Berchings wertvolles Vormauer-Ensemble an der Sulz für immer vernichtet!
Vom Ende der historischen Hochwasserverbauung und Vormauer-Partie am Kuffer-Park

Ein Kleinstadt-Drama in 5 Akten - ohne Ende:

  • Erster Akt:     [Die historische Bedeutung] - [Die Attentatspläne]

  • Zweiter Akt: [Der Widerstand] - [Die Vernichtungskampagne]

  • Dritter Akt:   [Das Zerstörungswerk]

  • Vierter Akt:   [Das Resultat]

  • Fünfter Akt:   [Die Folgen]
  • Vierter Akt:     Das Resultat                                                                                                        Oktober 2015

    16. Oktober 2015:

    Kufferpark 2.0: Kitsch as Kitsch can - und teuer dazu!

    Herr Dr. Donhauser vom DF Berching hat es kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Stadtrat auf den Punkt gebracht. Er und seine Kollegin, Stadträtin Maria Meil, bezeichneten in einem Artikel des Neumarkter Tagblatts vom 13. August 2015 das, was Besucher und Bürger von Berching ab sofort im Kuffernpark betrachten und "genießen" dürfen, als "billige Nachahmung" und "Kitsch".

    Die Pressemitteilung vom 11. August 2015 begründet dies besser als der verkürzende Zeitungsartikel: [Link]. Wir können nur beipflichten:

    Was hier entgegen allen Regeln des Denkmalschutzes und des historischen Städte- und Landschaftsbaus sowie jenseits jeglicher ökonomischen Vernunft entstanden ist, ist nichts anderes als ein monströses Sammelsurium aus Kitsch, das der eigentlichen, naturgegebenen Funktion einer mittelalterlichen Vormauerzone und Kanalpartie Hohn spricht. Obendrein: Ein Sammelsurium, das umso mehr kostet, je weniger es die Berchinger brauchen!

    Über die 600 000 € Gesamtkosten, die anlässlich der Eröffnung in Zeitung und Mitteilungsblatt unbewiesen in den Raum gestellt wurden, kann man nur lachen. Mit einer solchen Zahl treibt Baron Münchhausen noch mehr sein Unwesen als zuvor beim nutzlos-teuren Mehrgenerationen-Park im Schaidl-Garten! Wenn wenigstens diese plumpen Unwahrheiten am laufenden Band einmal aufhören würden!

    • Wo bleibt denn eine exakte, für den Bürger nachvollziehbare Kostenaufstellung?

    • Sind z. B. die Kosten für das Statikgutachten der Stadtmauer und die bodenarchäologischen Untersuchungen enthalten? Wo bleibt übrigens, für den Bürger nachvollziehbar, deren Ergebnis?

    • Wo sind die Kosten für den Mehraufwand, der durch die bereits eingetretenen Überschwemmungen entstand?

    • Oder die Kosten für den demnächst anzustellenden Event-Manager, der schon heute zu bedauern ist, weil er mit künstlichen Aktionen etwas zum Zuschauermagneten machen soll, was spontan nie einer wäre.

    • Und wo bleiben die Kosten für den Landschaftsgärtner, der jetzt extra eingestellt werden muss? Wir schätzen allein bei diesem ca. 50 000 € Personalkosten zusätzlich. Jahr für Jahr, wohlgemerkt!

      Inserat in Berchinger Mitteilungsblatt vom 15. Oktober 2015 (Layout aus Darstellungsgründen geändert).

    • Und wer hat die "Putzdamen" bezahlt, die im Bild unten für die Eröffnungsfeier die Unkrautzone beseitigten, die bereits das Ufer der Kunstinsel mit ihrem "Klodeckel" überwuchert hatte, noch ehe die Anlage freigegeben war? Dieses Unkraut stellt klar, was uns demnächst hier an Wildwuchs zu erwarten hat - genau, wie auf der anderen Seite der Johannesbrücke!

