Dr. Martin Grabmann (1875-1949) - "der größte kath. Wissenschaftler seiner Zeit"

aus der Reihe: Perlen am Wegesrand der Berchinger Stadtgeschichte

© Dr. Werner Robl, Berching 2012

Portraitbild Martin Grabmanns.
 
Nicht nur das Bistum Eichstätt als solches, sondern speziell das im ehemaligen Unteren Hochstift Eichstätt gelegene Städtchen Berching hat im Lauf der Geschichte eine beachtliche Reihe von Gelehrten hervorgebracht. Zu diesen gehört der Oberpfälzer Dr. Martin Grabmann, ein in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts international renommierter Wissenschaftler für Dogmatik und Theologie.

In einem jüngeren angloamerikanischen Kompendium in drei Bänden über die Größen der Mediävistik wird Martin Grabmann als der "größte katholische Wissenschaftler seiner Zeit" gewürdigt (H. Damico und J. B. Zavadil: Medieval Scholarship, 2000).

 

 

 

 

 

Lebenslauf

Joseph und Walburga Grabmann, die Eltern.
Das Geburtshaus Martin Grabmanns stand in Winterzhofen, einem kleinen, auf der östlichen Jurahöhe über Berching gelegenen Bauerndorf, das zu seiner Zeit kaum mehr als 100 Seelen zählte [Link]. Martin Grabmann bestätigte später nicht ohne Stolz, dass er aus einem alteingesessenen Bauerngeschlecht stamme, dessen Wurzeln sich bis in das 15. Jahrhundert zurückverfolgen ließen. So tragen auch heute noch etliche Anwohner Winterzhofens und der angrenzenden Dörfer den Namen Grabmann, während dieser in anderen Gegenden so gut wie nicht präsent ist.

Hier im östlichen Sulzgau wurde am Morgen des 5. Januar 1875 dem Landwirt Joseph Grabmann und dessen Ehefrau Walburga, geb. Baur, aus dem benachbarten Wallnsdorf, ihr erstgeborenes Kind geschenkt: ein Junge, den Sie gemäß dem Rufnamen des Wallnsdorfer Taufpaten Donaubauer auf den Namen Martin taufen ließen. Die Taufe erfolgte noch am selben Tag in der Berchinger Stadtpfarrkirche, durch den Kooperator Peter Meyer, 1887-1904 Pfarrer von Plankstetten. Vielleicht ließ man sich bei der Patenwahl und der Namensgebung vom Patron der mütterlichen Heimatkirche in Wallnsdorf inspirieren, welche - bereits ersterwähnt im Jahr 1129 - dem heiligen Martin von Tours geweiht war und heute zu den ältesten Landkirchen der Umgebung zählt [Link].

Später wurden der Familie noch drei weitere Söhne geboren: Joseph, Johann und Anton, wobei der letztere schon im zarten Alter von 4 Jahren an Diphtherie verstarb. Eine andere Quelle spricht sogar von 5 Geschwistern (2 Schwestern?).

 

Der Kinzerbauer um 1900, mit Hausherr und Gesinde.
Das Haus der Eltern, die Martin Grabmann noch in seinem Testament als "gute Katholiken" erwähnte, trug die Hausnummer 2 und den Hausnamen Kinzerbauer. Es handelte sich um eines der stattlichsten Anwesen im Dorf. Leider haben sich nur wenige der alten Bauernhäuser bis in unsere Zeit erhalten, das Geburtshaus Martin Grabmanns zählt nicht dazu.

Allerdings kann man sich mittels nebenstehender Abbildung von 1900 gut vorstellen, wie die Bauersleute Grabmann damals in Winterzhofen gelebt und gewirtschaftet haben. Der Herr mit Hut vor der Haustür des Anwesens ist wohl Martin Grabmanns Vater Joseph, die kleinere Frau zu seiner Linken dürfte die Großmutter mütterlicherseits namens Walburga gewesen sein.

Das Grabmann-Anwesen heute.
Heute steht an Stelle des Geburtshauses ein modernes, insgesamt wenig ansehnliches und aktuell unbewohntes Zweifamilienhaus, welches an seiner Ostfassade eine Tafel trägt, die noch vom Vorgängerbau stammt und an die Geburtstätte des Wissenschaftlers erinnert. Die Hofstelle selbst ist inzwischen verwaist, die Felder sind längst verpachtet oder verkauft, die Nachfahren Martin Grabmanns in unbekannte Städte verzogen. Das verlassene Anwesen bietet einen etwas trostlosen Anblick. Nichts weist daraufhin, dass hier vormals einer der großen Jurabauernhöfe aus der Barockzeit stand.

 

Ehemalige Knabenschule von Berching, am Dr.-Grabmann-Platz 13.
Hier auf den östlichen Höhen über Berching verbrachte Martin Grabmann seine frühe Kindheit und seine Grundschulzeit. Seit ca. 1848 wanderten die Winterzhofener Bauernkinder hinunter in die Knabenschule von Berching - eine Strecke von über 3 km einfach. Das Schulgebäude mit der ehemaligen Hausnummer 18a steht noch heute und befindet sich vis à vis der Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt - gerade an dem Straßenzug bzw. Platz, der damals Schmolzergasse hieß und heute den Namen Martin Grabmanns trägt (Dr.-Grabmann-Platz, Haus Nr 13) [Link]. Unten befanden sich die Lehrerwohnungen, der Schulsaal lag im ersten Stock und blickte auf die Stadtmauer. Sicher ist nur, dass hier die älteren Knaben unterrichtet wurden. Die jüngeren sollen dagegen ihren Unterricht im Rathaus genossen haben, so auch der kleine Martin.

Wer wird zuerst das Talent des kleinen Martin entdeckt und gefördert haben?

Den allergrößten Verdienst in dieser Hinsicht schrieb Martin Grabmann seiner eigenen Mutter zu. Dieser "seiner leider früh verstorbenen, hochbegabten Mutter habe er es zu verdanken gehabt, dass er zum Studium kam", bemerkte er anerkennend.

In der Tat verstarb Walburga Grabmann schon früh, am 10. November 1886, an den Folgen einer gravierenden Magenerkrankung - kaum, dass der kleine Martin seine Grundschulzeit in Berching beendet hatte und auf das Gymnasium in Eichstätt hinübergewechselt war.

Kurze Zeit später starb auch der jüngste Bruder Anton, und Vater Joseph Grabmann war mit seinen nachgeborenen Söhnen Joseph jun. und Johann auf dem Hof in Winterzhofen allein - zumindest solange, bis 1890 seine Schwiegermutter, die Austragsbäuerin Walburga Baur, geb. Gabler aus Premerzhofen, auf den Hof des Schwiegersohnes zog, um ihm das Hauswesen zu besorgen. Walburga Baur wurde weit über 80 Jahre alt.

Max Greiner, Hauptlehrer, Chorregent und Ehrenbürger von Berching.
Mag Mutter Walburga auch das Talent ihres Sohnes primär gefördert haben, so gab es sicherlich auch Personen aus dem erzieherischen Umfeld des kleinen Martin, die sich des jungen Talentes annahmen und seine weitere Schulkarriere in Eichstätt anbahnten.

Wer könnte hier seinen guten Einfluss ausgeübt haben?

In Frage käme z. B. der Lehrer Max Greiner (1877-1911) und seinen beiden Hilfslehrer Bernhard Heindl und J. B. Morgott, welche Martin in der Berchinger Knabenschule unterrichteten. Religionsunterricht erteilten damals die Stadtkapläne; in der Zeit, als der kleine Martin unterrichtet wurde, hießen diese Hans Hochmut, Franz Frommet und Richard Lechner.

Josef Asam, Stadtpfarrer und Ehrenbürger von Berching.
Ausschlaggebend für Martins Förderung dürften aber der damals amtierende Stadtpfarrer Josef Asam (1860-1889) und/oder der Spitalbenefiziat Augustin Haberlander (1875-1886) gewesen sein, denn gerade diese waren es, welche die nötigen Verbindungen nach Eichstätt besaßen. Insbesondere Augustin Haberlander könnte dem kleinen Martin ein Vorbild abgegeben haben. Er betrieb selbst Geschichtsforschung und beschäftigte sich damals intensiv mit der Geschichte der 1000jährigen Stadt Berching.

Bei einem derart förderlichen Umfeld nimmt es kein Wunder, wenn Martin Grabmann, der vermutlich vorzeitig eingeschult worden war, nach Abschluss der 4. Klasse nicht in die erst wenige Jahre vor seiner Geburt neu eröffnete landwirtschaftliche Fortbildungsschule in Berching übertreten musste, sondern schon im zarten Alter von neun Jahren die Gelegenheit erhielt, eine höhere Schulausbildung in Eichstätt zu absolvieren. Den Eltern des Jungen, insbesondere dem Vater, mag das Weggeben des Erstgeborenen in ein Eichstätter Internat nicht leicht gefallen sein; immerhin war dieser prädestiniert gewesen, einstmals den elterlichen Hof zu übernehmen, was mit der höheren Schulbildung nun sehr unwahrscheinlich wurde. Der Kontakt Martin Grabmanns zu seinem Elternhaus riss auch nach dem Tod der Mutter und im Laufe seiner weiteren Karriere nie ab, wie der erhaltene Briefwechsel bezeugt.

"Ulmer Hof", erbaut 1688 von Jakob Engel. Ehemaliges Humanistisches Gymnasium und damit erste Lehrstätte Martin Grabmanns in Eichstätt.
Jedenfalls besuchte Martin Grabmann ab dem 9. Lebensjahr, zwischen 1884 und 1893, das Humanistische Gymnasium in Eichstätt, wobei er im bischöflichen Knabenseminar Unterkunft erfahren hatte. Hier erfuhr er auch vom vorzeitigen Tod seiner Mutter. Die Talentschmiede des Bistums befand sich damals im sogenannten "Ulmer Hof" in der Innenstadt, einem stattlichen Gebäude, welches in seinen Grundfesten auf einen Domherrrenhof des späten Mittelalters zurückging. Seine barocke Gestalt hatte dieser Bau durch den Hofbaumeister Jakob Engel im Jahr 1688 erlangt. Die Katholische Universität übernahm 1977 das durch den Umzug des Willibald-Gymnasiums frei gewordene Gebäude als Lehr- und Verwaltungsgebäude. Im ehemaligen Innenhof befindet sich heute, von großen Glasflächen begrenzt, eine Teilbibliothek der Universität Eichstätt.

Hier erwarb Martin u. a. die entscheidenden Kenntnisse im Lateinischen, welche ihm später das Studium mittelalterlicher Quellen ermöglichten [Link]. An dieser Stelle soll jedoch nicht verschwiegen werden, dass das Abiturzeugnis Martins, welches damals noch "Gymnasial-Absolutorium" hieß, im Gegensatz zu den Lernfächern wie Religion und Geschichte für die Sprachen Latein, Französisch und Griechisch nur ein "gut", nicht ein "sehr gut", und für das Turnen sogar nur ein "genügend" aufwies. Insofern darf man davon ausgehen, dass Martin in der Gymnasialzeit nicht in allen Punkten zu Höchstleistungen aufgelaufen war, wenngleich ihm im selben Zeugnis ein "sehr wohlbefriedigender Fleiß", eine "große Belesenheit" und eine "erfreuliche Gewandtheit der sprachlichen Darstellung" sowie ein "satzungsmäßiges Betragen" attestiert wurden.

Im Anschluss an die Gymnasialzeit nahm Martin am unmittelbar benachbarten Bischöflichen Lyzeum von Eichstätt das Studium der Philosophie und Theologie auf. Das Lyzeum befand sich damals in enger räumlicher Verbindung mit dem "Collegium Willibaldinum", jenem Priesterseminar, welches schon 1564 nach dem Tridentinum von Bischof Martin von Schaumberg gegründet worden war und damit das älteste Priesterseminar nördlich der Alpen darstellt, direkt neben der sog. "Schutzengelkirche" von Eichstätt gelegen.

Das Professorenkollegium: Links Franz von Paula Morgott (1829-1900), in der Mitte der Liturgiker Adalbert Ebner (1861-1898), rechts Albert Stöckl (1823-1895).
Hier hatte Martin Grabmann unter anderen in der Philosophie Professor Albert Stöckl (1823-1895) und in der Dogmatik den Thomisten und Neuscholastiker Professor Franz von Paula Morgott (1829-1900) als Lehrer, wobei letzterer ein Namensvetter seines Religionslehrers in Berching war.

Albert Stöckl war einer der fruchtbarsten, wenn auch nicht der originellsten deutschen Neuscholastiker, und ansonsten vor allem Philosophiehistoriker, bekannt geworden durch seine dreibändige "Geschichte der Philosophie des Mittelalters" [Link]. Bei seinem Nachfolger auf dem exegetischen Lehrstuhl in Eichstätt, Franz von Paula Morgott, handelte es sich um einen großen und lebenslangen Förderer des Thomismus, dem allerdings ein Nervenleiden (vermutlich Parkinsonismus) vorzeitig die Möglichkeit zum Schreiben nahm [Link] [Link].

