnstein zu hartem Scharwerk verpflichtet wurden, verstand sich von selbst. Der bayerische Kurfürst hatte sich trotz der Reichsunmittelbarkeit der Grafschaft die "landesherrliche Superiorität" bewahrt!

Wie schwer es die bayerische Bevölkerung in jenem Winter 1702/1703 hatte, berichtet ein Zeitgenosse:

"von Wochen zu Wochen/ (sind) die Hauß habige Unterthanen zur Schantz= und anderer Arbeit/ bei Verhauung der Paesse und Ziehung der Linien/ ohne einigen Lohn/ angehalten worden/ und das beduerfftige Brod gleichwol selbsten mit sich bißhero haben nehmen/ oder das sie nicht haben/ endlich erbetteln muessen..."

Wenn man sich heute auf die Spur der damaligen Schanzarbeiter begibt, wird man nicht weit von der eichstättischen Grenze entfernt fündig, ja man trifft sogar auf ein besonders anschauliches Exemplarium einer Viereckschanze, so wie sie damals im Herbst-Winter 1702/1703 von den kurbayerischen Feldingenieuren mit Hilfe der Zwölf-Knoten-Schnur ausgemessen und von den Holnsteiner Schanzarbeitern errichtet wurde. Das Bodendenkmal liegt nur einige Meter östlich des Gasthauses "Zur Wegscheid" und ist in seinen Dimensionen gut erfassbar, selbst wenn inzwischen durch den jüngsten Straßenbau ein Eck weggerissen wurde.

Reste einer Viereckschanze der kurbayerischen Landesdefensionslinie bei der Wegscheid nahe Holnstein.

Diese Schanze bewachte damals den Hauptverbindungsweg nach Berching, welches sich auf feindlicher Seite befand, da der Fürstbischof von Eichstätt mit der kaiserlichen Partei koalierte.

Die Überwachung von Einfallspforten, wie hier an der Holnsteiner Wegscheid, hatte in den damaligen Defensionsstrategie höchste Priorität.

Je länger es eine in eine solche Redoute hineinbeorderte Garnison schaffte, auf sich allein gestellt dem Feind Stand zu halten, desto eher gelang es ihren Kameraden und der Bevölkerung in ihrem Rücken, die Hangstraße zu verbarrikadieren, nachgeschaltete Ortschaften zu evakuieren und sich alles in allem auf den Kampf vorzubereiten. Dies konnte letztlich schicksalsentscheidend sein! Dabei hatte die Garnison in der Redoute kaum eine Chance, sich selbst zurückzuziehen und dem Feind zu entkommen.

Deshalb legte man bei der Auswahl der Vorposten und ihrer Offiziere auf besondere Charaktereigenschaften Wert:

Der Sturm einer kurbayerischen Redoute. Im Vordergrund auf der eroberten Wallkrone ein geflochtener Schanzkorb zur Erhöhung der Brustwehr. Das Gemälde veranschaulicht die Grausamkeit einen Krieges, dessen Entscheidung im Kampf Mann gegen Mann gesucht wurde.

"Es kommen... selten solche Fälle vor, da man einem Posten ohne Unterstützung und Hülfe der ganzen Wuth des Feindes aussetzet, doch findet es bey gefährlichen Rückzügen und verstellten Märschen statt. In dergleichen Fällen hat der commandirende Officier gemeiniglich Ordre, sich bis auf den letzten Mann zu wehren. Man muss dahero, wenn einen ein solch gefährlich Commando trift, die Ehre und das Beste seines Herrn oder Landes dem Leben vorziehen, und nur durch Unerschrockenheit und Tapferkeit suchen, es dem Feinde theuer zu verkaufen... Man muss (ggf.) unter dem Scheine, als wenn man sich ergeben wolle, den Feind aufzuhalten und Zeit zu gewinnen suchen. Es kommt bey solch gefährlichen Fällen hauptsächlich darauf an, die Gegenwart des Geistes nicht zu verlieren, weil ein freies und gesetztes Gemüth auch da, wo alles verlohren zu seyn scheint, öfters Hülfsmittel in sich selber findet. Hat man mit edelmüthigen Feinden, welche die Tapferkeit zu verehren wissen, zu thun, so kann man noch zuweilen, wenn man beynahe schon in ihrer Gewalt ist, oder sich im letzten Posten... zurückgezogen hat, noch eine anständige Uebergabe (Capitulation) erlangen; ist dieses aber nicht, so muß man mit dem Degen in der Faust sterben... Wenn man aber auch noch so sehr von der Gefahr seines Postens, und daß man ohne alle Hülfe sey, überzeugt ist, so muß man doch niemals seiner Mannschaft das Geringste davon merken lassen, sondern durch freudigen Zuspruch, Versicherung des Zutrauens, so man zu ihrer Tapferkeit habe, und Versprechung baldiger Hülfe, sie zu einer hartnäckigen Gegenwehr zu bringen versuchen: Weil hierzu, nemlich einem gewissen Tode entgegen zu gehen, mehr Ehrbegierde und erhabne Denkungsart gehört, als bey gemeinen Soldaten zu vermuthen. Der Officier selbst muß zwar stets in seiner Fassung bleiben, wenn es aber zum letzten Sturm kommt, so muss er Wuth und Verzweifelung in die Gemüther seiner Soldaten zu bringen suchen. Ein solcher Streit ist alsdenn schrecklich, und zwingt den Feind, diesen blutigen und theuer erkauften Sieg zu bereuen..."

                              Von der Aussetzung der Posten, Wachen und Detachements, in: Tielke, Feldingeneurs..., S. 90ff.

Kurzum: Wer bei einem feindlichen Anmarsch in einem Vorposten wie an der Holnsteiner Wegscheid stationiert war, war Mitglied eines Himmelfahrtskommandos!

Dies nur zu Information all derjenigen, welche diesen Artikel lesen und bis jetzt achtlos an der Schanze vorbeigefahren sind.

 
Machen wir uns auf die Suche nach weiteren Schanzen!

Wer glaubt, nordwestlich der Schanze an der Wegscheid im Gelände den weiteren Verlauf der kurbayerischen Landesdefensionlinie ausmachen zu können, wird enttäuscht. Davon findet sich nicht die geringste Spur.

Sollte hier wirklich die jüngste Flurbereinigung einen historischen Flurschaden angerichtet haben? Zwar kann man mit Hilfe von Satellitenaufnahmen über Bewuchsmerkmale potentielle Trassen definieren, gewinnt aber mit dieser Methode in keiner Weise einen Beweis. Erst am sog. Steinrain und in der Gemarkung "Hinter dem Botzer" lassen sich wieder eindeutig Bestandteile der Defensionslinie nachweisen.

Dieser Umstand nährt den Verdacht, dass die Herrschaft von Breitenegg und Holnstein hier vielleicht gar keine Defensionslinie errichten ließ, zumal vielerorts der blanke Jurafels unter der dünnen Erdkrume lag, welcher nur unter höchsten Anstrengungen und mit erheblicher Zeitverzögerung zu einem tiefen Graben hätte ausgehoben werden können.

Der Verlauf der Kurbayerischen Landesdefensionslinie zwischen Berching und Holnstein. Die rote Linie markiert die historische Grenze zwischen dem Hochstift Eichstätt und der Herrschaft Breitenegg-Holnstein (inklusive der Hofmark Pollanten), die gestrichelten blauen Linien hypothetische Verläufe des linearen Schanzwerkes im Westen von Holnstein, aus der Analyse von Satellitenaufnahmen. Die blauen Fähnchen markieren dagegen nachgewiesene Reste der Defensionslinie, von der Schanze bei der Wegscheid bis Rappersdorf.

 

Er bedarf also etwas weiter gehender Überlegungen, um die Strategie zu erfassen, mit welcher Reichsgraf Ferdinand Lorenz Franz Xaver von Tilly und seine Berater versuchten, die durch den anstehenden Krieg drohenden Gefahren vom Sitz Holnstein und den Nachbarort Rudersdorf abzuwenden. Dabei müssen besonders einige Spezifika der Defensionslinienplanung berücksichtigt werden, welche sich vor allem aus der Erforschung des Schlachtfeldes von Mallerstetten (siehe Link oben) ergeben haben:

  1. Es war enorm wichtig, strategische bedeutsame Anhöhen in das Konzept der Landesdefension einzubeziehen,

  2. Nur über vorbestehende, nicht allzu steile Altwege konnte ein feindliches Heer inklusive der Geschützwägen und der Fuhrwerke des Trosses die Juratäler passieren. Diese Wege bedurften also besonderer Armierung.

  3. Wenn das Gelände es erforderte, war man auch bereit, eine Kontinuitätsunterbrechung der Defensionslinie in Kauf zunehmen, bzw. weitere, aus der Linienführung fallende Schanzwerke dem Grenzwall zuzuordnen.
Zwischen der Erbmühle und Rudersdorf, jeweils 3,5 und 0,6 km südöstlich von Holnstein, verlief die Grenze des Hochstiftes Eichstätt direkt an der Weißen Laber. Speziell über das Seitental von Oening (Pfaffental), aber auch durch den Wald von Raitenbuch - beides eichstättische Ortschaften - wäre es dem Feind problemlos möglich gewesen, das Labertal zu erreichen und in der gesamten Länge das rechte Ufer zu besetzen.

Sollte es ihm zusätzlich möglich gewesen sein, den mittleren Defensionslinienabschnitt auf der Jurahöhe nördlich und südlich von Wackersberg zu überrennen - also gerade dort, wo wir gar kein Bollwerk eindeutig identifizieren konnten, und auch das effektive Verteidigen der langen Frontlinie durch die sicher nicht mannstarke Ortsmiliz von Holnstein kaum möglich gewesen wäre -, dann hätten dem Feind sage und schreibe drei zusätzliche, relativ flache Seitentäler und ihre zahlreichen Wegetrassen, welche sternförmig von Westen her ins Labertal verliefen, für einen Massenaufmarsch Richtung Holnstein und hinein in die kurbayerische Oberpfalz zur Verfügung gestanden!

Der nachfolgende Kartenausschnitt verdeutlicht die Situation:

Die Schanzwerke der kurbayerischen Landesdefensionslinie um Holnstein und den Högelberg herum.
Nicht auszumalen, was in einem solchen Fall hätte passieren können:

Der westliche Bergsporn über Holnstein (roter Punkt oben) wäre von Feind bequem mit Geschützen besetzt und ganz Holnstein inklusive Schloss und Kasten in Schutt und Asche gelegt worden. Die von Westen einfallenden Seitentäler konnten nur über kurze Zeit effektiv verteidigt werden, der Vormarsch nur vorübergehend aufgehalten worden. Dem Oberamt Holnstein in der Grafschaft Breitenegg wäre so binnen Kurzem der Garaus gemacht worden.

Durch diese äußerst ungünstige topographische Situation resultierte aber auch für Kurbayern als Solchem eine enorme Gefahr: Mit einer Einnahme von Rudersdorf und Holnstein wäre die gesamte Defensionslinie in einem breiten Abschnitt komplett aufgerissen und dem Feind ein relativ bequemes Aufmarschieren hinein in die Oberpfalz eröffnet worden. Eine etwaige Schlacht um Rudersdorf und Holnstein musste deshalb auch aus kurbayerischer Sicht unbedingt gewonnen werden!

Damit hatte die Verteidigung von Holnstein höchste strategische Priorität, wäre aber allein von Westen her kaum zu bewerkstelligen gewesen.

Die erhoffte Lösung des Problems lag auf der östlichen Anhöhe gegenüber von Holnstein, wie obige Karte zeigt.

Man entschied sich, die hufeisenförmige Terrasse des sogenannten Högelberges für eine längere Belagerung und für die Installation von Geschützbatterien herzurichten, so dass man bedarfsweise die vier gegenüber liegenden Einfallstäler (Pfaffental, Angertal, Tal zur Wegscheid, Sippental), aber auch etwaige Feindesstellungen in den Orten selbst unter Beschuss nehmen konnte.

Komplett erhaltenes Wall-Graben-System auf dem Högelberg mit ehemaligem Durchlass.
Dazu war es allerdings notwendig, sich den Rücken freizuhalten. Dies geschah durch Errichtung einer Schanzlinie mit Wall und Graben im Osten der Anhöhe, welche sich im Halbrund auf eine Länge von ca. 500 Metern um das Bergplateau des Högelberges herum erstreckte (großer Pfeil Bildmitte oben, auch Bilder nebenan und unten).

Diese Schanze hat sich bis heute bestens erhalten und ist an ihrem Scheitelpunkt mit einer Fünfeck-Redoute armiert, so dass sie eindeutig der Landesdefension von 1702/1703 zuzuordnen ist. Direkt neben der heutigen Forststrasse erkennt man auch den einstigen Durchlass durch diese Barriere, die aller Wahrscheinlichkeit nach durch einen zusätzlichen Waldverhau und/oder eine Palisadenwand gesichert war.

Innerhalb des eingefriedeten Waldareals wäre es problemlos möglich gewesen, größere Truppenkontingente von Staufersbuch her einrücken zu lassen, die hier ihr Lager aufschlugen und/oder an der Bergkante in Gefechtsbereitschaft Stellung bezogen.

Hangkante des Högelberges oberhalb der Steinbrüche, bestens geeignet für Geschützstellungen in Richtung Rudersdorf und Holnstein.
Am Abhang in Richtung Holnstein und Rudersdorf konnten bedarfsweise auch mehrere Geschützbatterien installiert werden, welche das gesamte Tal im weiten Rund mit ihren Geschossen überziehen und den Feind am Vorrücken hindern konnten.

An der Südflanke war diese Geschützstellung von einem steilen Abhang auf natürliche Weise gesichert, so dass eine Verschanzung nicht notwendig wurde, nach Westen verhinderten die Steilwände der Steinbrüche von Holnstein den feindlichen Aufstieg noch mehr. Nur im Norden wäre dem Feind von der Nachbarhöhe aus ein Erklimmen des Berges möglich gewesen, so dass man diesen Bereich durch mehrere vorgeschaltete Schanzwerke und Gräben, weiter oben sogar mit einen ausgedehnten Vorgrabenfeld zusätzlich absicherte (kleine Pfeile und rote Linien in Bildmitte).

Inzwischen konnten wir auf dem Högelberg noch eine ganze Reihe von weiteren Schanzanlagen ausmachen, welche z. T. schon aus früherer Zeit, z. B. aus dem Dreißigjährigen Krieg, stammten und dazu geeignet waren, den Berg an seiner verwundbaren Nordflanke abzusichern. Mehr hierzu in unserer bereits oben vorgestellten Arbeit über die Defensionslinie und die Schlacht bei Mallerstetten. [Link]

Auf vorgeschobene Stellungen im Westen verzichtete man wegen der zentralen Rolle des Högelberges nicht, ganz im Gegenteil. Sie waren jedoch nicht in einer Linie platziert, sondern lagen an strategisch wichtigen Orten.