      Detail einer Aufnahme des NT von 25.08.2015

    Da sollen offensichtlich die Bürger einmal mehr für dumm verkauft werden.

    Abschließend ein paar Worte zum Thema Kitsch:

    Nicht jede Kombination Alt und Neu ist kitschig - ganz im Gegenteil. Um dem Leser das Auge zu schärfen, stellen wir nun ein Beispiel für eine gelungene Erneuerung alter Substanz vor, die sich nur wenige Kilometer sulzabwärts und eine Architekten-Generation früher ereignete - in Schloss Hirschberg.

    Guter Geschmack ist erlern- und vermittelbar:

    Die Paradigmen des Bauens in historischer Substanz, demonstriert am Beispiel des Schlosses Hirschberg

    Leider muss man sich heute zu einer Besichtigung von Schloss Hirschberg rechtzeitig anmelden, denn die Führungen sind rar. Wir können dem Leser nur empfehlen, es zu tun, denn ein dortiger Rundgang mit kritischen Augen lohnt sich.

    Es waren allerdings Architekten von ganz anderem Kaliber als in Berching, die in Hirschberg zwischen 1987 und 1992 modernisierend am Werk waren: Professor Karljosef Schattner (1924-2012), der damalige Diözesanbaumeister, und der Münchner Stararchitekt, Freiherr Alexander von Branca (1919-2011). Beide leben nicht mehr, und genießen dennoch noch heute einen internationalen Ruf. [Link] [Link]

    Dem Kufferpark in Berching hätte unter Berücksichtigung des Wertes der umgebenden historischen Substanz ein Architekten-Wettbewerb ebenfalls gut getan, doch haben Sie etwas davon gehört? Falls es einen gab, dann höchstens einen Pseudo-Wettbewerb und jedenfalls keinen mit Kapazitäten der genannten Art.

    "Form follows function - die Form folgt der Funktion." Mit diesem Satz hat der amerikanische Hochhausarchitekt Louis Sullivan einst das wichtigste Paradigma der Architektur zusammengefasst. [Link]

    Im Folgenden stellen wir vor, wie man in Hirschberg unter Wahrung dieser Grundregel an die Lösung schwieriger Aufgaben ging, und worin das funktionelle und ästhetische Resultat besteht. Hinterher vergleichen wir mit dem Berchinger Architekturbeispiel des Jahres 2015.

    In Hirschberg ging es seinerzeit darum, nicht nur das vom Verfall bedrohte Burg-Schloss-Ensemble zu retten und energetisch zu sanieren, sondern es auch zu einem modernen Tagungszentrum mit ausreichenden Unterkünften und Versorgungsmöglichkeiten umzugestalten - und dies unter bestmöglichem Erhalt der historischen Substanz.

    Schon beim Grundprinzip tut sich hier im Vergleich zu Berching eine Kluft auf:

    Beim Berchinger Kufferpark, im Schaidlgarten und am Krapfentor ging es zunächst um gar nichts. Hier musste nichts gerettet oder ersetzt werden, Form und Funktion waren bereits gegeben und alles Notwendige hierzu vorhanden. Bei einer Neugestaltung wäre mit subtilen Mitteln die historische Substanz problemlos zu erhalten gewesen!

    Doch gehen wir nun in die Details des Renovierungsprojektes Hirschberg:

    1. Form folgt der Funktion - und beide folgen der historischen Vorlage!

    Beginnen wir mit dem mittelalterlichen Teil des Schlosses Hirschberg. Hier prägen noch immer der tiefe Halsgraben sowie Reste der mittelalterlichen Umfassungsmauer mit zwei wuchtigen Tortürmen das Gesamtbild. Erst weiter östlich beginnt die barocke Zweiflügel-Anlage des Mauritius Pedetti.