Diese beiden Ausbilder weckten neben dem Inhaber des Philosophielehrstuhls, Matthias Schneid (1840-1893), Martin Grabmanns tieferes Interesse an der scholastischen Tradition und waren somit prägend für seinen weiteren Werdegang. Damals wurde in Eichstätt nicht nur über die Scholastik theoretisiert, sondern dieselbe auch aktiv gelebt, z. B. durch die zahlreichen Disputationen zwischen den Studenten und ihren Dozenten, die als nützlicher Teil des Lehrbetriebes angesehen wurden. Martins Hochschullehrer führten ihn in diese Wissenschaft ein und wiesen dem begabten Studenten schließlich den Weg zu dem Forschungsgebiet, das später sein lebenslanges Arbeitsfeld werden sollte: Die Erforschung der mittelalterlichen Geistesgeschichte, insbesondere die hermeneutische Durchdringung der Lehre des heiligen Thomas von Aquin.

Im August 1895 trat Grabmann als Novize in den Dominikanerorden in Olmütz im heutigen Tschechien (Noviziat seit 1878, Ordensstudium seit 1905) ein, verließ den Konvent allerdings bereits nach einem halben Jahr wieder, um ein Weltpriester zu werden. Nichtsdestotrotz blieb er dem Orden seines großen Vorbilds Thomas von Aquin Zeit seines Lebens eng verbunden, ab dem 24. April 1921 als Mitglied des sog. "Dritten Ordens".

Am 20. März 1898 wurde Martin Grabmann schließlich zusammen mit 14 weiteren Diakonen von Bischof Franz Leopold Freiherr von Leonrod im Eichstätter Dom zum Priester geweiht. Seine Primiz feierte er am Osterdienstag, den 12. April 1898, 19 Uhr Vormittag, in seiner Heimatgemeinde Berching. Anschließend wirkte er zwei Jahre in der praktischen Seelsorge, zuerst unter Dr. theol. Joseph Maier als Kaplan in Kipfenberg, ab 8. September 1898 in Allersberg, wo er unter nicht näher bekannten gesundheitlichen Schwierigkeiten, aber mit viel Freude und Engagement als Kaplan und Vizepräses der dortigen Kolpingsfamilie wirkte, und ab 2. November 1898 als 2. Kaplan in der Stadtpfarrei Neumarkt, eine Arbeitsstelle, die ihm wegen der Arbeitsüberlastung seinen fortgesetzten Studien eher weniger entgegen kam. In dieser Zeit riss der Kontakt zum Lyzeum in Eichstätt, vor allem zu seinem Mentor Franz von Paula Morgott, nie ab, wie zahlreiche Briefe bezeugen. Der greise Professor drängte Martin Grabmann in Allersberg zu einem Doktorat in Rom oder München, offensichtlich schon im Hinblick auf seinen baldigen Tod und seine Nachfolge. Die Nachricht von Ableben des siebzigjährigen Thomisten erreichte Martin Grabmann wenig später in Neumarkt.

Der junge Martin Grabmann.
Auch wenn zwischenzeitlich der Morgott'sche Lehrstuhl der Dogmatik in Eichstätt mit dem Germaniker Dr. Mathias Ehrenfried besetzt wurde, bestanden keine Zweifel mehr: Martin Grabmann war in der Pflege der thomistischen Lehre der prädestinierte Nachfolger Morgotts; Ehrenfried selbst erwähnte sogar in einem herzlichen Brief an Grabmann das "einstweilen" seiner neuen Funktion und die Tatsache, dass Grabmann bereits zum Nachfolger von Dr. Morgott bestimmt worden war.

Aus diesem Grund übernahm Martin Grabmann in der Folge keine Pfarrstelle im Bistum Eichstätt, sondern setzte ab dem 15. Oktober 1900 für die Dauer von zwei Jahren seine Studien am Angelicum, dem Thomaskolleg der Dominikaner in Rom (Collegium Divi Thomae de Urbe) fort, wo er wiederum von Franz Ehrle SJ (1845-1934), dem Verwalter und Erforscher der päpstlichen Bibliothek, und Heinrich Denifle OP (1844-1905), dem Präfekten des vatikanischen Archivs, gefördert wurde.

Nachdem ihm durch seine hochrangigen Unterstützer Tür und Tor zu den wichtigsten Bibliotheken Roms, vor allem zur vatikanischen, geöffnet worden waren, bildete sich Martin Grabmann intensiv in der Paläographie, d. h. in der Analyse und Übersetzung alter Handschriften aus, wobei er sich später bescheiden als Autodidakten bezeichnete, der bei dieser Arbeit viel "Um- und Irrwege, Zeitverlust und Lückenhaftigkeit" in Kauf hatte nehmen müssen, andererseits dabei auch "eine gewisse Anspannung und Steigerung der wissenschaftlichen Initiative" empfand. Dieses Grundlagen- und Quellenstudium, dazu ein immenses Gedächtnis, geschichtliche Intuition und die neuen reproduktiven Möglichkeiten der Fotografie halfen ihm später bei seinen Bibliotheksreisen, Werke von höchstem Rang ausfindig zu machen, wie zum Beispiel die Kommentare Abaelards zur aristotelischen Logik (siehe auch unten), Werke Alberts des Großen und Meister Eckharts sowie zahlreiche Kommentare zu Aristoteles.

Seit damals verband Martin Grabmann auch mit dem Präfekten der Ambrosiana in Mailand, Achille Rati, dem nachmaligen Papst Pius XI., eine gute Bekanntschaft. Den späteren Kardinal Franz Ehrle bezeichnete Martin Grabmann noch Jahre danach als "väterlichen Freund", den vor allem durch seine Lutherstudien bekannt gewordenen Tiroler Heinrich Denifle als einen Mann, "der mir ein edler Gönner gewesen ist und mich zur Arbeit auf dem vielfach so dornenvollen Gebiete der mittelalterlichen Philosophie-, Theologie- und Dogmengeschichte aufgemuntert und begeistert hat".

Im Jahr 1901 erhielt Martin Grabmann schließlich an der päpstlichen Universität ein Bakkalaureat, Lizentiat und Doktorat im Fachgebiet Philosophie; im darauffolgenden Jahr verlieh man ihm den Doktortitel der Theologie.

Seinem schulisch ungebildeten Vater hatte Martin durch seine akademische Laufbahn die allerhöchste Achtung abgerungen. In zahlreichen Briefen an seinen Sohn, in denen er als "aufrichtiger" bzw. "herzliebender Vater" meist von den eher unbedeutsamen Begebenheiten der Heimatgemeinde und den alltäglichen Sorgen eines Landwirtes, von Missernten, Brand und Rechtsfällen berichtete, nannte er diesen schon als Student trotz des vertraulichen "Du" ehrerbietig "lieber Herr Martin". Später - nach Verleihung der Priesterwürde und der Doktortitel - sprach er ihn sogar mit "lieber Hochwürdiger Herr Dr. Martin" an. Joseph Grabmann hatte kein zweites Mal mehr geheiratet; weit über den Tod der Mutter hinaus blieb der fromme Mann mit seiner verstorbenen Frau innerlich verbunden und erinnerte in ungelenktem Deutsch seinen Sohn jeweils an die Todestage: "Zugleich ist der Todestag 10. des Monats welche die innigst geliebte Mutter schon 23 Jahre gestorben ist, wo ich schon soviel Kumer und Sorgen durchgemacht habe, der liebe Gott werde es mir reichlich belohnen in der Ewigkeit."

Gesehen haben sich in der Folge Vater und Sohn, aber auch die Geschwister untereinander, nur noch höchst sporadisch, am ehesten an kirchlichen Feiertagen und Festen, zu denen Martin Grabmann bei Gelegenheit nach Hause reiste.

St. Walburg in Eichstätt um 1920.
Nach der Rückkehr in die Diözese Eichstätt war Martin Grabmann nochmals vorübergehend in der Seelsorge tätig. Er betätigte sich als Kaplan in der Eichstätter Pfarrei St. Walburg (ab 31.07.1902) und im darauffolgenden Jahr als Beichtvater und Spiritual des Benediktinerinnenklosters (ab 19.10.1903), nachdem man ihn vom Pfarrdienst frei gestellt hatte [Link]. In beiden Funktionen dürfte man ihm seitens des Eichstätter Stuhles großzügig die Fortsetzung seiner Studien ermöglicht haben [Link]. In Zusammenhang mit diesen Studien standen auch zwei Bibliotheksreisen nach Paris in den Jahren 1905 und 1909.

Am 16. September 1906 berief Bischof Leo von Mergel Martin Grabmann im Alter von nur 28 Jahren auf die dogmatische Lehrkanzel des Bischöflichen Lyzeums in Eichstätt, wo er in der Folge sieben Jahre lang lehrte - als außerordentlicher Professor der Dogmatik [Link].

In dieser Zeit fokussierte Martin Grabmann immer intensiver auf den Aquinaten als den wichtigsten Scholastiker aller Zeiten; dafür sprechen auch drei Bibliotheksreisen nach Italien in den Jahren 1906, 1910 und 1912, sowie eine Bibliotheksreise nach Belgien im Jahr 1910.

In den Jahren zwischen 1909 und 1911 entstand auch Grabmanns berühmtes zweibändiges Werk Die Geschichte der scholastischen Methode, in dem er den Werdegang der katholischen Theologie von der Väterzeit bis ins frühe 13. Jahrhundert auf der Grundlage umfangreichen, zum großen Teil noch unveröffentlichten handschriftlichen Quellenmaterials darstellte. Der geplante dritte Band, der die Hochscholastik behandeln sollte, ist leider nie erschienen.

Wenig später, im Jahr 1912, erschien Grabmanns profundes Werk über Thomas von Aquin, welches in der Folge in alle europäischen Kultursprachen und sogar ins Japanische übersetzt wurde und 1949, ein Jahr nach seinem Tod, bereits seine achte Auflage erfuhr [Link] [Link].

Ungeachtet dessen kennzeichnete den erfolgreichen Jungwissenschaftler eine besondere Heimatverbundenheit. So beschäftigte sich Martin Grabmann trotz Lehre und Forschung in der europäischen Geistesgeschichte auch mit heimatkundlichen Themen, veröffentlichte z. B. Artikel über den Magister Narcissus Herz aus Berching oder recherchierte zu den theologischen Schulen in den eichstättischen Klöstern Heilsbronn und Engelthal. Dem Klerusblatt und dem Historischen Verein von Eichstätt sandte er immer wieder Beiträge. Im Übrigen pflegte er einen regen Briefwechsel mit seiner Familie, seinen Brüdern und Paten; seinem Vater schickte er regelmäßig Zigarrenkistchen, worüber sich dieser sehr freute. Auch zu Allersberg, wo er zuvor die Kooperatorenstelle eingenommen hatte, hielt er weiterhin regen Kontakt. Der dortige Pfarrer Johann Ev. Bayerschmidt blieb im lebenslang ein guter Freund.

Die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Wien.
Im Jahr 1913 wurde Martin Grabmann aufgrund seiner wissenschaftlichen Leistung als ordentlicher Professor für Christliche Philosophie an die theologische Fakultät in Wien berufen, im selben Jahr erhielt er für seine Geschichte der scholastischen Methode ein Ehrendoktorat der Universität in Löwen/Belgien. Am 14. April 1913 hielt Martin Grabmann seine Antrittsvorlesung im Hörsaal 47 der k. k. Universität Wien über den "Gegenwartswert der Geschichte der mittelalterlichen Philosophie".

Sein Nachfolger in Eichstätt wurde Michael Rackl, der Martin Grabmann noch als Student zu seinem Beichtvater erkoren hatte, ihm später auch wissenschaftlich nacheiferte und schließlich sogar Bischof von Eichstätt wurde. Beide Freunde pflegten Zeit ihres Lebens eine umfangreiche Korrespondenz; in Rackls Nachlass fanden sich über 640 Briefe und Postkarten aus der Hand Martin Grabmanns!

Auf dem Lehrstuhl der Donaustadt, welcher im Sommersemester 1914 extra in "Christliche Philosophie und Pädagogik" umbenannt wurde, intensivierte Grabmann seine Recherchen bezüglich der Geschichte des Aristotelianismus und veröffentlichte 1916 seine Forschungen über die lateinischen Aristoteles-Übersetzungen des 13. Jahrhunderts. Überschattet waren diese Jahre allerdings durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges, weshalb Grabmann seine Studien auch vornehmlich in der Wiener Hofbibliothek absolvieren musste. In Wien lernte er den Kanonisten Eduard Eichmann (1870-1946) kennen, in dessen Haus er Unterkunft nahm.

Am 24. Januar 1915 war nach Jahren relativer Robustheit Martins Vater Joseph Grabmann im Alter von 67 Jahren verstorben. Martins Freund Anton Gerngroß, seines Zeichens Subregens am Eichstätter Seminar und Oberstudiendirektor, schrieb in seinem Kondolenzschreiben, "er habe ihn sehr geschätzt, den lieben Vater, wegen seines klugen, edlen und geraden Sinnes."