Auch diese Bodendenkmale werden in der oben genannten Webseite über die Schlacht bei Mallerstetten ausführlich beschrieben. [Link]

Es ist gut verständlich, das sich im Herbst-Winter 1702/1703 die Herrschaft von Breitenegg vorrangig um die Sicherung ihres zurückgesetzten, für ihren Besitz in Holnstein und das Überleben seiner Bewohner aber essentiellen Frontabschnittes bemühte und auf eine vollständige Fertigstellung drang, anstatt sich auf der felsharten Hochebene mit einer kilometerlangen Schanzlinie abzumühen, die man kaum verteidigen konnte. Das Vorhaben gelang auch. Immerhin wäre bei einer feindlichen Einnahme des Högel- und des Bäckerberges der gesamte Besitz der Tillys und ihrer Untertanen inklusive gräflichem Schloss und gräflichem Kasten auf dem Spiel gestanden. Das Schanzen selbst wird den Bewohnern insofern leicht gefallen sein, als es um eine Verteidigung auf Biegen und Brechen, um Leben und Tod ging.

Die Schanzlinien des Högelbergs sind mit der konkreten Bezeichnung "auf der Schanze" ausnahmsweise auch auf dem Urpositionsblatt verzeichnet.
Unter den genannten Gesichtspunkten gewinnt die Ansicht an Wahrscheinlichkeit, dass man damals auf eine kontinuierliche Defensionslinie im Westen von Wackersberg ganz verzichtet hatte.

Der konkrete Nachweis der Linie in diesem Abschnitt ist uns, um es nochmals zu wiederholen, nicht geglückt. Oder man einigte sich darauf, diese Linie erst später zu errichten.

Es ist plausibel, dass nur die relativ eng gezogenen Stellungen um Holnstein herum von den sicher nicht gerade zahlreich vorhandenen Tilly'schen Landfahnen in diesem dünn besiedelten Gebiet auch sinnvoll verteidigt werden konnten. Die Schanze bei Wackersberg ist demnach nur ein erster Vorposten nach Westen gewesen. Wackersberg selbst wäre nach diesem Konzept ganz aufgegeben worden, Holnstein und Rudersdorf bedarfsweise zum Teil, ohne jedoch damit endgültig verloren zu haben. Die gesamte Bevölkerung hätte sich mit eben ihrem Hab und Gut auf den viel besser verteidigungsfähigen Högelberg zurückziehen müssen.

Aus dieser Strategie resultiert eine weitere Erkenntnis:

Es handelt sich weder bei der Schanze auf dem Bäckerberg um einen mittelalterlichen Burgstall, noch beim Schanzwerk des Högelberges um die Reste einer vorzeitlichen Höhensiedlung, wie häufig behauptet.

Vor allem Letzteres wollen wir gänzlich ausschließen: Gegen die prähistorische Anlage spricht nicht nur die Art des Wall-Graben-Systems und seine Linienführung, sondern auch die dort nachweisbare Fünfeck-Redoute und die Vorgräben. Auch wäre es höchst ungewöhnlich gewesen, innerhalb einer größeren prähistorischen Ansiedlung Hügelgräber anzutreffen, wie es auf dem Högelberg der Fall ist; denn diese wurden in der Regel außerhalb der Siedlungen angelegt.

Das doppelte Wall-Graben-System auf dem Bäckerberg bei Holnstein stammt aus der Zeit der kurbayerischen Landesdefension 1702/1703 und hat mit einem mittelalterlichen Burgstall nicht das Geringste zu tun.
Dass Stellungen auf wichtigen Höhenzügen und Hangkanten im Jahr 1703 schlachtentscheidend sein konnten, zeigt nicht nur der tragische Fall von Mallerstetten, wo es misslang, eine wichtige Anhöhe zu halten, sondern vor allen auch die Schlacht bei Ermhof Ende März 1703, welche von bayrischer Seite sicher nicht gewonnen worden wäre, wenn man nicht auf der östlichen Hangkante der Vils hätte rechtzeitig Geschützbatterien etablieren können, die dann dem bereits eroberten Ort Ermhof und seiner fränkische Besatzung schwer zusetzten. Die Analogie der Situation zu Holnstein drängt sich geradezu auf!

H. G. Asam: Ferdinand Lorenz Franz Xaver, Reichsgraf von Tilly und Breitenegg, Baron von Morbay, Montigny, Neufville und Ballast, Herr zu Helfenberg, Holnstein, Hohenfels, Freystadt, Tillysburg, Weissenberg, Plein und Reichersdorff, churbayerischer Hofrat und Kämmerer.
Wenn man die Erkenntnisse um die Landesdefension bei Holnstein im Krieg von 1702 bis 1704 zusammenfasst und auch die Ergebnisse der Exploration am nördlichen Linienabschnitt bis Rappersdorf und am südlichen Linienabschnitt zwischen Mallerstetten und Staadorf mit einbezieht [Link], so kommt man zum Schluß, dass sich Ferdinand Lorenz Franz Xaver, der hochgebildete Reichsgraf von Tilly und Breitenegg (Doktor der Philosophie!), und seine Berater nicht dem üblichen "Strickmuster" der kilometerlangen Linienverteidigung anschlossen, sondern für Holnstein und dem gesamten Frontabschnitt zwischen Sulz und Laber eine gestaffelte Tiefenverteidigung vorsahen, mit relativ kurz gezogenen Bollwerken um die zu verteidigenden Orte herum. Dadurch entlastete man die eher spärlichen Landmilizen verteidigungstechnisch so gut als möglich.

Speziell in Holnstein bot der zusätzliche, konsequente Einsatz von Geschützen in Höhenstellung vielleicht die Chance, auch einer zahlenmäßigen Übermacht vom Högelberg aus Stand zu halten. In diesem Konzept stellte die östliche Anhöhe dieses Berges den strategisch wichtigsten Punkt dar: Es ging von Anfang an um eine starke Hinten-Verteidigung, und nicht um eine alleinige Vorne-Verteidigung.

Ohne sichere Kenntnis darüber, ob sich diese Taktik für die Jurahochebene zwischen Sulz und Laber an anderen Stellen der kurbayerischen Defensionslinie gleich wiederholt hat, möchten wir das umsichtige Vorgehen in der Konsequenz seiner Ausführung als Tilly'sches Defensions-Spezifikum bezeichnen, das sich wohltuend von der eher kurfürstlich forcierten Doktrin abhob, man könne ein ganzes Land an einer einzigen, simplen Außenlinie verteidigen. Speziell die barocken Schanzwerke von Holnstein stellen unsere Erachtens einen der größten und kriegstaktisch interessantesten Ensemble der kurbayerischen Landesdefensionslinie nördlich der Donau dar!

Ob Kurfürst Maximilian Emanuel bei einer Inspektionsreise nach Neumarkt (12. und 13. Dezember 1702), bei der er sich persönlich einen Eindruck von der Verteidigungsfähigkeit seines Landes verschaffte, in Holnstein vorbeikam, wissen wir nicht. Vermutlich lagen an diesen "Tilly'scher Seits gezogenen Linien" [80] bereits Abteilungen der jüngst rekrutierten Landmilizen, die die Grenze nach Berching hin bewachten sollten.

Einen Tag vor Ausbruch der Schlacht bei Mallerstetten erschien dann Generalwachtmeister Alexander von Maffei mit seinem 2100 Mann starken Regiment an den Holnsteiner Schanzen, allerdings nur, um schon kurz darauf über das Labertal in Richtung Dietfurt weiterzuziehen.

Wie weit damals der sich bereits abzeichnende Konflikt das Binnenverhältnis zwischen der Berchinger und Holnsteiner Zivilbevölkerung getrübt hatte, entzieht sich unserer Kenntnis, aber es dürften an die Stelle guter nachbarschaftlicher Beziehungen Misstrauen und Unsicherheit getreten sein, machte man sich doch auf eine größere militärische Auseinandersetzung gefasst. Sicher kam nach Holnstein auch die Kunde, dass der kaiserliche Feldmarschall Herrmann Otto Graf von Limburg-Styrum in Greding ein größeres Truppenkontingent zusammengezogen hatte, dort ein Pulvermagazin errichten ließ und sich alles in allem mit seinen Soldaten auf eine größere Feldschlacht vorbereitete. Wenig später rückten auch die fränkischen Kreistruppen in Berching und Beilngries ein.

Man hatte berechtigterweise Angst.

Es gibt aber keinen Anhalt dafür, dass die befürchtete Schlacht um Holnstein je stattgefunden hätte. Das Konzept war also aufgegangen. Die feindliche Invasion erfolgte zwar wenig später, aber einige Kilometer weiter südlich, an einer leichter zu erobernden Stellung, bei Dietfurt an der Altmühl. Auch hierzu mehr auf der oben vorgestellten Internetseite. [Link]

An dieser Stelle wollen wir nur das für die kurbayerischen Truppen desaströse Ergebnis des Gefechts bei Mallerstetten zusammenfassen:

Invasion der feindlichen Linien - Spanischer Erbfolgekrieg.
Das Verhängnis begann schon damit, dass der Angriff der kaiserlichen Armee im Verein mit den fränkischen Kreistruppen - 9000 Mann Infanterie und Kavallerie - zu einem Zeitpunkt erfolgte, zu dem die Mallerstettener Defensionslinie noch gar nicht besetzt worden war, nämlich am 3. März 1703. Damit verfehlte diese Linie völlig ihren Zweck.

Als die zahlenmäßig unterlegene kurbayerische Armee unter den Generälen von Wolframsdorf und von Maffei am folgenden Tag versuchte, diesen Fehler zu korrigieren und wenigstens eine Bastion auf einem Sporn des sog. Höhen- oder Hängenberges zu halten, war es bereits zu spät. Zwar wehrten die Kurbayern fünf Angriffswellen der gegnerischen Kavallerie heldenhaft ab, doch dann gelang es einer Reiterabteilung unter Leitung des kaiserlichen Feldmarschall von Limburg-Styrum, diese kurbayerischen Stellung, die gerade mal von ca. 1000 Infanteristen und 300 Dragonern gehalten wurde, zu umgehen und anschließend den Gegner bei zahlenmäßig erdrückender Überlegenheit in einem Zangenangriff völlig aufzureiben. 500 bayerische Soldaten fanden den Tod, fast ebensoviele wurden gefangen genommen.

Am Abend des 4. März war der ebenso heroische wie vergebliche Verteidigungskampf der kurbayerischen Truppen bei Mallerstetten zu Ende. Damit war klar, was bereits zuvor befürchtet worden war:

Die aufwändig errichtete kurbayerische Landesdefensionslinie hatte sich schon bei der ersten Feindberührung als gänzlich nutzlos erwiesen! Niemals konnte die Linienbefestigung einen ganzen Landes so mit Truppen besetzt werden, dass punktuelle Durchbrüche ausgeschlossen waren!

Nach und nach wurde das Kurfürstentum Bayern trotz Truppenunterstützung aus Frankreich in den Jahren 1703 und 1704 von Österreich und seinen Alliierten erobert, und der bayerische Kurfürst musste am Ende nach Brüssel ins Exil fliehen und sein Fürstentum schutzlos zurücklassen. Als ein Volksaufstand im Winter 1705/06 von den Österreichern brutal niedergeschlagen wurde - zentrales Ereignis dieses Aufstands war die sog. "Sendlinger Mordweihnacht" -, konnten sich die Bayern bis zum Ende des Krieges 1714 nicht mehr von der österreichischen Hegemonie befreien. Erst danach räumten die Österreicher auf Druck Frankreichs und Englands das bayerische Kurfürstentum.

Diese Auseinandersetzung zwischen Österreich und Bayern blieb jedoch nicht die einzige im 18. Jahrhundert. Zwei weitere sollten noch folgen, der "Österreichische Erbfolgekrieg" (1740-1748) und der "Bayerische Erbfolgekrieg" (1778/79). Glücklicherweise blieben hierbei Holnstein und Umgebung außen vor.

Heute hat der Wind der Jurahöhen nicht nur die Spuren der denkwürdigen Schlacht bei Dietfurt verweht, sondern auch jede Erinnerung der einheimischen Bevölkerung an damals ausgelöscht. Sowohl der Kampfplatz von Mallerstetten mit seinen erhaltenen Boden- und Naturdenkmälern als auch das gestaffelte Schanzwerk von Holnstein in seinem guten Erhaltungszustand sind einer unerklärlichen Missachtung anheim gefallen. Kein Gedenkstein, keine Informationstafel ziert heute diese Stätten, kein Rundwanderweg erschließt und erklärt sie. Für die an sich bestens zugängliche Schanze bei der Holnsteiner Wegscheid gibt es keine Besichtigungsmöglichkeit, da ein Parkplatz fehlt. Lediglich eine einsame Parkbank auf der anderen Seite der vielbefahrenen Kreisstraße lässt in Schanzennähe etwas verweilen, wobei Büsche inzwischen die ganze Sicht nehmen.

 

Die Grafschaft Holnstein als Kunstprodukt der Neuzeit

Graf Franz Ludwig von Holnstein, Feldmarschall und Statthalter der Oberpfalz, Hüftbild mit Rüstung, Rokokorahmen, darunter Wappen und Inschrift, Kupferstich um 1770. Quer durch das Wappenfeld gerade noch erkennbar der sogenannte "Bastardbalken".
Fünfundzwanzig Jahre nach dem dramatischen Kampf bei Mallerstetten und gerade vier Jahre nach dem Tod des letzten männlichen Tilly-Erben, 1728, kam die frei gewordene Herrschaft und das Schloss Holnstein an eine neue Herrschaft, nämlich an den illegitimen Sohn des Kurfürsten und späteren Kaisers Karl Albrecht von Bayern (1697-1745, Sohn von Kurfürst Max Emanuel).

Dieser Sohn stammte aus einer Liebesbeziehung des Kurfürsten mit Carlotta Freiin von Ingenheim (1704-1749), einer blutjungen, adeligen Hofdame der Kurfürstin Therese Kunigunde, und hieß Franz Ludwig. Als Bastard stand Franz Ludwig (1723-1780) nicht in der bayerischen Thronfolge des Hauses Wittelsbach, aber er erhielt von seinem Vater den Erbtitel "Graf von Holnstein aus Bayern" und ein eigenes Familienwappen. Dieses zeigt den Schild der Herzöge und Kurfürsten von Bayern mit einem stilisierten Bastardbalken in der Mitte. Dabei war der Titel "Graf von Holnstein" ein reichlich künstliches Konstrukt, denn weder war Holnstein selbst je zuvor eine Grafschaft gewesen - es hatte lediglich zum Schluss als Hofmark zur Reichsgrafschaft Breitenegg gehört -, noch residierte der Träger des Titels je in Holnstein.

Hier ein Auszug aus dem Legitimierungsdekret vom 4. Oktober 1728:

"Von Gottes Gnaden Wir Karl Albrecht... thun kund und zu wissen, die es zu wissen nöthig, und attestieren bei Unseren Churfürstlichen hohen Worten, daß Ludwig Graf von Hollnstein aus Bayern nit allein unser natürlicher erkannter, und legitimierter söhn seye, sondern eine adelich gebohrene Dame zur Mutter gehabt, nicht weniger, daß das hineben beygemalte Wappen eben jenes, so Wir Unsren obbenannten natürlich erkannten Sohn zu führen erlaubt und in unserm Churhaus dergleichen natürlichen Kindern zu geben Herkommen ist..." [81a]

Uneheliche Söhne entwickeln mitunter einen erstaunlichen Ehrgeiz und ein großes Talent. Graf Franz Ludwig von Holnstein wurde nach dem Tod seines Vaters 1745 und nach höfischer Erziehung im Kloster Ettal und soldatischer Ausbildung ein hoher Mann im Königreich Bayern: Im Österreichischen Erbfolgekrieg diente Franz Ludwig als Befehlshaber eines Regimentes, seit Oktober 1742 war er Generaladjutant des Feldmarschalls von Seckendorff. Im Jahr 1753 übernahm er als Generalwachtmeister das Oberkommando über zwei bayerische Regimenter, die zunächst in Amberg stationiert wurden. Diese Regimenter waren schon zuvor aus dem Regiment "Kurprinz" entnommen worden und trugen den Namen ihres zukünftigen Kommandeurs: " Holnstein" [Link] [82].