    Da die Hauskapelle des Rokoko-Schlosses für die benötigen Zwecke zu klein war, musste zur Rechten der Zweiflügelanlage ein neues, größeres Kirchengebäude entstehen. Dieses sollte modern und funktional sein, neben dem Kirchenraum auch einen Hörsaal in sich aufnehmen, und dennoch unter Bezug auf die Tortürme des 12. und 13. Jhds. nicht den Rokokostil der Pedetti-Anlage, sondern das Hochmittelalter reflektieren, ohne dabei billig nachzuahmen. Als freier Platz bot sich lediglich der südliche Steilhang zwischen Mittelalter- und Barockanlage an. Keine leichte Aufgabe also! Der verantwortliche Architekt, Freiherr Alexander von Branca errichtete hangseitig neben dem Schloss einen unregelmäßig-polyedrischen Turm aus Jurasteinen, der an die Wohntürme des Mittelalters bzw. an das "Castel del Monte" in Apulien oder an das "Aedificium" im Roman "Der Name der Rose" erinnert.

    Wer das Kircheninnere betritt, wird unschwer erkennen: Der Architekt muss zuvor die Bauweise mittelalterlicher Kirchen und Kapellen der Jura-Region intensiv studiert haben! Für die Innengestaltung der Wände entschied er sich für das gleiche Material, das die Außenfassade ziert - nämlich das originale Steinzeug des Mittelalters: Die grob behauenen Jura-Quader kommen aus dem örtlichen Steinbruch! Das lange, schmale Scheitelfenster romanischer Kapellen gestaltete von Branca zu einem modernen Lichtschlitz um, welcher gerade am Abend zur Hauptzeit der Gottesdienste das Licht schräg in den Raum fließen lässt und das grobe Profil der vor ihm liegenden Wand in Gelb- und Rottönen zum Leuchten bringt. Weiteres indirektes Licht kommt von oben aus dem Dach - mithin von Gott. Wenn das Wetter mitspielt, wird mit diesen Lichteffekten in der Burgkapelle eine zauberhafte Stimmung erzeugt.

    Das Innere des Kirchenraumes gestaltete der Stararchitekt wie das ganze Gebäude polyedrisch-modern und doch nahe am mittelalterlichen Vorbild: Ein großer Jurablock dient wie in den Urkirchen als Hauptaltar; er ist durch ein Mauerband in künstlerischer Freiheit, aber durchaus funktionell mit dem Boden verankert. Daneben stehen als einziger Kirchenschmuck ein schlichter Kreuzstab, ein Ambo, eine Tabernakelsäule und ein paar wenige Leuchter. Ein Orgelprospekt fügt sich, ohne allzu wuchtig zu wirken, in die nördliche Seitenwand ein. An der Stirnwand hängt ein einfach gehaltener, leidender Christus aus Holz, den Aspekt romanischer Kruzifixe wahrend. Sonst findet sich - vielleicht abgesehen vom saisonalen Pflanzen-Dekor der heutigen Kirchenpfleger, der aber so ursprünglich nicht intendiert war, kein Kirchenschmuck! Dies ist eine neo-romanische Kirche von nahezu bernhardinischer Austerität und Schlichtheit!

    Alexander von Branca hat mit subtilen Stilmitteln die Inbrunst mittelalterlicher Gottesverehrung in ein durch und durch modernes Gebäude gerufen, er hat den Kapellenbau des Mittelalters neu definiert, ohne seine Qualitäten zu opfern. Es handelt sich um eine sakrale Neuschöpfung mit viel Handarbeit im Inneren, die auch das Wissen und Einfühlungsvermögen der raumgestaltenden Co-Künstler widerspiegelt. Das ist moderne Kunst - im Sinne von Können!

    2. Respekt von der Antiquität: Neu ordnet sich alt grundsätzlich unter!

    In Schloss Hirschberg stand man seinerzeit vor der großen Herausforderung, einen größeren Küchen-Kantinen-Trakt zusätzlich konzipieren zu müssen, denn bald war klar, dass wegen der benötigten Technik im Schlossgebäude selbst kein Platz dafür war. Der zunächst gehegte Plan, im Bereich des nordöstlichen Bergsporns - exponiert noch vor dem Rokoko-Schloss liegend - eine Cafeteria und Kantine mit Freiterrasse zu errichten, wurde alsbald fallen gelassen. Zu den Gründen mehr weiter unten.