Seit dieser Zeit verlagerte sich der Schwerpunkt von Martin Grabmanns Familienkontakten auf seinen jüngsten Bruder Johann. Denn sein nachgeborener Bruder Joseph, welcher offensichtlich nach einem Unfall früh berentet worden war, war schon Jahre zuvor verschieden, am 3. Oktober 1901, an den Folgen einer Blinddarmentzündung. Dieser lebensfrohe Bruder hatte Martin Grabmann zu Lebzeiten des Öfteren in französischen, englischen oder italienischen Sätzen geschrieben, was bezeugt, dass er sich autodidaktisch einige Sprachkenntnisse angeeignet hatte, wenn er nicht sogar wie sein Bruder Martin eine gymnasiale Laufbahn absolviert hatte.

Der jüngste Bruder Johann wiederum hatte um 1901 seinen Wehrdienst absolviert und sich ca. 1 Jahr später mit Johanna Grabmann aus Ernersdorf, einer entfernten Verwandten aus einem Nachbarsdorf von Winterzhofen, verehelicht; Martin Grabmann hatte damals das Paar persönlich getraut. Nach dem Tod des Vaters im Jahr 1915 übernahm Johann den elterlichen Hof, musste aber alsbald zum Kriegsdienst antreten, so dass der Kontakt zwischen den Brüdern abriss. Ob sich dies in den Jahren zwischen den Kriegen änderte, muss dahingestellt bleiben, selbst wenn Johann zeitweise das Amt eines Bürgermeisters in Winterzhofen bekleidete. Denn erst aus dem Jahr 1940 ist der nächste Briefkontakt bezeugt: Hier bat der klamme Professor seinen Bruder um Brennholz aus der Heimat!

Die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität München um 1920, damals im Herzoglichen Georgianum.
Nach dem Ersten Weltkrieg, der mit dem Zusammenbruch der Donaumonarchie im Jahr 1918 endete, kehrte der 43jährige Martin Grabmann wieder in seine bayerische Heimat zurück. Er folgte einem Ruf an die Universität München, wo ihm am 1. Oktober 1918 der Lehrstuhl für Dogmatik übertragen wurde, den er in der Folge über 21 Jahre, bis zum Jahre 1939, inne haben sollte. Treibende Kraft für diesen Wechsel war Eduard Eichmann gewesen, der schon vor ihm, im April 1918, von Wien nach München gewechselt war und alles daran gesetzt hatte, Grabmann nachzuholen. Beide wurden in der Folge das einflußreichste Doppelgespann der Münchener Fakultät. In der bayerischen Hauptstadt traf Martin Grabmann auch seinen früheren Mentor Franz Ehrle wieder; er verkehrte mit ihm nach eigenem Bekunden in den Jahren 1918 und 1919 fast täglich. Auch nach dem erneuten Umzug Ehrles nach Rom 1920 befruchteten sich die beiden Forscher noch gegenseitig, wovon ihre Korrespondenz zeugt.

Martin Grabmann um 1930.

Grabmann lebte in München den misslichen Zeitumständen entsprechend relativ bescheiden: Zunächst nahm er über 3 Jahre, bis ca. 1921, Logis im sogenannten Görres-Heim in der Türkenstr. 15, danach zog er in eine Etagenwohnung in der Bismarckstr. 30 (1. Stock), ehe er um 1930/31 in einer näher am Zentralgebäude der LMU München und an seinem Lehrstuhl gelegenen Etagenwohnung in der Schellingstraße 10 (3. Stock) eine Bleibe fand. Von all diesen Gebäuden ist heute nur noch das Anwesen in der Bismarckstraße erhalten, die beiden anderen wurden im Krieg zerstört und durch Neubauten ersetzt.

In Grabmanns Zeit in München fiel die Weltwirtschaftskrise und damit so mancherlei Entbehrung. An sich war Martin Grabmann in seinem Posten relativ gut dotiert gewesen: Auf die 7500 Reichsmark Grundgehalt legte man ihm in Anerkennung seiner Auslandstätigkeit nochmals 500 Reichsmark darauf (laut Ernennungsurkunde vom 24. September 1818). Die alsbald galoppierende Inflation machte den Nutzen dieses Salärs zunichte und Grabmann litt wie alle Geisteswissenschaftler materielle Not. "An Fleisch kann man fast nur des Sonntags einmal riechen, und wenn es so weiter geht, wird auch das bald vorbei sein... ich sehe trübe und traurig in die Zukunft unseres armen Vaterlandes... Nur die Hoffnung auf Gottes Weltregierung kann noch Trost geben; alle irdische Hoffnung ist bald dahin. Es ist wie in der trübsten Zeit des Dreißigjährigen Krieges...", schrieb 1923 Clemens Bäumker (1853-1924) an seinen Freund und Kollegen Martin Grabmann. Clemens Bäumker war der Rektor der Münchener Universität und wie Grabmann renommierter Forscher in den Bereichen des Aristotelismus, Augustinismus und Neuplanonismus, mithin die zentrale Kapazität der deutschen Scholastikforschung. Die Freundschaft zu Clemens Bäumker kam nicht von Ungefähr: Martin Grabmann hatte schon von Wien aus mit ihn Kontakt aufgenommen und wegen mancher Arbeit dessen Wertschätzung erfahren.

Martin Grabmann (rechts im Bild, mit Zylinder) als Mitglied der Kath. Studentenverbindung Aenania in München, um 1935. Vierter von rechts: Eduard Eichmann.

Je unsicherer die politische Lage, desto intensiver betrieb Martin Grabmann seine Studien und nahm auch die formellen Verpflichtungen, die ein Lehrstuhl mit sich brachte, auf sich. So bekleidete Grabmann in der Folge zeitweise auch das Amt des Dekans der Universität München, er engagierte sich in der katholischen Studentenverbindung Aenania und in vielen anderen Vereinigungen. Rufe auf andere Lehrstühle, z. B. an die Universitá Cattolica del Sacro Cuore in Mailand, oder auch auf diverse Bischofsstühle lehnte er jedoch jeweils ab; er wollte auf Dauer Wissenschaftler und vor allem in München bleiben.

Unzählige Autorenschaften und Auszeichnungen prägen Grabmanns Münchener Zeit, die erfolgreichste in seinem Leben als Forscher und Hochschullehrer. Sein schriftstellerisches Gesamtwerk (siehe unten) betrug am Ende seiner Laufbahn über 417 Bücher, Aufsätze und Rezensionen, die Liste seiner Ehrungen nahm am Ende ein beträchtliche Länge ein:

Diese Übersicht mag genügen, um Martin Grabmanns länderübergreifende Kontakte zu den Kollegen seines Faches und sein europaweites Renommé zu belegen, welche allenfalls durch die politischen Spannungen in Europa beeinträchtigt wurden, die manch weitere wertvolle Kontakte, z. B. zu Kollegen nach Frankreich oder England, verhinderten.

Nach 1923 verbanden Grabmann auch intensive Kontakte zur Thomistenschule der Universität Löwen in Belgien, unter anderem zum Jesuiten Joseph de Ghellinck SJ (1872-1950), zu Raimund Martin OP und zum Thomisten Maurice de Wulf (1867-1947).

Im Jahr 1934 starb Grabmanns erblindeter Mentor in Rom, Kardinal Franz Ehrle. Ihm war es zu verdanken gewesen, dass aus der päpstlichen Bibliothek durch Zukauf von Sammlungen und einer grundlegenden Umstrukturierung eine gut gegliederte, moderne Forschungsbibliothek geworden war, in der erstmalig auch alle Handschriften systematisch erfasst und zugänglich gemacht wurden.

Martin Grabmann mit Bernhard Geyer (1880-1974) in Partenkirchen, Sommer 1942. Geyer hatte ab 1927 den Lehrstuhl für Dogmatik und Dogmengeschichte der Universität Bonn inne, seit 1931 war er Leiter des Albertus-Magnus-Instituts in Bonn.

Im Jahr 1939, zu Beginn des Zweiten Weltkrieges, wurde dann auf Druck der nationalsozialistischen Machthaber des Dritten Reiches die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität München geschlossen und Martin Grabmann zwangsweise emeritiert.

Dies war ein Akt politischer Willkür, wirkte sich jedoch nicht unbedingt zum persönlichen Nachteil Martin Grabmanns aus. Befreit von den Pflichten des Dozenten konnte er sich nun schwerpunktmäßig seiner fotografischen Handschriftensammlung und den Handschriften-Beständen der Bayer. Staatsbibliothek widmen, und dies umso intensiver, als natürlich durch die Kriegssituation bis 1945 Auslandsreisen immer schwieriger wurden und deshalb weitgehend entfallen mussten.

Martin Grabmann hatte übrigens übrigens wie der Jesuit Erich Przywaradie und die Philosophen Peter Wust und Alois Dempf schon seit den Zwanziger Jahren auch zum Freundeskreis der zum Katholizismus übergetretenen, gelehrten Nonne Edith Stein gehört, jener vormaligen Jüdin, welche 1922 zum katholischen Glauben konvertierte, u. a. Thomas von Aquins "Untersuchungen über die Wahrheit" ins Deutsche übersetzte, 1942 in Auschwitz den Märtyrertod fand und für ihr vorbildliches Leben und Sterben 1998 heilig gesprochen wurde.

Interessanterweise mischten sich die Nationalsozialisten bei der Redaktion des von Martin Gabmann bis 1942 im Geiste des Katholizismus mitherausgegebenen "Philosophischen Jahrbuches" nicht ein. Somit stellte diese Zeitschrift bis zuletzt die Plattform für die Auseinandersetzung mit dem Positivismus, Pragmatismus und dem logischen Empirismus des sog. "Wiener Kreises" dar.

In den Kriegsjahren erreichten Martin Grabmann, der weiterhin eine umfangreiche Gelehrtenkorrespondenz betrieb, immer noch Ehrungen aus dem Ausland:

Kapelle "Mariä Namen" in Winterzhofen mit einer bronzenen Gedenktafel für Martin Grabmann.
Trotz seiner vielfältigen Verpflichtungen und Termine ließ es sich der berühmte Mann nicht nehmen, an den Kirchweihfesten weiterhin zu seinem Bruder Johann Grabmann nach Winterzhofen zu reisen und mit seiner Heimatgemeinde in der kleinen Kapelle "Mariä Namen" den Festgottesdienst zu feiern und dabei die Kirchweihpredigt zu halten. In dieser nur wenige Meter vom Geburtshaus Martin Grabmanns entfernt stehenden Kapelle, für die Martin Grabmann noch auf Wunsch seines Vaters einige Leuchter und später eine goldene Monstranz gestiftet hatte, erinnert heute eine Bronzetafel zur Rechten des Altares an den großen Wissenschaftler.

Anekdotisch ist in Winterzhofen überliefert, dass Grabmanns Predigten für die Dorfbewohner wenig spektakulär ausgefallen seien und insofern das Genie der Wissenschaftlers nicht widerspiegelten, als sie mit schlichten Worten und leisen Tönen vorgetragen wurden. Auch sei Martin Grabmann insgesamt sehr zurückhaltend gewesen und habe nur bei den nachmittäglichen Spaziergängen ein wenig Kontakt mit den Bauersleuten von Winterzhofen gefunden. Dieser Eindruck deckt sich ganz mit den Satz einer Eloge auf Martin Grabmann zu dessen 60. Geburtstag, aus der Feder eines seiner Schüler:

"Sehr geehrter Herr Geheimrat und Prälat! Am 5. Januar rundet sich Ihr Leben zu sechs Jahrzehnten. Ihre zahlreichen Freunde und Schüler sehen in diesem Tage eine willkommene Gelegenheit, Ihnen ihre Verehrung und Dankbarkeit zu bezeugen. Ihrer stillen Art, welche die lärmende Geste verschmäht, widerspricht eine laute Festesfeier, so sehr auch Ihr wissenschaftliches Werk eine laute, in allen europäischen Kulturländern gehörte Sprache redet..."

Im Mai des Kriegsjahres 1943 verließ Martin Grabmann in weiser Voraussicht wegen der immer bedrohlicher werdenden Luftangriffe München und siedelte auf Drängen seines alten Freundes, Bischof Michael Rackl, in das wesentlich sicherere Eichstätt über. In der ehemaligen Infirmerie neben dem Hofgarten bezog er am 15. Mai eine Dreizimmerwohnung und lebte dort bis zum Kriegsende relativ ungehelligt für seine Studien.

Ferdinand von Werden, der gerade in diesen Kriegsjahren die umfangreiche Restaurierung des Eichstätter Domes für die 1200-Jahr-Feier des Bistums (1945) leitete, erzählt in seinem minutiös geführten Tagebuch, wie er am 15. April 1944, umringt von mehreren Hausgenossen und Bombenflüchtlingen, zusammen mit den Bischöfen von Eichstätt und Würzburg, sowie Regens Stigler, Prof. Dr. Wittmann und Prälat Dr. Grabmann bei sich zuhause bei Tisch gegessen sei. Alle Herren seien recht bedenklich gestimmt gewesen und hätten die bitteren und düsteren Zeiten beklagt.