Am Siebenjährigen Krieg (1756-1763) nahm Graf Franz Ludwig als Oberkommandierender des bayerischen Reichskontingents teil und stand mit diesem von 1758 bis 1760 im Felde - erst im Rang eines Generalmajors, dann eines Generalleutnants -, ehe er 1760 den Dienst quittierte.

Wegen seiner militärischen Verdienste erhielt der Graf von Holnstein am 5. Mai 1760 vom Kurfürsten per Dekret die Regierungspräsidentenstelle in Amberg übertragen, nachdem er schon 1732, d. h. im zarten Alter von 9 Jahren, formal die Statthalterschaft zur Sicherung einer hohen Stelle im Rahmen der Hofrangfolge erblich verliehen bekommen hatte. Er war somit Regent des "Fürstentums der Oberen Pfalz", mit einer Apanage von 4500 Gulden jährlich. Im Jahr 1768 wurde er in den Reichsgrafenstand erhoben. In Amberg residierten der Statthalter und seine Familie lange Zeit, Franz Ludwig beschränkte sich jedoch auf die Repräsentation, was sich auch in einer gewissen Bautätigkeit niederschlug. Im Hauptbau des Amberger Schlosses richtete Graf Franz Ludwig, der sich auch "Herr der Herrschaft Holnstein, Groß-Commenthur des Hohen Ritterordens St. Georgii und General-Wachtmeister" nannte, für sich, seine Gattin Maria Anna Reichsgräfin von Löwenfeld und seine Kinder eine Wohnung ein, im Jahr 1766 ließ er eine reich geschmückte, heute leider nicht mehr frei zugängliche Rokokokapelle anbauen, und 1768 die "vordere Kemenate", den ältesten Teil des Schlosses, abbrechen, um einen Barockgarten anzulegen.

Palais Holnstein, München.
Nach seinem Tod baute sein Schwiegersohn Freiherr Ludwig von Egcker die sog. "Alte Veste", das älteste Residenzgebäude in Amberg aus dem 13. Jahrhundert, in ein komfortables Stadtpalais um.

All diese Anlagen und Bauten kann man noch heute besichtigen.

Im sogenannten "Palais Holnstein", welches zwischen 1733 und 1737 von François de Cuvilliés im Auftrag des Kurfürsten für Franz Ludwig im Rokoko-Stil erbaut worden war und deshalb eigens seinen Namen trägt, hielt sich der Graf von Holnstein wegen seines militärischen Engagements so gut wie nicht auf. Im Jahr 1746 wurde es schließlich an die Grafen Königsfeld verkauft. Der mondäne Stadtpalast, den M. Döberl als das "Juwel unter den Münchner Palastbauten" bezeichnete, ist noch heute bestens erhalten und dient dem Erzbischof von München und Freising als Residenz. Seine Fassade ziert eine Darstellung des Gräflich-Holnstein'schen Familienwappens (über dem Eingangsportal).

Aus der Ehe des Stammvaters der Grafen von Holnstein mit seiner Cousine Maria Anna von Löwenfeld, der "natürlichen" Tochter des Kölner Erzbischofs Clemens August mit einer fahrenden Musikantin (Harfenspielerin), gingen zwischen 1759 und 1775 nicht weniger als 12 Kinder hervor [Link], von denen acht das Erwachsenenalter erreichten:

George Desmarées, 1697 -1776, schwedischer Hofmaler in Diensten des Kurfürsten von Bayern: Portait der Maria Anna Gräfin von Holnstein, Rokokogemälde, Öl auf Leinen, 91,5 cm x 71 cm.
Franz Ludwig hatte im Übrigen eine ebenfalls unehelich gezeugte leibliche Schwester Maria Josepha, welche den Titel "comtesse de Hochenfels de Bavière" führen durfte.

Nachdem Franz Ludwig der Titel des Grafen von Holnstein bereits 1728 verliehen worden war, erhielt er das Pflegamt und die Herrschaft Holnstein erst am 17. Oktober 1747. Das Amt, welches auf einen Wert von 60 000 Gulden veranschlagt worden war, erbrachte damals einen durchschnittlichen Jahresertrag von 8000 Gulden.

Zeitgleich mit der Verleihung des Grafentitels an Franz Ludwig - um 1725 - hatte in der Oberpfalz die Kartoffel als neue Feldfrucht Einzug gehalten. Es war der Geistlichkeit in Amberg und Deining, dem Stadtparrer Dr. Johann Heinrich Werner in Amberg (1716-1752) und seinem Vetter, Stadtkaplan Johann Georg Zinkel in Deining, vorbehalten, für die Verbreitung der neuen Knolle zu sorgen, zunächst als Nahrungsmittel für die Armen. Speziell Kaplan Zinkel, der "allwo selbst mit seinem Beyspiel voranging", dürfte dafür gesorgt haben, dass die Kartoffel wenig nach 1725 von Deining aus auch nach Holnstein kam. Nähere Nachricht darüber, wer vor Ort den Anbau vorantrieb, haben wir allerdings nicht. Um die kurfürstlichen Einnahmen aus dem Getreideanbau nicht zu schmälern, wird man sich noch für längere Zeit auf die Hausgärten beschränkt haben [82a].

Als Sohn des bayerischen Kurfürsten und Vater von zwölf Kindern sah sich Graf Franz Ludwig von Holnstein aus Bayern nach Übernahme der Grafschaft zu einer aufwändigen Hofhaltung veranlasst. Während er sich persönlich nur höchst selten in Holnstein blicken ließ, sondern sich lieber in der Residenzstadt Amberg oder in München aufhielt - nur die Gräfin scheint zeitweise in der "Sommerfrische" Holnstein residiert zu haben -, hatten seine Verwalter in Holnstein dafür zu sorgen, aus den Gütern der Grafschaft herauszuholen, was zu holen war. Und das war nicht gerade wenig - so viel, dass eines Tages der alte Zehentstadel im Schlosshof vis à vis des Schlosses von Holnstein nicht mehr ausreichend Platz für alle Abgaben der gräflichen Untertanen bot.

Ein neuer Getreidekasten musste deshalb von den Holnsteinern gebaut werden, der alle ihre Zehentanteile fassen konnte. Ein weiterer Kasten mit eigenem Amt war übrigens auch in Waltersberg eingerichtet, ab 1744 stand das Kastenamt Waltersberg unter der Jurisdiktion des Amtes Holnstein [83].

Der Gräflich-Holnstein'sche Getreidekasten von 1760.
Begeistert gingen die Bauersleute von Holnstein sicher nicht an den Bau des neuen Kastens, entziehen konnten sie sich der Pflicht jedoch nicht. So errichteten sie am Eingang zum oberen Dorf im Jahr 1760 in einer Rekordzeit von nur 18 Monaten einen neuen gräflichen „Droikasten" aus Kalkbruchsteinen, die sie aus den Steinbrüchen am gegenüberliegenden Höglberg und aus dem Sippental holten. Dem Grafen ging diese harte und mühselige Arbeit allerdings nicht schnell genug. Als der Arbeitsdruck durch den gräflichen Baumeister vor Ort verstärkt wurde, sei den Bauern vor Zorn der Kamm geschwollen, so erzählt die Ortssage von Holnstein [84]. Als der gesamte Kasten dann innerhalb weniger Wochen für eine Besichtigung durch den Grafen ganz fertig gestellt sein sollte, leisteten die Holnsteiner offenen Widerstand. In einer Nacht- und Nebelaktion rissen sie alle Baugerüste ab und gaben dem verdutzten Schlossverwalter anderntags zu verstehen, dass der "hohe Herr aus Amberg" selbst Hand anlegen müsse, wenn er den Stadel noch verputzt haben wolle. Als der Graf vom unvermuteten Widerstand seiner aufgebrachten Untertanen in Holnstein erfuhr, hielt er es für ratsam, die Visitation in seinem mehrere tausend Tagwerk umfassenden Guts- und Brauereibesitz abzusagen.

Dass die bedrängte Bauzeit nichts an der Qualität des Gebäudes gemindert hatte, erwies ein Blitzschlag in der sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Das Gebäude brannte zwar vollständig aus, aber die Mauern hielten und selbst die Schwalbennester an der Außenfassade nahmen keinen Schaden, wie noch heute Bewohner berichten. Inzwischen sind Zwischenstockwerke und Dachstuhl wieder ersetzt, wenn auch letzterer ohne die zuvor bestehenden Gauben.

Der "Droikasten" von Holnstein links im Bild.

Nicht vergessen wollen wir an dieser Stelle, dass sich auch zur Zeit des Grafen FRanz Luidwig von Holnstein das Kloster Plankstetten sehr um die Pflege und den Ausbau des Pfarrsitzes kümmerte: Im Jahr 1761 ließ Abt Dominikus IV. Fleischmann (1757-1792) den alten Riegelbau des Pfarrhauses auf drei Seiten aufmauern, im Jahr 1763 entstand der sog. Wiesgartenzaun aus 300 eichenen Spachteln neu. Vier Jahre später, 1767, bekam der Pfarrer von Holnstein einen gewölbten Stall. Im Jahr 1782 wurde der Friedhof der Pfarrkirche erweitert und ein neues Seelenhaus errichtet, 1787 die alte Friedhofskirche St. Barbara abgerissen, um einer weiteren Kapelle Platz zu machen, in der man 4 Gottesdienste jährlich hielt.

In den Jahren des Abbaziates von Dominikus Fleischmann gab es mitunter auch Ärger mit dem Grafenhaus, z. B. in Bezug auf das Schul- und Mesnerhaus. Schon die Baulast als solche war allein beim Kloster Plankstetten hängen geblieben, Graf Franz Ludwig, dem die Ausbildung seiner Untertanen in Holnstein offensichtlich keine Herzensangelegenheit war, hatte sich in keiner Weise spendabel gezeigt. Im Jahr 1766 verweigerte der geizige Schlossbesitzer auch noch die 8 Klafter Dienstholz für das Haus, die Klosterverwaltung musste schließlich 4 Klafter zuschießen. Die Beheizung der Schule übernahm dann ab dem Jahr 1820 die Gemeinde. An Mesnerbezügen sind zur Grafenzeit 33 Dezimale "Uhrwiese", 2,78 Tagwerk "Grabwiese" und 86 Dezimale Acker dokumentiert.

Im Winter 1770/1771 soll sich der Graf zu allem Überfluss auch noch geweigert haben, trotz einer Hungersnot die Getreidevorräte an seine Holnsteiner Untertanen herauszugeben, weil er auf Gewinn durch den steigenden Getreidepreis spekulierte. Dieses schofle Verhalten mag der Legende vom "Seligen Reymotus von Holnstein"  eine gewisse Renaissance verschafft haben.  Am Ende soll der Graf mit Gottes Hilfe fast leer ausgegangen sein, denn der Getreidepreis sank plötzlich wieder. Kostete zuvor ein Metzen 12 Gulden, so lag der Preis am Ende nur noch bei 1 Gulden 12 Kreuzer. Außerdem war ein Großteil des zurückgehaltenen Getreides durch die lange Lagerung verschimmelt, so berichtet die Regnath-Chronik.

Rekonstruktion des Holnstein'schen Barockschlosses.
Auch wenn Graf Franz Ludwig von Holnstein seinen Sitz an der Weißen Laber nur als weiteren, unbedeutenden Landsitz ansah, so entschloss er sich doch im fortgerückten Alter, das alte Pflegschloss abreißen und durch ein neues Barockschloss im ländlichen Stil ersetzen zu lassen. Dieser Schlossbau, über dessen Frontpartie sich leider keine zeitgenössische Abbildung, sondern nur eine Strichzeichnung erhalten hat, entstand im Jahr 1769. Es handelte sich um einen zweistöckigen Mansardwalmdach-Bau mit Mittelrisalit, drei Wohngeschossen und einer wohlproportionierten 4-3-4-Fensterordnung. Ein Verbindungstrakt mit Bogengang führte zur Fürstenloge in der Pfarrkirche. Vor und hinter dem Schlossbau entstanden barocke Gartenanlagen. Siehe hierzu auch Abbildung oben und die untenstehenden Fotografien.

Das Barockschloss von Holnstein vor und nach dem Westanbau.
Die Umbaumaßnahmen der Regens-Wagner-Stiftung haben von diesem Schlossbau nicht mehr viel übrig gelassen, der gesamte Bau wurde sozusagen "entkernt" und mit neuen Innenmauern versehen, das repräsentative Treppenhaus vollständig aufgelöst, selbst die Kellerräume abgetieft und damit ihrer historischen Böden beraubt. Lediglich ein barockes Tonnengewölbe im Keller sowie ein Fundamentblock an der Ostfassade haben sich als einzige heute noch sichtbare, aber nicht sehenswerte Reste des Barockbaus erhalten. Wenigstens geben uns einige historische Aufnahmen noch einen gewissen Eindruck von der inneren Atmosphäre des Schlosses.

Links das im gerundeten Viereck gewendelte, repräsentative Treppenhaus, rechts das Empfangszimmer der Oberin.
Das Anwesen der Familie Sammiller nach der Renovierung.
Das schmucke Schloss ist also längst im Komplex der Regens-Wagner-Stiftung aufgegangen und dadurch bis zur Unkenntlichkeit entstellt, aber der mächtige, aus Kalkbruchsteinen errichtete Kasten ziert noch heute in unveränderter Substanz die westliche Einfahrt in den Ort Holnstein. Die halb verputzte nördliche Giebelseite und die Mauerlöcher für die Gerüstbalken an den Längsseiten erinnern augenscheinlich an den Widerstand der Holnsteiner gegen die Obrigkeit.

Heute steht dieses denkmalgeschützte Gebäude von 1760 im Besitz der Holnsteiner Familie Sammiller, welche unten im Labertal ein weites Baudenkmal besitzt und bewohnt.

Dieses mächtige Ökonomiegebäude, das ehemalige Gräflich-von Holnstein'sche Brauhaus mit Braugaststätte, sehen wir von der Lage her als eines der ältesten Anwesen von Holnstein an. Es ist anzunehmen, dass es an der Stelle einer der beiden frühwittelsbachischen "Curien" errichtet wurde (siehe oben). Die erhaltenen Kellergeschosse stammen aus der Zeit nach der Reformation, konkret aus dem Jahr 1595, die barocken Obergeschosse mit dem gaubengesäumten Dach von 1792. Somit ist belegt, dass die Grundmauern des stolzen, unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes noch zur Zeit des herzoglichen Amtes Holnstein errichtet wurden [Link]. Heute befinden sich in dem stilgerecht sanierten Gebäude die Wohnung der Besitzer und mehrere Gästeappartements.