    Man entschloss sich zu einem Neubau an der Seite des Südflügels der barocken Schlossanlage. Da gerade von dieser Seite aus das Schloss weit und breit sichtbar ist, musste der neue Küchen-Kantinen-Trakt so tief angesetzt werden, dass er die Fassade des Hauptgebäudes nicht verdeckt. Der konstruktive Aufwand für den benötigten Unterbau war enorm: Das hier besonders steil abfallende Gelände über den mittelalterlichen Steinbrüchen wurde aufwändig unterfangen und beide Trakte konstruktiv durch eine Art von Loggia miteinander verbunden.

    Der unter der Leitung von Professor Karljosef Schattner entstehende Neubau, an den sich von Brancas Kapelle als unregelmäßiges Polyeder anschließt, strahlt einen ernsthaften Respekt vor dem älteren Schloßgebäude aus, dessen Aspekt es unbedingt zu wahren galt:

    Er wirkt an die Schlossbasis wie seitlich angeklebt, er verstellt dabei nirgends den Blick vom Tal auf die Südfassade und er ist so von Baumkronen gesäumt, dass man glaubt, dort mitten im Grünen zu sitzen. Sogar für eine kleine Freiterrasse zwischen Turm und Neubau war Platz. Ein sehr modern gestalteter Laufsteg führt über das begrünte Dach des Küchentrakts zu einem Hubschrauberlandeplatz für Noteinsätze:

    Der Leitspruch "form follows function" ist hier vollendet zelebriert, alles wirkt sachlich-funktionell, den Barockstil kontrastierend und doch harmonisch und schön!

    Die verwendeten Materialen in diesem Neubautrakt sind ausnahmslos modern-dezent gehalten: grau-schwarze Stahlträger, die sich auch in den modernen Türen des Schlosses finden, eine lichtdurchlässige Glasdachkonstruktion, Bodenflächen und Möbel aus passendem Holz, keine grellen, das Auge beleidigenden Kunstfarben und -materialien!

    Die gemauerten Wände des Neubaus sind aus leichten, unverputzten Bausteinen errichtet. Diese grauen Steine sehen auf den ersten Blick hin unscheinbar und geradezu roh aus - und dennoch sind es wertvolle Unikate, die Prof. Schattner für Hirschberg eigens entwickelte und anfertigen ließ. Sie enthalten mittelalterliche Kalke, Sande und Pigmente und folgen in der Größe regelmäßigen Kleinquadern, die früher wegen ihrer Handlichkeit auch "Handquader" genannt wurden. Selbst in der Fläche wirken diese Steine eher filigran als plump und erzeugen ein insgesamt sehr dezentes Profil (siehe Bild unten).

    Um im Sommer eine unnötige Aufheizung der Veranda zu vermeiden, schatten nicht etwa motorgetriebene Lamellen-Rolläden das sattelige Glasdach ab, sondern wehende Segel aus grau gewirktem Leinen, die dem Raum eine Atmosphäre wie in einem Zelt zur Kreuzfahrerzeit  vermitteln.

    Auch in diesem rein jetzt-zeitlichen Gebäudeteil findet sich also die originelle Handschrift des Architekten. Die ästhetischen und funktionellen Anforderungen eines Schlossbaus werden durch eine Neuinterpretation historischer Formensprache locker erfüllt, wobei besonders angenehm auffällt, dass sich auch hier an allen Stellen der Neubau gegenüber der älteren und wertvolleren Substanz des barocken Hauptgebäudes dezent zurücknimmt:

    Nirgends Protz, nirgends Kitsch, nirgends Angeberei; das Neue atmet den Geist des Alten! Alt geht vor neu - dies gilt in Hirschberg als ehernes Gesetz, das an allen Stellen der Schlossanlage nachzuvollziehen ist! Und dort, wo Altes nicht funktionell erhalten werden konnte oder erst gar nicht vorhanden war, wie hier in der Kantine, da passt sich aus Respekt das Neue dem benachbarten Alten an - und nicht umgekehrt!