Immerhin wurde Eichstätt von Fliegerangriffen verschont und erfuhr nur am Ende des Krieges relativ geringe Zerstörungen, es wurde allerdings gerade deshalb mit Flüchtlingen überschwemmt, so dass chaotische Verhältnisse herrschten. Von 8000 Einwohnern zu Beginn des Krieges schwoll die Zahl der in Eichstätt befindlichen Personen in den letzten Kriegstagen auf mehr als 28000 an - mit der Folge zahlreicher Übergriffe, Diebstähle und Plünderungen. Unsicherheit und bittere Not hätten nach Ferdinand von Werden damals in der Stadt geherrscht, bis schließlich die Amerikaner die Herrschaft über die Stadt übernahmen und wieder einigermaßen für Ruhe und Ordnung sorgten. Ob Martin Grabmann damals persönliche Beeinträchtigungen erlitt, entzieht sich unserer Kenntnis.

Zerstörungen in der Max-Vorstadt, Ecke Schelling- und Türkenstraße. In beiden Straßen hatte Martin Grabmann gelebt.
Jedenfalls hatte er durch den Umzug nach Eichstätt nicht nur seine wertvolle Bibliothek gerettet, die später den Grundstock der Bibliothek des Martin-Grabmann-Instituts an der Universität München bilden sollte, sondern vermutlich auch sein Leben. Denn durch die Bombardierung des 13. Juli 1944 erlitt nicht nur das Hauptgebäude der Universität München, in dem zwischenzeitlich die Theologische Fakultät untergebracht war, schwerste Schäden, sondern auch etliche Nebengebäude, darunter auch Grabmanns Wohnhaus in der Schellingstraße. Die Zerstörung des letzteren wurde ihm von seinem Schüler Max Pribilla brieflich mitgeteilt, die Rückseite dieses Briefes verwendete Grabmann als Notizzettel für scholastische Exzerpte, so rar war damals selbst Papier. Auch die Staatsbibliothek München hatte massiven Schaden genommen, aber glücklicherweise war es Paul Ruf, dem Leiter der Handschriftenabteilung und einem weiteren Freund Grabmanns, gelungen, zuvor alle wertvollen Manuskripte und die Handbibliothek in Sicherheit zu bringen.

Nach dem Krieg nahm Martin Grabmann seine Lehrtätigkeit in München vorübergend nochmals auf, um mitzuhelfen, eine handlungsfähige Fakultät auf die Beine zu stellen. Zwei Semester lang, bis 1947, hielt er im Schloss Fürstenried Vorlesungen, nachdem die universitären Innenstadtgebäude zum großen Teil in Schutt und Asche lagen. Zum Transfer der 50 Studenten musste man damals eine provisorische Omnibus-Verbindung nach Fürstenried unterhalten. Grabmann verstand sich jedoch zu diesem Zeitpunkt nur noch als Aushilfe. Als mit seinem Schüler Michael Schmaus ein würdiger Nachfolger für den Dogmatiklehrstuhl gefunden war, schied er zum Wintersemester 1947/1948 endgültig aus dem Hochschuldienst aus.

Martin Grabmann war zu diesem Zeitpunkt bereits 73 Jahre alt. Sein Alter, sein angegriffener Gesundheitszustand und die Nachwirkungen des Krieges machten ihm den Entschluss zum Rückzug relativ leicht. In diesen Jahren entstanden seine letzten Monographien, der zweite Band von "I Papi del Duecento e l'Aristotelismo" (1946) und "Die theologische Erkenntnis- und Einleitungslehre des heiligen Thomas von Aquin" (1948).

  • Noch im selben Jahr wurde der greise Professor korrespond. Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.

    Martin Grabmann mit Mitra und Pontifikalhandschuhen, in der Schutzengelkirche in Eichstätt, Goldenes Priesterjubiläum am 21.03.1948.

    Am Passionssonntag, den 21. März 1948, feierte der 73jährige Wissenschaftler in Eichstätt sein Goldenes Priesterjubiläum. Vier Wochen später, am zweiten Sonntag nach Ostern, einem 11. April, wiederholte er die Feier der Goldenen Primiz in seiner Heimatpfarrei Berching. Der Festakt wurde in der Stadtparrkirche "Mariahilf" in Berching mit einem feierlichen Gottesdienst begangen, die Laudatio hielt Martin Grabmanns Schüler und Nachfolger auf dem Münchener Lehrstuhl, Prof. Michael Schmaus. Das Festmahl fand aus Kostengründen nicht in einem Berchinger Wirtshaus, sondern im kleinen familiären Rahmen im Geburtshaus in Winterzhofen statt.

    Martin Grabmann sollte anschließend seine Heimat nicht mehr wiedersehen!

    Zwar war es ihm noch vergönnt, im Mai 1948 nach Freiburg in die Schweiz zu reisen, wo er einige Gastvorlesungen hielt und sein letztes Werk über Thomas von Aquin in Druck gab, doch machte sich wenig später bei ihm sein langjähriges Herzleiden vermehrt bemerkbar. Dem Vernehmen nach litt Martin Grabmann an einer koronaren Herzerkrankung, die nun von einem stabilen Stadium in ein instabiles Stadium mit wiederholten Angina-pectoris-Anfällen übertrat.

    Zur Linderung absolvierte Martin Grabmann noch einen Kuraufenthalt in Bad Wörishofen. Wie schlecht es ihm bereits ging, zeigt ein Brief Pater Thomas Käppelis OP: "Mit Besorgnis sahen wir, die wir ihm näher standen, seit dem Sommer vergangenen Jahres seine körperlichen Kräfte abnehmen. Es zeigten sich bedenkliche Herzbeschwerden. Wir mahnten zur Schonung und Mäßigung in der Arbeit, leider ohne viel Erfolg. Er arbeitete weiter, bis ihn vor 10 Tagen ein Anfall von Herzschwäche auf das Krankenlager warf. Ein weiterer Anfall offenbarte den ganzen Ernst der Lage. Klar sah er den Tod vor sich. 'Die actio', so sagte er, 'ist vorüber; nun hat die passio begonnen, die viel schwerer ist als die actio'."

    Wieder zuhause in Eichstätt, erhielt Martin Grabmann als Dank für seinen Schweizer Einsatz noch ein paar Caritas-Pakete aus Freiburg. In diesem Tagen schrieb Martin Grabmann seinerseits nach Bad Wörishofen: "Ich hätte mich mehr schonen sollen."

    Letzte Karte Martin Grabmanns an seinen Bruder.

    Kurz vor Weihnachten 1948, am 21. Dezember, richte Martin Grabmann eine Karte an seinen Bruder Johann in Winterzhofen:

    "Lieber Bruder!
    Wenn jetzt auch ein kaltes Wetter ist, so kann ich natürlich nicht an Weihnachten heim kommen, da ich in Rücksicht auf mein Herz mich vor Verkältungen sehr hüten muss. Du bist ja auch in den letzten Jahren stets um die Weihnachtszeit nach Eichstätt gekommen. Ihr werdet mich an Weihnachten, wie in früheren Jahren auch, beschenken, und da bin ich dankbar, wenn Du in dieser fleischlosen Zeit wie in den früheren Jahren etwas mitbringst... Wir müssen denn in Gottes Namen weiter hoffen und warten.
    Mit herzlichen Grüßen an Schwägerin Walli und besonders Dich, Dein treuergebener Bruder."

    Der nebenstehende Originaltext dieser Grußkarte zeigt, dass sich Martin Grabmann einen eigenartigen Schreibstil zu eigen gemacht hatte. Dieser ging wohl eher nicht auf einen astigmatischen Sehfehler zurück - Grabmann trug die meiste Zeit seines Lebens eine Brille -, sondern beruhte vielmehr auf der Einsicht, dass man beim Schreiben mit zunehmendem Fortgang des Gedankens jede Weitschweifigkeit vermeiden und umso mehr auf die Prägnanz und Kürze der Formulierung achten müsse. Martin Grabmann rückte deshalb nicht nur auf seinen Briefen und Grußkarten, sondern auch auf seinen Manuskriptseiten Zeilenanfang und -ende von Zeilensprung zu Zeilensprung immer mehr ein, so dass ein nach unten konisch zulaufender Textblock entstand. Dabei orientierte er sich an literarischen Vorbildern des Mittelalters und der Renaissance. Dieser Schreibstil hatte zur Folge, dass, je konziser, "zugeschnittener" im wahrsten Sinne des Wortes sein Textbild wurde, umso konziser und prägnanter auch seine Formulierungen ausfallen mussten: "Ein weiser Mann gebraucht keinen Gedanken zuviel."

    Ob sich die Gebrüder Grabmann auf diese Karte hin tatsächlich an Weihnachten in Eichstätt getroffen haben, muss mangels Nachricht offen bleiben. Der ältere Bruder Martin sollte die Karte nur um wenige Tage überleben, dem jüngeren Bruder Johann waren aber noch 12 Lebensjahre beschieden; er starb erst am 18. März 1961 in Winterzhofen. Aus seiner Ehe waren zuvor drei Söhne (darunter ein behinderter?) und eine Tochter hervorgegangen, die heute alle nicht mehr in Winterzhofen wohnen. Zumindest soll der eine Sohn versprochen haben, nach seiner Pensionierung zurückzukommen.

    Martin Grabmann an seinem Schreibtisch in Eichstätt, 1947.

    Wenige Tage nach Weihnachten 1948, am Vortag von Silvester, begann Martin Grabmann an P. Hyazinth Amschl in Bad Wörishofen einen Brief zu schreiben, der später unvollendet auf seinem Schreibtisch aufgefunden wurde. Grabmann meldete sich in diesem für eine weitere Kur im nächsten Jahr an und bemerkte, dass er beim letzten Kuraufenthalt in Bad Wörishofen entgegen den ärztlichen Anordnungen viel zu wenig spazieren gegangen sei und viel zu viel studiert habe. In nicht ganz 4 Wochen seien so fünf komplette Abhandlungen entstanden. Seine Angina pectoris habe leider seit kurzem wieder eingesetzt.

    Dieser Brief wurde nicht mehr abgeschickt, denn noch in derselben Nacht traf Martin Grabmann der lange vorauszusehende Herzinfarkt, in der Nacht vom 4. auf dem 5. Januar ereignete ein zweiter. Von da an ging es mit Martin Grabmanns Zustand rapide bergab.

    Das bescheidene Grabmal Martin Grabmanns im Eichstätter Ostenfriedhof.
    Papst Pius XII., der Martin Grabmann während seiner Zeit als Nuntius in München persönlich kennengelernt hatte, ließ ihm am 6. Januar ein Telegramm mit Segens- und Genesungswünschen zustellen:

    "Aegrotanti sacerdoti Martino Grabmann Augustus Pontifex caelestia solacia ominatur amanterque benedicit. Montinus substitutus - Dem erkrankten Priester Martin Grabmann stellt der Höchste Priester der Kirche die himmlischen Tröstungen in Aussicht und erteilt ihm seinen liebevollen Segen. Stellvertretend für den Papst Giovanni Battista Montini."

    Es handelte sich bei dem zeichnenden Herrn Montini um den späteren Papst Paul VI.!

    Vier Tage nach seinem 74. Geburtstag, am Nachmittag des 9. Januar 1949, äußerte Martin Grabmann, erneut unter heftigsten Brustschmerzen leidend, einem Freund gegenüber:

    "Dicke Bücher schreiben ist leichter als Sterben."

    Noch am selben Nachmittag, gegen 17 Uhr 25, ereilte ihn der erlösende Tod - für viele unerwartet, wie einige Zeitgenossen vermerkten. Leider haben wir weder eine Kunde davon, wer damals an Martin Grabmanns Sterbebett Wache hielt, noch ob er zuvor das Eichstätter Krankenhaus aufgesucht hatte.

    Wenige Tage später fand der tote Gelehrte an der Südmauer des Eichstätter Ostenfriedhofs seine letzte Ruhestätte [Link].

    Zahlreiche Honoratioren aus dem Geistlichen Stand, ehemalige Schüler und Kollegen fanden sich zur feierlichen Beisetzung in Eichstätt ein: Der Eichstätter Bischof Dr. Joseph Schröffer hielt die Grabrede, Grabmanns Nachfolger in München, Prof. Dr. Michael Schmaus, außerdem Prof. Dr. Richard Egenter als Vertreter des Rektors und des Senates der Universität München und Prälat Dr. Johannes Stigler, Rektor d. Philosophisch-theologischen Hochschule in Eichstätt verlasen ehrende Nachrufe. Prof. Dr. Ludwig Ott, der selbst aus Grabmanns Heimat, dem oberpfälzischen St. Helena bei Neumarkt stammte, hielt am 11. November 1949 zum Gedenken Grabmanns eine Gedächtnis-Vorlesung in München.

    Totenzettel Martin Grabmanns.

    Seinen umfangreichen Nachlass hatte Martin Grabmann noch vor seinem Tod testamentarisch geregelt:

    Seine gesamte mediävistische Bibliothek ging an die Theologische Fakultät der Universität München, nicht als Bestandteil des Dogmatischen Seminars, sondern als eigenständige "Bibliothek Martin Grabmann", dessen Corpus den Vermächtnis nach zusammenbleiben musste. Der Forscher nahm hierbei expressis verbis Rücksicht auf den unermesslichen Schaden, den die Bibliotheksbestände in München durch den Kriegsbrand genommen hatten, wohin gegen Eichstätt relativ glimpflich davon gekommen war und deshalb nicht eigens bedacht werden musste. Diese Bibliothek wurde zum wissenschaftlichen Grundstock des später nach Martin Grabmann benannten Forschungsinstitutes (siehe unten).