 

Anekdoten aus der Grafschaft Holnstein

Die Holnsteiner müssen unter der gräflichen Kandare doch sehr gelitten haben. Wie anders erklärt es sich, dass man noch heute im Ort eine weitere, in Bezug auf die Grafschaft eher despektierliche Sage erzählt, welche im späten 18. Jahrhundert spielt.

Damals soll in Holnstein ein strenger und unerbittlicher Schlossverwalter namens Martin Schmid sein Unwesen getrieben haben. Unbarmherzig trieb er von allen zinspflichtigen Bauern die Abgaben ein. Und hatte er einem Landwirt den letzten Heller abgenommen, verstand er es auch noch, ihm das letzte Hemd auszuziehen. Kein Wunder also, wenn ihn zu Lebzeiten alle Holnsteiner zum Teufel wünschten.

In der Tat soll er nach seinem Ableben als Untoter zum Herumgeistern verdammt worden sein. Schon als sein Sarg zu Grabe getragen wurde, grinste der Verstorbene zum Entsetzen aller Leichgänger aus einem der Fenster des Holnsteiner Getreidekastens herab. Nach der Bestattung seines Leichnams ging für ein Menschenleben der Geist des Tyrannen in Schloss und Dorf um und brachte durch sein nächtliches Herumpoltern die Leute um den Schlaf.

Es war der Pfarrer von Holnstein, der schließlich in einer Art von Exorzismus dem Spuk ein Ende setzte: Er verbannte den Verwunschenen in ein Waldstück auf dem Höglberg, das noch heute seinen Namen trägt, in den sogenannten "Schmid-Schlag". Hier soll der grausame Schlossverwalter bis zum heutigen Tag nächtens herumgeistern und so laut wehklagen, dass man seine Stimme nicht nur in Holnstein, sondern sogar in Staufersbuch hören kann. Und kommen Wanderer in seine Nähe, so lässt er sie einen Tag und eine Nacht im Wald umherirren.

Eine weitere Sage thematisiert die Tatsache, dass bis 1802 in Holnstein ein Grenzgängertum nach Berching und dem Hochstift Eichstätt bestand. So mancher, der mit dem Gesetz in Konflikt kam, machte sich diesen Umstand zunutze; mit einem tüchtigen Satz über die Grenze war man vor jeder Strafverfolgung gerettet! Kein Gendarm hatte zur damaligen Zeit das Recht, einen entkommenen Verbrecher auf fremdem Boden zu verfolgen und zu fangen.

Blick vom Galgenberg nach Holnstein. Heute sind von der ehemaligen Richtstätte keinerlei Spuren mehr zu entdecken - im Gegensatz zu Burglengenfeld, wo sich ein steinernes Podest erhalten hat.
So trafen, um dem misslichen Umstand abzuhelfen und eine richtige Strafverfolgung zu ermöglichen, der fürstbischöfliche Propst in Berching und der Richter von Holnstein geheime Absprachen. Seitdem galt Landesflucht als Kardinalsdelikt. Wem die Flucht misslang, dem winkte der gräfliche Galgen in Holnstein.

Dieser stand auf einer westlichen Anhöhe - weit und bereit für alle zur Abschreckung sichtbar. Der Flurname Galgenberg belegt noch heute, dass hier früher die Urteile des Holnstein'schen Halsgerichts vollzogen wurden. Leider hat sich von der Richtstätte kein Steinzeugnis mehr erhalten, wie es z. B. in Burglengenfeld noch der Fall ist [Link].

"Eine ganze Reihe von Übeltätern musste, wie anno 1613 der Sollngriesbacher Johannes Schmid, an dieser grausigen Richtstätte die Hanfsuppe essen. Glück hingegen hatte einmal ein gewisser Stachaskunz aus Rudersdorf. Weil er ein Reh gewildert hatte, verurteilte ihn der Holnsteiner Amtsrichter zum Tod durch Erhängen. Am Tag seiner Hinrichtung schritt der Wilddieb seelenruhig zum Galgen, stieg die Leiter empor und legte sich eine besonders große Schlinge um den Hals. Als der Gerichtsscherge dann die Leiter wegzog, rutschte dem Kunz die allzu weite Schlinge glatt über das Gesicht, und ehe sich jeder versah, stand der Todeskandidat wieder unter den Lebenden am Boden. Er war jetzt ein freier Mann. Ein zweites Mal durfte er nämlich nicht gehängt werden, wie es ein ungeschriebenes Gesetz aus alter Zeit gebot, das auch im Holnsteiner Gerichtsbezirk Gültigkeit hatte..." So erzählt H. Edinger in seinem Sagenbuch [85].

Aus derselben Quelle stammt auch die folgende Geschichte von "Henkerkare".

Der "Henkerkare" war ein äußerst gewiefter Wilderer in den Wäldern von Holnstein. Als sich der Richter von Holnstein eines Tages nach Berching begab, um vom dortigen Propst Amtshilfe einzuholen, spielte ihm bei der Wegscheid der freche Bursche einen üblen Streich: Unter der alten Holnsteiner Linde traf der Richter auf einen elenden Krüppel mit nur einem Bein, der den Verlust seiner Krücken beklagte. Ein Bösewicht hätte sie in den Lindenbaum geworfen. Der Richter stieg von Pferd und kletterte auf den Baum, um dem Armen die Krücken zu holen. Da sah er den vermeintlichen Krüppel unter sich plötzlich aufspringen und mit seinem Pferd davonreiten. An dieser kecken Tat erkannte er, dass er dem "Henkerkare" auf den Leim gegangen war.

Ein anderes Mal schoss der Wilderer den gräflichen Jägern, die sich im Wald niedergelassen hatten, um ihn zu fangen, eine Schnapsflasche unter den Händen weg, worauf diese davonliefen. Das höhnische Lachen des "Kare" von damals soll noch heute zeitweise als Echo vom Höglberg schallen. Später musste sich der verwegene Bursche, von seinen Häschern am Bein angeschossen, ins Eustachbuch bei Rudertshofen flüchten. Als ihm hier am nächsten Tag unerwartet ein harmloser Forstgehilfe gegenüberstand, geriet er in Panik und erschoss den Wehrlosen. Damit hatte es der Wilderer bei den Einheimischen, die ihn bis dahin gedeckt hatten, verscherzt. Da ihm künftig keiner mehr Unterschlupf und Nahrung gewährte, kam er immer mehr herunter, wurde schließlich von einem Großaufgebot Neumarkter Soldaten gefangen und dem Richter überstellt, der ihn zum Tod durch den Strang verurteilte. Westlich von Rudertshofen soll lange Zeit ein Marterl gestanden haben, das an die Schreckenstat im Eustachbuch erinnerte.

Diese Wilderersage steht den berühmteren bayrischen Sagen vom Räuber Heigl im Bayerischen Wald und vom Räuber Kneissl in Oberbayern in nichts nach und erinnert daran, dass es sich bei diesen wildernden Freigeistern letztlich um Sozialrebellen handelte, die sich mit ihren frustranen Mitteln gegen die Unterdrückung durch eine ungerechte Obrigkeit wehrten [86].

Für die heutigen Bewohner Holnstein ergibt sich aus den Geschichten um den "Henkerkare" die Gewissheit, dass es sich bei ihm um den ersten legendären "Behinderten" von Holnstein gehandelt hat, dessen Raffinesse und Witz den Insassen der Regens-Wagner-Stiftung von heute zum Vorbild gereichen könnten;-))

Mit diesen Geschichten über die Grafenzeit verlassen wir den Volksmund und kehren in die schriftlich niedergelegte Geschichte der Grafen von Holnstein zurück.

 

Die späteren Generationen der Grafen von Holnstein

Mit der Generation, welche auf den Stammvater Graf Franz Ludwig von Holnstein folgte, überschreiten wir die Schwelle zum Königreich Bayern:

Das Gräflich-Holnstein'sche Familienwappen. Viergeteiltes Rauten- und Löwenfeld, die Embleme des Königshauses Wittelsbach. Man beachte den Bastardbalken in der Mitte.

Während in Folge der napoleonischen Kriege, der Säkularisation und der politischen Neuordnung Bayerns 1803 die Herrschaft im benachbarten Berching und im Hochstift Eichstätt von den Eichstätter Fürstbischöfen über den Großherzog von Toskana nach Napoleons Sieg bei Austerlitz zum neu inthronisierten König von Bayern überging, nahm die Grafschaft Holnstein den direkten Weg ins Königreich. Zuletzt hatte ein Lizenziat namens Schmalzl als Pfleger das Amt Holnstein versehen (bis 1805). Doch dann ging das Amt in der Neuorganisation des Königreichs Bayern auf.

Die in der Folge immer wieder neu erfolgenden Umstrukturierungen der Verwaltung Bayerns im Rahmen der Konsolidierung des Königreiches wollen wir unseren Lesern ersparen. Auch an der Umwandlung des ehemaligen Hochstift Eichstätt zum Fürstentum Leuchtenberg für Eugène Beauharnais, den Ziehsohn Napoleons aus seiner Ehe mit Josephine Beauharnais, nahm die Grafschaft Holnstein als zur Oberpfalz gehörig nicht teil. Name und Besitz des Hauses Leuchtenberg, welches uns schon früher begegnet ist, waren schon 1650 an den bayerischen Herzog gefallen und standen deshalb zur Neuvergabe frei. Prinz Eugène, verheiratet mit der bayerischen Königstochter Auguste Amalie, und seine Nachfahren residierten als Herzöge von Leuchtenberg im ehemaligen Hochstift von 1817 bis 1834.

Als Graf Franz Ludwig von Holnstein 1780 gestorben war, ging der Gräflich-Holnstein'sche Besitz zunächst auf seine fünf Söhne Max Joseph, Friedrich, Klement, Sigismund und Xaver über. Von den Söhnen des Grafen Franz Ludwig sollen Friedrich und Sigismund auch in Holnstein residiert zu haben. Beide verstarben in Holnstein und wurden dort auch begraben, wie ein Tafel des Krirgerdenkmal im Neuen Friedhof von Holnstein ausweist.

Diese Grafensöhne betätigten sich im ehemaligen Amt Holnstein als Zukäufer: Das Landsassengut Ittelhofen fiel 1783 an Graf Maximilian und seine Brüder, welche unverzüglich das frühere Schloss der Hofmarksherren und das dazugehörige Brauhaus abreissen ließen, womit der Hofmark Ittelhofen eine Gerichtsstätte definitiv nicht mehr zur verfügung stand. Das Landsassengut Pollanten übernahmen die Grafensöhne mit derselben Konsequenz am 6. Juli 1787 [87]. Der Sitz umfasste neben dem Schloss vier Halbhöfe (Schwabenhof, heute Weidinger, Gidibauer, heute Ramsauer, Großbauernhof, heute Schmauser, Haidbauernhof) und die Schlossmühle. Dazwischen erwarben die Grafen auch die Hofmark Thanstein bei Neunburg vorm Wald, in der Nähe ihres Gutes Stamsried, welches schon 1762 an sie gefallen war. Später kamen noch Güter in Palzing und Thalhausen bei Freising dazu, wo Graf Michael von Holnstein, der vorläufig letzte seiner Linie, heute wohnt.

Im Jahr 1794 gelangten die Marktgemeinde Schwarzenfeld in der Oberpfalz und das Schlösschen "Rauberweiherhaus" bei Schwandorf in den Besitz eines Zweiges der Familie. Diese Linie, welche von Graf Maximilian Joseph (1760-1824), dem erstgeborenen Sohn Graf Franz Ludwigs, abstammte, wählte Schloss Schwarzenfeld als künftigen Familiensitz.

Die Nachfahren des Grafen von Holnstein verteilten sich also über weite Teile Bayerns, nur im namen- und titelgebenden Besitz an der Weißen Laber wollte keiner mehr leben.

Dort erfolgten unter dem letzten Abt von Plankstetten, Marian Karl (1792-1806), kurz vor der Säkularisation noch einige Reparatur- und Renovierungsmaßnahmen am Pfarrhaus: Im Jahr 1793 wurde ein neuer Kamin aufgemauert, drei Jahre später ein Gästezimmer instandgesetzt, im Jahr 1804 durch Plankstettener Meister die Fensterstöcke, eine Weißdecke und die Böden erneuert und schließlich im Jahr 1805 der Stadel neu mit Stroh eingedeckt. Dabei wurde übrigens vom Pfarrer nie ein Baukanon verlangt. Im Jahr 1804 sei auch der Friedhof nochmals erweitert und dabei sogar eine Holnstein'sche Familiengruft angelegt worden. Zur Benutzung kam diese, wenn diese wirklich existiert haben sollte, wohl nie.

Diese Förderung des Pfarrsitzes Holnstein durch das Kloster nahm ein jähes Ende durch die Unbilden der Säkularisation. Am 1. Mai 1806 wurde der Konvent Plankstetten aufgehoben und der gesamte Klosterbesitz konfisziert.

Ausschnitt aus der Gründungsurkunde des Patrimonialgerichts Holnstein. Quelle: Martin Irl, Holnstein-Archiv, Schwarzenfeld
Am 20. und 21. Januar 1821 wurde das Gräflich-von-Holnstein'sche Patrimonialgericht I. Klasse (mit Ittelhofen und Pollanten) eingerichtet und am 22. Januar beurkundet. Beistehender Ausschnitt des Gründungsaktes, den der Archivar der Familie von Holnstein, Martin Irl, freundlicherweise zur Verfügung stellte, trägt die Unterschrift des ersten Gerichtshalters I. Klasse, Josef Schmalzl, zusammen mit dem wappentragenden Gerichtsstempel. Die im Königreich Bayern bis zum Jahr 1848 existierenden Patrimonialgerichte waren als Vorläufer der heutigen Landgerichte aus den ehemaligen Hofmarksgerichten hervorgegangen, wobei die adeligen Grundherren in ihren Domänen unabhängig vom Staat die sog. niedere Gerichtsbarheit (Eigentums-, Familien-, Erb-, Gutsrecht, niederes Strafrecht) als Privileg erhielten, somit die allermeisten Rechtsfälle mit Ausnahme der Kapitalverbrechen (Blut-, Hals- und peinliche Gerichtsbarkeit) eigenverantwortlich abwickeln konnten. Hierzu wurden von den jeweiligen Grundherren eigene Richter resp. "Gerichtshalter" eingesetzt, wie im vorliegenden Fall der besagte Josef Schmalzl.

Zwei weitere Personen aus dem Schwarzenfelder Zweig der Grafen von Holnstein, die bereits aus späterer Zeit stammen, verdienen nun unsere Aufmerksamkeit, selbst wenn sie in Holnstein selbst nicht weiter dokumentiert sind:

Ein Enkel Franz Ludwigs, der königliche Kämmerer Karl Theodor von Holnstein (1797-1857) heiratete am 9. November 1831 die damals 16 Jahre alte Caroline Maximiliana Maria Freiin von Spiering auf Fronberg, Ettmannsdorf und Haselbach (1815-1859). Ihr Vater soll Prinz Carl, der Frauenliebling und Bruder König Ludwigs I. gewesen sein. Die Freifrau war 18 Jahre jünger als Karl Theodor, und die Ehe kam vermutlich nur deshalb zustande, weil zwischen den Familien Spiering und von Holnstein bereits seit längerem Beziehungen bestanden und man den aneinander angrenzenden Familienbesitz in der mittleren Oberpfalz zu vereinigen suchte.