    3. Der Schutz des archäologischen Terrains

    Ursprünglich hatte man in Hirschberg vor, die benötigte Cafeteria mit Freiterasse vor der Ostfassade des Zentralbaus zu errichten. Beim Aufbereiten des Untergrundes stellte man plötzlich fest, dass hier die archäologisch interessanteste Zone des Schlosses lag, sozusagen der Schlüsselbereich der mittelalterlichen Burg. Es fanden sich nicht nur Mauerzüge, Zisternen, Brunnen und ein Ausfallstor aus der Frühzeit der Anlage (12. und 13. Jahrhundert), sondern auch das Fundament eines großen Rundturms, der - aus unserer Sicht zu Unrecht - als "salischer Rundturm" des 11. Jahrhunderts gewertet wurde und eher einem Bergfried des 13. Jahrhunderts entspricht. In salische Zeit passen aber tief liegende, schön geschichtete Fundamente eines frühen Vorgängerbaus.

    Alle Funde wurden seinerzeit archäologisch erfasst, ausgiebig untersucht, vermessen und dokumentiert. Danach hätte man sich getrost an die Bodenplatte des Kantinenbaus machen können, zumal auch diese die historische Substanz einigermaßen geschützt hätte. Doch weit gefehlt!

    Den Veranwortlichen im bischöflichen Bauamt Eichstätt und in der unteren Denkmalbehörde des LK Eichstätt war dies noch nicht Denkmalschutz genug. Denn mit einer Überbauung hätte man die archäologische Substanz allen späteren Analysen entzogen. Also ließ man, obwohl es die Gesamtkosten der Anlage massiv in die Höhe trieb, die Neubaupläne an dieser Stelle ganz fallen und entschloss sich zum bereits vorgestellten Kantinentrakt an ganz anderer Stelle, nämlich an der Südseite des Schlosses.

    Die entdeckten Mauerzüge deckte man wieder vorsichtig mit Erdreich zu, und gestaltete den Überbau als treppenförmige, weitgehend natürlich belassene Terrasse. So wurde alles historisch Wertvolle komplett und unversehrt den Nachgenerationen für eine spätere, vielleicht noch ausgiebigere Exploration und Rekonstruktion der alten Burganlage erhalten.

    Hut ab vor dieser weitsichtigen Leistung! Solch kluges Verhalten nennen wir vorbildlich gelebten Denkmalschutz!

    4. Der Umgang mit einer wertvollen Mauer des Mittelalters

    An der Nahtstelle zwischen neuer Kantine und dem südlichen Unterbau des Schlosses konnte ein derart perfekt praktizierter Schutz der historischen Substanz natürlich nicht von vorne herein gewährleistet werden. Sollten sich hier historisch wertvolle Bauteile finden, so mussten sie unter Umständen geopfert werden, denn der Neubau erlaubte wegen seiner aufwändigen Statik keine Kompromisse.

    Prompt kam es zum Fund: Beim Ausbaggern der Fundamente kamen einige Mauerzüge zum Vorschein, die noch aus der mittelalterlichen Burganlage stammten!

    Not macht bekanntlich erfinderisch: Man entschloss sich, auch diese Mauern zu konservieren und dadurch einem interessierten Publikum zugänglich zu machen, dass man kurzerhand den fälligen Übergang vom Alt- zum Neubau hierher verlegte. Dabei bereitete man  die behindertengerechte Passage so medial auf, dass die Besucher nun die alten Mauern nicht nur passieren, sondern auch wie in einem Museum illuminiert betrachten können und auf diese Weise eine Ahnung von der Frühgeschichte des Hirschberges erhalten. Dabei wurde nicht ein Stein unnötig geopfert, selbst die Eckkonstruktionen wurden noch herausgearbeitet!