    Die fotografische Manuskriptsammlung ging inklusive Randnotizen und weitere Aufzeichnungen über Handschriften an die Bayerische Staatsbibliothek, wo sie noch heute den Benutzern der Handschriftenabteilung zur Verfügung steht.

    Nur die privaten Dokumente, insbesondere der umfangreiche Verwandten-, Freundes- und Gelehrtenbriefwechsel, blieben in Eichstätt, als Eigentum des Bischöflichen Seminars, dem Grabmann Zeit seines Lebens großen Dank für seine Ausbildung und seinen Werdegang entgegengebracht hatte.

    Das persönliche Hab und Gut Martin Grabmanns wird an seinen Bruder und dessen Familie in Winterzhofen gefallen sein.

    Würdigung

    Der tote Martin Grabmann aufgebahrt, mit den Insignien des Apostolischen Protonotars.

    Der Oberpfälzer Martin Grabmann gehörte zu den größten Wissenschaftlern seiner Zeit, als Dogmatiker, Theologe, Philosoph und Historiker hinterließ er ein gewaltiges Lebenswerk. Seine Forschungen zur mittelalterlichen Geistesgeschichte waren in mehrfacher Hinsicht bahnbrechend. Er betrieb nicht nur umfangreiche und maßgebliche Quellenforschungen zur Philosophie- und Theologiegeschichte des Mittelalters, sondern betätigte sich auch als Verfasser und Herausgeber grundlegender Standardwerke zur Scholastik, mit denen er die Kenntnisse und Erkenntnisse über das mittelalterliche Geistesleben wesentlich bereicherte. Im Lauf seines Lebens wurde er deshalb auch mit den erwähnten hohen Ehren bedacht. Allein vier Universitäten verliehen ihm das Ehrendoktorat.

    Das, was Heinrich Denifle OP und Franz Kardinal Ehrle SJ begonnen hatten, führte Martin Grabmann weiter und übertraf es sogar um Einiges. Durch sein intensives Handschriftenstudium drang er tief wie kaum ein anderer Zeitgenosse in die mittelalterliche Geisteswelt ein. Seine besondere Liebe galt zu jeder Zeit dem heiligen Thomas von Aquin, den er tief verehrte. Dutzende von Studien Grabmanns beschäftigten sich mit dem Aquinaten und seinem geistigen Umfeld. Besonders auf dem Gebiet der Erforschung der frühen Thomisten-Schule, die die Lehren des Doctor angelicus nach dessen Hinscheiden verteidigte, leistete er Großes und förderte viel Unbekanntes oder längst Vergessenes zu Tage. Auch der von Kardinal Ehrle initiierten Erforschung des Verhältnisses zwischen Aristotelismus und Augustinismus in der zweiten Hälfte des 13. Jhd. galt sein besonderes Interesse.

    So zählt Martin Grabmann neben Jacques Maritain, Etienne Gilson und Yves Congar zu den bedeutendsten Neo-Thomisten des 19./20. Jahrhunderts, wobei ihm in oben genannter Publikation sogar der erste Rang eingeräumt wurde.

    Grabmanns Werke sind jedoch nicht nur vom historischen Standpunkt aus interessant, sondern ebenso vom systematischen, da sie ein gutes Eindringen in die zur Debatte stehenden philosophischen und theologischen Fragen selbst ermöglichen. Man merkt bei der Lektüre, dass Grabmann nicht nur einfach historische Beschreibungen bestimmter Epochen, Personen oder Lehren liefern wollte, sondern dass ihn auch selbst die Lösung der Probleme und Fragen, vor denen schon die mittelalterlichen Gelehrten standen, mächtig beschäftigten. Damit schränkte er seine Arbeit nicht auf die historische Forschung ein, sondern er verfolgte bei dieser zugleich auch den eigenen Ansatz, bemüht um eine systematische Fortentwicklung der scholastischen Lehre. Das erweist ihn als echten Gelehrten und bedeutsamen Neuscholastiker. Seine Werke erschienen nicht nur in deutscher, sondern auch in französischer, englischer, italienischer, spanischer, holländischer, polnischer und sogar in japanischer Sprache.

    Bei all diesen Auszeichnungen blieb Grabmann zeitlebens immer ein bescheidener, hilfsbereiter Mensch, der gleichermaßen von seinen Schülern verehrt und von seinen Kollegen wegen seiner überragenden Gelehrsamkeit und seiner Menschlichkeit hoch geschätzt wurde. Seine Freunde und Schüler bezeugen, dass er, der große Gelehrte, sich sein ganzes Leben lang die einfache, kindliche Frömmigkeit seines Elternhauses bewahrt hatte. Auch diese Eigenschaft hatte er mit seinen beiden Lehrern Denifle und Ehrle gemeinsam.

    In ergreifender Weise bringt der Schlusssatz seines Testamentes die Gesinnung Martin Grabmanns zum Ausdruck:

    "Ich empfehle meine Seele durch die Hände Mariens dem Dreieinigen Gott, dem ich von Herzen danke, dass ich aus einer guten katholischen Familie stamme, dass er mich trotz meiner Unwürdigkeit zum Priestertum und durch das Priestertum geführt hat, dass ich mit Gottes Hilfe auf dem rechten Weg des heiligen Glaubens geblieben bin und für die katholische Kirche und Wissenschaft arbeiten konnte, dass ich als Professor der Theologie besonders auch die Lehre des heiligen Thomas von Aquin, dessen Namen ich als Mitglied des Dritten Ordens des heiligen Dominikus trage, in Wort und Schrift verkünden konnte."

    Grabmannstraße in Eichstätt, Dr.-Grabmann-Platz in Berching.
    Im Jahr 1954 gründete Michael Schmaus, sein Nachfolger, zu seinen Ehren und zu seinem Gedächtnis an der Universität München das Martin-Grabmann-Forschungsinstitut zur Erforschung der Philosophie und Theologie, an dem sein Wirken bis zum heutigen Tag in seinem Sinn fortgeführt wird. Das Institut wird weiter unten noch eigens vorgestellt.

    Im Eichstätter Osten und im Münchener Süden hat man Martin Grabmann jeweils eine "Grabmannstraße" gewidmet, in Neumarkt in der Oberpfalz eine "Dr.-Grabmann-Straße"; in Berching erinnert der "Dr.-Grabmann-Platz" bei der Stadtpfarrkirche an den großen Sohn der Gemeinde, in Winterzhofen ziert eine Gedenktafel sein Geburtshaus.

    Auf dieser Tafel wie auf seinem Grab liest man Martin Grabmanns lebenslangen Leitspruch: "Credo ut intelligam".

    Ein paar Worte zur Erklärung:

    "Credo ut intelligam - ich glaube, damit ich erkennen kann."

    Es handelt sich hier um die Kurzformulierung für das theologisch-philosophische Programm des von Martin Grabmann in seinen Werken ausgiebig gewürdigten Frühscholastikers Anselm von Canterbury (1033–1109).

    Der im Jahr 1033 in Aosta in Norditalien geborene Anselm war nach einer Karriere als Abt von Le Bec in der Normandie im Jahr 1093 Erzbischof von Canterbury geworden. Aufgrund seiner bahnbrechenden Studien, die er im normannischen Kloster Le Bec begann, wird Anselm heute als Begründer der Scholastik angesehen.

    Gedenktafel am Haus Nr. 2 in Winterzhofen.
    Mit dem Schlüsselsatz "Credo ut intelligam" begründete Anselm von Canterbury den Glauben rational, ohne dabei diese Begründung zur Bedingung für den Glauben zu machen.

    Das vollständige Zitat aus dem Prosologion Anselms lautet:

    "Neque enim quaero intelligere ut credam, sed credo ut intelligam - Denn ich suche nicht zu erkennen, damit ich glauben, sondern ich glaube, damit ich erkennen kann."

    Dieser Satz wiederum lehnt sich an einen Ausspruch des heiligen Augustinus an:

    "Credimus, ut cognoscamus - wir glauben, um zu erkennen."

    Das Programm "Credo, ut intelligam" ist so grundlegend für die Scholastik geworden.

     

    Exkurs: Martin Grabmann und Abaelard

    Für Martin Grabmann, der sich Zeit seines Lebens schwerpunktmäßig mit der mittelalterlichen Aristoteles-Rezeption und der Hochscholastik des Thomas von Aquin befasste, war die Beschäftigung mit der Lehre Peter Abaelards sicherlich nur ein Nebenprodukt seiner Arbeit und insofern nicht unbelastet, als zu seiner Zeit Peter Abaelard wegen seiner päpstlichen Verurteilung von der Kirchenorthodoxie, der Martin Grabmann angehörte, nach wie vor mit Argwohn betrachtet wurde.

    Notabene: Abaelard erfährt im Grunde genommen erst jetzt bezüglich seiner Bedeutung für die Frühscholastik eine Rehabilitation. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang die jüngste, preisgekrönte Veröffentlichung von Michael Seewald: Verisimilitudo - Die epistemologischen Voraussetzungen der Gotteslehre Peter Abaelards, Oldenbourg, Mai 2012.

    Dennoch fand Peter Abaelard die anerkennende Beachtung Martin Grabmanns, er nannte ihn z. B. den "scharfsinnigsten Philosophen der Frühscholastik" und "den bedeutendsten Kommentator der aristotelischen Logik des 12. Jahrhunderts". In seinem Werk "Die Geschichte der scholastischen Methode" widmete er ihm ein eigenes, längeres Kapitel. Hier verweist er darauf, dass "das Bild des wissenschaftlichen Denkens, Strebens und Arbeitens dieses Scholastikers vielfach verzeichnet ist".

    Titelblatt des Aufsatzes zur Apologia Abaelards.
    Nachdem Martin Grabmann schon 1910 in der Biblioteca Ambrosiana in Mailand Abaelards Erklärungen zu Porphyrius, den Kategorien und Perihermeneias aufgespürt hatte, gelang ihm 1930 zusammen mit dem Koautor Paul Ruf, dem Leiter der Handschriftenabteilung in der Bayerischen Staatsbibliothek, die Erstveröffentlichung eines Abaelard'schen Werkes oder zumindest eines Fragmentes davon:

    Ein neu aufgefundenes Bruchstück der Apologia Abaelards, in: Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Philos.-hist. Abt., Heft 5, München 1930 (41 Seiten).

    Es handelt sich hierbei um die Vorstellung einiger bereits durch Mäusefraß beschädigter Manuskriptblätter des 12. Jhd., enthalten in einem Codex der Bayerischen Staatsbibliothek, CLM 28363, f. 132v-135v. Das Werk aus der Hand eines unbekannten französischen Schreibers, das nach Grabmann u. U. seinen Weg über Italien genommen haben könnte, enthält in etwa ein Drittel der Schrift Ne iuxta Boetianum - Apologia contra Bernardum, Abaelards Replik auf das erste Kapitel und den Beginn des zweiten Kapitels der Anklage Bernhards von Clairvaux. Dem ursprünglichen Volumen nach müssen also die verloren gegangenen Entgegnungen auf die verbleibenden 17 Capitula umfangsmäßig vergleichsweise bescheiden ausgefallen sein.

    Das erhaltene Fragment fand sich übrigens unmittelbar hinter einer Abschrift von Abaelards Ethica.

    Die Verteidigungsschrift entstand in Zusammenhang mit dem von Bernhard von Clairvaux angestrengten Lehrzuchtverfahren gegen Peter Abaelard 1140 und dürfte im Gegensatz zu Grabmanns Ansicht von letzterem einige Zeit vor dem Konzil von Sens am 25. Mai 1141 zu Pergament gebracht worden sein (siehe auch W. Robl: Das Konzil von Sens 1141 und seine Folgen, Der Ketzerprozess gegen Peter Abaelard im Spiegel der Zeitgeschichte, Mai 2003).

    Wo sich Peter Abaelard aufhielt, als er in der Vorphase des Konzils von Sens diese schriftliche Verteidigung ausarbeitete, entzieht sich unserer Kenntnis. Sie trägt auch den sinnhaften Alternativtitel Apologia contra Bernardum, denn Peter Abaelard ging in ihr minutiös auf die von Bernhard in Brief 190 SBO inkriminierten Thesen ein und versuchte die Vorwürfe zu widerlegen, wobei er den Abt von Clairvaux konkret ansprach.

    Die Schrift und ihren Einleitungssatz "Ne juxta Boetianum..." hat auch Otto von Freising erwähnt, wobei er jedoch eindeutig eine falsche Entstehungszeit angab bzw. die Apologie mit der nach der Verurteilung von Sens entstandenen Confessio fidei 'Universis' verwechselte:

    "Petrus dampnationem sui dogmatis a Romana aecclesia confirmatam cognoscens ad Cluniacense cenobium se contulit, apollogeticum scribens et predictorum capitulorum partim verba, ex toto autem sensum negans, qui sic incipit: Ne iuxta Boetianum illud proemiis nichil afferentibus tempus teratur, ad rem ipsam veniendum est, ut innocentiam meam ipsa rerum veritas potius quam verborum excuset prolixitas…"

                                                                                  Otto von Freising: Gesta Friderici, ed. F.-J. Schmale, Darmstadt 1965, S. 234-237.