Das Paar bezog wie die Vorgenerationen eine herrschaftliche Wohnung in München, wo der Gräfin die Stellung ihres Gatten so manche Tür bei Hof öffnete. Caroline von Holnstein war eine ausgesprochene Schönheit und wurde deshalb zum leuchtenden Mittelpunkt der Münchner Hofgesellschaft. In ihrer Jugend führte sie ein skandalumwittertes Leben und leistete sich vor allem ein Verhältnis mit dem Freiherrn von Künsberg - in den Augen vieler eine amouröse Affäre, in den Augen der Gräfin selbst vermutlich die große Liebe, der sie auch im Weiteren treu blieb.

Caroline Freifrau von Spiering, verehelichte Gräfin von Holnstein, Portrait von K. Stiehler.
Ihr Ehemann, Karl Theodor Graf von Holnstein, duldete die außereheliche Beziehung seiner jungen Frau, lehnte eine Scheidung ab und ließ sogar die unehelichen Kinder seiner Frau gemeinsam mit den seinen erziehen. Erst nach dem Tod des Grafen war für dessen Gattin der Weg zum Traualtar frei. Am 21. September 1857 gaben sich Caroline Gräfin von Holnstein und Wilhelm Freiherr von Künsberg in der Wallfahrtskirche auf dem Kreuzberg in Schwandorf das Ja-Wort. Die unehelichen Kinder Carolines und Wilhelms von Künsberg wurden dadurch nachträglich legitimiert und am 7. Juli 1859 in den bayerischen Freiherrenstand aufgenommen - unter dem Namen Künsberg Freiherr/Freifrau von Fronberg.

Selbst König Ludwig I. zollte auf seine Weise der Schönheit Carolines Tribut: Er ließ die adrette Gräfin von seinem Hofmaler J. Stieler in der Schönheitengalerie der Residenz Nymphenburg verewigen. Das Bild, welches Caroline zeigt, ist 71,5 cm hoch und 58 cm breit und trägt auf der Rückseite folgende Inschrift: "Caroline Gräfin Holnstein aus Bayern geborene Freyin von Spiering erblickte das Licht der Welt auf dem Gute Frohnberg in Bayern am 8. Mai 1815. Gemalt von J. Stieler 1834". Am 18. Februar 1834 war das Porträt in Stielers Atelier in der Münchner Residenz in Arbeit, im Mai 1834 wurde es von der königlichen Kammer bezahlt.

Ob diese schöne Gräfin je das Gut Holnstein im Labertal besuchte, ist nicht bekannt. Der posthume Münchner Klatsch über die Gräfin, von dem H. Edinger in seinem Sagenbuch berichtet [88], wird vermutlich schon zu Lebzeiten bis nach Holnstein gedrungen sein.

Gelebte Schönheit bei den ganzjährigen Lustbarkeiten des Münchener Hofes sei der alleinige Lebensinhalt der Gräfin gewesen. Wie ein loses Blatt im Sturm wirbelte sie von Fest zu Fest, denn Tanzen war ihr Leben und Tanzen wurde auch zu ihrem Schicksal. Am Ende einer rauschenden Ballnacht sei sie mitten in einem wilden Tanzgalopp zusammengebrochen und einen plötzlichen Herztod gestorben. Nach ihren Tod raunte man über ein seltsames Wiedergängertum der Verstorbenen: Auf dem ersten Münchener Hofball, der zu ihrem ehrenden Gedenken veranstaltet wurde, sei eine unbekannte Schöne durch den Saal gewirbelt. Ihr leuchtend rotes Gewand, dessen Rückseite mit reichen schwarzen Spitzen geschmückt war, und ihre anmutige Schrittfolge, die das ganze Können einer vollendeten Tänzerin zeigte, schlugen die Gäste in den Bann. Schließlich tanzte die rot-schwarze Primaballerina zum ungläubigen Erstaunen aller durch die geschlossene Türe aus dem Saal, und alle sahen ihr nach. Jäher Schrecken habe die Hofgesellschaft überfallen, als man bemerkte, dass die schwarzen Spitzen, die das Ballkleid der Unbekannten auf der Rückseite zierten, in Wirklichkeit aus schwarzen Moderwürmern bestanden...

Der mysteriöse Tod der Gräfin ist indes nichts anderes als eine kitschige Stilblüte der Münchner Hofgesellschaft. Denn Caroline starb in Wirklichkeit schon im zweiten Jahr ihrer zweiten Ehe, am 24. Juli 1859, in ihrem Vaterschloss in Fronberg, in dem sie auch geboren worden war. Dort wurde sie auch nach ihrem Tod beigesetzt. Die Gräfin, die insgesamt 8 Kindern das Leben geschenkt hatte, wurde nur 44 Jahre alt. Ein nach ihrem Tod von Franz von Lenbach angefertigtes Portrait zeigt sie stark vorgealtert, mit glanzlosen Augen und leerem Blick. Der Sarkophag mit ihren sterblichen Überresten steht heute in einem Nebenraum zur Schlosskapelle.

Auf dem benachbarten Holnstein'schen Stammsitz Schwarzenfeld lebte ab 1857 Carolines Sohn aus erster Ehe, Maximilian Karl Theodor (1835-1895). Der Erstgeborene übte als erblicher bayerischer Reichsrat und Oberststallmeister des Königshauses großen Einfluss auf den Märchenkönig Ludwig II. und damit auf die Politik im Königreich Bayern aus. Seiner Person wurde erst kürzlich, im Jahr 2012, in dem Monumentalfilm "Ludwig II." ein filmisches Denkmal gesetzt.

Maximilian Graf von Holnstein. Szene aus "Ludwig II.", dem Film.
Auch zu diesem Vertrauten und ehemaligen Spielgefährten des Märchenkönigs gibt es einige Anekdoten und Gerüchte:

Schon Zeitgenossen unterstellten dem 10 Jahr älteren Max homophile Neigungen gegenüber den König - bis heute eine unbewiesene Behauptung. Als Erwachsener sei er eine bemerkenswerte Erscheinung von kräftigem Körperbau gewesen, energisch im Auftreten, mit gewandten Manieren. In seiner Jugend galt er als Weiberheld und größter Raufer am Hof, den Kopf voll verwegener Ideen. Wegen eines unerlaubten Duells habe er sogar ein Jahr Inhaftierung auf der Feste Oberhaus bei Passau in Kauf genommen, was aber sein königlicher Freund zu verhindern wusste...

Während die Sache mit den homoerotischen Neigungen wohl aus der Luft gegriffen ist, ist die Schilderung des Duelles und der Inhaftierung korrekt. Nach seinem Amtsantritt ernannte König Ludwig II. den Weggefährten seiner Jugend zu seinem Kämmerer. Als königlicher Ratgeber verstand es Max, sich am Hof unentbehrlich zu machen. Jahrzehntelang genoss er als einflussreicher Günstling beim König eine außergewöhnliche Vertrauensstellung.

Am Ende liefen über Graf Maximilian von Holnstein alle Fäden von der Regierung zu dem an Politik wenig interessierten Monarchen.

Der Oberststallmeister des Königs wurde vom bayerischen Landvolk kurz "der Rossober" oder "die Pferdeexcellenz" genannt. Im Vorfeld der deutschen Reichsgründung fuhr Max von Holnstein im Auftrag des Königs zu geheimen Verhandlungen mit dem Eisernen Kanzler Bismarck, der sich die Münchener Zustimmung für die Übertragung der Kaiserkrone an den König von Preußen fünf Millionen Goldmark kosten ließ. Am 3. Dezember 1870 wurde schließlich dem preußischen König durch König Ludwig II. von Bayern offiziell die Kaiserwürde des neu gegründeten Deutschen Reiches angetragen [Link].

"Der Graf Holnstein hat sich durch diese in einer schlaflosen Woche zurückgelegte doppelte Reise und durch die geschickte Durchführung seines Auftrages in Hohenschwangau ein erhebliches Verdienst um den Abschluß unsrer nationalen Einigung durch Beseitigung der äußeren Hindernisse der Kaiserfrage erworben..."

So schrieb Reichskanzler Bismarck anerkennend in seinen "Gedanken und Erinnerungen", in denen er an sich mit Lob sehr geizte.

Nicht nur einmal scheint durch die Vermittlung Graf Holnsteins der bayerische König mit Geheimzahlungen aus dem Welfenfonds bedacht worden zu sein, was ihm den Weiterbau seiner aufwändigen Kunstobjekte ermöglicht haben mag.

Erst als Maximilian von Holnstein, der zuvor wegen stattlicher Provisionen von 10% je Zahlung um geschätzte 480000 Mark reicher geworden war, ab 1884 für den König keine weiteren Geldquellen mehr erschließen konnte, entzog ihm dieser nach vorherigen Spannungen das Vertrauen. Am Hof in Ungnade gefallen, lief Max von Holnstein in das Lager der ultramontanen Königsgegner über, arbeitete in der Folge stückchenweise an der Entmachtung des Königs mit, übernahm für ihn am Ende sogar die Vormundschaft und ließ ihn auf Schloss Berg einsperren. Damit spielte er eine Schlüsselrolle bei den tragischen Ereignissen um den Tod des Märchenkönigs im Starnberger See.

Frühe Fotographie des Grafen Maximilian von Holnstein. Sein Augenleiden machte sich auf der Aufnahme bereits bemerkbar.

Das bayerische Volk sei über den Gesinnungswandel des Grafen empört gewesen, Max von Holnstein wurde über Nacht zum meistgehassten Mann Bayerns. Die erzürnten Königstreuen sollen ihn gezwungen haben, München wegen seiner ungeklärten Rolle beim Ableben Ludwigs zu verlassen. Man ging davon aus, das Graf Holnstein über die Hintergründe der Tragödie und die eigentliche Todesursache bestens Bescheid wusste. Als Max die Kutsche zu seinem Stammsitz in der Oberpfalz bestieg, habe er der aufgebrachten Menschenmenge seine Unschuld versichert: "Er wolle blind werden, wenn er Schuld am Tod des Königs habe", waren seine letzten öffentlichen Worte in der Residenzstadt. Auf halbem Weg zurück ins heimatliche Schloss habe ihn sein Geschick ereilt. Noch in der Kutsche wurde er zur Strafe für seine Machenschaften mit Blindheit geschlagen, von der ihn erst der Tod im Jahre 1895 erlöste...

Auch bei dieser Anekdote handelt es sich überwiegend um Kolportage, welche mit der Realität wenig gemein hatte: Graf Maximilian musste z. B. München erst verlassen, als er in Bismarck nach dessen Abdankung keinen Beschützer mehr hatte und der Geldhandel bei der Reichsgründung allmählich zum unangenehmen Pressethema wurde. Und erblindet ist er durch einen Reitunfall und nicht durch einen Meineid. Inzwischen hat Martin Irl, der Hausarchivar des Hauses Holnstein, in Vertretung für Graf Michael von Holnstein sowohl die Gräfin Caroline als auch ihren Sohn Max in vielen Punkten rehabilitiert - zuletzt sogar mit gerichtlicher Hilfe. Hierzu erschienen einige Zeitungsartikel und ein längerer Film im Bayerischen Fernsehen [Link] [Link].

Schloss Schwarzenfeld heute.
Im Familiensitz Schwarzenfeld hatte Graf Maximilian Karl Theodor von Holnstein den Schlossbau 1890 bis 1892 im Stil des Historismus erweitern lassen. Kurz nach dessen Fertigstellung nutzte er das Schloss als Ruhesitz. Gesehen hat der Graf das Schloss nicht mehr, denn er war inzwischen völlig erblindet. Kurze Zeit später verstarb er, im Jahr 1895.

Seine Witwe Maximiliane, geb. von Gumppenberg (1850 - 1937), und seine Nachfahren bewohnten das Schloss Schwarzenfeld ebenfalls nur noch wenige Jahre. Ab 1907 blieb es bis auf kurzzeitige Verpachtungen ungenutzt. Wirtschafts-und Finanznöte zwangen die Gräfin 1936 dazu, es an die NS-Volkswohlfahrt Berlin zu verkaufen.

Nach ihrem Tod wurde das gräfliche Ehepaar in einem Mausoleum auf dem Friedhof von Schwarzenfeld bestattet. Diese Gedenkstätte ist heute das Ziel von Touristen. Das Gebäude besteht in seiner inneren Gliederung aus zwei Teilen. In der ebenerdigen Gruft liegen in Prunksärgen Caroline Freifrau von Gumppenberg-Pöttmes (1816-1889), Max Karl Theodor Graf von Holnstein, das berühmteste Mitglied der Holnsteinschen Adelslinie, und Karl Theodor Graf von Holnstein, gestorben 1875 im Alter von 15 Monaten, drittes Kind des Oberststallmeisters. In einem Erdgrab in der Gruft ruht die Ehefrau des Oberststallmeisters, Maximiliane Gräfin von Holnstein (1850-1937). Die Kapelle über der Gruft ist wegen ihrer orientalisch anmutenden Ornamentik einzigartig in der Oberpfalz. Die Ausschmückung stammt aus der Hand des berühmten Architekten Julius Hofmann, der auch für König Ludwig II. von Bayern und für Kaiser Maximilian von Mexiko tätig war.

Nach dem Krieg kam das Schloss Schwarzenfeld herunter, brannte sogar aus, wurde aber ab 1995 von einem privaten Träger vollständig saniert und beherbergt heute ein Luxushotel [Link] [Link].

Der Ort Holnstein, der dieser Grafenfamilie der Neuzeit zu ihrem Namen verholfen hat, spielte also auch in den Folgegenerationen nur eine unbedeutende Nebenrolle, und es ist kein größeres Ereignis in Holnstein bekannt, das die späte Grafenzeit geprägt hätte.

Im Jahr 1848 stießen die Grafen von Holnstein den Besitz im Labertal ganz ab, verzichteten auch auf die Patrimonialgerichtsbarkeit zugunsten des königlichen Landgerichts Beilngries [89].

Holnstein und nähere Umgebung auf dem Urpositionsblatt von 1820.
Nächster Besitzer von Schloss Holnstein wurde Graf Max von Gravenreuth zu Affing (1848-1855), mit Stammsitz in Grafenreuth nördlich von Marktredwitz. Ob es sich dabei um den Sohn jenes Landrichters Max von Gravenreuth gehandelt hat, der in der Schlacht von Kastl bei Kemnath am 26. August 1796 400 marodierende französische Soldaten in die Flucht schlug, muss offen bleiben.

Nach diesem adeligen Herren folgten einige bürgerliche Besitzer, die sich rasch abwechselten: Als erstes erwarb ein jüdischer Güterhändler namens Simon Meier-Levi (1855-1862) aus Regensburg die Herrschaft Holnstein, welcher nun den Besitz zerlegte: Das Brauhaus kam an den bisherigen Pächter, das Schloss ging im Jahr 1862 für 4000 Gulden an den Berchinger Chirurgen Johann Georg Lehr (1862-1871).