    Diese Mauer ähnelt der 2014 im Kufferpark gefundenen Kaimauer aus der Frühphase der Stadt Berching wie ein Ei dem anderen, wenngleich unterschiedliche Dimensionen vorliegen. Auch in Hirschberg findet sich eine sorgfältige Schichtungstechnik und aus Stabilitätsgründen derselbe Versatz von Mauerstreifen, den auch die Berchinger Mauer aufwies. Eine solcher Verband spricht für eine Entstehung im späten 12. Jahrhundert, in der Zeit der Pabonen. Das waren die Vorgänger der Grafen von Hirschberg im Besitz der Landgrafschaft auf dem Kels- und Sulzgau - und vermutlich auch die Vögte und Förderer von Berching. Ein bislang unbekanntes Stück Stadtgeschichte!

    Obwohl der zweischaligen Berchinger Mauer wegen ihrer eindrucksvolleren Dimension vergleichsweise ein viel höherer Wert zukommt, wurde sie zur Zerstörung preisgegeben, bis auf kümmerliche Reste abgerissen und auch diese noch aller wertvollen Eigenschaften beraubt (siehe Bilder unten). In Hirschberg dagegen scheute man seinerzeit keine Mittel und Wege scheute, ein ähnliches Mauerstück zu erhalten und eigens museal in Szene zu setzen!

    5. Sorgfalt in der Auswahl der Accessoires

    Im Inneren des renovierten Rokoko-Schlosses Hirschberg überzeugt generell die Auswahl der verwendeten Baustoffe, Materialien und Farben - auch in Bezug auf das Mobiliar. Dessen Spektrum erstreckt sich unter Verzicht auf gekünstelte Farbigkeit in Zwischentönen zwischen Schwarz und Weiß oder bevorzugt die Naturfarbe des Holzes .

    Speziell die Möblierung der Rokokosäle, mit schwarzen Tischen und leichten Stühlen aus Holz, trägt nicht auf und passt sich gut in die historische Substanz ein.

    In den Sälen findet man geschmackvolles Buchen- und Eichenparkett, bei den Böden der Treppenhäuser und Gänge dominiert der regionale Jura-Marmor. Er liegt in mehreren Varianten vor, von denen der Solnhofer Plattenbelag in seiner makellosen Ausprägung wohl den wertvollsten von allen darstellt.

    Im Schlosskeller, dessen Gewölbe aus Jura-Bruchstein man für Gastlichkeiten hergerichtet hat, sind dagegen die Täfelungen und das Gestühl ganz in Weiß gehalten, um in der relativen Dunkelheit, die durch indirekte Beleuchtung heimelig durchbrochen ist, kein Licht zu absorbieren, sondern zusätzlich Reflektionsflächen zu schaffen. An dieser Stelle entschloss man sich auch dazu, den ursprünglich gestampften Mutterboden durch einen stimmigen und vor allem pflegeleichten Terracotta-Belag zu ersetzen.

    Besonders gut hat uns auch die Art der Gestaltung der verloren gegangenen oder zuvor gar nicht vorhandenen Großtüren in den Gängen und Treppenhäusern gefallen. Das sind z. T. Türen, die erst aus Brandschutzgründen fällig wurden.

    Diese bestehen aus festen und unverwüstlichen, aber relativ schlanken Metallholmen mit dunkelgraphit-farbenem Anstrich. Die Flächen sind alle verglast, um dem Licht im Schloss genügend Raum zu geben.

    Eine besonders gute Idee liegt darin, die Rundfelder über den Türen nach Kräften ganz frei zu halten! So ist an jeder Stelle für den Besucher der Blick auf die eindrucksvollen barocken Gewölbe-Züge möglich.

    Mit einfachen Mitteln eröffnet man also perfekt die alten Perspektiven!