    Manuskriptblatt aus CLM 28363.
    Das Originalmanuskript der Apologie Abaelards ging verloren. Erhalten blieben neben dem von Grabmann veröffentlichten Bruchstück nur einige Exzerpte aus Clairvaux in einem Budapester Manuskript, welche erst später entdeckt wurden und Grabmann zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung nicht zugänglich waren (Budapest, Országos Széchényi könyvtár, Széchényi 16, ff. 1-48v, Exzerpte des Thomas von Morigny, 12. Jhd., Clairvaux).

    Der erste Anklagesatz Bernhards "Quod pater sit plena potentia, filius quaedam potentia, spiritus sanctus nulla potentia - dass Gottvater die volle Macht, der Sohn eine Teilmacht und der heilige Geist gar keine Macht habe", der Abaelard den Bernhardschen Vorwurf des Arianismus eingebracht hatte, gehört zu den dogmengeschichtlichen bedeutsamsten der Anklageliste, hat er doch bis in die scholastische Theologie des 13. Jahrhunderts hinein seine Wellen geworfen. Abaelard selbst dementiert in der Apologia mit Argumenten der Dialektik und Sprachlogik heftigst, er habe Solches gelehrt.

    "Die ausführliche und ohne Zweifel scharfsinnige Art und Weise, wie Abaelard sich mit dem ersten Anklagesatz seines Gegners auseinandersetzt, läßt es als sehr bedauerlich erscheinen, dass der übrige und größere Teil der Selbstverteidigung Abaelards verloren gegangen ist", resumiert hierzu Martin Grabmann.

    Grabmann sah den Wert seines Fundes weniger in der Gewinnung neuer Erkenntnisse über Abaelards Lehren als vielmehr in der Formung eines anschaulichen Bildes über das methodische Verfahren des um das Problem der Trinitätslehre, des nach "Wahrheit und Klarheit gerade auf dem schwierigsten Gebiete der Theologie ringenden Denkers".

    Interessant, wie Grabmann angesichts einer Vielzahl namhafter, meist Abaelard-kritischer Rezipienten seiner Zeit und der Jahrhunderte zuvor vorsichtig zu einer Rehabilitation Abaelards neigt, wenngleich er zugibt, dass angesichts der bruchstückhaften Überlieferung weiterhin vieles im Dunklen liege. Immerhin akzeptiert Grabmann in der Sache das genannte Dementi Abaelards in der Apologia, attestiert ihm eine überzeugende wissenschaftliche Herangehensweise und macht deutlich, dass zum Bernhardschen Missverständnis mehr das beigetragen habe, was in Abaelards Schülerkreisen aus Abaelards Lehre an Verfälschungen eingefügt worden sei. Ursächlich dafür seien allerdings auch einige Unschärfen Abaelards gewesen, der z. B. noch nicht so deutlich wie nach ihm Thomas von Aquin auf den Unterschied zwischen den Appropriationen (Zuschreibungen wie z. B. Weisheit, Güte, Macht) und den Proprietäten (Personeneigentümlichkeiten) Gottes hingewiesen habe.

    Eine ganze Reihe weiterer Argumente Abaelards konnte später - zumindest in den Grundaussagen - aus der sogenannten Disputatio Catholicorum Patrum rekonstruiert werden, welche vermutlich aus der Hand des Abtes Thomas von Morigny stammt und ebenfalls auf Abaelards Argumentation einging. Die Disputatio dürfte im Gegensatz zur Apologia erst deutlich später, nach dem Konzil von Sens, in Umlauf gebracht worden sein (Siehe hierzu auch N. M. Häring: Thomas von Morigny, Disputatio catholicorum patrum adversus dogmata Petri abaelardi, in: Studi Medievali, 22, 1981, S. 299-376; und C. Mews: The list of heresies imputed to Peter Abelard, Revue bénédictine 94, Maredsous, 1985, S. 73-110).

    Es folgt das Münchner Exzept der Apologia im lateinischen Originaltext nach der neueren kritischen Edition von E. Buytaerts (Peter Abaelard: Apologia contra Bernardum, CCCM 11, Turnhout 1969, S. 359-68):

     

    PETRI ABAELARDI APOLOGIA CONTRA BERNARDVM

    1. 'Ne,' iuxta Boethianum illud, 'prooemiis nihil afferentibus tempus teratur', ad rem ipsam ueniendum est, ut innocentiam meam ipsa rerum ueritas potius quam uerborum excuset prolixitas. Ac primum ipsa sunt ponenda capitula quae de scriptis meis aduersum me uidentur prolata, deinde respon-siones adnectendae de quibus malitiam falsitatis ratio con-futet ueritatis.

    2. Dicis itaque me scripsisse de Deo 'quod Pater sit plena potentia, Filius quaedam potentia, Spiritus Sanctus nulla potentia. Quod Spiritus Sanctus non sit de substantia Patris, immo anima mundi. Quod Christus non assumpsit carnem ut nos a iugo diaboli liberaret. Quod neque "Deus et homo'', neque "haec persona'' quae Christus est, sit tertia persona in Trinitate. Quod liberum arbitrium per se sufficiat ad aliquod bonum. Quod ea solummodo possit Deus facere quae facit, uel dimittere quae dimittit, uel eo modo tantum, uel eo tempore et non alio. Quod Deus nec debeat nec possit mala impedire.

    Quod non contraximus culpam ex Adam, sed poenam tantum. Quod non peccauerunt qui Christum ignorantes crucifixerunt. Quod non sit culpae adscribendum quidquid fit per ignorantiam. Quod in Christo non fuit spiritus timoris Domini. Quod potestas ligandi atque soluendi apostolis tantum data sit et non successoribus eorum. Quod propter opera nec melior nec peior efficiatur homo. Quod ad Patrem, quia ab alio non est, proprie uel specialiter attineat omnipotentia, non etiam sapientia et benignitas. Quod etiam castus timor excludatur a futura uita. Quod diabolus immittat suggestiones per appositionem lapidum uel herbarum. Quod aduentus in fine saeculi posset attribui Patri. Quod anima Christi per se non descendit ad inferos, sed per potentiam tantum. Quod neque opus, neque uoluntas, neque concupiscentia, neque delectatio quae mouet eam, peccatum sit, nec debemus eam uelle extingui'.

    3. Demum supramemorata capitula tali fine criminator concludens ait : 'Haec capitula partim in libro Theologiae magistri Petri, partim in libro Sententiarum eiusdem, partim in libro cuius titulus est Scito te ipsum reperta sunt'. A quo autem uel a quibus reperta sint non addidit, quia eorum quae non sunt repertorem proferre non potuit. Deo autem gratias quod in his libris asserit reperiri, ubi cum reperiri non possint aut mea scripta non fuerint, ipsa eum scripta, me quoque reticente, mendacem conuincant.

    4. Sed quoniam, ut beatus meminit Augustinus, 'crudelis est qui famam suam negligit', ac iuxta Tullium 'taciturnitas imitatur confessionem', singulis ordine capitulis nonnulla sicut proposuimus respondeamus, ea uidelicet ratione seruata qua contra derogantium linguas beatus Gregorius fideles his instruxit uerbis: 'Sciendum est quia linguas detrahentium sicut nostro studio non debemus excitare ne ipsi pereant, ita per suam malitiam excitatas debemus aequanimiter tollerare, ut nobis meritum crescat; aliquando autem etiam compescere, ne, dum de nobis mala disseminant, eorum qui audire nos ad bona poterant, corda innocentum corrumpant'. Hoc autem beati et in comparatione morum praecipui consilium attendens, criminationes tuas quibus me laceras intollerabiles diu tolleraui, exspectans si forte, uel timore peccati uel reuerentia honestatis, innocentiam meam persequi desisteres uel inceptam persecutionem mitigares. Nunc autem quia tuum propositum esse constat, in eo quod impudenter cepisti impudentius desistere, tua in te iacula cogimur retorquere, ut quia in proximum dirigis sagittas, in te ipsum relaxas excipias et illud in te comicum impleatur : 'Si pergis dicere quae uis, audies j ea quae non uis'. Indignatur Martialis aduersus Fidentinum, libri sui recitatorem, quod male uerba sua recitet et sua potius quam auctoris ea faciat; indignatur, inquam, et dicit: 'Quem recitas meus est, o Fidentine, sed male cum recitas, incipit esse tuus'. Culpatur diabolus qui male scripturas interpretans Saluatori dixit : Quia tangelis suis mandauit de te etc. Diabolus tamen, etsi male interpretatur scripturas, uerba tamen Scripturae ponit, ad quemcumque sensum ea retorqueat. Tu uero, tam a uerbis meis quam a sensu recedens, ex tuis potius figmentis quam ex dictis meis arguere laboras, et dum scripta mea cum auctore i suo te damnasse iactitas, in te ipsum potius et tua peruulgas sententiam. Nonnulla etiam mihi pro crimimbus ingeris tamquam haeretica, quae nulla ratione, nulla possint auctontate refelli.

    5. Primo igitur exordium capitulo sumens, illud te primum interrogo quo loco me dixisse uel scripsisse [quod] arguas: Quod Pater sit plena potentia, Filius quaedam potentia, Spiritus Sanctus nulla potentia'? Profer scriptum si potes et me conuincas haereticum ; uel si hoc non potes, te ipsum confundas, tanta mala fingentem in proximum. At fortassis inquies non haec quidem uerba me scripsisse siue protulisse, sed sententiam eamdem, licet aliis uerbis insinuasse. Atque utinam ita sententiam meam exprimeres, ut eam uerbis non peruerteres, ut tunc nihil calumniae tuae in discursum relinquatur!

    6. Puto te maxime in hanc opinionem inductum esse, ut uidelicet me crederes dixisse Filium esse quamdam potentiam et Spiritum Sanctum nullam, ex quibusdam uerbis meis quibus generationem Filii ac processionem Spiritus distinguens, ipsum Filium, sicut certum est, 'sapientiam Dei' uocarem et Spiritum Sanctum 'amorem' ipsius seu 'benignitatem'. Dixi deinde sapientiam Dei quamdam potentiam dici eius, qua cuncta uidelicet discernere potest, hoc [est] facultatem cuncta ueraciter discernendi, aut diiudicare, ne in aliquo per ignorantiam errare possit, cuius oculis omnia nuda et afierta sunt.

    Dixi etiam amorem eius ad benignitatis affectum potius quam ad uirtutem potentiae pertinere, ut hic uidelicet amor 'uoluntas' potius Dei quam 'potestas' dicendus sit; uoluntas, inquam, illa Dei optima qua cuncta fieri uult uel disponit, eo modo quo melius conueniunt, et ad optimum quoque finem quo cuncta fieri uult accomodari, et eo modo singula prouenire quo melius possunt. Amor itaque Dei, siue bonitas, optima eius est uoluntas faciendi optime siue disponendi omnia, ut diximus, non potentia faciendi siue disponendi illa. Numquam enim, siue in nobis siue in Deo, amor uel benignitas dici debet 'potentia', cum nequaquam amare uel benignum esse sit aliquid posse, cum saepe hi qui magis diligunt uel benigniores sunt, minus possunt implere quod uolunt, et minus sunt potentes qui plus sunt beneuoli : diuites affectu sed inopes effectu.

    7. Sicut ergo sapientia Dei, quam Filium eius intelligimus, quaedam Dei potentia est uel facultas, discernendi omnia scilicet uel dignoscendi ne in aliquo per ignorantiam errare possit, sic amor eius siue benignitas, quam Spiritum Sanctum dicimus, optima est eius uoluntas potius quam potestas, ut determinauimus. Etsi enim is qui uelit etiam possit, non ideo tamen uoluntas est dicenda 'potestas', cttm uidelicet 'uelle aliquid' nequaquam sit 'posse illud'. Quippe qui animatus est corporeus est, nec tamen 'animatio' 'corporeitas' est. Et, ut ad Deum reuertamur, qui aeternus est incarnatus est, 'nec tamen 'aeternitas' 'incarnatio' est.

    8. Cum itaque dixerim sapientiam Dei esse potentiam quamdam ipsius, hoc est potentia omnia cognoscendi et discernendi, et rursus eius amorem non aliquam esse potentiam sed uoluntatem, arbitror, frater, ideo in illarn opinionem [te] uenisse, ut ob hoc adstruere me crederes Filium Dei, qui sapientia eius dicitur, esse potentiam quamdam, et Spiritum Sanctum, qui eius amor creditur, esse nullam potentiam. Erras plane, frater, tamquam uim uerborum nequaquam intelligens, et illius expers disciplinae quae disserendi magistra est, nec solum uerba intelligere docet, uerum disserere intellecta ualet. Scito itaque quae nescisti et disce quae non didicisti, quod quamuis idem sit 'sapientia Dei' quod Tilius Dei', aut 'caritas Dei' quod 'Spiritus Sanctus', non tamen idem est dicere uel intelligere 'Filium Dei esse quamdam Dei potentiam' et 'sapientiam Dei esse quamdam eius potentiam', uel 'Spiritum Sanctum esse nullam Dei potentiam' et 'caritatem siue amorem eius esse nullam potentiam'. Saepe namque contingit, ut, cum uoces aliquae per se acceptae sint eiusdem penitus significationis, in constructione tamen positae et eisdem uocibus aggregatae constructionis ita sententiam uariant, ut ille uerus sit constructionis sensus, ille falsus.