Nach der Chronik der Regens-Wagner-Stiftung in Holnstein [90] wurde im Jahr 1867 ein gewisses Fräulein Mayerhofer, welche einer religiösen Gemeinschaft in Lauterhofen nördlich von Neumarkt vorstand, auf das Schloss aufmerksam und erwarb es für einen Zeitraum von 4 Jahren (für 19000 Gulden). Dann musste sie es wegen finanzieller Schwierigkeiten wieder verkaufen. Der nächste Besitzer war Bürgermeister Jäger aus Beilngries (1871-?), dann folgte der Münchner Privatier Max Fellermeyer (?-1874) [91]. In dieser Zeit sollen die mit dem Schloss verbundenen Liegenschaften und Gebäude immer mehr heruntergekommen sein. Zuletzt hatte ein gewisser Hauptmann Strömsdörfer aus Ingolstadt (1874-1882) den ganzen Besitz inne.

In all dieser Zeit kümmerten sich, nachdem das Kloster in Plankstetten aufgehoben war, die Gemeinde Holnstein und die nach wie vor bestehende Kirchenstiftung Holnstein um den Unterhalt des Pfarrsitzes. Die Baupflicht und Baulast für das Pfarrhaus lag nun bei der Gemeinde, für die Pfarrkirche bei der Kirchenstiftung.

Im Jahr 1816 wurde das Schul-und Mesnerhaus auf dem Areal des alten Gerichtsdienerhauses neu erbaut, in den Jahren 1832 und 1867 erst ein neuer Tabernakel, dann drei neue Altarblätter angeschafft, und 1863 der Friedhof nochmals erweitert.

Im Jahr 1852 baute ein gewisser Anton Künlein bei der Ritzermühle eine Kapelle; diese wurde vom Kunstmaler Johann Heinrich Schmid aus Beilngries ausgemalt.

Zwanzig Jahre später tauschte man das Schul- und Mesnerhaus mit einer Aufzahlung von 1300 Gulden gegen das Wirtsanwesen Kienlein. Der Sinn dieses Tausches hat sich uns nicht recht erschlossen. Jedenfalls soll damals ein Stockwerk auf Gemeindekosten aufgesetzt worden sein (wohl beim Schul- und Mesnerhaus); vielleicht wollte man diesen Ausbau gegenfinanzieren.

Im Jahr 1874 wurde die sog. "Repositio sanctissimi" für die Kirche in Altmannsberg genehmigt, bei einer wenigstens vierwöchigen Zelebration in den Sommermonaten, im Jahr darauf in Holnstein das sog. "Zehnstündige Gebet" eingeführt.

So berichtet die Pfarrchronik aus dieser Zeit.

 

Das Kloster und die Regens-Wagner-Stiftung in Holnstein

Nach dieser Zeit des sukzessiven Niedergangs und der nachfolgenden, mühseligen Konsolidierung brach zum Ende des 19. Jahrhunderts für Holnstein eine neue Ära an.

Nach ihrer Berufung im Jahr 1836 hatte sich die Generaloberin der Dillinger Franziskanerinnen, Schwester M. Theresia Haselmayr, erstmals gehörloser Mädchen angenommen, und der karitative Konvent, dem sie vorstand, kümmerte sich in der Folge um deren Erziehung und schulische Bildung [Link]. Es war an sich ein unerhörter Vorgang, zu dieser Zeit Menschen mit Behinderung eine Lebensperspektive anzubieten, denn bis dahin waren diese immer weitgehend chancenlos geblieben. Die Generaloberin, die sich zunächst noch "Meisterin" nannte, führte so den Orden der Dillinger Franziskanerinnen [Link] nach der harten Zeit der Säkularisation in eine neue Blüte. Die engagierte Ordensfrau verstarb am 08. Januar 1878 in Dillingen.

Johann Evangelist Wagner mit zwei Dillinger Franziskanerinnen und zwei Schutzbefohlenen.
Ihr Vorhaben wäre zum Scheitern verurteilt gewesen, hätte Theresia Haselmayr nicht die volle Unterstützung des Dillinger Dogmatikprofessors Johann Evangelist Wagner (1807-1886) bekommen. Am 05. Dezember 1807 in Dattenhausen, LK Dillingen, als Sohn eines Landwirtes geboren, hatte J. E. Wagner eine höhere Schulausbildung erhalten und anschließend in Dillingen Theologie studiert. Am 31. Mai 1833 wurde er zum katholischen Priester geweiht. Nach kurzer Tätigkeit als Gemeindepfarrer erfolgte seine Berufung zum Regens des Dillinger Priesterseminars, gleichzeitig lehrte er als Professor für Dogmatik und übernahm das Amt des Geistlichen Direktors im Mutterhaus der Franziskanerinnen [Link]. Im Jahr 1847 gründete der Frauenorden die erste Schule für gehörlose Mädchen, die sog. "Taubstummenschule", knapp 10 Jahre später kam eine Versorgungsanstalt dazu, in der gehörlose Frauen nach der Schulzeit Wohnung, berufliche Ausbildung und Arbeit fanden. Da es zur damaligen Zeit noch keine Sozialversicherungssysteme gab, wären viele Behinderte zu bitterer Armut und vorzeitigem Tod verurteilt gewesen. Nach dem Motto "Wer uns Arbeit gibt, gibt uns Brot" wurden für die hörgeschädigten Frauen in Dillingen erstmals Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen, mit denen sie sich ihren Lebensunterhalt selbst verdienen konnten. In den eigens gegründeten Werkstätten wurden vor allem Paramente und andere kirchliche Textilien hergestellt. J. E. Wagner und die Dillinger Franziskanerinnen nahmen sich zunehmend auch der Menschen mit geistiger Behinderung an. Und auch für diese schuf man Lebensraum und Betreuungsmöglichkeiten. So entstanden die ersten "Cretinen-Anstalten".

Bis 1885 gründete J. E. Wagner in Bayern sechs Ausbildungs- und Wohnstätten in Form von Stiftungen für Menschen mit verschiedenen Behinderungen - in Glött, Zell, Hohenwart, Lauterhofen, Michelfeld - und eben Holnstein.

J. E. Wagner pflegte Zeit seines Lebens einen bescheidenen Lebensstil; seine Zeit, sein gesamtes Hab und Gut investierte er in die Behindertenarbeit. Am 10. Oktober 1886 verstarb Regens Wagner nach einem tätigen Leben. Sein Nachfolger, der spätere Domkapitular Magnus Niedermair (1849-1922), konsolidierte und erweiterte das Werk. Er gilt daher als zweiter Gründer der Regens-Wagner-Stiftung. Bis heute entstanden durch die Nachfolger sieben weitere Zentren sowie eine Gründung in Ungarn: Lautrach, Burgkunstadt, Holzhausen, Absberg, Erlkam und München, im Jahr 2000 Balatonmáriafürdö [Link].

Wegen der überragenden Leistungen für die Behindertenfürsorge leitete am 19. März 2001 der Bischof von Augsburg, Dr. Viktor Josef Dammertz, den Seligsprechungsprozess für Regens Wagner ein.

Soweit zur Geschichte des Regens-Wagner-Werkes.

Mit Ausnahme der Zeit des Nationalsozialismus wuchs die Einrichtung bis zum heutigen Tag, immer neu auf der Suche nach zeitgerechten Konzepten, um mit und für Menschen mit Behinderung Lebensperspektiven zu eröffnen. Heute begleiten die Regens-Wagner-Stiftungen etwa 7500 Menschen mit Behinderung, mit mehr als 4000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Für Holnstein wurde der Umgang mit behinderten Menschen ab dem Ausgang des 19. Jahrhunderts quasi zu einem Qualitätssiegel.

Am 19. Oktober 1880 kauften die Lauterhoferer Schwestern nach dem Rat ihres Regens vom Hauptmann Strömsdorfer das Schloss Holnstein an, um dort eine Zweigstelle zu gründen. Die Transaktion kostete den Orden 7875 Reichsmark. Der Bischof von Eichstätt, Franz Leopold Freiherr von Leonrod (1827-1905), unterstützte von Anfang an das Vorhaben und gewährte einen Darlehenszuschuss von 1300 Reichsmark.

Historische Aufnahme des Schlosses Holnstein um 1880.
Pfarrer Gregor Wiethaler aus Holnstein fungierte als vorläufiger Schlossherr. Am 5. November 1880 teilte Regens Wagner der Königlichen Regierung der Oberpfalz und von Regensburg schriftlich mit, dass er im Auftrag der Schwestern von Lauterhofen das "große, schöne, sehr solide und baulich ausgezeichnet gut erhaltene" Schloss in Holnstein erworben habe, um dort bildungsfähige behinderte Mädchen unterzubringen; zum Ausgleich wolle er in Lauterhofen ein Asyl für die Ärmsten schaffen.

Mit diesem Entschluss begann für den Ort Holnstein ein neues Zeitalter, welches heute, nach mehr als 130 Jahren, noch nicht sein Ende gefunden hat.

Wir zitieren im Folgenden aus einer Festschrift, welche die Regens-Wagner-Stiftung in Holnstein anlässlich ihres 125jährigen Bestehens herausgegeben hat [Link] und ergänzen einige Punkte aus anderen Quellen. Wer sich ausführlicher über das Regens-Wagner-Werk informieren will, wird in der Festschrift auch weitergehende Informationen finden. Hier die Eckpunkte:

Die Regens-Wagner-Einrichtung in Holnstein heute.
Soweit zur Geschichte der Regens-Wagner-Einrichtung in Holnstein. Es handelt sich bis zum heutigen Tag um ein offenes, in die Zukunft weisendes Programm. Dabei sind der Ort Holnstein und seine Behinderten längst zu einer Einheit verschmolzen!

Weiter oben wurde bereits unter historischen und architektonischen Aspekten das sogenannte Kienlein-Anwesen vorgestellt. Der gotische Bau aus der Zeit um 1490, hoch über der Juraklippe von Holnstein, trägt jetzt den Namen "Felsenschenke" und wird seit 2006 von der Regens-Wagner-Einrichtung als Begegnungs- und Schulungsstätte genutzt. Er enthält auch einige Gästezimmer.

Um das ehemalige Kloster herum ist inzwischen eine größere Siedlung mit einigen Neubaugebieten entstanden. Es zählt ca. 500 Einwohner, inklusive der Bewohner des unmittelbar benachbarten Rudersdorf und der Schützlinge der Regens-Wagner-Stiftung. Im Ort gibt es einen Kindergarten, eine Zweiggrundschule von Berching, eine Filiale der Raiffeisenbank in Neumarkt, eine Tankstelle, ein Dorfwirtshaus und ein Café. Arbeitsplätze halten die Schreinerei Bärtl, die Zimmerei Leidl, der Fliesenbetrieb Seemeier und natürlich die Regens-Wagner-Stiftung mit mehr als 250 Angestellten vor.

Satellitenaufnahme von Holnstein 2013.

 

Epilog

Dem Leser, der diesem Streifzug durch die Geschichte der Ortschaft Holnstein im Tal der Weißen Laber gefolgt ist, sei für seine Geduld gedankt.

Machen wir uns am Ende bewusst, dass wir im Fall von Holnstein nahezu nur über die fremdbestimmte Geschichte des Ortes berichten konnten. Über viele Jahrhunderte hinweg haben in Holnstein Landesherren, Fürsten und Grafen das Sagen gehabt, denen für die Zeit ihrer Herrschaft eines gemein war: Sie waren keine eingeborenen Holnsteiner und im Grunde genommen schlug deshalb ihr Herz auch nicht für Holnstein.

Dieses Manko registriert man ebenso bei den Wittelsbacher Herzögen des frühen 13. Jahrhunderts wie bei den Reichsgrafen von Tilly-Breitenegg und den Grafen von Holnstein, welche man eher als Titulargrafen denn als gewachsenes Grafengeschlecht ansehen darf. Dieses Manko nimmt man wahr bei der Administration durch das Königreich Bayern, durch das Deutsche Reich und die Weimarer Republik. Und es setzt sich fort in der Bundesrepublik Deutschland und mündet in eine Gebietsreform, die aus Rationalisierungsgründen versucht hat, zusammenzupressen, was zuvor nie zusammen gewesen war.

Der permanenten Fremdbestimmung zum Trotz lebten und arbeiteten in Holnstein zu allen Zeiten ortsgeborene und ortsansässige Menschen, meistens in der Landwirtschaft und im Handwerk, die ihr Wissen, ihre Erfahrung und ihr Engagement von der einen auf die nächste Generation weitergaben, die um ihre wirtschaftliche Existenz und zu gewissen Zeiten sogar um Leib und Leben kämpften und dabei Schweiß und Herzblut vergossen.

Nur für den relativ kurzen Zeitraum des 20. Jahrhunderts sind uns die Namen, Gesichter und Anwesen der Einwohner Holnsteins durch den Glücksfall einer Bilderchronik erhalten geblieben. Doch ihre Altvorderen sind, da sie über Jahrhunderte bar jeglicher Schrift- und sonstiger Zeugnisse blieben, auch am Ende einer akribischen Recherche fast gänzlich unerkannt geblieben. Diesen unbekannten Holnsteinern einer vergangenen Zeit haben wir die vorliegende Arbeit gewidmet. Wenigstens schimmert ihr Charakter, ihre Wesens- und Lebensart ein wenig in den Sagen des Ortes durch. Machen wir uns in einem Zeitalter von Internet und Smartphone bewusst, wie wenig wir heute noch imstande sind, jene landsmannschaftliche Geschlossenheit aufzubauen, die diese Menschen geprägt hat. Gerade deshalb haben wir den Sagen von Holnstein reichlich Platz eingeräumt und diese mit den geschichtlichen Fakten bewusst verwoben. Lebendige Historiographie beschränkt sich nicht auf das bloße Abspulen von Namen, Daten und Zahlen.

Wenigstens zu einem Zeitpunkt in der frühen Geschichte Holnstein gab es eine gewisse Identität der Herren und ihrer Untergebenen. Dies war die Zeit des hohen Rittertums, die Zeit der Gosberte und Adalberte von Holnstein.

Die ersten dokumentierten Herren von Holnstein stammten mit einiger Wahrscheinlichkeit aus einer autochthonen Adelsschicht, die ihren Ursprung bereits in der Karolingerzeit oder noch früher genommen hatte und spätestens ab dem 11. Jahrhundert selbst Hand anlegte, um das Tal der Weißen Laber und den Ort Holnstein urbar zu machen. Als Teilhaber eines religiös motivierten, vom Interessenausgleich zwischen Volk und Adel geprägten Aufbauprogramms, welches von den verwandten Pabonen bis zum Ende des 12. Jahrhundert inauguriert und vorangetrieben wurde, war ihnen über mindestens ein Jahrhundert eine gute und wahrscheinlich auch friedvolle Zeit beschieden. Und in der Person des Gosbert von Holnstein ist es diesen Herren sogar geglückt, eine Ehrenstellung am Hof eines Salierkaisers einzunehmen und wahrscheinlich sogar zu einem gewissen Zeitpunkt an entscheidender Stelle in die Geschicke des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation einzugreifen.

Wir wollen deshalb das 12. Jahrhundert ganz bewusst etwas verbrämend das "Goldene Zeitalter des hohen Rittertums in Holnstein" nennen.