    Auch bei der sonstigen Innengestaltung (Bebilderung etc.) passt das eine geschmackvoll zum anderen.

     

    Resümee

    Bei der Renovierung des Interieurs galt in Hirschberg offensichtlich dasselbe ungeschriebene Gesetz wie bei der Renovierung des Äußeren:

    Kitsch hat hier keinen Platz, die Form folgt immer der Funktion. Das Neue ist kein Selbstzweck. Es protzt nicht, es renommiert nicht, es trägt nicht auf. Es nimmt sich kein Recht, das Alte zu entwerten oder beiseite zu schieben, es hat sich vielmehr der historischen Substanz unterzuordnen und ihr zu dienen. Es geht also vorrangig darum, Altes erneut nutzbar zu machen, es zur Geltung zu bringen, manchmal sogar kontrapunktisch zu erhöhen. Und dies mit einfachen Mitteln und schlichten Formen - immer aber so, dass das Neue im Alten selbst nicht mickrig und deplaziert wirkt!

    Wenn bei unserem Rundgang durch Schloss Hirschberg überhaupt etwas gestört hat, dann nicht das Primärkonzept jener genialen Architekten, sondern die Sünden unserer Tage, allesamt noch lässlich und sicherlich keine Todsünden, aber dennoch auch hier schon andeutend, welch kultureller Niedergang unser Land erfasst hat.

    • Der unaufgeräumte Zustand, den eine Tagungsgruppe hinterließ, die herumstehenden Projektoren und Projektionsständer trübten insbesondere den Gesamteindruck der Prunksäle. Solche Schlamperei hat Schloss Hirschberg nicht verdient! Hier wäre die geschickte Hand eines Verwalters und seiner Helfer gefragt!

    • An einer Stelle fiel uns auf, dass die aktuelle Generation von Handwerkern schon nicht mehr die Kunst ihrer Väter beherrscht. So vergriff sich der Maler, der soeben die beiden frisch renovierten, barocken Eingangsgebäude oben bei den Tortürmen mit einem Anstrich versah, massiv im Ton der Lisenen-Farbe "grau": Sie hat bei ihm einen künstlich-kalten, fast stahl-graublauen Charakter, der stark die sonstige Optik des Schlosses stört.

    Soweit zur Gestaltung von Schloss Hirschberg. Die dortige Renovierung vom Ende des 20. Jahrhunderts demonstriert:

    Guter Geschmack und Stil sind erlern- und vermittelbar!

    Es folgen nun Auszüge aus dem Berchinger Gruselkabinett. Wir ersparen uns viele Worte, zumal das meiste schon an anderer Stelle gesagt ist, und fassen in kurzen, plakativen Sätzen zusammen.

     

    Ein herbes Kontrastprogramm: Der Berchinger Kufferpark im Oktober 2015

    Eine der idyllischsten Stadtansichten Berchings ist für immer zerstört! Der alte Sulzkanal, die historische Vormauerzone mit Prallhang, Bewuchs und Hochwasserverbauung wurden durch kalte Klotz- und Protz-Architektur an einem gekünstelt-nackten Fluss-Strand ersetzt! Dabei wurden alle Vorschriften des Denkmal- und Ensembleschutzes wiederholt mit Füßen getreten!

     

    Megalithisches Steinbruch-Rohmaterial, ohne Aufwand gesägt, gebrochen, mit Lastwägen herangekarrt und großkotzig aufeinandergeschichtet, dabei sündhaft teuer im Preis, wobei das Geld unter Umgehung der Steinmetze und Mauerer direkt in die Taschen der Zulieferindustrie fließt! Statt Kunst billiges Kunst-Surrogat im Baumarkt-Stil, eigens geschaffen für die Dummheit heutiger Konsumenten, die die Manipulation ihres Geschmackes gar nicht merken und solch künstliche Zyklopenmauern auch noch für schön und "modern" halten!