    9. Quod tam in creaturis quam in Creatore ipso liquidum est assignare. 'Sedens' quippe et 'qui sedet' emsdem sunt significationis, et similiter 'pater' et 'habens filium' uel 'habens paternitatem' in significatione non differunt. Cum tamen uerum sit de isto qui non sedet quia 'erit sedens', non tamen uerum est quod 'erit qui sedet' ; aut cum uerum sit de hoc homine quod 'est pater illius', non tamen uerum est quod 'sit habens filium illius' uel 'habens paternitatem illius'.

    10. Sic et [de] Deo nonnulla sunt eiusdem significationis uerba quae sensum uariant eisdem uerbis apposita. Nihil quippe 'Deus' est aliud quam ipsa 'diuinitas', et nihil aliud hoc nomen 'Deus' quam hoc nomen 'diuinitas' significat. Si tamen dicam 'Deus est homo' et 'diuinitas est homo', 'Deus est passus' et 'diuinitas est passa', longe diuersa est sententia, quarum altera recipitur et altera reprobatur. Similiter cum 'Deus' nihil aliud sit quam 'substantia diuina' siue 'substantia Dei', non tamen substantiam Dei dicimus esse crucifixam uel passam uel mortuam uel de Virgine natam, cum tamen hoc [de Deo] dicere non abhorreamus. Aut cum 'Deus' nihil aliud sit quam 'substantia Dei', non tamen idem [est] 'ex Deo esse' uel 'in Deo esse' quod 'ex substantia Dei' uel 'in substantia Dei esse'. De Deo quippe Apostolus agens, a quo, inquit, omnia, per quem omnia, in quo omnia; et secundum Iohannem ex Deo multi nati sunt, nullatenus tamen ex substantia diuina nasci dicendi. Ipse quoque Deus cum sit spiritus, hoc [est] substantia spiritualis et simplex, homo uero res corporea et composita, numquid sicut dicimus 'Deum esse hominem', ita concedimus 'Spiritum Sanctum esse hominem', aut 'substantiam spiritalem esse corporalem', aut 'rem simplicem esse compositam', aut Spiritum Sanctum, qui Deus est, carnem et ossa habere quia 'Deus homo est', homo uero carnem et ossa habet?

    11. Denique sicut Deus potentia dicitur sua et non alia, et iustitia quidem sua et non alia, numquid cum ipse sapientia uel caritas esse dicitur, sua sapientia uel caritas esse denegandus est ? Quod si Deus Pater sapientia sua [et caritas sua] est, numquid ob hoc ponimus esse filium suum uel spiritum suum, cum uidelicet Filius Dei sit sapientia Dei, uel Spiritus Sanctus ipsa eius sit caritas ? Aut cum eadem prorsus sapientia uel caritas sit trium personarum, et tam Filius quam Spiritus Sanctus habeat sapientiam Patris et caritatem Patris, cum idem penitus sciant uel ament, numquid Filius quoque uel Spiritus Sanctus habet filium Patris tamquam de se genitum i uel spiritum sanctum Patris tamquam de se procedentem ? Non utique ex illo id concedi conuenit, quamuis sapientia ipse sit Filius Dei et caritas Dei Spiritus Sanctus.

    12. Sic et cum sapientiam Dei ponamus quamdam eius esse potentiam, hoc est facultatem omnia discernendi, et amorern eius potius uoluntatem ipsius quam potentiam dicamus, non tamen ideo concedere cogimur aut Filium Dei quamdam eius esse potentiam, aut Spiritum Sanctum nullam. Cum enim tres personae sint penitus eiusdem substantiae siue potentiae sicut eiusdem prorsus essentiae ac dignitatis, unde et unaquaeque omnipotens dicitur, sicut et ipsa pariter instruximus Theologia, nequaquam Filium magis quam Patrem dici conuenit quamdam potentiam aut Spiritum Sanctum nullam, cum unaquaeque trium personarum aeque sit potens ut ceterae duae, aeque sapiens et aeque benigna, quamuis uocabulo 'Patris' specialiter diuina potentia, sicut nomine 'Filii' diuina sapientia uel nomine 'Spiritus Sancti' diuinae caritatis bonitas sit expressa.

    13. Vis itaque uerborum tam in eisdem rebus quam in diuersis diligenter est pensanda, ut sententiae ueritas a ueritate discerni queat. Cum itaque dicitur 'sapientia Dei quaedam eius potentia', hoc est potentia omnia discernendi, tale est.ac si diceremus eum prorsus esse Deum, esse sapientem, et Deum habere hanc discernendi facultatem, quod uerum est. Sin autem dicatur 'Filium Dei esse quamdam potentiam' tamquam hinc innuatur ipse quaedam posse et non omnia,f falsus est sensus omnino. Aeque etenim potentia Filii sicut et potentia Patris omnia potest, et aeque Pater sicut et Filius scit omnia.

    14. Ad hunc etiam modum quod de Filio docuimus et de sapientia Dei esse obiectis respondendum, de Spiritu Sancto et amore Dei facilis solutio erit, ut uidelicet cum dicimus 'amorem Dei non aliquam esse potentiam', [non] tamen 'Spiritum Sanctum nullatenus esse potentiam'(. Ideo quippe nec in Deo nec in nobis amor dicendus est 'potentia , sed 'uoluntas', quoniam numquam est dicendum 'amare est 'posse aliquid', sed magis 'bonam uoluntatem circa aliquid habere'. Spiritus uero Sanctus aeque potentia uel potens dicendus est ut Pater uel Filius, quia non minus haec potentia quam illae duae quidquid uelit potest efficere.

    15. Haec ad primam obiectionem tuam, criminator frater Bernarde, me satis arbitror respondisse. Nunc ad cetera capitula transeamus.

    16. Secunda fuit accusatio tua qua me dixisse arguis: 'Quod Spiritus Sanctus non sit de substantia Patris'. Cui primum respondeo me plane asserere in eodem libro, ubi te reputas hoc reperire, Patrem, Filium et Spiritum Sanctum eiusdem penitus esse substantiae uel essentiae, siue eamdem omnino substantiam esse uel essentiam, et tam Filium quam Spiritum Sanctum de Patre esse, hunc quidem tamquam genitum, illum uero tamquam procedentem ; nec ullatenus in fide a Catholicis me deuiare, si forte in uerbis ab aliquo eorum diuersus uidear, non aduersus.

    17. Sed ut tibi tam de uerbis meis quam de sensu meo plenius respondeam, ut quid obiicias omnino non habeas...


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    Das Martin-Grabmann-Forschungsinstitut für mittelalterliche Theologie und Philosophie an der Ludwigs-Maximilian-Universität München

    Symposion zum 60. Todestag Martin Grabmanns.
    Ins Leben gerufen wurde das Martin-Grabmann-Institut am 3.1.1953 von Grabmanns Nachfolger auf dem Münchner Dogmatik-Lehrstuhl, Michael Schmaus (1897-1993), der es selbst bis 1965 leitete. Die Ansiedlung erfolgte im Herzoglichen Georgianum bis zur Fertigstellung des Adalbert-Traktes.

    Die Zielsetzung des Institutes ist die Erforschung mittelalterlicher Theologie und Philosophie unter theologie- und dogmengeschichtlichen Gesichtspunkten, ganz in der Tradition Martin Grabmanns. Mit der Verbindung von historischem und systematischem Ansatz ist das Institut eine im deutschsprachigen Raum einzigartige Einrichtung.

    Seine Lehrveranstaltungen behandeln einerseits Themen der Dogmen- und der Ordensgeschichte, andererseits werden herausragende Gestalten der mittelalterlichen Theologie mit ihren Werken vorgestellt. Auch die Gebiete mittelalterlicher Philosophie und Spiritualität finden gebührende Berücksichtigung. Publikationsorgan des Instituts sind die "Veröffentlichungen des Grabmann-Institutes zur Erforschung der mittelalterlichen Theologie und Philosophie".

    Einige Eckdaten des Institutes:

    1953-1965 Prof. Michael Schmaus Vorstand in Personalunion mit dem Lehrstuhl für Dogmatik,
    1965-1985 Prof. Werner Dettloff am Lehrstuhl für Geschichte der Theologie seit dem Ausgang der Väterzeit,
    1977-2002 Prof. Richard Heinzmann am Lehrstuhl für christliche Philosophie und theologische Propädeutik, der (bis 2001) dem Grabmann-Institut zugeordnet ist,
    1983 Partnerschaftsvertrag mit dem Bonaventura-Institut, Tokyo, gegründet auf Initiative von Prof. Dettloff,
    1985-1999 Prof. Ulrich Horst Lehrstuhl für Geschichte der Theologie seit dem Ausgang der Väterzeit,
    16.5.1998 Symposion des Arbeitskreises Theologische Mediaevistik "Ekklesiologie im Mittelalter",
    1999 Ausstellung zum 50. Todestag von Martin Grabmann in den Bibliotheken der Universitäten München und Eichstätt,
    Seit 2004 Einzug des Lehrstuhls für Geschichte der Theologie seit dem Ausgang der Väterzeit - Leitungsgremium: Prof. Dr. Franz Xaver Bischof Geschäftsführender Vorstand (Lehrstuhl für Kirchengeschichte des Mittelalters und der Neuzeit), Prof. Dr. Christian Schäfer (Lehrstuhl für Christliche Philosophie und Theologische Propädeutik), Prof. Dr. Bertram Stubenrauch (Lehrstuhl für Dogmatik und Ökumenische Theologie.

     

    Bibliographie

    Wichtige Werke Martin Grabmanns

    Eine vollständige Bibliographie bietet: H. Köstler, L. Ott: Martin Grabmann. Nachlass und Schrifttum, Paderborn 1980, n: Veröffentlichungen des Grabmann-Instituts/Neue Folge 30.

    Die Geschichte der Scholastischen Methode.
    • Die Lehre des hl. Thomas von der Kirche als Gotteswerk: Ihre Stellung im thomistischen System und in der Geschichte der mittelalterlichen Theologie, 1903.
    • Die Geschichte der scholastischen Methode, nach den gedruckten und ungedruckten Quellen, bearb. von Martin Grabmann, 2 Bde., 1909-1911. Unveränderte Nachdrucke der 1909/1911 in der Herderschen Verlagsbuchhandlung, Freiburg i. Breisgau, herausgegebene Ausgabe, Berlin 1957 und 1988.
    • Thomas von Aquin: Eine Einführung in seine Persönlichkeit und Gedankenwelt, 1912.
    • Forschungen über die lateinischen Aristoteles-Übersetzungen des XIII. Jahrhundert, 1916.
    • Einführung in die Summa Theologiae des hl. Thomas v. Aquin, 1919. 7. völlig neu bearb. Aufl. München 1946, 231 S.
    • Die echten Schriften des hl. Thomas von Aquin, 1920. 3. Auflage 1949, unter dem Titel: Die Werke des hl. Thomas von Aquin: Eine literarhistorische Untersuchung und Einführung. Nachdruck 1967 mit Literaturergänzungen von R. Heinzmann.
    • Das Seelenleben des hl. Thomas von Aquin, 1924.
    • Die Kulturphilosophie des hl. Thomas von Aquin, 1925.
    • Die Geschichte der katholischen Theologie seit dem Ausgang der Väterzeit, mit Benützung M. J. Scheebens Grundriss dargestellt, Freiburg i. Br. 1933. (ND: Darmstadt 1974).
    • Die mittelalterlichen Kommentare zur Politik des Aristoteles, 1941.
    • Thomas von Erfurt und die Sprachlogik des mittelalterlichen Aristotelismus, 1943.
    • Die Aristoteleskommentare des Heinrich von Brüssel und der Einfluß Alberts des Großen auf die mittelalterliche Aristoteleserklärung, 1944.
    • Die theologische Erkenntnis- und Einleitungslehre des hl. Thomas von Aquin auf Grund seiner Schrift ‚In Boethium de Trinitate', im Zusammenhang der Scholastik des 13. und beginnenden 14. Jahrhunderts dargestellt, 1948.
    • Mittelalterliches Geistesleben, Abhandlungen zur Geschichte der Scholastik und Mystik, 3 Bde., 1926, 1936, 1956, mit der Bibliographie M. Grabmanns hrsg. v. L. Ott.
    • Gesammelte Akademieabhandlungen; hrsg. v. Grabmann-Institut der Univ. München, Einl. v. M. Schmaus, Verzeichnis der benutzten Handschriften, Personen-, Orts-, und Sachregister von Chr. Heitmann, 2 Bde., 1979.