Was folgte, waren Jahrhunderte jener feudalen Fremdherrschaft, die wir eingangs erwähnt haben - eine Fremdherrschaft, welche jedes Aufbegehren, jede Profilierung der ortsansässigen Bevölkerung verhinderte. So interessant sich im Einzelnen die Geschichte in diesen Jahrhunderten auch gestaltete, die Holnsteiner waren meistens Opfer, nicht Akteure, und von einer wirklich guten Zeit kann keine Rede sein.

Erst spät hat sich das Blatt wieder gewendet, und der Ort erlebte ein zweites "Goldenes Zeitalter": Als in einem ganz besonderen Sinn identitätsstiftend wirkte sich die Ansiedelung der Dillinger Franziskanerinnen und die nachfolgende Arbeit für behinderte Menschen durch das Regens-Wagner-Werk aus. Was bereits im 19. Jahrhundert begann, ist nach 130 Jahren ein nach wie vor offenes Programm.

Die Menschen mit Behinderung, welche in Holnstein in der Person des Henkerkare auf einen sagenhaften Vorgänger der Grafenzeit gestoßen sind und nun schon seit Jahrzehnten hier leben und auf vielfältigste Weise gefördert und versorgt werden, sind ein Segen für die Ortschaft. Sie sind nicht nur zum prägenden Element für den Ort geworden, sondern im Grunde genommen auch sein größter Arbeitgeber. So konnten sich inzwischen in Holnstein viele Familien neu ansiedeln, welche für die Behinderten arbeiten und mit dieser sinnhaften Arbeit ihren Lebensunterhalt verdienen. Wollen wir hoffen, dass diese Zeit gegenseitiger Befruchtung noch möglichst lange anhält.

Was die Stadt Berching betrifft, so sind ihre Bewohner gut beraten, auf die spezifische Geschichte und Entwicklung Holnsteins in vielfältiger Weise Rücksicht zu nehmen. Was über Jahrhunderte in getrennten politischen Einheiten existiert hat, ist vielleicht verwaltungstechnisch schnell zusammengefügt, inhaltlich und in Bezug auf die Mentalität aber noch lange nicht eins. Man kann beiden Seiten für ein gedeihliches Zusammenwachsen nur viel Einfühlungsvermögen und Glück wünschen!

Um eine solche Einstellung zu fördern, haben wir das vorliegende Quellenmaterial gesichtet und zusammengestellt. Mag die Präsentation in einem modernen Medium wie dem Internet auch die junge Generation dazu motivieren, nachzulesen und nachzudenken.

Berching, den 10. März 2013.

Werner Robl

 

 

Zum Abschluss dieses Aufsatzes haben wir über Holnstein ein historisches Fotoalbum zusammengestellt. Die Bilder und Fotografien stammen aus der Foto-Chronik Holnstein, Fotozusammenstellung über Holnsteiner Anwesen von 1900 bis 2000 und deren Besitzer, herausgegeben und verfasst von Herbert Regnath, 2005.

Das digitale Bilderbuch soll einen Einblick geben über das Wohnen und Leben der Holnsteiner etwa bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Die meisten Privatbauten wurden aus Kalkbruchstein im sog. Oberpfälzer Hausstil errichtet, vereinzelt fanden sich auch Hausformen in der Altmühl-Jura-Bauweise und im fränkischen Steildach-Fachwerk-Stil.

Leider sind diese zum Teil jahrhundertealten Bauten trotz der außerordentlichen Zweckmäßigkeit ihrer Einrichtung bis auf wenige rühmliche Ausnahmen der Bauwut des ausgehenden 20. Jahrhunderts zum Opfer gefallen. Oder sie vegetieren heute verlassen und verfallsbedroht vor sich hin. Hätte man sich rechtzeitig entschlossen, diese dörflichen Häuser-Scheunen-Stall-Ensembles zu erhalten und modernen Wohnzwecken zuzuführen, wozu sie bestens geeignet sind, dann wäre Holnstein heute wahrlich ein Kleinod unter den Dörfern des bayerischen Jura und ein Magnet für Besucher von weit und breit. So aber ist wie in so vielen anderen Dörfern das charakteristische Dorfbild verwischt und weite Teile Holnsteins sind dem größten Schaden anheimgefallen, der einer Ansiedlung blühen kann - der X-Beliebigkeit ihres Aussehens.

Die folgenden Bilder sollen wenigstens einen vagen Eindruck über das unwiederbringlich Verlorene vermitteln.

Wer sich über den unglaublichen Raubbau vergangener Jahrzehnte an unserem historischen Erbe in Bayern weitergehend informieren und sich gegen die bautechnischen Gefährdungen unserer schnelllebigen Zeit immunisieren will, dem seien die hervorragenden, weil zeitlosen und vorausschauenden Filme von Dieter Wieland im Dritten Bayerischen Fernsehen aus der Reihe Topographie empfohlen. Diese sind inzwischen zum großen Teil über das Videoportal Youtube frei verfügbar! Hier eine kleine Auswahl der Wieland'schen Filme:

 


[Hier geht es zum historischen Fotoalbum Holnstein]                      Bitte auf den Titel klicken!


 

Fussnoten

Achtung: Erst lange nach Abschluss dieses Manuskriptes erreichte uns die Chronik von Holnstein aus der Hand von Herbert Regnath, publiziert im Jahr 2002. Interessante Angaben aus dieser Chronik haben wir in diese Aufstellung nachträglich integriert, z. T. mit Zitation, aber ohne Angabe von Fussnoten.

[01] Siehe Geotopkataster Bayern, Geotop-Nr. 373H004 und 373R005.

[02] M. Nawroth: Ein Beutelbecher aus der Nähe von Holnstein an der Weißen Laber, ein Beitrag zur Verbreitung der Michelsberger Kultur, in: Bayern. Beitr. Arch. Oberpfalz 3, 1999, S. 146 Abb. 4.

[03] Beispielsweise die "Kindinger Klause", die Höhlen bei Unteremmendorf und Essing oder das sog. "Hohlloch" bei Velburg.

[04] Siehe H. Edinger: Von Hechten, Hexen, Herren und Halunken, Sagen aus der Gemeinde Berching, Kallmünz 2002, S. 85. Künftig abgekürzt mit Edinger, Sagen...

[05] Siehe z. B. Pastoralblatt von Eichstätt, Bd. 9, 1862, S. 141. Künftig abgekürzt PB + Bandnummer.

[06] Siehe z. B. C. Siegert: Geschichte der Herrschaft, Burg und Stadt Hilpoltstein, ihrer Herrscher und Bewohner, mit besonderer Rücksicht auf die altbayerischen hohen Adelsgeschlechter, vorzüglich der Scheyrer und Babenberger, in: Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg, Band 20, 1861. Künftig abgekürzt mit Siegert, Hilpoltstein...

[07] Urkunde Kaiser Heinrichs IV. zur Schlichtung eines Streites zwischen der Äbtissin Irmgard von St. Paul in Regensburg und Bischof Gebhard von Regensburg wegen Alienation eines Gutes -Bruchstück eines Traditionsbuches von St. Paul. In der hochrangigen Zeugenliste findet sich als erster hinter den Bischöfen, Herzögen und Markgrafen ein Kuno von Holnstein: "Erzbischof (Berthold) von Salzburg, Bischof (Ulrich) von Passau, Herzog Friedrich (I. von Schwaben), Konrad (von Beichlingen), der Sohn Herzog Ottos von Sachsen, Pfalzgraf Friedrich (I. von Sommerschenburg), Markgraf Burchard (von Istrien), Kuno von Holnstein, Gottfried (II. von Raabs), der Bruder Bischof Gebhards von Regensburg u. v. a. m. Siehe Regesta imperii online: Urkundenregesten Heinrichs IV. http://www.regesta-imperii.de/fileadmin/user_upload/downloads/heinrich-4.pdf S. 497.

[08] Die Staufersbucher waren Ministerialen der Holnsteiner. Siehe hierzu B. Heinloth in: Historischer Atlas von Bayern, Altbayern, Reihe I, Heft 16: Neumarkt, S. 76, 198. Künftig abgekürzt HAB Neumarkt...

[09] Siehe Quellen und Erörterungen, Bd. 1, München 1856, Urkunde Nr. 133, S. 60. Künftig abgekürzt mit QE + Bandnummer.

[10] Siehe W. Robl: Burggraf Heinrich III. von Regensburg und sein Erbe: Die romanischen Schutzkirchen von Altbayern, Online-Publikation von 2012, Kapitel "Otto I.". Künftig abgekürzt Robl, Schutzkirchen...

[10a] S. Weinfurter: Reformidee und Königtum im spätsalischen Reich. Überlegungen zu einer Neubewertung Kaiser Heinrichs V., in: S. Weinfurter (Hrsg.): Reformidee und Reformpolitik im spätsalisch-frühstaufischen Reich. Mainz 1992, S. 1ff.

[11] Siehe hierzu HStM Kl.Lit. Reichenbach Nr. 41/2 S. 4, Monumenta boica, künftig abgekürzt MB, Bd 14, München 1784, S. 407f., auch O. Holder-Egger: Monumenta Germaniae Historica, Scriptores, künftig abgekürzt MGH SS, Bd. 15/2, 1888, S. 1078-1079; die Urkunden auch erwähnt in HAB Neumarkt..., S. 74, 76, 222. Gosbert ist hier eindeutig einer Gruppe von edelfreien Geschlechtern zuzuordnen, die in familiärer Verbindung mit den Riedenburger standen - wie auch die Zeugen vor und nach ihm - , nicht jedoch den Ministerialen des Markgrafen, welche anschließend aufgeführt werden: An erster Stelle bezeugen der Burggraf Otto, Friedrich der Domvogt von Regensburg aus dem Haus Bogen, sowie Gebhard von Leuchtenberg. Es folgen die Edelfreien Gebhard von Riedenburg, Berthold von Schamhaupten, Ulrich von Stein, "Gozbertus de Holinsteine", Werner von Laaber, Altmann von Siegenburg, Meginhard von Parkstein, Erchinbert von Altendorf. Erst danach kommen die Ministerialen des Markgrafen, darunter unter vielen anderen Reginbot von Vohburg, Ludwig von Nabburg, aber auch ein Hildebrand von Brenz an der Brenz. Danach erscheinen die nicht-adeligen Ministerialen des Burggrafen, an erster Stelle Gerold von Keilsdorf (bei Riedenburg) sowie drei weitere Ritter. Am Schluss die Ministerialen des Grafen von Bogen, darunter Hartwig Krof von Falkenstein. Auch "Gebehardus de Lukkenberge" (Leuchtenberg) ist in Zusammenhang mit den Pabonen zu sehen: Burggraf Heinrich III., der Sohn Burggraf Ottos I., nahm im Jahr 1166 einen "Werner von Leuchtenberg" als engen Vertrauten auf eine Wahlfahrt nach Jerusalem mit. Siehe hierzu auch Robl, Schutzkirchen, in diversen Kapiteln. Erst im Jahr 1135, als Reichenbach nach 17jähriger Bauzeit endlich fertig gestellt war und eingeweiht wurde, fügte Markgraf Diepold III. einige seiner Besitzungen aus Schwaben, Österreich und dem Egerland dem Klostergut hinzu. Wiederum ist Burggraf Otto als Zeuge dabei, diesmal mit seinem Sohn Heinrich und mit seinem regionalen Titel "Graf von Regenstauf". Auch die alte Zeugenliste von 1118 ist nahezu komplett, Gosbert von Holnstein ist allerdings nicht mehr darunter. Er war möglicherweise zuvor verstorben.

[12] HAB Neumarkt..., S. 222.

[13] Siehe MB XIV, S. 411, XXVII, S. 8.

[14] Unter den Zeugen erscheint auch ein Gebolf de Thalmässing. Siehe MB XIII, S. 334, und Siegert, Hilpoltstein..., S. 86f.

[15] Siehe MB XIV, S. 413 und M. Döberl: Regesten und Urkunden zur Geschichte der Dipoldinger Markgrafen auf dem Nordgau, München 1893, S. 16. Künftig abgekürzt Döberl, Regesten...

[16] Siehe MB VII, S. 344f.; ausführlich bewertet auch in Robl, Schutzkirchen..., Burggraf Heinrich III., Teil 1.

[17] Adelbert und Megingoz von Holnstein bei einer Schenkung an das Kloster Berchtesgaden durch Herbord von Hebing als Zeugen, siehe QE Bd. 1, S. 306, oder Siegert, Hilpoltstein..., S. 87. Eine Urkunde des Klosters Reichersberg von 1140 bestätigt, dass ein gewisser "Ulricus de Staine" dem Kloster einen Hof und eine Mühle in "Rossebach" geschenkt habe. Unter den Zeugen "Adelbertus de Holenstaine", "Erchingerus de Holenstaine", außerdem Vasallen aus den Pabonenorten Töging, Tettenacker und Schamhaupten.

[18] Siehe MB IX, S. 414.

[19] Siehe A. von Meiller: Regesten zur Geschichte der Markgrafen und Herzöge Österreichs aus dem Hause Babenberg, Wien 1850, Urkunde Heinrichs II. Nr. 47, S. 42. Künftig abgekürzt Meiller, Regesten...

[20] Siegert, Hilpoltstein..., S. 85f.

[21] Siehe J. B. Fuchs: Geschichte des ehem. Benediktinerklosters Plankstetten, in: Jahrbuch des Historischen Vereins von Mittelfranken, 1847, S. 48. Künftig abgekürzt mit Fuchs, Plankstetten...

[22 Fuchs, Plankstetten..., S. 50.

[23] Siehe HStM Kl.Lit. Plankstetten Nr. 24, erwähnt auch bei Fuchs, Plankstetten..., S. 51.

[24] Siehe Döberl, Regesten..., Urkunde 139, S. 32.

[25] Siehe Robl, Schutzkirchen..., Kapitel "Heinrich III." Teil 2.

[26] Siehe Regesta boica, Bd 1, S. 269. Künftig abgekürzt RB + Bandangabe.

[27] Siehe Heidecker Reg. Nr. 470, auch HAB Neumarkt..., S. 222.

[28] Siehe Siegert, Hilpoltstein..., S. 63.

[29] So hat zum Beispiel Schloss Prunn im Altmühltal diese mysteriöse genealogische Wurzel mit ihren weiten Verzweigungen zu einem Highlight seiner neuen historischen Asustellung gemacht. Siehe hierzu S. Karnatz, U. Piereth, A. Wiesneth: "Umb die vest prunn", Geschichte, Baugeschichte und der Prunner Codex, Forschungen zur Kunst-und Kulturgeschichte, Band XI, 2012.

[30] Ausführlich begründet in Robl, Schutzkirchen...

[31] Siehe RB 9, S. 363. Zum Wechsel des Patronatsrechtes in Holnstein auch F. X. Buchner: Das Bistum Eichstätt, historisch-statistische Beschreibung aufgrund der Literatur, der Registratur des Bischöflichen Ordinariats Eichstätt sowie der pfarramtlichen Berichte, Bd. 1, Eichstätt 1937, S. 520f. Künftig abgekürzt Buchner, Bistum Eichstätt...

[32] Siehe Th. Ried: Codex Chronologico-Diplomaticus Episcopatus Ratisbonensis, Regensburg 1816, Urkunde 275, S. 252. Künftig abgekürzt mit Ried, Regesten... Auch erwähnt in Siegert, Hilpoltstein..., S. 89.