     

    Massenweise pseudo-alpiner Geröllkitsch in der Sulz neben den postmodernen Kuben der Trittsteine. Ein Geschmack wie ein Kuhschwanz! "Da sieht's wie im Eisbärengehege in Hellabrunn" (O-Ton Besucherin)!

     

    Die Logenplätze des Amphitheaters sind durch einen überdimensionierten Pflanzkasten für den jungen Lindenbaum ersetzt, der noch zum Altbestand gehört. Hier hat sich das schlechte Gewissen der Macher über die Naturverschandelung Bahn gebrochen! Das Resultat: Eine Mauer aus Kleinquadern, maschinell gespalten und uniform vermauert, im langweiligen Verband. Ein Naturschutz-Feigenblatt an unpassender Stelle, in unpassender Ausfertigung! Form destroys function!

     

    Die historischen Highlights wie die Stadtmauer oder das barocke Daumhaus sind in den Hintergrund gedrängt; sie fallen kaum noch ins Auge. Dafür ein massiver Natur- und Landschaftsverbrauch, eine gesichtsfeld-füllende, gigantomanische Anlage mit Kunststrand an unpassender Stelle! Und das, was heute noch jura-gelb-freundlich aussieht, ist morgen schmutzig-grau-unfreundlich! Nazi-Architektur sah einst ähnlich aus!

     

    Läppische Kinklerlitzchen wie ein algenverseuchter Minikanal täuschen Kinderfreudlichkeit vor. Viel Vergnügen mit der Amöbenruhr!

     

    Die alberne "Tibet-Brücke" erinnert wieder an einen Zoo, diesmal ans Affengehege. In einer deutschen Mittelalterstadt ist sie so deplatziert wie einst Klinsmanns "Buddhas" beim FC Bayern München! Welche Geschmacksverirrung! Dass Fitness-Parcours und Trimmdich-pfade dieser Art generell "out" sind, hat sich hier noch nicht herumgesprochen. Und gefährlich ist das Ganze obendrein: Hat man sich beim Hinüberhanteln die Arme ausgerenkt, so kann man sich beim Rückweg auf den harten, scharfkantigen Trittsteinen auch noch die Beine brechen!

     

    Die älteste und wertvollste Mauer Berchings, die bei der bodenarchäologischen Untersuchung gefunden und sorgfältig freigelegt wurde  (Bild rechts), ist nun weitgehend zerstört, in keiner Weise mehr in ihrem Wert erkennbar, der kümmerliche Rest durch Fehlvermauerung verunstaltet, gedemütigt, in die Knie gezwungen, zum Fussabstreifer-Band degradiert! Das also versteht der eitle Architekt unter "Erhaltung"!

     

    Summa summarum:

    Eine ehedem historische Vormauerzone und Stadtkanalpartie ist jetzt zergliedert, zerfleddert, ihrer eigentlichen Funktion und Optik beraubt, mit künstlichen Accessoires überfrachtet. Ein kitschig-protziger Mischmasch aus Steinbruch-Ambiente, Fit-for-fun-Arena, Baumarkt-Außengelände und Wildwasserkanal im oberbayerischen Jodelstil. Der Spitzname "Sulzach" in diesem Zusammenhang bereits verliehen! Ausdruck von Primitivität, Geschmackloßigkeit, Anmaßung und Maßlosigkeit, Verrat an den eigentlichen Werten und der mehrhundertjährigen Tradition Berchings!

    In all seiner Peinlichkeit ist das nicht zu überbieten, gleichwohl ist es ein Mahnmal der besonderen Art, ein Spiegel für den Niedergang unserer Kultur, der auch an anderen Stellen im Land spürbar ist! Berching musste hier an vorderster Front dabei sein - mit seiner aufdringlichen Zelebration des baldigen "Mega-Out"! Hoffen wir, dass die Sulz möglichst schnell alles wegschwemmt und die Vegetation die Ufer überwuchert und vieles überdeckt! Insofern könnte man sich den gesuchten Landschaftsgärtner sparen!