    Herausgebertätigkeit Martin Grabmanns

    • Beiträge zur Geschichte und Philosophie des Mittelalters. Texte und Untersuchungen. In Verbindung mit Georg Graf von Hertling, Franz Ehrle S. J., Matthias Baumgartner und Martin Grabmann. Hrsg. von Clemens Baeumker. Münster i. W. 1918. Hrsg. Martin Grabmann seit 1925.
    • Philosophisches Jahrbuch (seit 1927).
    • Opuscula et textus historiam Ecclesiae ejusque vitam atque doctrinam illustrantia/Series scholastica (seit 1929).
    • Fachleiter für den Bereich "Scholastik und mittelalterliche Theologie" des Lexikon für Theologie und Kirche, 1. Aufl., 1930-1938.

    Eine kleine Auswahl von Einzelarbeiten Martin Grabmanns

    • Ein Selbstzeugnis Tolomeos von Lucca für seine Autorschaft an der Determinatio compendiosa de iurisdictione imperii, Hannover 1912, in: Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde 37, S. 818-819.
    • Neu aufgefundene lateinische Werke deutscher Mystiker, München 1922, 68 S., in: Sitzungs-berichte der philosophisch-philologischen und der historischen Klasse der Bayerischen Aka-demie der Wissenschaften zu München, 1921, 3.
    • Studien zu Johannes Quidort von Paris O. Pr., München 1922. 60 S., in: Sitzungsberichte der philosophisch-philologischen und der historischen Klasse der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zu München, 1922, 3.
    • Entgegnung: H. Kantorowicz und meine Geschichte der scholastischen Methode, Weimar 1922, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. 23. Kanonist. Abt. 12. S. 537-547.
    • Neu aufgefundene Werke des Siger von Brabant und Boetius von Dacien, München 1924. 48 S., in: Sitzungsberichte der philosophisch-philologischen und der historischen Klasse der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zu München, 1924, 2.
    • Des Ulrich Engelberti von Strassburg OP (gest. 1277) Abhandlung De pulchro, München 1926, 84 S., in: Sitzungsberichte der philosophisch-philologischen und der historischen Klasse der Bayerischen Akademie der Wissenschaften München, 1925, 5.
    • Neuaufgefundene Pariser Questionen Meister Eckharts und Stellung in seinem geistigen Entwicklungsgange, Untersuchungen und Texte, München 1927, 124 S. (Abhandlungen der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Philos.-philol. u. hist. Kl. 32,7.
    • Mittelalterliche lateinische Übersetzungen von Schriften der Aristoteles-Kommentatoren Johannes Philoponos, Alexander von Aphrodisias und Themistios, München 1929. 72 S., in: Sitzungsberichte der philosophisch-philologischen und der historischen Klasse der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zu München, 1929,7.
    • Hugo von St. Victor und Peter Abelard, in Theologie und Glaube, Bd 34, 1942, S. 241-249.
      Schriftenreihe in der Herausgeberschaft Martin Grabmanns.
    • Ein neuaufgefundenes Bruchstück der Apologia Abaelards. München 1930. 41 S. Koautor Rauf, Paul, in: Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zu München. Philos.-hist. Abt. 1930, 5.
    • Der lateinische Averroismus des 13. Jahrhunderts und seine Stellung zur christlichen Weltanschauung: Mitteilungen aus ungedruckten Ethikkommentaren, München 1931. 86 S., in: Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zu München. Philos.-hist. Abt. 1931,2 .
    • Adolf von Harnack [Nekrolog], München 1931, in: Jahrbuch der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. 1930/31. S.41-43.
    • Das Defensorium ecclesiae des Magister Adam, eine Streitschrift gegen Marsilius von Padua und Wilhelm von Ockham, Weimar 1931, in: Festschrift Albert Brackmann. S.569-581.
    • Eine lateinische Übersetzung der pseudo-aristotelischen Rhetorica ad Alexandrum aus dem 13. Jahrhundert: literarhistorische Untersuchung und Textausgabe, München 1932. 81 S., in: Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zu München. Philos.-hist. Abt. 1931/32,4. Und: Berlin 1932, in: Forschungen und Fortschritte. 8. S.151-152.
    • Die Aristoteleskommentare des Simon von Faversheim (gest. 1306): handschriftliche Mitteilungen, München 1933, 13 S., in: Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zu München. Philos.-hist. Abt. 1933,3.
    • Studien über den Einfluß der aristotelischen Philosophie auf die mittelalterlichen Theorien über das Verhältnis von Kirche und Staat. München 1934., 161 S., in: Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zu München. Philos.-hist. Abt. 1934,2.
    • Kardinal Franz Ehrle [Nekrolog]. München 1934, in: Jahrbuch der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, 1933/1934. S. 27-40.
    • Handschriftliche Forschungen und Mitteilungen zum Schrifttum des Wilhelm von Conches und zu Bearbeitungen seiner naturwissenschaftlichen Werke, München 1935, 57 S., in: Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zu München. Philos.-hist. Abt. 1935,10.
    • Mittelalterliche Deutung und Umbildung der aristotelischen Lehre? Nach einer Zusammenstellung im Cod. B III 22 der Universitätsbibliothek Basel, Untersuchung und Textausgabe, München 1936, 105 S., in: Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zu München. Philos.-hist. Abt. 1936,4.
    Die Philosophie des Mittelalters. Spanische Ausgabe.
    • Handschriftliche Forschungen und Funde zu den philosophischen Schriften des Petrus Hispanus, des späteren Papstes Johannes XXI. (gest. 1277), München 1936. 136 S., in: Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zu München. Philos.-hist. Abt. 1936,9.
    • Bearbeitungen und Auslegungen der aristotelischen Logik aus der Zeit von Peter Abaelard bis Petrus Hispanus. Mitteilungen aus Handschriften deutscher Bibliotheken, Berlin 1937, 58 S., in: Abhandlungen der Preußischen Akademie der Wissenschaften. Phil.-hist.Kl. 5.
    • Die Introductiones in logicam des Wilhelm von Shyreswood (gest. nach 1267), literarhistorische Einleitung und Textausgabe, München 1937, 106 S., in: Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zu München. Philos.-hist. Abt. 1937, 10.
    • Georg Pfeilschifter [Nekrolog]. München 1937, in: Jahrbuch der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, 1936/37, S.30-34.
    • Kommentare zur aristotelischen Logik aus dem 12. und 13. Jahrhundert in Ms. lat. fol. 624 der Preußischen Staatsbibliothek in Berlin: ein Beitrag zur Abaelardforschung, Berlin 1938, in: Sitzungsberichte der Preußischen Akademie der Wissenschaften. Phil.-hist. Kl. 1938. S.185-210.
    • Ungedruckte lateinische Kommentare zur aristotelischen Topik aus dem 13. Jahrhundert, Weimar 1938, in: Archiv für Kulturgeschichte. 28. S. 210-232.
    • Methoden und Hilfsmittel des Aristotelesstudiums im Mittelalter, München 1939, 198 S., in: Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zu München. Philos.-hist. Abt. 1939, 5.
    • Heinrich Finke [Nekrolog], München 1939, in: Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zu München. Philos.-hist. Abt. 1939,11. S.15-17.
    • Albert Ehrhard [Nekrolog], München 1940, in: Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zu München. Philos.-hist. Abt. 1940,10. S. 11-13.
    • Karl von Müller [Nekrolog], München 1940, in: Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zu München. Philos.-hist. Abt. 1940, 10. S. 17-18.
    • Eduard Eichmann zum 70.Geburtstag, Berlin 1940, in: Forschungen und Fortschritte. 16. S.59.
    • Gentile da Cingoli, ein italienischer Aristoteleserklärer aus der Zeit Dantes. München 1941, 10 S., in: Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zu München. Philos.-hist. Abt. 1940, 9.
    • Die mittelalterlichen Kommentare zur Politik des Aristoteles, München 1941. 10 S., in: Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zu München. Philos.-hist. Abt. 1941, 2.
    • Hans Lietzmann [Nekrolog], München 1942, in: Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zu München. Philos.-hist. Abt. 1942,12. S. 25-29.
    • Thomas von Erfurt und die Sprachlogik des mittelalterlichen Aristotelismus, München 1943, 103 S., in: Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zu München. Philos.-hist. Abt. 1943,2.
    • Die Aristoteleskommentare des Heinrich von Brüssel und der Einfluß Alberts des Großen auf die mittelalterliche Aristoteleserklärung, München 1944, 94 S., in: Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zu München. Philos.-hist. Abt. 1943, 10.
    • Sebastian Merkle [Nekrolog], München 1948, in: Jahrbuch der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, 1944-48, S. 129-131.
    • Eduard Eichmann. [Nekrolog], München 1948, in: Jahrbuch der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, 1944-48, S. 131-135.
    • Adolf Dyroff [Nachruf], Köln 1949, in: Historisches Jahrbuch 58, S.919-920.

    Literatur über Martin Grabmann

    • Miscellanea M. Grabmann: [Festschrift für Martin Grabmann zum 70. Geburtstag], hrsg. v. A. Lang, J. Lechner, M. Schmaus, 1945. (unveröffentlichtes maschinenschriftliches Exemplar)
    • Michael Schmaus, Werner Dettloff, Richard Heinzmann (Hrsg.): Veröffentlichungen des Grabmann-Institutes zu Erforschung der mittelalterlichen Theologie und Philosophie, Neue Folge 30, Paderborn 1980.
    • Aus der Geisteswelt des Mittelalters: Studien und Texte, Martin Grabmann zur Vollendung des 60. Lebensjahres von Freunden und Schülern gewidmet; hrsg. v. A. Lang, 2 Bde., Münster i. W. 1935. (= Beiträge zur Geschichte der Philosophie und Theologie des Mittelalters/Suppl. 3)
    • Ott, Ludwig: Martin Grabmann zum Gedächtnis, Eichstätt 1949.
    • Schmaus, Michael: Leben und Werk Martin Grabmanns, München 1954.
    • Grabmann, Martin. In: De Katholieke Encyclopaedie. Bd. 3, Amsterdam 1933, Sp. 215.
    • J. Lechner: Verzeichnis der von Martin Grabmann verfaßten Artikel und Bücher. In: Aus der Geisteswelt des Mittelalters, hrsg. v. A. Lang, J. Lechner u. M. Schmaus, Münster 1935, S. 22-35, (=Beiträge zur Geschichte der Philosophie und Theologie des Mittelalters/Suppl. 3)
    • D. Planzer: Martin Grabmann: Zum Tode eines großen Gelehrten. In: Schweizer Rundschau 49 (1949), S. 131-134.
    • L. Ott (Hrsg.): Martin Grabmann zum Gedächtnis. Eichstätt 1949.
    • L. Ott: Martin Grabmann und seine Verdienste um die Thomas-Forschung. In: Divus Thomas 27 (1949), S. 129-153.
    • L. Ott: Martin Grabmann und die Erforschung der mittelalterlichen Philosophie. In: Philosophisches Jahrbuch 59 (1949), S. 137-149.
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    • Lydia Bendel-Maidl: Historische Kontinuität als theologisches Wahrheitskriterium: Die Prägung des jungen Martin Grabmann durch die Eichstätter Neuscholastik. In: Münchener Theologische Zeitschrift 50 (1999), S. 99-132.
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    • Th. Prügl: Die unveröffentlichte Festschrift zum 70. Geburtstag von Martin Grabmann. In: Münchener Theologische Zeitschrift 50 (1999), S. 145-180.
    • Th. Prügl: Wissenschaft und Frömmigkeit: Der Beitrag Martin Grabmanns zur Theologie des 20. Jahrhunderts. In: Klerusblatt 79 (1999), S. 175-177.
    • Th. Prügl: Grabmann, Martin. In: Die Religion in Geschichte und Gegenwart: Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft, hrsg. v. H. D. Betz. Bd. 3, Tübingen 4 2000, Sp. 1240f.
    • Credo ut intelligam: Martin Grabmann zum 50. Todestag; Begleitband zur Ausstellung, hrsg. v. Thomas Prügl, Schriften der Universitätsbibliothek Eichstätt; Bd. 41, St. Ottilien, 1999, 92 S., 42 ganzseitige Abb.
    • Zum 50. Todestag von Martin Grabmann (5. Januar 1999) erschien ferner ein Sonderheft der "Münchener Theologischen Zeitschrift" 50 (1999) Heft 2.
    • Ph. W. Rosemann: Martin Grabmann. In: Medieval Scholarship: Biographical Studies in the Formation of a Discipline. Vol. 3: Philosophy and the Arts, ed. by Heien Damico, New York/London 2000, S. 55-74.
    • Bagorski, Brandl, Heberling (Hrsg.): Zwölf Männerprofile aus dem Bistum Eichstätt, Pustet 2010.

     


    Ein Großteil der Informationen aus diesen Bericht (inklusive einiger Abbildungen) stammt aus dem Werk: Credo ut intelligam, Martin Grabmann zum 50. Todestag, ed. Th. Prügl, EOS Verlag Erzabtei St. Ottilien, 1999.

    Eine ganze Reige von Werken Martin Grabmanns sind auf amerikanischen und kanadischen Servern kostenlos online zugängig, während sich deutsche und europäische Bibliotheken bedeckt geben und die Werke nur gegen einen Obolus zugängig machen. Siehe [Archive.Org unter dem Stichwort Martin Grabmann].

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