[33] Siehe Siegert, Hilpoltstein.., S. 61 und 88f. An dem genannten Diplom wird aber auch deutlich, wie schwierig mitunter die Zuordnung der in den Urkunden genannten Personen zu ihren Herkunftsorten mit der Endung "-stein" ist. In QE 1, S. 187, wird bei dieser Urkunde "de Steine" dem heute abgegangenen, weil dem Truppenübungsplatz Hohenfels zum Opfer gefallenen Ort Lutzmannstein zugeordnet. Mit "Albertus" sei "Albertus Luceman" gemeint gewesen, der die Umgebung Regensburgs gebrandschatzt habe. Siehe hierzu auch Ratisbona Monastica Nr. 63 und Hunds Stammenbuch II, S. 15). Einen Beweis hierfür gibt es allerdings nicht. Adalbert II. Lutzmann soll im Übrigen auch ein Pabonenspross gewesen sein und vom Haus Prunn-Laaber abgestammt haben (nach F. Tyroller: Genealogie des altbayerischen Adels im Hochmittelalter), Göttingen 1962-1969, Tafel 49, S. 447).

[34] Siehe hierzu A. O. Weber: Studien zum Weinbau der altbayerischen Klöster im Mittelalter, Diss. Stuttgart 1997, S. 243.

[35] Siehe J. N. von Löwenthal: Geschichte des Schultheißenamtes Neumarkt, München 1805, S. 62. Künftig abgekürzt mit Löwenthal, Schultheißenamt...

[36] Das spezifische Merkmal eines Profangeschosses über dem Kirchenschiff oder alternativ über dem Chorturm einer Landkirche findet sich sonst nur in den grenznahen Teilen Niederösterreichs. Nachdem Burggraf Heinrich III. in die Markgrafschaft Österreich eingeheiratet hatte, importierte er wohl den Kirchentypus für die bayerischen Stammlande. Siehe auch Robl, Schutzkirchen...

[36a] Siehe Buchner, Bistum Eichstätt..., S. 520f.

[37] Die jeweiligen Ortschroniken von Parsberg und Lupburg wissen kaum etwas über diese Epoche zu berichten, aber der Krieg, der nach Aussterben der Pabonen zwischen den Bischöfen von Regensburg und dem Haus Wittelsbach um etliche dieser Burgen entbrannte, spricht eine beredte Sprache über die vorherigen Besitzverhältnisse. Lupburg, Parsberg, Durchelenburg sind expressis verbis in einer Einigungsurkunde von 1204 entsprechend erwähnt. Siehe QE 5, S. 4ff.

[38] Der oft kolportierte Erbauungszeitraum von Breitenegg 1210 bis 1230 durch den Pabonensproß Werner IV. vom Laaber greift hier zu spät. Vom kleineren Vorgängerbau des 12. Jahrhunderts dürften in Breitenegg noch etliche Buckelquader mit Randschlag stammen - so, wie sie sich auch in Schloss Prunn, auf der Rosenburg, in der Burg Laaber und bei den Burgen Lupburg und Parsberg finden.

[39] Siehe Bertholdi Zwifaltensis Chronicon, in MGH SS 10, das vorliegende Zitat von S. 106.

[40] Siehe z. B. J. A. Kraus: Kein Burghügel bei Stetten und H., in Hohenzollerische Heimat, JG 35, 1985, S. 13ff.

[41] Siehe zum Thema z. B. leo-bw: Landeskunde entdecken online, http://www.leo-bw.de, Stichwort Heidenheim an der Brenz. Auch A. Feiler: Die Siedlungen auf dem Albuch, Buchstabe H, Heidenheim, http://www.feilerseiten.de/spuren/spuren.htm, Steinheim 2000. Auch H. Bühler: Die Edelherren von Gundelfingen-Hellenstein, ein Betrag zur Geschichte des ostfränkischen Adels im hohen Mittelalter, in: Jahrbuch des Historischen Vereins Dillingen an der Donau, Bd. 73, 1971, S. 13ff.

[42] Siehe Döberl, Regesten..., S. 4f.

[43] Siehe Döberl, Regesten..., S. 6f.

[44] Siehe oben und MB VII, S. 343ff.

[45] Siehe Döberl, Regesten..., S. 13.

[46] Siehe Döberl, Regesten..., Urkunde 68, S. 16.

[47] Siehe Döberl, Regesten..., Urkunde 139, S. 32.

[48] Siehe Schenkung an das Kloster Reichenbach von 1135, Urkunde 35, in Döberl, Regesten..., S. 11.

[49] Siehe Löwenthal, Schultheißenamt..., S. 60f.

[49a] Siehe HAB Neumarkt, S. 25ff.

[50] Zu den Quellen siehe MB XXXVI Teil 1, S. 124, S. 359.

[51] Siehe HAB Neumarkt..., S. 223.

[52] "...cum ille de Haidekke venderet Holnstain et Wizzingen...", siehe RB 5, S. 172, auch Kunstdenkmäler von Bayern, Bezirksamt Beilngries, S. 96. Künftig abgekürzt KdB, BA + Ortsangabe.

[53] Siehe HAB Neumarkt..., S. 99.

[54] Siehe F. M. Wittmann: Monumenta Wittelsbacensia, Bd. 1, München 1857, S.404.

[55] Zu den Schweikers von Gundelfingen siehe z. B. W. Hundt: Stammenbuch, Teil 1, 1598, S. 216.

[56] Urkunde HStaatsarchiv München, Pfalz-Neuburg, Fasz. Holnstein, Nr. 327, erwähnt in KdB BA Beilngries, S. 96.

[57] Siehe RB 10, S. 209, und KdB BA Beilngries, S. 97.

[57a] Urkundenkopie im Ordinariatsarchiv Eichstätt, erwähnt bei Buchner, Bistum Eichstätt..., S. 521. Auch RB 9, S. 363.

[57b] Siehe RB X, S. 217 und W. Brenner-Schäffer: Das Geschlecht der Hohenfelser, in HVOR Bd. 9, 1845, S. 354f.

[58] Siehe A. Wendehorst: Das Bistum Eichstätt: Die Bischofsreihe bis 1535, in: Germanis Sacra, NF 45, Bd 1, 2006, S. 157f.

[59] Burggraf Heinrich III. von Regensburg, Graf von Riedenburg, hat in unserer Gegend viele Kulturleistungen erbracht, u. a. durch die Ansiedelung der Templer in Thannbrunn und in Altmühlmünster. Der Templerorden hatte allerdings nach seiner Aufhebung bereits die Region wieder verlassen. Burggraf Heinrich III. hat sich gegen die Politik Kaiser Friedrichs Barbarossa gestemmt und dabei jeglichen politischen Einfluss verloren. Derselbe Burggraf hatte, als er im Jahr 1166 Jerusalem besuchte, einen der ersten Leuchtenberger in seiner Entourage gehabt (siehe oben), auch war nach seinem und seiner Steflinger Verwandten Tod die Landgrafschaft der Pabonen auf dem östlichen Nordgau vorübergehend auf die Leuchtenberger übergegangen, ehe auch diese die Wittelsbacher an sich zogen. Dies deutet auf sehr enge, wenn nicht sogar verwandtschaftliche Bande zwischen den Pabonen und den Leuchtenbergern hin, so dass sich ein Burgenbesitz der letzteren auch über diesen Mechanismus erklären würde - mit den verwandten Heideckern als zwischengeschalteten Lehensnehmern.

[59a] Siehe Buchner, Bistum Eichstätt..., S. 521.

[60] Information aus RI XIII, H. 14 n. 433-436, 443, in: Regesta Imperii Online, URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1448-10-00_1_0_13_14_0_443_443.

[61] Siehe HStM Ger.Urk. Neumarkt, Nr. 604.

[62] Siehe HAB Neumarkt..., S. 93, S. 223ff.

[63] Siehe Edinger, Sagen..., S. 86f..

[64] Siehe Edinger, Sagen..., S. 88, 89.

[65] Urkunde C 34 im Urkundenarchiv des Stadtmuseums Ingolstadt.

[66] "Bischoff Reymot" in J. P. Reinhard: Beyträge zu der Historie des Frankenlandes und der angränzenden Gegenden, Bayreuth 1762, S. 5f., auch K. Martsch: Meisterlieder der Kolmarer Handschrift, in: Bibliothek des Litterarischen Vereines Stuttgart, 1862, S. 112. "Khünig reymot" in: I. von Zingerle: Bericht über die Wiltener Meistersänger-Handschrift, Wien 1861, S. 77.

[67] Siehe L. Brandl: Reymot, der großherzige Kastner von Holnstein, in: Im Glanz des Heiligen, Eichstätt 2010, S. 144 und E. und B. Rheinwald: Unsere Vorfahren Rheinwald, Der Versuch der Geschichte eines Geschlechtes, Stuttgart 1997, S. 4.

[68] Siehe L. Brandl: Reymot, der großherzige Kastner von Holnstein, in: Im Glanz des Heiligen, Eichstätt 2010, S. 145. Und: Buchner, Bistum Eichstätt..., S. 521.

[69] A. a. O., S. 145f.

[69a] Siehe PB 17, 1870, S. 68.

[70] Siehe Löwenthal, Schultheißenamt..., S. 67.

[71] Siehe Löwenthal, Schultheißenamt..., S. 61, S. 63.

[72] Siehe M. Schöberl: Vom pfälzischen Teilstaat zum bayerischen Staatsteil..., Dissertation 2006, S. 195.

[73] Siehe Löwenthal, Schultheißenamt..., S. 170.

[74]Siehe Chronik von Ittelhofen unter http://www.ittelhofen.de.

[75] Siehe Artikel zu Schweigersdorf in Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Schweigersdorf.

[76] Dies und die folgenden Zitate aus S. Helml: Die Oberpfalz im 30jährigen Krieg, der Deutschland und Europa in seinen Bann zog. Sulzbach. Neumarkt. Amberg. Tirschenreuth. Waldsassen. Kemnath. Cham. Neunburg vorm Wald. Tilly. Gustav Adolf von Schweden. Sulzbach-Rosenberg, 1990, S. 209, 292, 251.

[77] A. a. O., S. 95.

[78] Die meiste Information zur kurbayerischen Landesdefensionslinie entnahmen wir den Arbeiten von M. Kerscher: Die "Kurbayerischen Landesdefensionslinien bei Dietfurt und Neumarkt", in: Oberpfälzer Heimat, Bd. 39, 1995, S. 76ff. Und: Zwei neue Werke der kurbayerischen Landesdefensionslinien zwischen Dietfurt an der Altmühl und Pollanten, Lkr. Neumarkt i. d. Opf, in: Beiträge zur Archäologie in der Oberpfalz und in Regensburg, Bd. 4, 2000, S 415ff.

[79] Weitere Schanzwerke haben sich erhalten, z. B. auf dem Berg bei Mallerstetten, bei Arnbuch, oder zwischen Wolfersbuch und Vogelthal, an einer Strecke, die fälschlicherweise "Römerschanze" heißt, auch nordwestlich von Neumarkt auf dem Dillberg. Wir selbst konnten südlich und nördlich von Holnstein einige weitere Reste der Defensionslinie finden. Zwischen der Altmühl und Denkendorf erlauben neuerdings auch Satellitenaufnahmen das Wiederauffinden von Linienabschnitten aufgrund von Bewuchsmerkmalen. Mehr hierzu in unserer Arbeit über die Schlacht von Mallerstetten.

[80] Zitat aus O. Kleemann: Die Grenzbefestigungen im Kurfürstenthume Bayern zur Zeit des Spanischen Erbfolgekrieges, in: Oberbayerisches Archiv für Vaterländische Geschichte, Bd. 42, 1885, S. 274-322.

[81] Siehe M. Kerscher: Beiträge..., S. 418.

[81a] Siehe A. Wolfsteiner: Die Grafen von Holnstein aus Bayern, in: Jahresbericht des Historischen Vereins für Neumarkt in der Oberpfalz und Umgebung, Bd. 20,1993, S. 79ff.

[82] Wenn folgende Notiz aus Wikipedia stimmt, hatte das Regiment den Namen "Holnstein" schon getragen, bevor Franz Ludwig das Kommando übernahm: "Prinz Ludwig Friedrich von Sachsen-Hildburghausen (1710-1759) trat 1741 nach einer Militärlaufbahn in der kaiserlichen Armee in das bayerische Heer ein, wo er im Österreichischen Erbfolgekrieg kämpfte. 1742 wurde er in Bayern Generalfeldmarschallleutnant. Kaiser Karl VII. übergab ihm das Infanterieregiment "Holnstein" und ernannte ihn 1743 zum General-Feldzeugmeister. Als Kommandant der belagerten Stadt Braunau am Inn ließ er zur Deckung des Bedarfes 1743 Zinnmünzen und bleierne Notklippen prägen. Kurfürst Maximilian III. beförderte ihn 1745 zum Oberbefehlshaber sämtlicher bayerischer Truppen. In Holland kämpfte er 1746-1748 weiter im Österreichischen Erbfolgekrieg und besaß ein eigenes Regiment "Hildburghausen". 1748 nahm er seinen Abschied aus bayerischen Diensten und begab sich in seine Heimatstadt."

[82a] Schon 1621 war die Kartoffel in einem botanisch-medizinischen Garten in Regensburg nachweisbar. Um 1690 muß nach einem Urteil der Kurfürstlichen Regierung von 1730 in Amberg der Kartoffelanbau in der nördlichen Oberpfalz begonnen haben. Mit Anbau der neuen Knollen hatten die Bauern von Falkenberg versucht, den Klosterzehent zu umgehen - ein Phänomen, welches auch anderorts noch über Jahrzehnte zu Streitigkeiten führte. Dem Stadtparrer Werner wurde 1990 wegen seiner Verdienste als "fidei tuberosum defensor - Verteidiger im Glauben an die Kartoffel" in Amberg ein Brunnen-Denkmal errichtet.

[83] Siehe HAB Neumarkt..., S. 201.

[84] Siehe Edinger, Sagen..., S. 89ff.

[85] Siehe Edinger, Sagen..., S. 98f.

[86] Zur Klärung des soziokulturellen Hintergrundes empfiehlt sich, selbst wenn der Henkerkare von Holnstein dabei nicht zur Sprache kommt, die Lektüre von M. Karl: Sozialrebellen in Bayern: Matthäus Klostermair, Michael Heigl, Mathias Kneißl, Regensburg 2003.

[87] Siehe HAB Neumarkt..., S. 188, 198.

[88] Siehe Edinger, Sagen..., S. 91ff.

[89] Siehe HAB Neumarkt..., S. 198.

[90] Dies und ein Großteil der Informationen des folgenden Kapitels, welche der Einfachheit halber ohne Zitation bleiben, stammen aus Buchner, Bistum Eichstätt..., und: 125 Jahre Regens Wagner Holnstein, 1881-2006, Streifzüge durch Geschichte und Gegenwart, 2006. URL: http://regens-wagner-holnstein.de/download/CY74f16790X12b1c916d3eXY3fae/Streifzuege_Internet.pdf.

[91] Angaben aus: Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Gräflichen Häuser, 1835, S. 235, und A. Wolfsteiner, Die Grafen von Holnstein...

[Zurück zum Anfang]